Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 1533/20
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 18.146,16 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
3Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts fristgerecht vorgebrachten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern und den Anträgen des Antragstellers zu entsprechen,
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1. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO zu untersagen, die ihr zugewiesenen Beförderungsplanstellen der Wertigkeit A13Z mit anderen Beamtinnen und Beamten zu besetzen bzw. diese zu befördern, solange die Antragsgegnerin keine erneute Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragsstellers und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen hat,
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2. hilfsweise, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten das Auswahlverfahren betreffend der 20 für 2020 zur Verfügung stehenden Amtszulagen zur Besoldungsgruppe A13g betreffend der sechs bislang zu vergebenden Amtszulagen fortzusetzen und hinsichtlich dieser sechs Beförderungspositionen eine Auswahlentscheidung unter Einbeziehung des Antragstellers und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen.
Zur Begründung der ablehnenden Entscheidung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Hauptantrag sei unzulässig, der Hilfsantrag unbegründet.
9Der Hauptantrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. An einem solchen fehle es in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren, wenn der Dienstherr die Beförderungen bereits durchgeführt habe, weitere Stellen also nicht zu vergeben seien. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werde durch die Beförderungen gegenstandslos. So liege es in dem vorliegenden Fall. Die Antragsgegnerin habe sich im Rahmen des ihr bei der Stellenbewirtschaftung zustehenden weiten Organisationsermessen dafür entschieden, von den ihr aufgrund der haushaltsrechtlichen Vorgaben im Jahr 2020 zur Verfügung stehenden 20 Beförderungsmöglichkeiten in ein Amt der Besoldungsgruppe A 13g mit Amtszulage lediglich 14 zu nutzen. Diese 14 Beförderungen seien im Zeitpunkt der Erhebung des vorliegenden Eilantrags bereits vollzogen gewesen.
10Der Hilfsantrag sei unbegründet. Breche der Dienstherr ein Verfahren zur Vergabe eines Beförderungsamtes ab, könne ein Beamter gegen diese Abbruchentscheidung einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO stellen, gerichtet auf Verpflichtung des Dienstherrn zur Fortsetzung des Besetzungsverfahrens. Dieser Antrag habe Erfolg, wenn der Verfahrensabbruch nicht durch einen sachlichen, im Einklang mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG stehenden Grund gerechtfertigt sei. Vorliegend habe die Antragsgegnerin jedoch kein Verfahren zur Vergabe der hier streitigen Beförderungsämter abgebrochen. Vielmehr habe sich von vornherein dafür entschieden, von den ihr im Jahr 2020 zur Verfügung stehenden 20 Beförderungsmöglichkeiten lediglich 14 zu nutzen und die verbleibenden zusammen mit den im Jahr 2021 zu besetzenden weiteren Beförderungsstellen auf der Grundlage einer neuen Auswahlentscheidung zu vergeben. Dies folge aus dem beigezogenen Verwaltungsvorgang. So werde in der Entscheidungsvorlage vom 30. Januar 2020 an die Staatssekretärin E. in erster Linie vorgeschlagen, sämtliche neuen Beförderungsmöglichkeiten nach A 13Z erst auf der Basis der Regelbeurteilungsrunde 2021, d. h. ab dem 1. Januar 2021, auszukehren. Lediglich für den Fall, dass der Personalrat sich mit diesem Vorgehen nicht einverstanden erklären sollte, habe eine sogenannte „kleine Lösung“ angeboten werden sollen, nach der 14 Beförderungsmöglichkeiten im Jahr 2020 auf der Grundlage der Regelbeurteilungen 2018, der Rest im Jahr 2021 habe genutzt werden sollen. Durch ihre Unterschrift habe die Staatssekretärin das vorgeschlagene (gestufte) Vorgehen gebilligt. Nachdem der Personalrat an seiner Forderung, bereits im Jahr 2020 von den zur Verfügung stehenden Beförderungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, festgehalten habe, hätten der Leiter der Zentralabteilung und die Personalratsvorsitzende schließlich mit an die Bediensteten der Besoldungsgruppe A 13g gerichtetem Schreiben vom 9. April 2020 darauf hingewiesen, dass nunmehr die Beförderungsmöglichkeiten zügig genutzt werden sollten. Dass die Antragsgegnerin auf ihre Entscheidung, im Jahr 2020 lediglich 14 Beförderungsstellen zu vergeben, zunächst nicht hingewiesen habe, sei zwar irritierend. Die Einlassungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren änderten oder ersetzten nicht die – hier von der Staatssekretärin getroffene – Organisationsentscheidung, wie viele Beförderungsstellen in einem bestimmten Jahr zu vergeben seien.
11Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Antragsteller aus, das Verwaltungsgericht habe das Rechtsschutzbedürfnis zu Unrecht mit der Begründung verneint, die Antragsgegnerin habe im Jahr 2020 von den insgesamt 20 Amtszulagen, die hätten vergeben werden können, lediglich 14 vergeben wollen, die bei Stellung des Eilantrags bereits vergeben gewesen seien. Es bleibe völlig offen, wann die Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, mit dem die Amtszulagen vergeben worden seien, versandt worden seien. Ebenso sei ungeklärt, ob Konkurrentenmitteilungen an die Bediensteten versandt worden seien, die im Jahr 2018 regelbeurteilt worden seien. Ferner fehle es an einer Organisationsgrundentscheidung, im Jahr 2020 lediglich 14 Amtszulagen zu vergeben. Eine solche sei insbesondere nicht der Vorlage an die Staatssekretärin vom 30. Januar 2020 zu entnehmen. Da die eigentliche Entscheidung erst im Anschluss an umfangreiche Korrespondenz und an Konsultationen mit dem Personalrat gefällt wurde, könne der bereits am 3. Februar 2020 abgezeichneten Zuschrift keine belastbare Organisationsgrundentscheidung dahingehend entnommen werden, lediglich 14 Amtszulagen zu vergeben. Eine solche Beschränkung lasse sich auch nicht mit der E-Mail vom 9. April 2020 in Einklang bringen, in der darauf hingewiesen werde, dass 10 Prozent der Planstellen der Besoldungsgruppe A 13g mit einer Amtszulage versehen werden könnten. 10 Prozent entsprächen nicht 14 Amtszulagen.
12Dieses Vorbringen greift nicht durch.
13Es zieht zunächst die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Hauptantrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil das Besetzungsverfahren sich lediglich auf 14 Amtszulagen beschränkt habe, die sämtlich bei Stellung des Eilantrags bereits vergeben gewesen seien, nicht durchgreifend in Zweifel.
14Es trifft zwar zu, dass die Antragsgegnerin keine Schreiben des Bundesministers vorgelegt hat, mit denen die Amtszulagen den betroffenen Bediensteten gewährt worden sind, und auch die genauen Daten dieser Schreiben nicht benannt hat. Die Antragsgegnerin hat jedoch bereits in ihrer (telefonischen und am 6. Mai 2020 schriftlich bestätigten) Stillhaltezusage gegenüber dem Verwaltungsgericht ausgeführt:
15„Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat von den 20 neuen Möglichkeiten zur Gewährung einer Amtszulage zur Besoldungsgruppe A 13 g in 2020 erst 14 Möglichkeiten vergeben. Wir erklären uns bereit, keinen weiteren Gebrauch von der Ermächtigung in § 20 Abs. 4 HG i. V. m. Ziffer 5.2.1 des BMF-Haushaltsführungsrundschreibens vom 20.12.2019 zu machen, bis der – aus unserer Sicht unzutreffende – Widerspruch und der diesem Verfahren zugrunde liegende Antrag geklärt sind.“
16Anhaltspunkte dafür, dass die Zulagen bei Stellung des Eilantrages am 4. Mai 2020 tatsächlich noch nicht vergeben waren, bestehen nicht und werden auch vom Antragsteller nicht substantiiert dargelegt. Vielmehr spricht die Aktenlage dafür, dass diese 14 Zulagen bereits vergeben waren. So hat der Bundesminister für Wirtschaft und Energie bereits am 25. März 2020 der Vorlage vom 10. März 2020 und damit den Vorschlägen zur Beförderung von Beschäftigten zugestimmt. Hierzu zählte ausweislich der Anlage auch die „Beförderungsplanung nach Besoldungsgruppe A13+Z“, die sich auf 14 Amtszulagen bezieht. Als Termin für die Beförderungsrunde ist unter Punkt 7 der vorgenannten Vorlage ausdrücklich der 28. April 2020, 11:00 Uhr, vorgesehen. Dass die Beförderungen nicht an diesem Termin vollzogen worden sind, ist nicht ersichtlich.
17In Anbetracht des Vorstehenden bedurfte es auch keiner Aufklärung, ob Konkurrentenmitteilungen an die Bediensteten versandt worden sind, die – anders als der Antragsteller – an der Regelbeurteilungsrunde im Jahr 2018 teilgenommen haben.
18Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, das Besetzungsverfahren habe sich auf 14 Amtszulagen beschränkt.
19Die von der Staatssekretärin E. am 3. Februar 2020 gezeichnete Vorlage vom 30. Januar 2020 enthält anders als der Antragsteller meint in der Sache eine Organisationsgrundentscheidung zur Vergabe von insgesamt (maximal) 14 Amtszulagen im Jahr 2020. Danach sollten nach der Vorstellung der Hausleitung sämtliche neuen Amtszulagen erst auf der Basis der Regelbeurteilungsrunde zum Stichtag 1. Januar 2021 ausgekehrt werden. Lediglich für den Fall, dass sich der Personalrat gegen diese Lösung wenden sollte, sollte angeboten werden, im Jahr 2020 14 Beförderungsmöglichkeiten zu nutzen und die übrigen erst im Jahr 2021 (auf der Grundlage neuer Beurteilungen) zu vergeben. Auch wenn damit das weitere Prozedere von einer Positionierung des Personalrats abhängig gemacht wurde, ist dieser Vorlage doch die Entscheidung zu entnehmen, im Jahr 2020 keinesfalls mehr als 14 Amtszulagen zu vergeben. Dem entspricht es auch, wenn in der Vorlage an den Bundesminister für Wirtschaft und Energie vom 10. März 2020 lediglich 14 Bedienstete aufgeführt sind, denen eine Amtszulage gewährt werden soll.
