Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 1106/21
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Die mit Schriftsätzen vom 28. Juni 2021 sowie vom 13. Juli 2021 fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. Satz 1 und 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, den mit der Beschwerde noch weiterverfolgten Anträgen der Antragstellerin zu entsprechen,
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1. festzustellen, dass die Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nicht verpflichtet ist, der vom Präsidium des Landesgerichts X. mit Beschluss vom 18. Mai 2021, Az. 320 LG X. 8/2021, der Antragstellerin übermittelt am 20. Mai 2021, beschlossenen Zuweisung in die Strafvollstreckungskammer nachzukommen, die ihre bisherige Zuweisung aus dem Jahr 2020 in die 4. Kammer für Handelssachen mit Wirkung zum 14. Juni 2021 (zunächst teilweise) ablöst,
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2. bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache festzustellen, dass die im Beschluss des Präsidiums des Landgerichts X. vom 18. Mai 2021 mit Wirkung zum 1. Juni 2021 erfolgte Eingangsfreistellung der 4. Kammer für Handelssachen rechtswidrig ist,
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3. festzustellen, dass die Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache nicht verpflichtet ist, der vom Präsidium des Landgerichts X. mit Beschluss vom 10. Juni 2021, Az. 320 LG X. 9/2021, der Antragstellerin übermittelt am 14. Juni 2021 beschlossenen Zuweisung in die 10. Strafkammer mit einem Arbeitskraftanteil (AKA) von 0,5 sowie der Zuweisung in die kleine Strafvollstreckungskammer mit einem weiteren AKA von 0,25 nachzukommen, die ihre bisherige Zuweisung aus dem Jahr 2020 in die 4. Kammer für Handelssachen mit Wirkung zum 1. August 2021 vollständig ablöst.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Die Feststellungsanträge seien nicht begründet. Die Antragstellerin könne sich von vornherein nur auf die Sicherung eigener Rechtspositionen und nicht auf einen Verstoß gegen objektive Rechtsnormen berufen. Sie könne nicht mit Erfolg geltend machen, die betreffenden Regelungen der Präsidiumsbeschlüsse vom 18. Mai 2021 und vom 10. Juni 2021 seien wegen einer Verletzung von § 21e Abs. 3 GVG rechtswidrig. Auf den umfangreichen Vortrag zu Bestand und Entwicklung der Eingänge in den Kammern für Handelssachen sowie den Strafkammern und den Änderungen der Richterarbeitskraft in diesen Bereichen komme es daher nicht entscheidungserheblich an. Auch liege keine Konstellation vor, in der – abweichend vom Regelfall – eine unter Verstoß gegen § 21e Abs. 3 GVG erfolgte Geschäftsverteilung eine individuelle Rechtsverletzung der Antragstellerin indiziere. Es sei insbesondere kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit der Antragstellerin erkennbar. Weiter sei nicht ersichtlich, dass die Präsidiumsbeschlüsse ermessensfehlerhaft oder willkürlich seien. Ein Richter habe keinen Anspruch auf Zuweisung einer bestimmten Materie oder Tätigkeit in einem bestimmten Spruchkörper. Aufgabe des Präsidiums sei es, in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens für die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben durch Einsatz der dem Gericht zugeteilten Richter zu sorgen. Dies bedinge ohne weiteres die Notwendigkeit, auf Überlastungen einzelner Arbeitsbereiche, Ausfälle aufgrund Krankheit, Mutterschutz/Elternzeit sowie Personalzu- und -abgänge durch Einstellungen, Pensionierungen, Abordnungen und Versetzungen flexibel reagieren zu können. Vor diesem Hintergrund bedürfe eine Entscheidung des Präsidiums nicht der Begründung, warum allein eine bestimmte Art der Spruchkörperbesetzung und der Zuweisung von Materien ermessensgerecht sei. Mit dem Instrument der Anhörung nach § 21e Abs. 5 GVG werde den Belangen der betroffenen Richterin und des betroffenen Richters verfahrenstechnisch ausreichend Rechnung getragen. Auch die Antragstellerin habe Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Es bestünden keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Mitglieder des Präsidiums die Belange der Antragstellerin nicht zur Kenntnis genommen oder gewürdigt hätten. