Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 2992/19
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 6.6.2019 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 20.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
1Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
21. Das Zulassungsvorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.
3inks">Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 ‒ 1 BvR 830/00 ‒, NVwZ 2000, 1163 ff. = juris, Rn. 15.
4Daran fehlt es hier.
5Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die an den Kläger gerichtete Gewerbeuntersagung auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 GewO sei rechtmäßig, wird durch die dagegen gerichteten Einwände des Klägers nicht erschüttert
6Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, im Rahmen der Prüfung der Zuverlässigkeit nach § 35 GewO sei zu prüfen gewesen, dass ihn an der Nichterfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten kein Verschulden treffe, weil seine schwere Erkrankung dafür ursächlich gewesen sei. Die Annahme gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit setzt kein Verschulden des Gewerbetreibenden voraus. Sie knüpft an objektive Tatsachen an, die hinsichtlich der künftigen Tätigkeit des Gewerbetreibenden eine ungünstige Prognose rechtfertigen. Auf den Grund der Entstehung von Schulden und der Unfähigkeit zur Erfüllung der Zahlungspflicht kommt es nicht an.
7Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.12.2014 – 8 PKH 7.14 –, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 23.6.2017 – 4 A 1295/15 –, juris, Rn. 6 f., m. w. N.
8Auch war nicht zu berücksichtigen, ob und inwieweit der Kläger im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts seine Steuerverbindlichkeiten bereits abgebaut hatte. Es kam allein darauf an, dass der Kläger sich in dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Ordnungsverfügung,
9vgl. BVerwG, Urteil vom 15.4.2015 ‒ 8 C 6.14 ‒, BVerwGE 152, 39 = juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 14.3.2016 ‒ 4 B 17/16 u. a. ‒, juris, Rn. 4 f., m. w. N,
bsatzRechts">10als unzuverlässig erwiesen hatte. Nachträgliche Veränderungen können nur im Rahmen eines Wiedergestattungsverfahrens Berücksichtigung finden.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.6.2017 – 4 A 1295/15 –, juris, Rn. 8 ff., 14.
122. Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§0;124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) nicht dadurch verletzt, dass es in seiner Abwesenheit über die Klage verhandelt und diese abgewiesen hat.
13="absatzLinks">§ 102 Abs. 2 VwGO gestattet die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Entscheidung des Gerichts trotz Abwesenheit eines Beteiligten, wenn in der Ladung – wie im vorliegenden Fall geschehen ̵1; auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
14Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.4.2017 – 2 B 69.16 –, Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 8 = juris, Rn. 8.
15Es bestand auch kein Anlass für eine erstinstanzlich nicht einmal beantragte Vertagung von Amts wegen. Eine Terminsänderung nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 227 Abs. 1 ZPO setzt voraus, das hierfür „erhebliche Gründe" vorliegen. Erhebliche Gründe sind nach § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO insbesondere nicht das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Die prozessuale Mitwirkungspflicht jedes Beteiligten erfordert, dass ein Antrag auf Terminverlegung unverzüglich gestellt wird, nachdem die Verhinderung bekannt wird.
16Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.4.2017 – 2 B 69.16 –, Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 8 = juris, Rn. 8.
17Nach diesen Maßgaben lagen die Voraussetzungen für eine Terminsänderung nicht vor. Der Kläger hat keinen Verlegungsantrag gestellt, obwohl die von seinem Arzt auf unbestimmte Zeit bescheinigte Verhandlungsunfähigkeit bereits am 20.5.2019 vorgelegen haben soll. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankung daran gehindert gewesen sein soll, vor der mündlichen Verhandlung einen Verlegungsantrag zu stellen. Anhaltspunkte hierfür lassen sich den vorgelegten Attesten nicht entnehmen. Auch im Übrigen ist hierfür nichts erkennbar, zumal der Kläger bei unverändert bescheinigtem Krankheitsbild in der Lage war, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um die Zulassung der Berufung zu beantragen.
18Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
19Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
20Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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- GewO § 35 Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit 1x
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