Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 2217/18
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 1.000,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3I. Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin abgewiesen, mit der sie die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihr für den Zeitraum von August 2012 bis März 2015 eine (weitere) Arbeitszeitgutschrift von arbeitstäglich 10 Minuten zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Ein Anspruch der Klägerin auf die weitere Gutschrift von Arbeitszeit folge insbesondere nicht aus § 88 BBG i.V.m. dem Grundsatz von Treu und Glauben. Dieser verpflichte den Dienstherrn, einen Freizeitausgleich auch für Fälle rechtswidrig abverlangter Dienstzeit, sog. „Zuvielarbeit“, zu gewähren. Von der Klägerin sei zunächst nicht rechtswidrig verlangt worden, 15 Minuten vor dem jeweiligen Schichtbeginn anwesend zu sein. Ein solches Verlangen enthalte die schriftliche Weisung vom 8. August 2012 nicht. Diese weise die Klägerin ohne weitere zeitliche Vorgaben lediglich dazu an, sich während ihrer planmäßigen Dienstzeit einsatzbereit in Dienstkleidung an der Dienststelle aufzuhalten. Zeiten für das Aufrüsten seien nach dem Wortlaut nicht erfasst und würden sich allein dann aus dem Wort „einsatzbereit“ herleiten lassen, wenn man den Zusatz „in Dienstkleidung“ entstellend entferne. Zudem sei in der Weisung ausdrücklich davon die Rede, dass die Dienstmittel an der Arbeitsstelle angelegt werden könnten. Diese Weisung sei auch nicht mündlich ergänzt worden. Die Klägerin habe insoweit in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe ihren damaligen Dienstvorgesetzten Zolloberinspektor Große bei Aushändigung der Weisung gefragt, wie er sich den Ablauf vorstelle. Dieser habe wörtlich erklärt: „Dann kommst Du halt eine Viertelstunde früher.“ Dies sei aber keine Ergänzung der Weisung, sondern ein erneuter Hinweis darauf, dass die Dienstkleidung vor Schichtbeginn anzulegen sei. Das ergebe sich auch aus der Aussage des Zeugen Große. Dieser habe erklärt, dass die Klägerin regelmäßig in Privatkleidung zum Dienst erschienen sei und dann die für die Zeit des Schichtübergangs vorgesehene Viertelstunde, während derer sowohl die an- als auch die abrückende Schicht anwesend sei, mit dem Umziehen verbracht habe. Außerdem habe er der Klägerin nicht gesagt, sie solle 15 Minuten vor Schichtbeginn erscheinen, um sich einsatzfertig zu machen. Das sei schon deshalb nachvollziehbar, weil das Anlegen der Einsatzmittel nach Aussage des Zeugen lediglich 90 Sekunden bis zwei Minuten benötige, was sich in etwa mit den Ermittlungen des Gerichts decke. Eine Aufforderung, 15 Minuten vor Schichtbeginn zu erscheinen, um die Einsatzmittel anzulegen, mache daher keinen Sinn. Zudem folge aus dem Wortlaut der schriftlichen Weisung sowie den weiteren Angaben des Zeugen nachvollziehbar, dass es dem Dienstvorgesetzten primär darum gegangen sei, dass die Klägerin – wie alle anderen Beamten der Einsatzgruppe – ihre Dienstkleidung zu Schichtbeginn, oder wenigstens in einigermaßen angemessener Zeit danach, anlege, um einen reibungslosen Übergang der Schichten, insbesondere bei kontrollrelevanten Flugbewegungen, sicherzustellen. Das Gericht habe keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Große, zumal dieser eingeräumt habe, die Weisung in einem anderen Punkt rechtswidrig ergänzt zu haben. Die Weisung, ihre Dienstkleidung vor Schichtbeginn anzulegen, begründe keinen Anspruch der Klägerin auf weitere Arbeitszeitgutschrift wegen rechtswidriger Zuvielarbeit. Das An- und Ablegen der Dienstkleidung sei kein Dienst.
4Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine zusätzliche Arbeitszeitgutschrift hinsichtlich des An- und Ablegens der persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenstände, insbesondere der Dienstwaffe sowie des Reizstoffsprühgerätes. Insoweit habe sie allerdings rechtswidrig zusätzlichen Dienst geleistet. Der Zeuge H. habe ausgesagt, dass die Weisung so zu verstehen gewesen sei, dass die Klägerin bei Dienstbeginn mit den dienstlich vorgeschriebenen Einsatzmitteln ausgerüstet sein solle. Das An- und Ablegen der persönlich zugewiesenen Gegenstände sei jedoch Dienstzeit. Fordere der Dienstherr das Auf- und Abrüsten außerhalb der Dienstzeit, so müsse er hierfür Ausgleich gewähren.
5Für das arbeitstäglich Auf- und Abrüsten mit den im Bereich des Hauptzollamts C. dienstlich vorgeschriebenen Einsatzmitteln sei – bei zugunsten der Klägerin großzügiger Auffassung – jedoch lediglich ein Zeitaufwand von maximal fünf Minuten erforderlich. Der Zeitaufwand durfte daher entsprechend pauschaliert werden. Der von der Klägerin behauptete Zeitaufwand von 15 Minuten sei dagegen nicht nachvollziehbar. Diese Angabe habe ursprünglich ausdrücklich auch das Anziehen der Dienstkleidung umfasst, während das Aufnehmen der Ausrüstungsgegenstände erst später als zentraler Aspekt genannt und noch in der Klageschrift mit dem Anlegen der Dienstkleidung verbunden worden sei. Der Zeitaufwand von 15 Minuten entspreche zwar dem in den Urteilen der Verwaltungsgerichte Münster und Gelsenkirchen genannten; dort sei aber teils das Anlegen der Kleidung zeitlich hinzugerechnet worden, teils sei es um erheblich mehr Ausrüstungsgegenständen gegangen oder es habe ein „Übergabegespräch“ der Dienstgruppenleiter stattgefunden. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf erachte einen Zeitaufwand von 15 Minuten für erforderlich für das Auf- und Abrüsten nebst Übergabe von Führungs- und Einsatzmitteln im Polizeibereich. Demgegenüber seien die von der Beklagten für das Auf- und Abrüsten pauschal angesetzten fünf Minuten vorliegend auch vor dem Hintergrund der Ermittlungen des Gerichts plausibel. Nach den Angaben des Herrn Zollsekretärs S. im Rahmen seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung, die von der Klägern insoweit bestätigt worden seien, werde die Dienstwaffe mit den zwei Magazinen in einem individuellen Waffenfach mit dem Reizstoffsprühgerät gelagert, während der Gürtel sich im Spind befinde oder von den Beamten als Teil der Dienstkleidung mit nach Hause genommen werde. Herr S. habe sodann das Aufrüsten mit den vorgeschriebenen Einsatzmitteln in der mündlichen Verhandlung vorgeführt. Die Handlungen seien mit ruhigen Bewegungen durchgeführt worden. Die Zeitmessung habe für das Auf- und Abrüsten eine Zeit von insgesamt 2:14,07 Minuten ergeben, für das von der Klägerin noch angeführte tägliche Befüllen und Entleeren beider Magazine eine Zeit von insgesamt 1:34,68 Minuten, mithin eine Gesamtzeit von 3:08,75 Minuten, die noch unter den von der Beklagten veranschlagten fünf Minuten liege.
