Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 3289/18
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 7.8.2018 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf jeweils 15.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
31. Das Zulassungsvorbringen der Klägerin begründet keine ernstlichen Zweifel an der (Ergebnis-)Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem sinngemäßen Antrag,
5die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheids vom 29.11.2017 zu verpflichten, der Klägerin für die Spielhalle „D. G. “, I. 00, 00000 T. , eine Härtefallbefreiung gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV von dem Verbot der Mehrfachkonzession und dem Mindestabstandsgebot zu erteilen,
6hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheids vom 29.11.2017 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Härtefallbefreiung gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV für die Spielhalle „D. G. “, I. 00, 00000 T. , neu zu bescheiden,
7sowie die Schließungsanordnung im Ablehnungsbescheid vom 29.11.2017 (Ziffer 3) aufzuheben,
8als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung einer glückspielrechtlichen Härtefallerlaubnis oder auf Neubescheidung ihres Antrags. Ein Härtefall im Sinne von § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV liege weder bei einer Gesamtschau aller Umstände noch aufgrund einzelner Umstände vor. Die Angaben der Klägerin zu den ihr bei einer Schließung der Spielhalle entstehenden finanziellen Schäden seien nicht geeignet, eine unbillige Härte zu begründen.
9Diese Einschätzung ist richtig und nicht ernstlich zweifelhaft.
10In der Rechtsprechung ist für das nordrhein-westfälische Landesrecht im Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung zum Härtebegriff geklärt, dass die gesetzliche Regelung einer unbilligen Härte nicht dem allgemeinen Ausgleich von Verlustausfällen dienen, sondern ausschließlich dann eingreifen soll, wenn die Anwendung eines verfassungsgemäßen Gesetzes im Einzelfall zu Ergebnissen führt, die dem Belastungsgrund des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen Härte sollen, wovon sowohl das Verwaltungsgericht als auch die Klägerin ausgehen, (nur) atypische, vom Gesetzgeber nicht ausreichend berücksichtigte, besonders gelagerte Fallkonstellationen, in denen die Anwendung der gesetzlichen Vorgaben zu einer nicht intendierten Härte führen würde, einer die widerstreitenden Interessen abwägenden Einzelfallentscheidung zugeführt werden können.
11Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 10.3.2021 – 4 A 3178/19 –, juris, Rn. 115 ff., m. w. N.
12Ein danach für die Annahme einer unbilligen Härte erforderlicher atypischer Einzelfall, in dem besondere unvermeidbare Belastungen gegeben sind, denen andere Betriebe von Bestandsspielhallen, die nach Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist geschlossen werden müssen, grundsätzlich nicht ausgesetzt sind, ist vorliegend weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
13Auch wenn die Klägerin trotz der Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2006 zum hohen Suchtpotential durch das Spiel an Geldspielgeräten, das bei einer damals anstehenden gesetzlichen Neuregelung zu berücksichtigen sein sollte,
14vgl. BVerfG, Urteil vom 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 –, BVerfGE 115, 276 = juris, Rn. 100, 149 ff., 157,
15bei Erteilung der Erlaubnis für den Betrieb ihrer zweiten Spielhalle am selben Standort in Jahr 2009 von einer sicheren Refinanzierbarkeit ihrer mit der Einrichtung einer weiteren Spielhalle verbundenen Investitionen ausgegangen sein mag, geht das Bundesverfassungsgericht für Investitionen gerade in Mehrfachspielhallen seit dem Jahr 2006 von einer stark eingeschränkten Schutzwürdigkeit des Vertrauens in einen unbegrenzten Weiterbetrieb aus.
16Vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 –, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 190 f.
17Der Einwand der Klägerin, ihre Entscheidung zum Abschluss eines Mietvertrags mit einer zehnjährigen Vertragslaufzeit könne ihr nicht zum Nachteil gereichen, weil sie von der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit Gebrauch gemacht habe und einschränkende gesetzliche Regelungen nicht vorhersehbar gewesen seien, greift nicht durch. Die Klägerin konnte bereits bei Abschluss ihres Mietvertrags für die Spielhallen am 25.5.2011 nicht mehr davon ausgehen, dass die Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit von Mehrfachspielhallen unverändert fortbestehen werde. Schutzwürdiges Vertrauen bestand zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, weil sich die Länder bereits im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz am 6.4.2011, veröffentlicht in den Parlamentsdatenbanken ab Mitte April 2011, darauf geeinigt hatten, einen Entwurf für einen Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag zur Anhörung und zur Notifizierung bei der Europäischen Kommission freizugeben. Dieser enthielt einen besonderen Erlaubnisvorbehalt für Spielhallen, Regelungen über ein Abstandsgebot zu anderen Spielhallen und ein Verbundverbot sowie entsprechende Übergangsregelungen.
18Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.3.2021 – 4 A 3178/19 –, juris, Rn. 121 f., m. w. N., auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
19Der Klägerin war es auch zuzumuten, sich gegenüber ihrem Vermieter schon bei Vertragsabschluss für geeignete Vertragsgestaltungen einzusetzen, die ihr nach Möglichkeit sowohl die Option zum Weiterbetrieb als auch die alsbaldige Beendigung der Spielhallennutzung offen gehalten hätten, zumal der genannte Mietvertrag – wie die Beklagte zutreffend anführt – ursprünglich die Nutzung zum Betrieb von sogar vier Spielhallen vorsah. Entsprechende Bemühungen hat die Beklagte nicht erkennen lassen, worauf bereits das Verwaltungsgericht maßgeblich abgestellt hat.
20Spätestens nachdem der Gesetzgeber im Glücksspielstaatsvertrag mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren – von Härtefällen abgesehen – ein Verbot von Mehrfachkonzessionen bestimmt hatte, oblag es der Klägerin, die Übergangsfrist zu nutzen, um die voraussehbare Schließung einer ihrer beiden Spielhallen möglichst wirtschaftlich tragfähig vorzubereiten. Dazu hätte gehört, von Möglichkeiten zur Beendigung der Mietverhältnisse für eine Spielhalle, auch im Verhandlungsweg oder im Wege der außerordentlichen Kündigung Gebrauch zu machen, möglichst frühzeitig im Wege der üblichen Fluktuation die Gelegenheit zur Personalreduktion zu nutzen und Geräteverträge nach und nach auslaufen zu lassen, um die Betriebskosten frühzeitig zu reduzieren und Abfindungen zu vermeiden. Auch hätte sie Möglichkeiten nutzen können, ihre Investitionskosten in kürzerer Zeit zu amortisieren als ursprünglich im Wege der Abschreibung geplant. Angesichts der Größenordnung jährlicher laufender Kosten, die sich den von der Klägerin vorgelegten Finanzdaten entnehmen lassen, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, weshalb die Einspielergebnisse, die in beiden Spielhallen am Standort Im I. 00 in T. im Jahr 2016 über 450.000,00 Euro Brutto ausgemacht haben müssen, um bei einem Steuersatz von 18 % des Einspielergebnisses nach § 7 der damals geltenden Vergnügungssteuersatzung der Gemeinde T. eine Vergnügungssteuerschuld in Höhe von 81.274,00 Euro zu begründen, sowie angegebene Netto-Umsätze von knapp 430.000,00 Euro in ihrer Größenordnung nicht ausgereicht haben sollten, mit verringerten jährlichen Gewinnen die bis zum Stichtag am 28.10.2011 nicht amortisierten Investitionen nunmehr innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist zu refinanzieren. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin hat die bisherige Betriebszeit seit 2008 bzw. 2009 genügt, um Investitionen in Höhe von insgesamt etwa 225.230,00 Euro (davon etwa 160.130,00 Euro bis zum 28.10.2011) bis Ende November 2017 auf einen Restbuchwert von etwas über 25.000,00 Euro sogar regulär abzuschreiben. Der Restbuchwert der vor dem Stichtag am 28.10.2011 erfolgten Investitionen hat sich vom 31.12.2016 bis zum 30.11.2017 von etwa 8.430,00 Euro auf knapp 4.480,00 Euro in weniger als einem Jahr nahezu halbiert. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht ansatzweise, auf welcher Grundlage die Klägerin davon ausgeht, für eine vollständige Abschreibung bedürfe es eines Fortbetriebs beider Spielhallen am Standort Im I. 00 bis mindestens zum 31.12.2023. Statt diese Möglichkeiten der wirtschaftlich tragfähigen Umstrukturierung zu nutzen, hat die Klägerin geltend gemacht, bei Fortführung des Spielhallenstandorts mit nur einer Konzession hätten sich – bei einer unvorbereiteten Schließung einer Spielhalle zum Ende der Übergangsfrist – Kosten in Höhe von 249.010,00 Euro ergeben.
21Vgl. zu einem entsprechenden Vorbringen der Klägerin in einem anderen Verfahren OVG NRW, Beschluss vom 24.2.2021 – 4 B 932/19 –, juris, Rn. 15 - 17.
