Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 E 354/19
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
1
G r ü n d e
2Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts – hier des Einzelrichters – über die Erinnerung gegen die Festsetzung der vom Antragsgegner der Antragstellerin zu erstattenden Kosten (Vergütung und Auslagen) durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs (§ 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 RVG i. V. m. §§ 165, 151 VwGO). Über diese Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung von drei (Berufs)Richtern (§ 9 Abs. 3 Satz 1 VwGO, § 109 Abs. 1 Sätze 1 und 2 JustG NRW). Es greifen weder die Vorschriften ein, die bei Kosten- und Streitwertbeschwerden eine Entscheidung durch den Einzelrichter vorsehen (vgl. § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 2 GKG, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 2 GKG, § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbs. 2 RVG, § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbs. 2 RVG), noch handelt es sich um eine Entscheidung im vorbereitenden Verfahren i. S. v. § 87a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 VwGO.
3Vgl. OVG NRW Beschluss vom 25. Januar 2011– 1 E 32/11 –, juris, Rn. 1 bis 4 m. w. N.
4Die Beschwerde ist zwar zulässig (§§ 146 Abs. 1 und 3, 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 11 Abs. 6 Satz 1 RVG) aber unbegründet.
5Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung des Antragsgegners gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 24. Oktober 2018 zu Recht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Einwendungen des Antragstellers, der sich nicht gegen die gebührenrechtlichen Ansätze des Kostenfestsetzungsbeschlusses wende, griffen nicht durch. Der Antrag auf Vergütungsfestsetzung sei nicht nach § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG zurückzuweisen. Zwar genüge es nach dieser Vorschrift grundsätzlich, dass der Antragsgegner Einwendungen erhebe, die ihren Grund nicht im Gebührenrecht hätten. Diese Einwendungen dürften jedoch nicht völlig haltlos seien. Es müsse vielmehr erkennbar sein, dass jedenfalls im Ansatz die Möglichkeit bestehe, dass der zur Festsetzung angemeldete Vergütungsanspruch unbegründet sein könne. Diesen Anforderungen genüge das Vorbringen des Antragsgegners nicht. Der Einwand des Antragsgegners, die Antragstellerin oder deren Mitglieder könnten die Vergütung nicht als Sozietät geltend machen, liege offensichtlich neben der Sache. Mehrere Rechtsanwälte könnten sich– wie vorliegend – zu einer beschränkt rechtsfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen und als solche den Antragsgegner in Anspruch nehmen. Dass der Antragsgegner die Antragstellerin wirksam zur Prozessführung im Berufungsverfahren bevollmächtigt habe, ergebe sich aus der vorgelegten Vollmacht. Die dagegen vorgebrachten Gründe seien in keiner Weise nachvollziehbar. Insbesondere ergebe sich kein Anhalt für eine Beschränkung der Vollmacht auf einzelne Mitglieder der Sozietät. Auch soweit sich der Antragsgegner im Kern auf eine Schlechterfüllung des dem Mandat zugrunde liegenden Auftragsverhältnisses berufe, sei sein Vorbringen nicht ausreichend substantiiert. Er habe nicht ansatzweise etwas vorgetragen, was für eine Verletzung der Pflichten aus diesem Vertragsverhältnis sprechen könne. Insbesondere sei offensichtlich, dass die Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren am 18. Oktober 2017 bei objektiver Betrachtung im Interesse des Antragstellers gelegen habe.
6Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden.
7Der Festsetzung der Vergütung der Antragstellerin stehen auch nach dem Beschwerdevorbringen keine – allein geltend gemachten – Einwendungen oder Einreden im Sinne von § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die Festsetzung abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Grundsätzlich führt schon die Erhebung einer solche Einwendung oder Einrede zur Ablehnung der Festsetzung; eine Substantiierung der Einwendungen ist grundsätzlich nicht erforderlich.
8Vgl. KG Berlin, Beschluss vom 30. November 2006– 1 W 399/06 –, juris, Rn. 2; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl. 2019, § 11 Rn. 111.
9Die Einwendung oder Einrede muss jedoch erkennen lassen, dass der Antragsgegner sie aus konkreten, tatsächlichen Umständen herleitet. Das Vorbringen muss auf die Besonderheiten des konkreten Falls bezogen sein und jedenfalls im Ansatz die Möglichkeit erkennen lassen, dass der Anspruch, dessen Festsetzung begehrt wird, aus materiell-rechtlichen Gründen unbegründet sein könnte. Einwendungen, die offensichtlich unbegründet, halt- oder substanzlos sind, genügen nicht.
10KG Berlin, Beschluss vom 30. November 2006 – 1 W 399/06 –, juris, Rn. 2; OLG Koblenz, Beschluss vom 22. Dezember 2005 – 14 W 816/05 –, juris, Rn. 2, Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl. 2019, § 11 Rn. 112; Mayer, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl. 2018, § 11 Rn. 137.