6Ob die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angeführten weiteren Gegenstände nach den Dienstvorschriften angelegt werden müssten oder tatsächlich angelegt würden, könne dahinstehen. Es sei nicht ersichtlich oder nachvollziehbar dargelegt, wie dies zu einer weiteren Rüstzeit von etwa zwei Minuten oder gar zu den von der Klägerin geforderten 15 Minuten führen solle. Insbesondere sei darauf hinzuweisen, dass das von der Klägerin angeführte Reinigen der Waffe nach Auskunft des Herr S. lediglich nach deren Einsatz und nach Schießübungen erfolge und dass die Kontrolle der Handfesseln einen kaum mehr messbaren Zeitaufwand in Bruchteilen von Sekunden benötigt. Aber selbst wenn man unterstelle, dass die durch das Gericht ermittelten 3:08,75 Minuten ein unter idealen Bedingungen erzielter Wert seien und es in der arbeitstäglichen Praxis immer wieder zu Verzögerungen aufgrund von Wartezeiten wegen überfüllter Waffenkammer oder wegen des Anlegens zusätzlicher (optionaler) Ausrüstungsgegenstände kommen könne, wären diese Zeiteinbußen jedenfalls durch die vorhandene Differenz zu den fünf Minuten, die die Beklagte angesetzt habe, gedeckt.
7Den damit erforderlichen arbeitstäglichen Zeitaufwand habe die Beklagte im Rahmen des Ausgleichs auf fünf Minuten pauschalieren dürfen. Insbesondere müsse sich die Beklagte – auch unter Berücksichtigung ihres Organisationsermessens – nicht an den Zeiten orientieren, die der jeweilige Beamte im konkreten Einzelfall, aus welchen Gründen auch immer, benötige, auch wenn diese über das erforderliche Maß des Zeitaufwands eines Durchschnittsbeamten weit hinausgingen. Auch einzelne Fälle, in denen das Auf- und Abrüsten länger dauere, etwa weil viele Beamte die Ladeecke zu Schichtbeginn gleichzeitig nutzten wollten, würden durch die Pauschalierung ausgeglichen.
8Dieser arbeitstägliche Ausgleich sei jedoch nicht für den gesamten geltend gemachten Zeitraum zu gewähren. Nach der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung, der das Verwaltungsgericht folge, gelte die Einschränkung, dass ein Anspruch auf Freizeitausgleich erst für die „Zeit vom Ende des Monats der Antragstellung“ bestehe. Der gesetzlich nicht geregelte Ausgleich rechtswidriger Zuvielarbeit im Beamtenrecht werde durch Besonderheiten des beamtenrechtlichen Treuverhältnisses mitgeprägt und begrenzt. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass die Beklagte die Weisung vom 8. August 2012 bereits vor dem Monat der Antragstellung gekannt haben möge oder ob die Beklagte sich die entsprechende Kenntnis des Dienstvorgesetzten der Klägerin habe zurechnen lassen müssen. Eine solche Kenntnis des Dienstherrn bestehe letztlich im Rahmen der Personalverwaltung immer, lasse aber gerade nicht die Pflicht des Beamten entfallen, einen entsprechenden Antrag auf Ausgleich zu stellen bzw. die Zuvielarbeit ausdrücklich zu rügen, um so dem Dienstherrn zu ermöglichen, den rechtswidrigen Zustand zu beenden. Ein „dulde und liquidiere“ solle durch die Rügeobliegenheit gerade verhindert werden. Ausnahmen von diesem Rüge- bzw. Antragserfordernis, sofern solche überhaupt für möglich gehalten würden, seien hier weder nachvollziehbar vorgetragen noch sonst ersichtlich.
9Weitergehende Ansprüche aus Unionsrecht kämen unabhängig davon, dass auch insoweit das Antragserfordernis gelte, nicht in Betracht, da jedenfalls kein Dienst über die unionsrechtlich höchstens zulässige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleistet worden sei. Insoweit habe die Vertreterin der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung zu den von der Klägerin nach Monaten aufgeführten Stundenzahlen nachvollziehbar erklärt, dass es sich hierbei um den Stand des Arbeitszeitkontos der Klägerin und nicht etwa um Überstunden im jeweiligen Monat handele.
10II. Das hiergegen vorgebrachte Zulassungsvorbringen rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Dies ist nicht der Fall. Die Berufung ist weder wegen der ausdrücklich geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (dazu 1.) noch aufgrund des sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (dazu 2.) zuzulassen.
111. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
12Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2018– 1 A 249/16 –, juris, Rn. 2, vom 9. Juli 2018 – 1 A 2592/17 –, juris, Rn. 2, vom 5. Januar 2017 – 1 A 2257/15 –, juris, Rn. 9 f., und vom 29. Januar 2016– 1 A 1862/14 –, juris, Rn. 3 f., jeweils m. w. N.