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch darauf, dass die aufgrund geheimer Beratung getroffenen Beschlüsse ihr gegenüber durch das Präsidium näher erläutert würden. Es sei nicht erkennbar, dass die die Antragstellerin betreffenden Entscheidungen des Präsidiums vom 18. Mai 2021 und 10. Juni 2021 den dem Präsidium zukommenden weiten Ermessensspielraum überschritten. Es sei nicht ersichtlich, dass sich das Präsidium von sachfremden Erwägungen habe leiten lassen, insbesondere dass der Spruchkörperwechsel in Wahrheit eine Disziplinierung der Antragstellerin für deren Widersprüche gegen ihre dienstliche Beurteilung, gegen dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen sowie für eine von ihr erhobene Dienstaufsichtsbeschwerde darstelle. Dies folge bereits aus der unterschiedlichen Stellung von Präsidium und Verwaltung. Das Präsidium, dessen Mitglieder mit richterlicher Unabhängigkeit versehen seien, werde als Kollegialorgan tätig und nehme die Aufgabe der – verwaltungsunabhängigen – gerichtlichen Selbstverwaltung wahr, wohingegen die Beurteilung von Richterinnen und Richtern sowie die Wahrnehmung der Dienstaufsicht eine Aufgabe im Rahmen der Gerichtsverwaltung sei. Die Darlegungen der Antragsgegnerin zu den den Präsidiumsbeschlüssen zugrundeliegenden Erwägungen seien im Rahmen des dem Präsidium zukommenden weiten Ermessens nachvollziehbar und schlüssig. Anhaltspunkte für eine willkürliche Entscheidung ergäben sich nicht aus der Vielzahl der Verwendungen der Antragstellerin in der Vergangenheit. Das dem Präsidium zukommende Ermessen sei auch nicht aufgrund der persönlichen Situation der Antragstellerin dahingehend reduziert gewesen, dass allein ihr Verbleib in einer Kammer für Handelssachen ermessensgerecht gewesen wäre. Dass ihr Partner möglicherweise keinen vollständigen Impfschutz erlangen könne, führe nicht zur Fehlerhaftigkeit der Ermessenserwägungen des Präsidiums. Das Präsidium habe nur auf der Grundlage der seinerzeit bekannten Erkenntnisse entscheiden können, wonach die Antragstellerin selbst mitgeteilt habe, nötigenfalls ab dem 1. Juni 2021 für einen Wechsel zur Verfügung zu stehen und selbst das Datum des 14. Juni 2021 als Zeitpunkt eines vollständigen Impfschutzes benannt habe. Nach der ärztlichen Bescheinigung von Prof. Dr. I. vom 16. Juni 2021 sei es zudem medizinisch „wünschenswert“, wenn auch nächste Angehörige, die im gleichen Haushalt wohnten, ebenfalls geimpft würden und sich zusätzlich so weit wie möglich vor Risikokontakten schützten, z. B. durch Nutzung von Homeoffice. Es sei nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin verwehrt werde, ihre Tätigkeit – soweit möglich – aus dem Homeoffice heraus zu verrichten. Die Antragstellerin müsse sich – wie andere gefährdete Personen oder ihre Kontaktpersonen auch – auf das durch die konsequente Einhaltung der allgemein empfohlenen Sicherheitsmaßnahmen erzielte Schutzniveau verweisen lassen. Ob die Antragstellerin als Planrichterin des Landgerichts X. den beiden – in den EHUG-Kammern und damit ausschließlich im Homeoffice verbleibenden – abgeordneten Kolleginnen des Amtsgerichts hätte vorgezogen werden müssen, sei in Ermangelung eines Anspruchs auf Verbleib in einem bestimmten Spruchkörper unerheblich. Die von der Antragsgegnerin hierfür angeführten Gründe seien keinesfalls sachwidrig.
11Das hiergegen erhobene Beschwerdevorbringen greift nicht durch.
12I. Dies gilt zunächst für den Vortrag der Antragstellerin, der angefochtene Beschluss leide an Verfahrensfehlern.
13Die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs kann ebenso wenig zu einem Erfolg der Beschwerde führen wie die Rügen der Antragstellerin, der Beschluss sei nicht hinreichend begründet und verstoße aufgrund der Verfahrenslaufzeit gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens.
14Ungeachtet der Frage, ob die gerügten Verfahrensfehler überhaupt vorliegen, sind diese Rügen schon deshalb unbeachtlich, weil eine Beschwerde nach § 146 Abs. 4 VwGO, wie sie hier vorliegt, mit der Behauptung von Verfahrensfehlern grundsätzlich nicht erfolgreich geführt werden kann. Diese das Rechtsmittel der Beschwerde eröffnende Regelung kennt – anders als die Vorschriften über Berufung und Revision – kein vorgeschaltetes Zulassungsverfahren (mehr), sondern ermöglicht in den von § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO gezogenen Grenzen eine umfassende, nicht z. B. von der erfolgreichen Rüge eines Verfahrensfehlers abhängige Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht als zweite Tatsacheninstanz.
15Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Juni 2014– 1 B 271/14 –, juris, Rn. 22 bis 25 (zu der Rüge, im erstinstanzlichen Verfahren sei eine Beiladung zu Unrecht unterblieben), und vom 16. Januar 2014– 1 B 1506/13 –, juris, Rn. 7 (zu einer Gehörsrüge), jeweils m. w. N.
16Ein Gehörsverstoß ist im Übrigen auch nicht erkennbar. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts kam es auf die von der Antragstellerin genannten Umstände nämlich nicht an.
17II. Auch die in der Sache vorgebrachten Einwände stellen die Würdigung des Verwaltungsgerichts, die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, nicht durchgreifend in Frage.
18Weder die (teilweise) Zuweisung zur Strafvollstreckungskammer mit Präsidiumsbeschluss vom 18. Mai 2021, noch die mit demselben Beschluss angeordnete Eingangsfreistellung der 4. Kammer für Handelssachen noch die Zuweisung der Antragstellerin in die 10. Strafkammer mit einem Arbeitskraftanteil von 0,5 sowie in die Strafvollstreckungskammer mit einem weiteren Arbeitskraftanteil von 0,25 mit Präsidiumsbeschluss vom 10. Juni 2021 erweisen sich als ermessensfehlerhaft oder gar willkürlich.
19Maßnahmen des Präsidiums, die die richterliche Geschäftsverteilung betreffen, unterliegen ebenso wie Umsetzungen von Beamten den Anforderungen an die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens und dürfen sich nicht als willkürlich darstellen. Das Präsidium hat für die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben durch Einsatz der dem Gericht zugeteilten Richter zu sorgen.
20Die Zuteilung oder Nichtzuteilung von Geschäften betrifft einen Richter auch in seiner persönlichen Rechtsstellung und kann ihn in seinen Rechten verletzen. Die gerichtliche Geschäftsverteilung wirkt auf die Rechtsstellung des einzelnen Richters ein, indem sie seine öffentlich-rechtlichen Berechtigungen und Verpflichtungen im Hinblick auf die von ihm wahrzunehmenden richterlichen Geschäfte regelt.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1975 – VII C 47.73 –, juris, Rn. 25; OVG NRW, Urteil vom 23. April 2008 – 1 A 1703/07 –, juris, Rn. 44.
22Allerdings gibt es kein Recht eines Richters auf die Erledigung bestimmter Rechtsangelegenheiten. Ein Richter muss grundsätzlich für jede Tätigkeit im Rahmen der gerichtlichen Zuständigkeit einsetzbar und einsatzbereit sein. Grenzen ergeben sich allerdings aus der in Art. 97 Abs. 1 GG garantierten richterlichen Unabhängigkeit.
23Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. August 2016 – 2 BvR 877/16 –, juris, Rn. 18.
24Nach diesen Maßgaben greift das das Beschwerdevorbringen gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, es sei nicht erkennbar, dass die beanstandeten Präsidiumsbeschlüsse nicht auf einer pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens beruhten oder willkürlich seien, nicht durch.
251. Die Antragstellerin rügt ohne Erfolg, der Präsidiumsbeschluss leide an einem formellen Fehler, da er ihr gegenüber nicht hinreichend begründet sei.
26Es besteht grundsätzlich keine Pflicht, den Präsidiumsbeschluss der Antragstellerin gegenüber detailliert zu begründen und insbesondere darzulegen, dass keine andere Entscheidung in Betracht gekommen wäre.
27Damit, dass grundsätzlich keine Pflicht des Präsidiums besteht, in öffentlicher Sitzung zu beraten, geht einher, dass die Entscheidung des Präsidiums gegenüber den Betroffenen auch nicht zwingend zu begründen ist. Hierdurch wird – ebenso wie durch die Regelungen zur Öffentlichkeit der Sitzung – im Interesse der Unabhängigkeit der Mitglieder des Präsidiums verhindert, dass das Abstimmungsergebnis und-verhalten bekannt wird. Eine Begründung ist weder zur Wahrung effektiver Rechtsschutzmöglichkeiten durch einen von der Abstimmung Betroffenen geboten noch hindert deren Fehlen das Gericht, die Entscheidung auf Ermessensfehler nachzuprüfen.
28Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28. November 2007 – 2 BvR 1431/07 –, juris, Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Oktober 2005 – 4 S 1830/05 –, juris, Rn. 7.
292. Auch die materiellen Rügen der Antragstellerin stellen die angefochtene Entscheidung nicht durchgreifend in Frage. Dies gilt sowohl im Hinblick auf den gerügten Verstoß gegen § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG (hierzu unter a)) als auch hinsichtlich der geltend gemachten Ermessensfehler (hierzu unter b)). Im Übrigen verletzen die angegriffenen Präsidiumsbeschlüsse auch nicht die richterliche Unabhängigkeit der Antragstellerin (hierzu unter c)).