20Dass nicht alle der im Jahr 2020 haushaltsrechtlich zur Verfügung stehenden 20 Amtszulagen vergeben werden sollten, belegt auch die Entscheidungsvorlage vom 3. Juli 2020 an die Staatssekretärin E. . Dort heißt es auf Seite 2 unter Spiegelstrich 5:
21„Wir werden die Möglichkeiten angemessen nutzen, aber nicht voll ausschöpfen, um – auch nach Bitten der Personalbeauftragten – noch etwas Beförderungsspielraum Anfang 2021 zu haben. (…)“
22Angesichts dieser eindeutigen Formulierungen folgt nichts anderes aus der vom Kläger angeführten E-Mail vom 9. April 2020. Wenn dort von „10 Prozent“ die Rede ist, bezieht sich diese Wendung auf die „haushaltsrechtlichen Vorgaben“ (Halbsatz 1 des zweiten Absatzes). Dass der Rahmen des haushaltsrechtlich Zulässigen im Jahr 2020 vollständig ausgeschöpft werden soll, ergibt sich aus dieser Formulierung wie auch aus dem Rest der genannten E-Mail nicht.
23Gleiches gilt, soweit der Antragsteller darauf hinweist, der Abteilungsleiter Z habe in seiner E-Mail vom 8. April 2020 ausgeführt:
24„Noch in diesem Jahr werden wir dann über ein Drittel der dem BMWi zur Verfügung stehenden Zulagen auf Grundlage der Beurteilungsnote von 2018 auskehren.“
25Zwar hätten, um ein Drittel der Zulagen auszukehren, mindestens 16 Zulagen im Jahr 2020 vergeben werden müssen. Es mag sein, dass dieser Anteil falsch berechnet oder schlicht (nach oben) gerundet wurde. Einen Anhaltspunkt dafür, dass sämtliche haushaltsrechtlich in diesem Jahr zur Verfügung stehenden Beförderungsmöglichkeiten nach A 13Z genutzt werden sollten, bietet diese Formulierung bei der beschriebenen Aktenlage nicht.
26Wenn der Antragsteller der Sache nach bemängelt, die Antragsgegnerin habe erst zu spät eindeutig vorgetragen, sie habe im Jahr 2020 lediglich 14 Zulagen vergeben wollen, trifft dies nicht zu. Bereits in der Antragserwiderung vom 28. Mai 2020 hat die Antragsgegnerin ausgeführt:
27„Dem Antragsteller steht aus materieller Sicht kein Anspruch auf Berücksichtigung bei der Vergabe der 14 Amtszulagen im Jahr 2020 zu.“ (Hervorhebung nur hier)
28Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass die Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Beförderungsverfahren lediglich 14 Amtszulagen vergeben wollte.
29Nach alledem begegnet auch die Ablehnung des Hilfsantrages durch das Verwaltungsgericht keinen Bedenken. Es liegt kein Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens vor, da sich dieses Verfahren – wie ausgeführt – von vornherein auf lediglich 14 Amtszulagen beschränkte.
30Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
31Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i. V m. Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GKG. Auszugehen ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GKG von dem Jahresbetrag der Bezüge, die dem jeweiligen Antragsteller nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung (hier: 8. Oktober 2020) bekanntgemachten, für Beamtinnen und Beamte des Bundes geltenden Besoldungsrechts unter Zugrundelegung der jeweiligen Erfahrungsstufe fiktiv für das angestrebte Amt im Kalenderjahr der Beschwerdeerhebung zu zahlen sind. Nicht zu berücksichtigen sind dabei die nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 GKG ausgenommenen Besoldungsbestandteile. Der nach diesen Maßgaben zu bestimmende Jahresbetrag ist wegen § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG und wegen der im Eilverfahren nur begehrten vorläufigen Sicherung auf ein Viertel zu reduzieren. Der nach den vorstehenden Grundsätzen zu ermittelnde Jahresbetrag beläuft sich hier angesichts des angestrebten Amtes der Besoldungsgruppe A 13Z und bei Zugrundelegung der Erfahrungsstufe 8 für das maßgebliche Jahr 2020 auf 72.584,62 Euro (Januar und Februar 2020 jeweils 5.995,76 Euro, für die übrigen Monate jeweils 6.059,31 Euro). Die Division des o. g. Jahresbetrages mit dem Divisor 4 führt auf den Betrag von 18.146,16 Euro.
32Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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Referenzen
- VwGO § 154 1x