13Gemessen an diesen Anforderungen greift das fristgerechte Zulassungsvorbringen der Klägerin in der Zulassungsbegründung vom 11. Juli 2018 nicht durch.
14a) Die Klägerin trägt zunächst vor, sie sei entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts aufgrund der schriftlichen und später mündlich ergänzten Weisung vom 8. August 2012 rechtswidrig zu einer „Zuvielarbeit“ herangezogen worden. Die Weisung habe ausdrücklich ihr früheres Erscheinen am Arbeitsort bezweckt. Sie habe die tatsächliche Erklärung ihres Vorgesetzten nur als Anweisung verstehen können, 15 Minuten vor Dienstbeginn zu erscheinen. Der Zeuge H. habe ausgesagt, dass er nicht habe akzeptieren wollen, dass allein die Klägerin regelmäßig zehn bis 15 Minuten gebraucht habe, um am Dienstort zu erscheinen. Er habe daher mit seiner Weisung erreichen wollen, dass sie 15 Minuten eher erscheine, um rechtzeitig am konkreten Dienstort zu sein. Sie sei auch gezielt unter Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes „herausgegriffen“ worden. Sie sei, anders als der Zeuge behauptet habe, nicht die einzige gewesen, die in Privatkleidung gekommen sei und (wohl bei Schichtbeginn) länger gebraucht habe, aber die anderen Beamtinnen hätten keine schriftliche oder mündliche Anweisung erhalten, früher zu erscheinen. Sie sei seit 2009 zudem immer pünktlich gewesen. Eine zweite mündliche Weisung durch die Vertreterin ihres Vorgesetzten habe es nicht gegeben. Die Aussage des Zeugen H. sei daher insgesamt nicht glaubhaft.
15Dieses Vorbringen stellt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, die vom Dienstvorgesetzen mündlich um den Hinweis „Dann kommst Du halt eine Viertelstunde früher“ ergänzte schriftliche Weisung vom 8. August 2012 an die Klägerin, sich während der planmäßigen Dienstzeiten einsatzbereit in Dienstkleidung an der Dienstelle aufzuhalten, wobei es ihr grundsätzlich frei stehe, die Dienstkleidung schon auf dem Weg zur Arbeit zu tragen, sei nicht so zu verstehen, dass die Klägerin eine Viertelstunde früher zum Dienst erscheinen müsse, um am Dienstort ihre Dienstkleidung anzulegen. Auch die Klägerin geht davon aus, dass sie schriftlich lediglich angewiesen worden ist, während der (gesamten) planmäßigen Dienstzeit ihre Dienstkleidung zu tragen. Anders als sie meint, ist das Verwaltungsgericht auch beanstandungsfrei davon ausgegangen, dass der Dienstvorgesetzte mit der von ihr wörtlich wiedergegebenen Bemerkung den Inhalt der Weisung nicht geändert hat, sondern diese im Ergebnis nur dahingehend bekräftigt hat, dass sie ihre Dienstkleidung auch bei Dienstbeginn schon tragen müsse. Diese Wertung drängt sich nach der Schilderung der Klägerin sogar auf. Nach den Angaben der Klägerin hat das Gespräch mit ihrem Dienstvorgesetzten anlässlich der Übergabe der schriftlichen Weisung stattgefunden. Die o.a. Bemerkung des Dienstvorgesetzten erfolgte unmittelbar auf ihre Frage, wie er sich „den Ablauf“ vorstelle. Diese Frage konnte der Dienstvorgesetzte sinnvoll – und damit auch für die Klägerin ohne weiteres erkennbar – nur auf den in der soeben überreichten schriftlichen Weisung enthaltenen (einzigen) Hinweis zum Ablauf beziehen, es stehe ihr frei, die Dienstkleidung schon auf dem Weg zum Dienst tragen. In diesem Kontext musste er sie so verstehen, dass die Klägerin wissen wollte, wie sie es aus seiner Sicht