30a) Die Rüge der Antragstellerin, die für eine unterjährige Änderung der Geschäftsverteilung in § 21e Abs. 3 GVG normierten Voraussetzungen seien nicht erfüllt, greift nicht durch.
31(1) Die Antragsgegnerin kann sich auf einen Verstoß gegen § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG – selbst, wenn er vorläge – nicht berufen.
32Nach § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG darf die Geschäftsverteilung im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird.
33Der von einer Umsetzung im Laufe des Geschäftsjahres betroffene Richter kann einen Rechtsbehelf gegen die Geschäftsverteilung nicht auf eine Verletzung des § 21e Abs. 3 GVG stützen. Die von dieser Vorschrift gezogenen engen Grenzen sind nicht zu Gunsten des Richters normiert. Die in § 21e Abs. 3 GVG normierten Beschränkungen dienen allein der Verwirklichung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), der ausschließlich den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens garantiert ist. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt Richtern nicht das subjektive Recht auf Entscheidung eines nach der Geschäftsverteilung zu ihrer Zuständigkeit gehörenden bestimmten Prozesses.
34Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. März 1963 – 2 BvR 129/63 –, juris, Rn. 9; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. Dezember 2007 – 10 B11104/07 –, juris, Rn. 4.
35(2) Selbst wenn eine solche Verletzung des § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG unter Umständen als Indiz für eine eigene Rechtsverletzung der Antragstellerin in Betracht kommen sollte,
36vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. Dezember 2007 – 10 B 11104/07 –, juris, Rn. 5,
37so liegen Anhaltspunkte hierfür nicht vor.
38Dem Präsidiumsbeschluss vom 18. Mai 2021 lagen unter anderem folgende Erwägungen zu Grunde:
39Der Arbeitskraftanteil in den für die Verfahren nach § 335a HGB zuständigen Kammern für Handelssachen sei zu hoch, da die Eingänge sich deutlich reduziert hätten (jeweils bis April: 2019: 2303 Eingänge, 2020: 1860 Eingänge, 2021: 1429 Eingänge). Die Erledigungen überstiegen die Eingänge deutlich. Daher sei der Einsatz von Richterinnen und Richtern sukzessive zu reduzieren. Dies gelte zunächst für die 4. Kammer für Handelssachen, die daher bis auf weiteres eingangsfrei gestellt werden solle, um den Bestand dem geringeren Arbeitskraftanteil anzupassen. Vorsitzender Richter am Landgericht Dr. L. gehe mit Ablauf des Juli 2021 in den Ruhestand. Zuvor wickele er in größerem Umfang Erholungsurlaub ab. Die Kammer solle bis zur Ernennung eines Nachfolgers von Richter am Landgericht F. geleitet werden. Dieser solle zum stellvertretenden Vorsitzenden bestellt werden. Sein Arbeitskraftanteil in der 18. Zivilkammer solle aufgrund der starken Belastung der Kammer auf eine volle Stelle aufgestockt werden. Hierfür müsse er aus der kleinen Strafvollstreckungskammer und der 14. Strafkammer ausscheiden. Da die Notwendigkeit für die Antragstellerin, ausschließlich von zu Hause aus zu arbeiten, mit dem 14. Juni 2021 ende, solle sie unter entsprechender Reduzierung ihres Arbeitskraftanteils in der 4. Kammer für Handelssachen mit einem Arbeitskraftanteil von 0,25 in der kleinen Strafvollstreckungskammer eingesetzt werden und dort Richter am Landgericht F. ersetzen. Ihr Arbeitskraftanteil in der 4. Kammer für Handelssachen reduziere sich entsprechend, was im Hinblick auf die geringen Eingänge in den Verfahren nach § 335a HGB auch sachgerecht sei.
40Dem Präsidiumsbeschluss vom 10. Juni 2021 lag die Erwägung zugrunde, die Antragstellerin solle Richter im Landgericht L1. in der 10. Strafkammer und Richterin M. in der kleinen Strafvollstreckungskammer, die beide zu einem Teil ihrer Arbeitskraft zum Amtsgericht X. wechseln, ersetzen. Die Antragsgegnerin hat hierzu ergänzend ausgeführt, der zeitgleiche Einsatz von Planrichtern in den Strafvollstreckungs- und großen Strafkammern des Landgerichts sei wegen der Sachnähe wünschenswert. Die Strafkammern sollten auf eine zu erwartende Belastung durch Cum-Ex-Prozesse mit einer frühzeitigen Besetzung mit Planrichtern vorbereitet werden.
41Diese Erwägungen lassen bereits eine Notwendigkeit einer unterjährigen Änderung der Geschäftsverteilung im Sinne des § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG erkennen.
