Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 3191/19
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 29.5.2019 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Das Zulassungsvorbringen begründet nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der (Ergebnis-)Richtigkeit des angegriffenen Urteils (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen die durch Verfügung vom 27.11.2017 ausgesprochene Zwangsgeldfestsetzung in Höhe von 5.000,00 Euro und erneute Zwangsgeldandrohung in Höhe von 10.000,00 Euro mit der Begründung abgewiesen, die Festsetzung des zuvor mit bestandskräftiger Verfügung vom 27.10.2017 ordnungsgemäß angedrohten Zwangsgeldes beruhe auf den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 64 VwVG NRW. Es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Zwangsgeldfestsetzung gegen die bestandskräftige Gewerbeuntersagung vom 2.7.2001 verstoßen und zu diesem Zeitpunkt ein Gewerbe als Hundetrainer bzw. -sitter betrieben habe. Die Ermessenserwägungen der Beklagten seien nicht zu beanstanden. Die Festsetzung des Zwangsgeldes in der angedrohten Höhe sei angesichts der vorsätzlichen und wiederholten Missachtung der Gewerbeuntersagung nicht als willkürlich oder unverhältnismäßig anzusehen. Die Androhung eines erneuten Zwangsgeldes begegne ebenfalls keinen Bedenken.
5Die gegen diese Wertung erhobenen Einwände des Klägers greifen nicht durch.
6Sein Vorhalt, die Beurteilung der Frage, wann von der Beendigung eines bestehenden Gewerbes auszugehen sei, hänge entscheidend von der Beantwortung der Frage ab, was unter einem Gewerbebetrieb zu verstehen sei, führt zu keinen ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Kläger zeigt nicht auf, inwiefern das Verwaltungsgericht eine andere als die von ihm zitierte, allgemein gebräuchliche Definition des Gewerbes,
7vgl. BVerwG, Urteil vom 26.1.1993 ‒ 1 C 25.91 ‒, NVwZ 1993, 775 = juris, Rn. 17.
8verwandt haben sollte.
9Der Einwand, bei der Aufgabe eines Gewerbebetriebs komme es allein auf den Handlungswillen des Klägers und auf dessen Realisierbarkeit an, greift nicht durch. Ausgehend von der vom Kläger verwandten Begrifflichkeit der Betriebsaufgabe als vollständiger und endgültiger Einstellung der Gewerbeausübung auf der Grundlage einer entsprechenden Willensentschließung des Inhabers oder einer vollziehbaren behördlichen Gewerbeuntersagung,
10vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 2.2.1982 ‒ 1 C 1.78 ‒, juris, Rn. 13; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.4.2016 ‒ 6 S 29/16 ‒, GewArch 2016, 347 = juris, Rn. 8; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.1.1998 ‒ 5 Ss (OWi) 11/98 – (OWi) 13/98 I ‒, GewArch 1998, 240 = juris, Rn. 16,
11kommt es vorliegend auf seine Willensentschließung nicht an. Angesichts der Tatsache, dass seit etwa 20 Jahren eine unanfechtbare, damit vollziehbare Gewerbeuntersagung vorliegt, bemisst sich die Aufgabe des verbotswidrig neu aufgenommenen Betriebs allein danach, ob diese Gewerbeausübung vollständig und endgültig eingestellt worden ist.
12Der Kläger ist den von der Beklagten aufgeführten und vom Verwaltungsgericht als überzeugend gewerteten Tatsachen, die die weitere Gewerbeausübung des Klägers belegen, nicht mit durchgreifenden Argumenten entgegengetreten. Die Beklagte ist ihrer entsprechenden Beweislast für den Umstand der tatsächlichen Ausübung des Gewerbes nachgekommen.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.2.1982 ‒ 1 C 1.78 ‒, GewArch, 1982, 301 = juris, Rn. 13; OVG NRW, Beschluss vom 30.6.2016 ‒ 4 A 2649/13 ‒, juris, Rn. 13 f., m. w. N.
14Entgegen der am 28.10.2017 zugestellten, bestandskräftigen Zwangsgeldandrohung vom 27.10.2017 hat der Kläger sein Gewerbe „Hundetrainer (Trainingsplatz D.-----------------weg , C. )“ nicht unverzüglich, spätestens nach Ablauf von drei Tagen nach Zustellung der Verfügung eingestellt und abgemeldet.
15Die Gewerbeabmeldung ist vielmehr erst nach der am 27.11.2017 erlassenen Zwangsgeldfestsetzung am 12.12.2017 erfolgt. Diese durfte die Beklagte als ein ‒ wenn auch nicht allein ausschlaggebendes ‒ gegen eine vollständige und endgültige Betriebseinstellung sprechendes Indiz werten.
16Vgl. BVerwG, Urteile vom 2.2.1982 ‒ 1 C 1.78 ‒, juris, Rn. 13, und vom 14.7.2003 ‒ 6 C 10.03 ‒, NVwZ 2004, 103 = juris, Rn. 20.