bewerkstelligen solle, schon bei Dienstbeginn in Dienstkleidung zu sein, wenn sie – was in der Fragestellung angesichts ihrer bisherigen Gewohnheit, in Privatkleidung am Dienstort zu erscheinen, implizit zum Ausdruck kommt – den in der Weisung beschriebenen Ablauf nicht in Betracht zieht. Es lag daher nahe, ihr die allein noch verbleibende Alternative aufzuzeigen, nämlich dass sie „dann“ – nämlich für den Fall, dass sie die Dienstkleidung nicht schon auf dem Weg zum Dienst tragen wolle – „halt eine Viertelstunde früher“ kommen könne, damit sie sich noch vor Dienstbeginn an der Dienststelle umziehen könne. Vor diesem Hintergrund ist im Übrigen auch die Aussage des Dienstvorgesetzten in der mündlichen Verhandlung stimmig und glaubhaft, er habe der Klägerin nicht ausdrücklich („so“) gesagt, sie solle 15 Minuten vor Dienstbeginn da sein, um sich einsatzfertig zu machen. Der Dienstvorgesetzte der Klägerin wollte nach alledem mit seiner Bemerkung nicht erreichen, dass die Klägerin früher am Dienstort erscheint, sondern, dass sie schon bei Dienstbeginn in Dienstkleidung ist, selbst, wenn sie diese nicht zu Hause, sondern erst am Dienstort anlegt. Damit hat er aber nicht rechtswidrig „Zuvielarbeit“ verlangt. Die in ihrem Zulassungsvorbringen inzident zum Ausdruck kommende Auffassung der Klägerin, sie sei immer im Dienst, wenn sie sich am Dienstort aufhalte, trifft nicht zu. Daran, dass das An- und Ablegen der Dienstkleidung – wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat – keine Dienstzeit ist, ändert sich nämlich auch dann nichts, wenn der Beamte oder die Beamtin sich entscheidet, die Dienstkleidung statt zu Hause erst (vor dem Dienst) an der Dienststelle anzulegen oder sie dort (nach dem Dienst) abzulegen. Da die Klägerin nicht aufgefordert wurde, zum Anlegen der Dienstkleidung früher zum Dienst zu erscheinen, um ihre Dienstkleidung anzuziehen, kommt es nicht darauf an, ob andere Beamtinnen in der gleichen Situation ebenfalls eine solche Aufforderung erhalten haben oder nicht.
16b) Die Klägerin dringt auch mit ihrem Vortrag nicht durch, die Pauschalierung der Auf- und Abrüstzeit auf 5 Minuten sei rechtswidrig. Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Zeitaufwand, der richtig 3 Minuten und 48 Sekunden und nicht – wie vom Verwaltungsgericht angegeben – 3 Minuten und 8 Sekunden betrage, sei viel zu gering bemessen. Der das Auf- und Abrüsten der Einsatzmittel in der mündlichen Verhandlung demonstrierende Zollsekretär S. , der zudem die Besonderheiten am Flughafen Q. nicht kenne, sei offensichtlich hoch motiviert gewesen und habe sehr schnell und geübt agiert. Es habe sich um einen besonders geschulten Beamten gehandelt, dessen Rüstzeit nicht maßgeblich sein könne für die Beurteilung, welchen Zeitraum ein durchschnittlicher Beamter benötige. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass in einer Schicht mindestens vier Leute ausgewechselt würden, was bedeute, dass beim Auf- und Abrüsten in der Waffenkammer häufig erhebliche Wartezeiten bestanden hätten. Ferner müsse berücksichtigt werden, dass der Umkleideraum für Frauen weiter von der Waffenkammer entfernt sei als der der Herren. Entgegen der Auffassung des Zollsekretärs S. sei es nach Kenntnis der Klägerin auch waffenrechtlich vorgeschrieben, die Munition vollständig aus dem Magazin zu entnehmen.