42Bei endgültiger Verhinderung eines Richters durch Freiwerden einer Richterstelle auf Grund Richterwechsels (z. B. durch Pensionierung) oder dauernder Verhinderung muss der Geschäftsverteilungsplan geändert werden. Das Gesetz lässt die Änderung des Geschäftsverteilungsplans für den Fall des Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter bereits im Laufe des Geschäftsjahres ausdrücklich zu (§ 21e Abs. 3 Satz 1 GVG). Dabei ist die Änderungsbefugnis des Präsidiums nicht auf die betroffene Richterstelle beschränkt, sondern gestattet auch sachgerechte andere Änderungen.
43Vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Januar 2005 – 20 W 438/04 –, juris, Rn. 10; Lückemann, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 21e GVG Rn. 43; Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 21e Rn. 111; vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. September 2018 – 4 StR 267/18 –, juris zu § 21g GVG.
44Es fällt daher ohne weiteres in das weite Ermessen des Präsidiums, vor dem Hintergrund eines bevorstehenden Ruhestandes – wie hier von Vorsitzendem Richter am Landgericht Dr. L. – auch unterjährig Wechsel in der Besetzung der Spruchkörper vorzunehmen. Dies wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Betroffene vor seinem Ruhestand noch längeren Erholungsurlaub nimmt.
45Die Rüge der Antragstellerin, eine andere Geschäftsverteilung wäre sinnvoller gewesen, ist unerheblich. Die optimale oder „bessere“ Geschäftsverteilung ist vorliegend nicht Prüfungsmaßstab.
46Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. November 2012 – 4 S 2061/12 –, juris, Rn. 6.
47Auf die Ausführungen der Antragstellerin dazu, dass nach ihrer Ansicht die einzelnen personellen Umsetzungen nicht notwendig gewesen seien, kommt es daher ebenso wenig an wie auf die Verteilung der Eingänge und der Arbeitskraftanteile in den verschiedenen Kammern.
48b) Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist weiter nicht erkennbar, dass das Präsidium bei seinen Beschlussfassungen vom 18. Mai 2021 und vom 10. Juni 2021 ermessensfehlerhaft gehandelt hätte.
49Ein Ermessensfehler oder gar Willkür der unter a) dargestellten Erwägungen zur Änderung der Geschäftsverteilungen lässt sich auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht erkennen.
50Das dem Präsidium eingeräumte Ermessen ist grundsätzlich weit. Für die Veränderung des bisherigen Aufgabenbereiches kann es mannigfaltige Gründe geben.
51Vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 25. Juni 2018 – 3 Bs 73/18 –, juris, Rn. 29.
52Der Abgang eines Richters durch Pensionierung schafft ersichtlich ebenso Bedarf für Umplanungen wie die aufgrund von Abordnungen auftretenden Vakanzen in der kleinen Strafvollstreckungskammer sowie in der 10. Strafkammer. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist auch unerheblich, ob der genaue Zeitpunkt der Pensionierung bereits länger bekannt war und ob der betroffene Richter vor der Zurruhesetzung noch länger urlaubsabwesend ist.
53Angesichts der von der Antragsgegnerin dargelegten Verringerung der Eingänge der Verfahren nach § 335a HGB im Zeitraum April 2019 bis April 2021 ist es auch ohne weiteres einleuchtend, den Arbeitskraftanteil der Antragstellerin zu verringern. Der Zeitpunkt des Kammerwechsels der Antragstellerin ist schließlich auch unter Pandemiegesichtspunkten nicht sachwidrig, zumal die Antragstellerin selbst ihre Impftermine mitgeteilt und das Präsidium hierauf Rücksicht genommen hat.
54Etwas anders folgt auch nicht aus den mit der Beschwerdebegründung vorgetragenen Argumenten.
55(1) Dies gilt zunächst für den Vortrag der Antragstellerin, die Entscheidung des Präsidiums stehe in Widerspruch dazu, dass der Bestand der 4. Kammer für Handelssachen zuvor gezielt aufgebaut worden sei. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht im Ansatz, aus welchem Grund der spätere Wechsel des Spruchköpers der Antragstellerin wegen des zuvor gezielten Bestandsaufbaus ermessensfehlerhaft sein sollte. Ein „Bestandsschutz“ für die Kammer, der die Antragstellerin angehört, oder die Antragstellerin selbst lässt sich hieraus nicht ableiten.
