Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 2195/20.A
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin I. aus T. wird abgelehnt.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 3.7.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Münster wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
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Gründe:
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung des Klägers aus den nachfolgenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
3Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
4Die ausschließlich geltend gemachte Gehörsrüge (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO) greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) nicht dadurch verletzt, dass es in seiner Abwesenheit über die Klage verhandelt und diese abgewiesen hat. Es liegt nämlich keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, wenn die Partei es unterlässt, Gebrauch von den ihr verfahrensrechtlich gebotenen Möglichkeiten zu machen, sich rechtliches Gehör zu verschaffen.
5Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14.11.2006 – 10 B 48.06 –, juris, Rn. 5, und vom 27.5.2003 – 9 BN 3.03 –, NVwZ-RR 2003, 774 = juris, Rn. 18, sowie Urteil vom 3.7.1992 – 8 C 58.90 –, NJW 1992, 3185 = juris, Rn. 9.
6So liegt der Fall hier. Der Kläger macht geltend, dass er gerne weitere Ausführungen zu seinen Asylgründen gemacht hätte, aber ihn die Ladung zum Termin – obwohl von seiner Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß weitergeleitet – wegen einer Corona-Quarantäne nicht erreicht habe.
7Der anwaltlich vertretene Kläger war unabhängig davon ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen, ob er selbst vor dem anberaumten Termin von der Ladung erfahren hat. Für die Wirksamkeit der Ladung kommt es darauf an, dass der Rechtsanwalt selbst Kenntnis vom Zugang der Ladung genommen hat.
8Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.7.2015 – 9 B 33.15 –, DVBl. 2015, 1381 = juris, Rn. 5.
9Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Ladung ausweislich des aktenkundigen Empfangsbekenntnisses am 18.6.2020 erhalten und an der mündlichen Verhandlung am 3.7.2020 teilgenommen, ohne geltend zu machen, dass eine persönliche Anhörung des Klägers erforderlich sei, und ohne auf eine intensivere Erörterung der Sach- und Rechtslage zu drängen. Ein etwaiges Verschulden seiner Bevollmächtigten muss sich der Kläger gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
10Auch wenn die Rechtsanwältin in der irrtümlichen Annahme gehandelt haben sollte, der Kläger sei nicht an einem persönlichen Erscheinen interessiert gewesen, hielt sie selbst jedenfalls ebenso wenig wie das Verwaltungsgericht, das das persönliche Erscheinen nicht angeordnet hatte, eine persönliche Anhörung des Klägers für erforderlich. Andernfalls hätte es nahegelegen, dass die Prozessbevollmächtigte, die eigenen Angaben zufolge einen Termin zur mündlichen Verhandlung bereits frühzeitig mit dem Kläger besprochen hatte, die Notwendigkeit der persönlichen Anhörung des Klägers mit der Beantragung einer Terminsänderung geltend gemacht hätte. Selbst wenn der Kläger unverschuldet nicht vom Verhandlungstermin erfahren hatte, hinderte dies seine Bevollmächtigte nicht, in der mündlichen Verhandlung die Erforderlichkeit seiner persönlichen Anhörung oder einer intensiveren Erörterung geltend zu machen oder ‒ im Fall eines entschuldbaren und nicht erkennbaren Irrtums ‒ wenigstens unmittelbar nach dem Verhandlungstermin Kontakt zum Kläger aufzunehmen und die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu beantragen. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat keine dieser Möglichkeiten ergriffen.
11Im Übrigen erfordert die Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt, grundsätzlich die substantiierte Darlegung dessen, was die Prozesspartei bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre.
12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1997 – 7 B 261.97 –, NJW 1997, 3328 = juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 1.2.2018 – 4 A 1763/15.A –, juris, Rn. 8, m. w. N.
13Daran fehlt es hier. Der Kläger hat nicht dargelegt, welche weiteren Ausführungen zu seinen Asylgründen er bei einer persönlichen Anhörung hätte machen wollen.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylG.
15Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.
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Referenzen
- § 83b AsylG 1x (nicht zugeordnet)
- § 80 AsylG 1x (nicht zugeordnet)
- 4 A 1763/15 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x