11Diesen Anforderungen genügt auch das Beschwerdevorbringen des Antragsgegners nicht. Es lässt nicht zumindest ansatzweise die Möglichkeit erkennen, dass der Anspruch der Antragstellerin aus materiell-rechtlichen Gründen unbegründet sein könnte.
12Dies gilt zunächst für den Einwand, die Bevollmächtigung sei auf Rechtsanwalt Veith beschränkt gewesen. Hierfür fehlen – wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat – jegliche Anhaltspunkte. Gegen eine auf Rechtsanwalt Veith beschränkte Bevollmächtigung spricht bereits der Wortlaut der Vollmachtsurkunde selbst, nach dem der „Dr. L. & Partner GbR“ Vollmacht erteilt wird. Hätte der Antragsgegner nur Rechtsanwalt W. bevollmächtigen wollen, wäre eine entsprechende Beschränkung der Vollmacht im Text der Urkunde zu erwarten gewesen. Im Übrigen ist für den Antragsgegner im Berufungsverfahren auch nicht nur Rechtsanwalt W. , sondern auch Rechtsanwalt C. L. , ein Gesellschafter der „Dr. L. & Partner GbR“, schriftsätzlich aufgetreten (vergleiche nur Schriftsätze vom 16. August 2017, 25. September 2017, 27. September 2017, 11. Oktober 2017), ohne dass sich der Antragsgegner gegen die Mitzeichnung durch einen seiner Auffassung nach nicht mandatierten Rechtsanwalt verwahrt hätte.
13Dem weiteren Einwand des Antragsgegners, der für ihn in der mündlichen Verhandlung aufgetretene Rechtsanwalt W. sei als Rechtsanwalt „Of Counsel“ in seiner Funktion eingeschränkt gewesen, fehlt jede Substanz. Als zugelassener Rechtsanwalt war Rechtsanwalt W. vielmehr vollumfänglich zur Vertretung des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in der Lage und in keiner Weise in seiner Funktion beschränkt. Aus dem Hinweis der Antragstellerin, der Zusatz „Of Counsel“ solle darüber informieren, dass Rechtsanwalt W. weder Teilhaber der Sozietät noch Angestellter sei, folgt nichts anderes. Es ist bei dieser Sachlage vielmehr davon auszugehen, dass Rechtsanwalt W. in Untervollmacht aufgetreten ist. Die Erteilung einer Untervollmacht war in der Vollmachtsurkunde, die der Antragsgegner unter dem 7. Juli 2016 unterzeichnet hat, ausdrücklich vorbehalten. Etwas anderes trägt auch der Antragsgegner nicht vor.
14Ferner genügt der Einwand des Antragsgegners, die Antragstellerin habe sich „massive Durchkreuzungen der eingeleiteten Terminverlegung“ zuschulden kommen lassen, nicht den Substantiierungsanforderungen. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass die Antragstellerin gegen die Ablehnung des Terminsverlegungsantrages vom 27. September 2017 keine Beschwerde eingelegt hat. Hierin ist bereits deshalb schon im Ansatz keine Pflichtverletzung zu erblicken, weil eine Beschwerde gegen eine solche prozessleitende Verfügung gemäß § 146 Abs. 2 VwGO unzulässig ist. Der Beschwerdeausschluss kann vorliegend auch nicht unter Berufung auf den Grundsatz des rechtlichen Gehörs überwunden werden, zumal der Antragsgegner über seinen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2017 vortragen und sich auf diese Weise rechtliches Gehör verschaffen konnte. Dass sein Prozessbevollmächtigter hierzu nicht in der Lage gewesen wäre, trägt der Antragsgegner nicht substantiiert vor. Soweit er ausführt, dass seinem Prozessbevollmächtigten „die notwendigen Kenntnisse für eine sachliche Verhandlung über den komplexen Streitgegenstand zugegebenermaßen fehlen“, fehlt dem Vortrag jeder konkrete Gehalt.
15Auch der Einwand des Antragsgegners, Rechtsanwalt W. hätte noch in der mündlichen Verhandlung am 19. Oktober 2017 „auf eine Terminsaufhebung oder Vertagung“ hinwirken müssen, ist offensichtlich unbegründet. Die unter dem 27. September 2017 beantragte Verlegung des Termins hatte die Vorsitzende des erkennenden Senats bereits abgelehnt. Dass sich danach neue Gründe für eine Terminsverlegung ergeben hätten, auf die ein weiterer Terminsverlegungsantrag erfolgversprechend hätte gestützt werden können, trägt der Antragsgegner selbst nicht vor und ist auch sonst nicht ersichtlich.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren eine Festgebühr vorgesehen ist (vgl. KV Nr. 5502 der Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG).
17Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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Referenzen
- VwGO § 154 1x
- § 3 Abs. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 152 1x
- 1 E 32/11 1x (nicht zugeordnet)
- 1 W 399/06 2x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (14. Zivilsenat) - 14 W 816/05 1x