56Dass der Bestand der 4. Kammer für Handelssachen nach der Besetzung mit einer vollen Richterkraft aufgebaut werden musste, ist allerdings anhand der von der Antragstellerin vorgelegten Tabelle 2 ohne Weiteres nachvollziehbar. Danach hatte die 4. Kammer für Handelssachen am 31. August 2020 einen Bestand von 188 Verfahren, wohingegen die damals und bis zum 31. Dezember 2020 nur mit einem halben Arbeitskraftanteil besetzte 8. Kammer für Handelssachen einen Bestand von 228 Verfahren hatte. Bei dieser Sachlage sollte der Bestandsaufbau offensichtlich eine ausreichende Auslastung der Antragstellerin in der 4. Kammer für Handelssachen gewährleisten. Dies ergibt sich aus dem Vermerk zur Änderung der Geschäftsverteilung im August 2020 (320 LG X. 16/2020), wonach der Turnus vorübergehend auf die 4. und 8. Kammer für Handelssachen beschränkt werden sollte, um sicherzustellen, dass die dortigen Richterinnen (u. a. die Antragstellerin) bei weiterhin geringen Eingängen in den kommenden Monaten ausgelastet seien. In dem Zeitraum vom 1. September 2020 bis zum 31. Dezember 2020 hat sich dann nach der von der Antragstellerin vorgelegten Tabelle 1 die Eingangssituation in der 4. Kammer für Handelssachen im Vergleich zu der 8. Kammer für Handelssachen, die bis zum 31. Dezember 2020 mit einem halben Arbeitskraftanteil besetzt war, dem entsprechend verändert. Die 4. Kammer für Handelssachen hatte nach der Aufstellung der Antragstellerin in dem Zeitraum vom 1. September 2020 bis zum 31. Dezember 2020 800 Eingänge, während die 8. Kammer für Handelssachen im gleichen Zeitraum auf 385 Eingänge und damit nur geringfügig auf weniger als die Hälfte der Eingänge kam. Bereits im August 2020 wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Eingänge der Verfahren nach § 335a HGB weiter gering seien, was eine Reduzierung der Besetzung notwendig mache.
57(2) Der Vortrag der Antragstellerin, die Gerichtsverwaltung habe ihr gegenüber Erledigungsvorgaben gemacht, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit der Geschäftsverteilung unerheblich.
58(3) Auch, dass die 4. Kammer für Handelssachen ab dem 1. Juni 2021 von Eingängen freigestellt wurde, begegnet keinen Bedenken. Die Antragsgegnerin hat diese Maßnahme nachvollziehbar damit begründet, dass aufgrund der in den letzten Jahren gesunkenen Eingangssituation die Arbeitskraftanteile bei den EHUG-Kammern insgesamt reduziert werden sollten und der Bestand der 4. Kammer für Handelssachen soweit gesenkt werden sollte, dass er für die vorgesehene Nachfolge mit einem Arbeitskraftanteil von 0,3 angemessen wäre. Der grundsätzliche und durch Zahlen von der Antragsgegnerin belegte Rückgang der Eingänge der Beschwerdeverfahren nach § 335a HGB wird auch nicht durch ein zwischenzeitliches Anziehen der Eingänge in Frage gestellt. Wie die Antragstellerin selbst vorträgt, unterliegen Eingangszahlen naturgemäß Schwankungen. Soweit die Antragstellerin anmerkt, dass der Rückgang der Eingänge bereits bei der Jahresgeschäftsverteilung bekannt und schon damals zu berücksichtigen gewesen wäre, ist zu bedenken, dass Einiges dafür spricht, dass auch aus Rücksicht auf ihre persönliche Situation zunächst von einem Abzug ihrer Richterarbeitskraft aus der 4. Kammer für Handelssachen abgesehen wurde.
59(4) Die Entscheidung des Präsidiums ist auch nicht deshalb sachfremd, weil die Antragstellerin gewünscht hatte, nicht in einer großen Strafkammer eingesetzt zu werden. Eine Richterin am Landgericht muss jederzeit sowohl mit einem Einsatz im Zivil- als auch im Strafbereich rechnen.
60Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. August 2016 – 2 BvR 877/16 –, juris, Rn. 18.
61Auch daraus, dass die Antragstellerin schon häufig ihre Verwendung gewechselt hat, ergibt sich kein Anspruch, zukünftig dauerhaft in einem speziellen Spruchkörper zu verbleiben.