17Soweit die Klägerin auf im Einzelfall erhebliche Wartezeiten in der Waffenkammer und auf die in dem Fall, dass in einer Schicht nur Frauen eingeteilt worden seien, in zeitlicher Hinsicht relevante, größere Entfernung der Frauenumkleiden von der Waffenkammer hinweist, setzt sie sich nicht hinreichend substantiiert mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts auseinander, die Beklagte habe den Zeitaufwand für das Auf- und Abrüsten der Einsatzmittel unter Berücksichtigung ihres Organisationsermessens pauschal bestimmen dürfen, mit der Folge, dass sie sich nicht an den Zeiten orientieren müsse, die der jeweilige Beamte im konkreten Fall, aus welchen Gründen auch immer, benötige, auch wenn diese über den Zeitaufwand eines Durchschnittsbeamten weit hinausgingen. Solche Einzelfälle würden durch die Pauschalierung ausgeglichen. Auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, der pauschal angesetzte Zeitaufwand von fünf Minuten sei plausibel, wird durch das Zulassungsvorbringen nicht in Frage gestellt. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass dem Verwaltungsgericht bei der Addition der exakt gemessenen Zeiten für das Auf- und Abrüsten und der Zeiten für das Befüllen und Entleeren des Magazins ein Rechenfehler unterlaufen ist und es von einem um 40 Sekunden zu kurzen Zeitaufwand ausgegangen ist. Dieser Rechenfehler wirkt sich im Rahmen der bloßen Plausibilitätsprüfung nicht maßgeblich aus. Das letztlich ausschlaggebende Argument, der im Rahmen der Demonstration gemessene Zeitaufwand liege jedenfalls unter der von der Beklagten angesetzten Pauschale und trage daher das Plausibilitätsurteil, gilt auch bei einem Zeitaufwand von richtig 3 Minuten und 48 Sekunden und damit auch bei der von der Klägerin gewünschten (vollen) Berücksichtigung der Zeiten des Befüllens und Entleerens des Magazins. Dass es sich bei dem zu Zwecken der Demonstration herangezogenen Beamten um einen – hochmotivierten – besonders geschulten Waffenträger und sogar Schießtrainer handelt, stellt die Plausibilität der Pauschale ebenfalls nicht in Frage. Zum einen hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Demonstration mit ruhigen Bewegungen durchgeführt worden sei, zum anderen ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nicht zu erkennen, dass die waffentragenden Zollbeamten im Durchschnitt gerade im Auf- und Abrüsten der Einsatzmittel unerfahren oder ungeschult wären. Warum der Umstand, dass der Zollsekretär S. die Verhältnisse am Flughafen Q. nicht kennt, Einfluss auf die Aussagekraft der Demonstration des Auf- und Abrüstens der Einsatzmittel gehabt habe sollte, erschließt sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht.
18c) Der von der Klägerin gegen die Pauschalierung geltend gemachte Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nicht vor. Der unter Hinweis auf das auch vom Verwaltungsgericht zitierte Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 26. November 2013 – 2 K 7657/12 –, juris, erfolgte Vortrag der Klägerin, es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen das Auf- und Abrüsten eines Zollbeamten weniger Zeit beanspruchen soll als das eines Polizeibeamten, setzt sich nicht mit dem Hinweis des Verwaltungsgerichts auseinander, in der angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichts habe der angesetzte Zeitaufwand von 15 Minuten die Zeit für das Auf- und Abrüsten nebst Übergabe von Führungs- und Einsatzmitteln umfasst. Damit hat das Verwaltungsgericht auf einen relevanten Unterschied zum vorliegenden Sachverhalt hingewiesen.
19Dass die Beamten an (allen) anderen Hauptzollämtern grundsätzlich eine Zeitgutschrift von 15 Minuten für das Auf- und Abrüsten gutgeschrieben bekommen, hat die Klägerin in der Zulassungsschrift – ungeachtet der weiteren Frage, ob es sich insoweit auch um Zeitgutschriften für rechtswidrig verlangte Zuvielarbeit handelt – behauptet, aber nicht belegt. Dasselbe gilt auch für die weitere Behauptung, am Hauptzollamt Duisburg, wo sie selbst zuvor beschäftigt gewesen sei, würden den Beamten 15 Minuten für das Auf- und Abrüsten eingeräumt. Im Übrigen setzt eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG voraus, dass die Vergleichsfälle – anders als hier – der gleichen Stelle, nämlich dem jeweiligen Hauptzollamt, zuzurechnen sind.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1987 – 1 C 19.85 –, juris, Rn. 35.
