Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 B 166/21
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist unbegründet. Aus der Antragsbegründung, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem Antrag hätte stattgeben müssen, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO aufzugeben, das mit Schreiben des Antragsgegners vom 19. August 2020 abgebrochene, die Besetzung der Stelle der Schulleitung am B. in T. betreffende Stellenbesetzungsverfahren fortzuführen.
31. Die Beschwerde macht zu Unrecht geltend, bei der Entscheidung über den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens sei der Personalrat gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LPVG NRW einzubinden gewesen. Nach dieser Bestimmung hat der Personalrat mitzubestimmen bei einer Versetzung zu einer anderen Dienststelle.Eine solche stand, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, hier noch nicht inRede; sie ist auch nicht Gegenstand des Verfahrens. Daran ändert es nichts, dass für den Antragsteller eine Versetzung zu einer anderen Dienststelle hätte erfolgen müssen, wenn er im vorliegenden Stellenbesetzungsverfahren ausgewählt worden wäre, da er das mit der angestrebten Stelle verbundene statusrechtliche Amt bereits innehat. Zu seiner Auswahl ist es gerade nicht gekommen.
4Vor diesem Hintergrund ergibt sich eine Mitbestimmungspflicht auch nicht aus § 66 Abs. 1 Satz 2 LPVG NRW, wonach eine Maßnahme im Sinne des Satzes 1 bereits dann vorliegt, wenn durch eine Handlung eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme vorweggenommen oder festgelegt wird. Ob die Benennung nur eines Bewerbers
5- im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet und gilt die männliche Sprachform für beide Geschlechter -
6für eine Schulleiterstelle gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW die genannten Voraussetzungen für die Vorverlagerung des Mitbestimmungsrechts im Hinblick auf eine Versetzung erfüllt, ist im Streitfall schon ohne Relevanz, da - wie erwähnt - Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht die Versetzung, sondern der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens ist. Daher sei nur angemerkt, dass in der Benennung nur eines Bewerbers für eine Schulleiterstelle auch noch keine Vorwegnahme oder Festlegung einer Versetzung liegt. Denn dem Dienstherrn bleibt es unbenommen, dass Stellenbesetzungsverfahren danach - wie hier erfolgt - abzubrechen bzw. der Kandidat kann seine Bewerbung zurückziehen, so dass es durch die Benennung nur eines Bewerbers nicht zwangsläufig zu einer Personalmaßnahme kommt.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. März 2012 - 6 B 12/12 -, juris Rn. 4 f. zur Einbeziehung eines Bewerbers in das Stellenbesetzungsverfahren.
8Die sinngemäß weiter vertretene Auffassung, es könne nicht sein, dass der Personalrat bei Abbruchentscheidungen nie beteiligt werden müsste, denn die Beteiligungsrechte des Personalrats setzten "selbstverständlich früher ein", greift nicht durch. Vielmehr handelt es sich bei der Entscheidung über den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens nicht um eine Angelegenheit im Sinne der §§ 72 ff. LPVG NRW, an der der Personalrat zu beteiligen ist.
9Hoffmann, A. in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht - Kommentar, 29. UPD März 2021, 5.4.5 Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens Rn. 33; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Dezember 2018 - 2 L 2991/18 -, juris Rn. 16; auch OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2021 - 1 B 179/21 -, juris Rn. 17, 20 zur fehlenden Mitbestimmungspflichtigkeit der Abbruchentscheidung nach dem BPersVG.
10Sie ist im entsprechenden Katalog der Beteiligungstatbestände nicht aufgeführt. Der vom Antragsteller insoweit herangezogene Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 16. August 2016 - 1 L 455/16.KS - gibt für seine abweichende Auffassung nichts her. In jener Entscheidung hat das Verwaltungsgericht den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahren für formell rechtmäßig erachtet und dabei die Beteiligungspflichtigkeit nicht thematisiert; es hat allerdings die Abbruchentscheidung als materiell rechtswidrig angesehen, weil die vorausgegangene Auswahlentscheidung mitbestimmungspflichtig war und der Antragsgegner nach der Zustimmungsverweigerung des Personalrat nicht alles Erforderliche unternommen hatte, um eine Einigung mit dem Personalrat zu erzielen. Der Fall war damit in maßgeblicher Hinsicht abweichend gelagert.