62(5) Der Vortrag der Antragstellerin, eine Entscheidung über ihre weitere Verwendung sei in Kenntnis einer noch fehlenden Impfung des Lebenspartners erfolgt, geht bereits insoweit fehl, als das Präsidium ausdrücklich Rücksicht auf die von der Antragstellerin mit E-Mail vom 19. April 2021 mitgeteilten Impftermine genommen hat. Die Problematik einer möglicherweise nur eingeschränkten Schutzwirkung der (zweifachen) Impfung bei dem Lebensgefährten der Antragstellerin war im Zeitpunkt der angegriffenen Präsidiumsbeschlüsse noch nicht bekannt und kann daher weder zu Ermessensfehlern noch zu Willkür führen. Dieser Umstand wurde erstmals mit Schriftsatz vom 15. Juni 2021 mitgeteilt und mit Attest vom 16. Juni 2021 belegt. Mit E-Mail vom 19. März 2021 hatte der Bevollmächtigte der Antragstellerin noch ausdrücklich mitgeteilt, die Einhaltung des Home-Office sei wünschenswert bis eine Impfung des Lebensgefährten der Antragstellerin erfolgt sei. Daraus durfte geschlossen werden, dass nach einer Impfung insoweit kein Bedarf mehr bestand, ausschließlich von zu Hause aus zu arbeiten.
63Die Antragstellerin hat – auch wenn ihr Anliegen in Anbetracht der Corona-Pandemie und der Erkrankung und Infektionsgefahr ihres Lebensgefährten durchaus verständlich ist – keinen Anspruch darauf, ihren Dienst dauerhaft ohne Rücksicht auf die Geschäftslage des Gerichts ausschließlich vom häuslichen Arbeitsplatz erledigen zu können. Soweit es die dienstlichen Belange erlauben, kann die Antragstellerin ihren Dienst weiter von zu Hause aus verrichten. Ansonsten ist sie auf die Möglichkeiten der Risikoeingrenzung durch die bekannten Maßnahmen wie Tragen einer Maske und Abstandhalten zu verwiesen. Wie auch der Präsident des Landgerichts X. in seinem Schreiben von Juli 2021 ausführt, ist der Infektionsschutz auch bei Sitzungen weiter zu gewährleisten. Ebenso können die Möglichkeiten, Gerichtsverhandlungen mittels Videotechnik durchzuführen, weiter genutzt werden.
64(6) Auch, dass zwei andere Richterinnen im Homeoffice verbleiben, begründet keinen Ermessensfehler der Präsidiumsbeschlüsse. Unabhängig von der Frage, ob die Antragstellerin Anspruch auf eine solche Begründung hat, hat die Antragsgegnerin die Gründe dargelegt, die dafür sprechen, dass die beiden Richterinnen in den EHUG-Kammern bleiben und ihnen die Erledigung der Arbeit vom häuslichen Arbeitsplatz aus ermöglicht wird. Die Antragsgegnerin hat ausgeführt, das Präsidium sei der Auffassung gewesen, aufgrund der rückläufigen Eingangszahlen benötigten die Kammern für Handelssachen keinen weiteren vollen Arbeitskraftanteil. Für den Wechsel der Antragstellerin habe gesprochen, dass diese im Gegensatz zu den verbliebenen Kolleginnen über einen vollen Arbeitskraftanteil verfüge, keine betreuungsbedürftigen Kinder habe, die anderen Kolleginnen wegen der eigenen persönlichen Situation ohne die Ermöglichung von Heimarbeit an der Ausübung ihres Dienstes wohl gänzlich gehindert wären. Diese Erwägungen sind ersichtlich weder sachwidrig noch sonst ermessensfehlerhaft. Etwas anderes legt die Antragstellerin auch unter Berücksichtigung des sinngemäßen Vortrags nicht dar, sie habe als Planrichterin am Landgericht X. Vorrang vor den vom Amtsgericht abgeordneten Kolleginnen. Ein solcher Vorrang vor den abgeordneten Kolleginnen besteht nicht.
65(7) Die Zweifel der Antragstellerin an der geplanten Ausbildung von Richterinnen und Richtern im Strafbereich beruht ebenso wie ihr Vortrag zum Vorsitz der 18. Zivilkammer letztlich auf Vermutungen und ist im Übrigen unerheblich. Das Präsidium ist nicht gehalten, jede nur erdenklich mögliche anderweitige Verwendung der Antragstellerin zu prüfen und zu begründen. Im Übrigen ist die Planung des Landgerichts X. , den Strafbereich perspektivisch zu stärken, nachvollziehbar dargelegt. Die erwartete Belastung mit sog. Cum-Ex-Verfahren beim Landgericht X. wird durch die vorgelegten Unterlagen gestützt.
66(8) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin bedarf es auch keiner Begründung, warum kein anderer Richter an Stelle der Antragstellerin in die kleine Strafkammer umgesetzt hätte werden können. Diese Entscheidung fällt ebenso in das weite Ermessen des Präsidiums wie die von der Antragstellerin bemängelten Umsetzungen im Bereich der 7. und 18. Zivilkammer.