22Vielmehr ergibt sich aus den von der Klägerin zum Beleg eines Härtefalls angeführten Gesichtspunkten, dass sie in der Annahme, sie werde nach Ablauf der Übergangsfrist eine glückspielrechtliche Erlaubnis für ihre Spielhalle „D. S. “ und eine Härtefallerlaubnis für die im Verbund stehende weitere Spielhalle „D. G. “ erhalten, keine Vorkehrungen getroffen hat, um eine etwa notwendig werdende Schließung möglichst wirtschaftlich tragfähig vorzubereiten. Die Klägerin hat weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen, dass ihr Vermieter einer Aufhebung des Mietvertrags vom 25.5.2011 oder Nutzungsänderung nicht zustimmen würde. Dass die Klägerin vergeblich entsprechende Anfragen an den Vermieter gestellt haben könnte, ist ebenfalls schon nicht vorgetragen. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Vermieter im Falle der Erlaubnisversagung eine anderweitige, Mieteinnahmen sichernde Nutzung der Räume untersagen würde. Allein der von der Klägerin benannte Umstand, dass die (nach teilweiser Beendigung des Mietverhältnisses insoweit nicht mehr die Klägerin treffende) Umnutzung der hier auf den Betrieb mehrerer Spielhallen ausgerichteten Räumlichkeiten faktisch ausgeschlossen oder mit erheblichen Kosten verbunden ist und eine etwaige neue Nutzung der Räumlichkeiten bzw. eine Untervermietung möglicherweise geringere Gewinne als ein Spielhallenbetrieb einbringt, begründet als typische Folge der gesetzlich vorgesehenen Schließung keine unbillige Härte.
23Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.3.2021 – 4 A 3178/19 –, juris, Rn. 123 f., m. w. N.
24Die Tatsache, dass im Fall der Schließung einer Spielhalle wirtschaftliche Einbußen der Klägerin durch den Betrieb nur noch einer Spielhalle entstehen würden, kann für sich genommen keine unbillige Härte begründen. Derartige wirtschaftliche Einbußen und selbst das Nichterreichen einer Vollamortisation sind grundsätzlich vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden. Da die Klägerin, wie ausgeführt, nicht dargelegt hat, dass sie die gesetzlich eingeräumte Übergangsfrist zu einer der neuen Rechtslage Rechnung tragenden Umstrukturierung ihres Geschäftsbetriebes genutzt hat, fehlt es an einer substantiierten Darstellung von außergewöhnlichen tatsächlichen Umständen, aus denen sich ausnahmsweise eine unbillige Härte ergeben könnte. Das Anführen hoher Kosten, die sich bei vorausschauender Planung so nicht ergeben hätten, genügt offensichtlich nicht, zumal das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW bereits in seinem Erlass vom 10.5.2016 ausdrücklich im Zusammenhang mit Härtefällen klargestellt hatte, die Zielsetzungen des Gesetzgebers dürften nicht unterlaufen werden und der jeweilige Antragsteller müsse den Nachweis darüber erbringen, inwieweit er Anstrengungen unternommen habe, innerhalb der Übergangsfristen den nach Ablauf der Frist rechtswidrigen Zustand zu beheben.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2.12.2020 – 4 B 1467/20 –, ZfWG 2021, 192 = juris, Rn. 16.
26Beruht der unveränderte Weiterbetrieb der zweiten Spielhalle auf der unternehmerischen Entscheidung der Klägerin, kommt es auf die von ihr behauptete Existenzgefährdung sowohl der Gesellschaft als auch der dahinter stehenden Personen in Folge der möglicherweise entstehenden Kosten und Fehlbeträge durch eine Schließung dieser Spielhalle rechtlich nicht an. Der Gesetzgeber hatte mit der fünfjährigen Übergangsfrist auch für diese Fälle eine Handlungsmöglichkeit eröffnet, so dass die Klägerin sich – wie bereits oben ausgeführt – ab 2011 auf die Schließung einer ihrer beiden im Verbund miteinander stehenden Spielhallen einrichten konnte.
27Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2020 – 4 B 172/20 –, juris, Rn. 38.
282. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
29Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine für die Entscheidung des Streitfalls im Rechtsmittelverfahren erhebliche klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft.
30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.2.2021 – 4 A 986/20 –, juris, Rn. 24 f., m. w. N.
31Daran fehlt es hier. Die von der Klägerin bezeichnete Frage,
32inwieweit der Abschluss langjähriger Dauerschuldverhältnisse, wie etwa eines Mietvertrags, eine schützenswerte Rechtsposition begründet, die auch bei später eintretenden regulatorischen Änderungen als solche zu berücksichtigen ist, jedenfalls wenn diese Änderungen bei Abschluss des Mietvertrags nicht bekannt waren bzw. ihr Eintreten nicht gesichert feststand,
33bedarf keiner grundsätzlichen Klärung in einem Berufungsverfahren. Es ist bereits in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats geklärt, dass schon bei Abschluss des hier in Rede stehenden Mietvertrags am 25.5.2011 von einem schutzwürdigen Vertrauen der Spielhallenbetreiber auf die Fortgeltung der zuvor bestehenden Rechtslage nicht mehr die Rede sein konnte, weil sich die Länder bereits im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz am 6.4.2011 auf einen Entwurf für einen Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag geeinigt hatten, der nicht mehr lediglich eine unverbindliche Arbeitsgrundlage darstellte.
34Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 –, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 203; OVG NRW, Urteil vom 10.3.2021 – 4 A 3178/19 –, juris, Rn. 121 f., m. w. N.
35Abgesehen davon kommt eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache bezogen auf die streitgegenständliche Übergangsregelung in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, die ohnehin in Kürze geändert werden soll, nicht in Betracht, weil Rechtsfragen zu auslaufendem oder ausgelaufenem Recht oder zu Übergangsrecht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung haben. In Fällen dieser Art kann in einem Berufungs- oder Revisionsverfahren keine für die Zukunft richtungsweisende Klärung erreicht werden.
36Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.3.2021 – 6 BN 2.20 –, juris, Rn. 6, m. w. N.
373. Die Berufung ist schließlich nicht wegen eines Verfahrensmangels im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
38Das Vorbringen der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe seine richterliche Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO verletzt, indem es seine Entscheidung hinsichtlich der Fragen, ob die Klägerin sich hinreichend um eine Untervermietung bzw. um andere Nutzungsmöglichkeiten der Untervermietung bemüht habe und ob die vorgelegten Anlagen keine hinreichenden Anhaltspunkte für wirtschaftlich relevante Mindereinnahmen bezeugten, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
39Das Recht auf rechtliches Gehör begründet keine Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die mögliche Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Einschätzung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Entscheidungsfindung ergibt. Eine gerichtliche Hinweispflicht – zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung – besteht nur dann, wenn auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht mit einer bestimmten Bewertung seines Sachvortrags durch das Verwaltungsgericht zu rechnen braucht.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2018 – 5 C 4.17 –, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 147 = juris, Rn. 22, m. w. N.
41Schon aufgrund der Würdigung des Vorbringens der Klägerin im angegriffenen Bescheid und nach der Klarstellung durch den Ministerialerlass vom 10.5.2016, der jeweilige Antragsteller müsse den Nachweis darüber erbringen, inwieweit er Anstrengungen unternommen habe, innerhalb der Übergangsfristen den nach Ablauf der Frist rechtswidrigen Zustand zu beheben, musste die Klägerin mit einer Würdigung durch das Verwaltungsgericht rechnen, die von ihr dargelegten Anstrengungen seien insoweit unzureichend gewesen, um sich auf eine atypische Härte berufen zu können.
42Im Übrigen erfordert eine Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen, was die Prozesspartei bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwiefern dieser Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre.
43Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.1.2021 – 4 A 1382/18 – juris, Rn. 30 f., m. w. N.
44Selbst diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht.
45Ohne Erfolg rügt die Klägerin einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO). Aus ihrem Vorbringen ergibt sich nicht, dass sie bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf ihre Heranziehung zur Erforschung des Sachverhalts hingewirkt hat, oder dass sich dem Gericht diese Aufklärung auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätte aufdrängen müssen.
46Vgl. hierzu OVG NRW Beschluss vom 17.12.2019 – 4 A 2160/16 –, Rn. 21 f., m. w. N.
47Nachdem die Beklagte im angegriffenen Bescheid ausführlich dargelegt hatte, weshalb der Fortbetrieb der streitgegenständlichen Spielhalle nicht zur Vermeidung einer unbilligen Härte erforderlich ist, hatte die Klägerin allen Anlass, von sich aus alle Umstände vorzutragen, die diese Würdigung hätten in Zweifel ziehen können. Anlass für das Verwaltungsgericht, ergänzend von sich aus nochmals bei der Klägerin nachzufragen, bestand bei dieser Sachlage nicht.
48Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
49Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 sowie 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG und berücksichtigt, dass es der Klägerin um den weiteren Betrieb einer Spielhalle geht. Dabei zieht der Senat in Orientierung an dem Vorschlag unter Nr. 54.1 bzw. 54.2.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 58 [68]) je Spielhalle den dort genannten Mindestbetrag für den Jahresgewinn von 15.000,00 Euro als Grundlage der Wertfestsetzung heran. Regelungen zur Verhinderung der Fortsetzung des Betriebs im Sinne des § 15 Abs. 2 GewO werden nach ständiger Praxis des Senats bei der Bemessung des Streitwerts nicht berücksichtigt, wenn sie mit dem Widerruf oder der Ablehnung einer Gewerbeerlaubnis verbunden sind.
50Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8.6.2017 – 4 B 307/17 –, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 96 f., und vom 25.5.2016 – 4 B 162/16 –, GewArch 2016, 304 = juris, Rn. 19 f., m. w. N.
51Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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