112. Ebenso zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dem Antragsgegner sei es nicht verwehrt gewesen, bei der Entscheidung, das Stellenbesetzungsverfahren abzubrechen, die Stellungnahmen der Schulkonferenz und des Schulträgers zu berücksichtigen. Zwar sei in § 61 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW vorgesehen, dass sowohl die Schulkonferenz als auch der Schulträger gegenüber der obersten Schulaufsichtsbehörde innerhalb von acht Wochen einen Vorschlag abgeben dürften; diese Frist sei unstreitig nicht eingehalten worden. Nach § 61 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW könne sie jedoch verlängert werden. Dies sei ausweislich der Angaben des Antragsgegners telefonisch durch den zuständigen Sachbearbeiter C. geschehen. Ungeachtet dessen dürften auch verspätet eingehende Vorschläge bei einer zu treffenden Auswahlentscheidung berücksichtigt werden. Bei der in § 61 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW normierten Frist zur Abgabe der Vorschläge handele es sich nachihrem Sinn und Zweck lediglich um eine das Stellenbesetzungsverfahren regelnde Ordnungsfrist und nicht um eine Ausschlussfrist, nach deren Ablauf die Vorschläge nicht mehr berücksichtigt werden dürften. Sie diene ersichtlich allein dem Interesse des Dienstherrn an einer zügigen Besetzung der Stelle mit dem bestgeeigneten Bewerber. Dies ergebe sich auch aus der Gesetzesbegründung, wonach es Zweck des Vorschlagsrechts nach § 61 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW sei, die Einschätzung der Schulkonferenz und des Schulträgers zur Eignung der Bewerberinnen und Bewerber für die konkrete Stelle in das Verfahren einzubringen (LT-Drs. 16/8441, S. 49).
12Die Beschwerde setzt sich bereits in keiner Weise mit der Annahme des Verwaltungsgerichts auseinander, die Frist zur Abgabe der Vorschläge sei im Streitfall durch den zuständigen Sachbearbeiter verlängert worden. Auch im Übrigen werden die überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht durch das Beschwerdevorbringen entkräftet, eine negative Äußerung der Schulkonferenz oder des Schulträgers dürfe nach Fristablauf nicht mehr berücksichtigt werden, weil der - wie hier - einzig verbliebene Bewerber ein Interesse daran habe zu wissen, "woran er ist". Die zeitliche Dimension eines Stellenbesetzungsverfahrens wird im Grundsatz ohnehin nicht durch subjektive Rechtspositionen der Bewerber eingeschränkt.
13BVerwG, Urteil vom 17. November 2016- 2 C 27.15 -, BVerwGE 156, 272 = juris Rn. 35.
143. Die Beschwerde macht ferner vergeblich geltend, es lasse die Abbruchentscheidung "in einem rechtswidrigen Licht erscheinen", dass die Bezirksregierung die negative Stellungnahme der Schulkonferenz zum Anlass genommen habe, den Antragsteller als Kandidaten fallen zu lassen, ohne ihm die Möglichkeit zu geben, die "offensichtlichen Missverständnisse," die bei der Schulkonferenz entstanden seien, "angehen/klären zu dürfen". Insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass eine rechtliche Verpflichtung des Dienstherrn, sich nach einem für den verbliebenen Bewerber nachteilig ausgefallenen Vorstellungsgespräch für seine Verwendung im Nachgang erneut einzusetzen bzw. eine Kontaktaufnahme diesbezüglich zu initiieren, angesichts des in § 61 SchulG NRW klar geregelten Verfahrens nicht besteht. Anders als im Falle einer Zustimmungsverweigerung durch den Personalrat ist hier ein auf Einigung abzielendes Verfahren gerade nicht vorgesehen, so dass die darauf gestützten Erwägungen der Beschwerde nicht verfangen. Worauf die Schulkonferenz ihr ablehnendes Votum gestützt hat, hat sie - auch hierzu kann auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen werden - in ihrer Stellungnahme eingehend und nachvollziehbar dargestellt; dass es dabei zu offensichtlichen Missverständnissen gekommen ist, ist im Übrigen nicht erkennbar.
154. Der Antragsteller kann einen Anspruch auf Fortführung des Stellenbesetzungsverfahrens schließlich nicht daraus ableiten, dass das Verwaltungsgericht ihm vorgeworfen hat, das Ruder im Anschluss an die Schulkonferenz nicht zu seinen Gunsten herumgerissen zu haben. Der Senat kann dem Beschluss schon nicht entnehmen, dass das Verwaltungsgericht - zumal in entscheidungstragender Weise - dem Antragsteller gegenüber einen solchen Vorwurf erhoben hätte. Von Weiterem abgesehen gilt ferner das unter 3. Ausgeführte entsprechend.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
17Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
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Referenzen
- 6 B 12/12 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 152 1x
- 1 B 179/21 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- 2 L 2991/18 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 123 1x
- § 61 SchulG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG 4x (nicht zugeordnet)
- § 61 Abs. 2 Satz 1 SchulG 3x (nicht zugeordnet)
- § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LPVG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 146 1x
- 1 L 455/16 1x (nicht zugeordnet)