67(9) Es ist nicht ersichtlich, dass die – sachgerechten – Gründe für den Präsidiumsbeschluss nur vorgeschoben wurden, die Änderung der Geschäftsverteilung in Wirklichkeit jedoch eine Reaktion auf den Widerspruch der Antragstellerin gegen ihre Beurteilung sowie ihre Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Vizepräsidenten des Landgerichts X. waren.
68Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist das Präsidium nicht Teil der Justizverwaltung, sondern ausschließlich Organ der gerichtlichen Selbstverwaltung.
69Vgl. Lückemann, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 21a GVG, Rn. 1.
70Es bestehen keine Anhaltspunkte für die von der Antragstellerin vermutete Einflussnahme der Verwaltung auf die – erforderliche – Mehrheit der Mitglieder des Präsidiums.
71Eine Einflussnahme ergibt sich nicht bereits aus der bloßen Kenntnis des Präsidiums von dem Widerspruch der Antragstellerin gegen ihre Beurteilung sowie ihrer Dienstaufsichtsbeschwerde. Diese Kenntnis beruhte auf dem ausdrücklichen Wunsch der Antragstellerin. Allein aus der Kenntnis des Präsidiums folgt jedoch nicht, dass es sich bei der Umsetzung der Antragstellerin um eine verdeckte Disziplinarmaßnahme handeln könnte. Auch andere Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich. Solche ergeben sich auch nicht aus einer – ohnehin nur losen – zeitlichen Nähe zwischen dem Widerspruch vom 8. März 2021 und dem Präsidiumsbeschluss vom 18. Mai 2021, zumal der Wechsel zum 14. Juni 2021 ersichtlich auf der Mitteilung der Antragstellerin beruhte, ab diesem Zeitpunkt bestehe bei ihr vollständiger Impfschutz.
72Nicht nachvollziehbar ist, inwiefern die Antragstellerin in dem zunächst vorgesehenen teilweisen Wechsel in die kleine Strafvollstreckungskammer und anschließend beschlossenen Wechsel in die große Strafkammer eine „Erhöhung des Druckes“ (die Widersprüche zurückzunehmen) erkennen will. Es ist bereits nicht erkennbar, dass der Antragstellerin gegenüber kommuniziert worden wäre, dass diese Wechsel im Fall einer Rücknahme ihrer Widersprüche nicht vollzogen werden sollten. Dem Widerspruch der Antragstellerin gegen ihre Beurteilung wurde mittlerweile abgeholfen, so dass insoweit auch nach der Argumentation der Antragstellerin keine Drucksituation mehr besteht.
73c) Die Antragstellerin hat mit dem Beschwerdevorbringen auch einen Eingriff in ihre persönliche Unabhängigkeit gemäß Art. 97 GG nicht dargelegt.
74Von diesem Schutz erfasst wird neben den in Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG ausdrücklich genannten Handlungen jede Maßnahme, die materiell einer Entlassung, einer dauernden oder zeitweisen Amtsenthebung oder einer Versetzung in den Ruhestand gleichkommt, durch welche also faktisch dasselbe wie durch eine der in Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG genannten förmlichen Maßnahmen erreicht wird. Ein Richter hat zwar keinen Anspruch auf Entscheidung eines nach der Geschäftsverteilung zu seiner Zuständigkeit gehörenden Rechtsstreits. Dem Präsidium ist es jedoch verwehrt, einen planmäßig bei einem Gericht ernannten Richter als für die Rechtsprechung dieses Gerichts untragbar, völlig ungeeignet oder unzumutbar zu qualifizieren und aus diesem Grund von der Rechtsprechung fernzuhalten.
75Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28. November 2007 – 2 BvR 1431/07 –, juris, Rn. 17.
76In die richterliche Unabhängigkeit wird nicht schon allein dadurch eingegriffen, dass ein Richter mit anderen richterlichen Geschäften betraut, also umgesetzt wird.
77Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. Dezember 2007 – 10 B 11104/07 –, juris, Rn. 7.
78Ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit der Antragstellerin ist vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht aus der Eingangsfreistellung der 4. Kammer für Handelssachen. Die Antragstellerin wird hierdurch nicht von der Rechtsprechung ferngehalten, vielmehr wird sie nur in anderen Bereichen eingesetzt. Die Antragstellerin wird weiterhin mit einem vollen Arbeitskraftanteil beschäftigt, nur in anderen Spruchkörpern. Auch aus ihrer richterlichen Unabhängigkeit folgt jedoch kein Anspruch der Antragstellerin auf Verbleib in der 4. Kammer für Handelssachen.
79Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
80Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
81Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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Referenzen
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- 20 W 438/04 1x (nicht zugeordnet)
- 4 StR 267/18 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 129/63 1x (nicht zugeordnet)
- 1 B 271/14 1x (nicht zugeordnet)
- 1 A 1703/07 1x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (10. Senat) - 10 B 11104/07 2x
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