21d) Auch die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht einen Ausgleich für den gesamten geltend gemachten Zeitraum abgelehnt, weil der Dienstherr Kenntnis von der rechtswidrigen Weisung gehabt habe und (deshalb) ein „Dulde und liquidiere“ nicht vorliege, bleibt ohne Erfolg. Insoweit fehlt es an der erforderlichen substantiierten Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, eine solche Kenntnis des Dienstherrn bestehe letztlich im Rahmen der Personalverwaltung immer, dies lasse aber die Pflicht des Beamten nicht entfallen, einen Antrag auf Ausgleich zu stellen bzw. die Zuvielarbeit ausdrücklich zu rügen, um dem Dienstherrn zu ermöglichen, den rechtswidrigen Zustand zu beenden. Das Verwaltungsgericht hat sich hier ausdrücklich die Rechtsprechung des 6. Senats des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu Eigen gemacht, wonach es nicht primäres Ziel der Rüge ist, dem Dienstherrn Kenntnis von den Überstunden zu verschaffen. Dieser solle vielmehr zu der Prüfung veranlasst werden, ob eine rechtswidrige Zuvielarbeit vermieden oder kompensiert werden könne. Ohne Rüge müsse er nicht davon ausgehen, dass jeder Beamte die Überschreitung der Regeldienstzeit beanstanden werde. Fehle es an der Rüge, laufe die spätere Forderung eines finanziellen Ausgleichs auf ein „Dulde und liquidiere“ hinaus.
22Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. April 2018 – 6 A 1421/16 –, juris, Rn. 64.
23Auch mit dieser Argumentation setzt die Klägerin sich nicht auseinander.
24e) Der weitere Hinweis der Klägerin, es habe sich bei der im erstinstanzlichen Verfahren überreichten Aufstellung um die in dem jeweiligen Monat angefallenen Überstunden und nicht – wie vom Verwaltungsgericht im Rahmen der Prüfung unionsrechtlicher Ansprüche angenommen – um den Stand ihres Arbeitszeitkontos gehandelt, geht ins Leere. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung auf ausdrückliche Nachfrage der Kammer erklärt, sie habe mit der Aufstellung ihrer Überstunden lediglich aufzeigen wollen, dass sie ohnehin eine erhebliche Anzahl von Überstunden leiste, einen weiteren Klagegrund habe sie damit nicht geltend machen wollen.
252. Die Zulassung der Berufung kommt auch nicht wegen des sinngemäß noch geltend gemachten Verfahrensfehlers im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Betracht. Die Klägerin trägt insoweit vor, das erstinstanzliche Urteil beruhe auf einer unrichtigen Anwendung der prozessualen Regelungen zur Beweisaufnahme. Das Auf- und Abrüsten der entsprechenden Einsatzmittel sei ausweislich des Sitzungsprotokolls als Beweismittel des Augenscheins angeordnet worden. Ungeachtet dessen sei Herr S. befragt und seine Aussage offensichtlich auch verwertet worden, ohne dass er als Zeuge entsprechend belehrt worden sei. Auch für den Fall, dass die bloß informatorische Befragung des Zollsekretärs S. verfahrensrechtlich fehlerhaft gewesen sein sollte, kann die Klägerin sich hierauf nicht (mehr) berufen. Sie hat ihr Rügerecht verloren, weil sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertreten war und ihre Prozessbevollmächtigte den Mangel in der anschließenden Verhandlung nicht gerügt hat, vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m § 295 Abs. 1 ZPO.
26Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2014 – 5 B 48.13 –, juris, Rn. 15; Lang, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 98 Rn. 114 und 122.
27Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
28Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
29Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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