17Die Beklagte hat darüber hinaus hinreichend konkrete Tatsachen dafür angeführt, dass der Kläger sein Gewerbe auch tatsächlich weiter betrieben hat. Dabei hat sie sich auf die Feststellungen in den Berichten ihres Veterinäramtes gestützt. Dieses hatte bereits vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt (Ablauf von drei Tagen nach Zustellung der Verfügung = 1.11.2017) am 17.5.2017 von einem Beißvorfall mit für einen betreuten Hund tödlichem Ausgang in der Hundepension des Klägers erfahren und die Hundepension am 21.10.2016, am 22.5.2017, am 29.5.2017, am 6.6.2017, am 14.6.2017 und in einem Schrebergartengelände, auf das der Kläger (zumindest zwischenzeitlich) ausgewichen war, um weiteren Kontrollen zu entgehen, am 20.6.2017 kontrolliert. Dabei war beweissicher festgestellt worden, dass der Kläger trotz mehrfacher ausdrücklich ausgesprochener Verbote weiterhin gewerblich auch fremde Hunde in seiner Obhut hatte und dies zuletzt auf einem Ausweichgelände gegenüber der Beklagten zu verschleiern versuchte. Ein Gespräch mit einer Kundin der Hundepension am 6.6.2017 ergab, dass der Kläger weiterhin den Hund der Kundin betreute und der Hund auch am nächsten Tag dort abgegeben werden sollte. Entsprechendes haben auf Nachfragen auch andere Kunden bestätigt. Diesen Feststellungen, auf die das angegriffene Urteil auch gestützt ist, ist der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht entgegengetreten.
18Der sinngemäße Einwand des Klägers, er habe seinen Betrieb bereits am 30.6.2017 eingestellt, Gerätschaften, Werbebanner und Homepage nur wegen einer Verkaufsabsicht belassen, greift ebenfalls nicht durch. Nach den aktenkundigen massiven Verschleierungsversuchen des Klägers lassen die Beibehaltung der Gerätschaften und des Werbebanners auf dem Gelände der Hundepension sowie der weitere Betrieb der Homepage weit über diesen Zeitpunkt hinaus nur den Schluss zu, dass er selbst bei den entsprechenden behördlichen Feststellungen am 18.12.2017 (Homepage) und am 15.1.2018 (Gelände der Hundeschule) sein Gewerbe noch betrieben hat. Seine Erklärung für das Vorhandensein der Gerätschaften und des Werbebanners auf dem Gelände und der Homepage im Internet steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Seine Ausführungen zum Verkauf weisen darauf hin, dass es dem Kläger nicht um den Verkauf einer ehemaligen Hundepension, sondern um denjenigen eines übernahmefähigen Betriebs einer Hundepension ging, der durch einen Dritten fortgeführt werden könne. Dies setzt jedoch ein ausgeübtes Gewerbe voraus. Abgesehen vom Fehlen jeglicher Belege dafür, dass der Kläger tatsächlich ernsthaft versucht hat, den Betrieb zu verkaufen, mag zwar das Vorhandensein von Geräten für einen angeblich beabsichtigten Verkauf nützlich sein, ein Aufstellen der nicht ortsfesten Geräte im Gelände ist jedoch ebenso wenig notwendig wie das Belassen eines Werbebanners. Gleiches gilt für den Weiterbetrieb der Homepage, die von einem Käufer schon aufgrund des spezifisch auf den Kläger ausgerichteten Inhalts gar nicht übernommen werden könnte. Dass der obige Einwand des Klägers, er habe den Betrieb seines Gewerbes tatsächlich bereits im Juni 2017 eingestellt, eine reine, auf die Abwendung der Zwangsgeldfestsetzung ausgerichtete Schutzbehauptung darstellt, wird letztlich durch die Feststellungen bei Kontrollen des Geländes am 10.4.2018, 25.7.2018 und 15.8.2018 und zwei Anwohnerbeschwerden über den Fortbetrieb der Hundeschule aus Mai 2019 bestätigt. Danach hielten sich auf dem Gelände der Hundepension bei jeder dieser Kontrollen weit nach der angeblichen Betriebsaufgabe mehr Hunde auf, als dem Kläger selbst gehörten. Im Übrigen hatten sich sämtliche früheren Angaben des Klägers, er betreue die Hunde nur noch unentgeltlich, auf Befragen einzelner Kunden, für die der Kläger ständig und über lange Zeiträume entgeltlich tätig geworden war, jeweils als falsch erwiesen. Angesichts dieser vollständig unglaubhaften Einlassungen des Klägers gegenüber der Beklagten und seinen aktenkundigen hartnäckigen Bestrebungen, trotz Verbotes weiter mit dem bisherigen Kundenstamm sowie neu gewonnenen Kunden aufgrund seiner fortdauernden Werbung am Platz und im Internet seiner Gewerbetätigkeit nachzugehen, selbst um den Preis tierschutzwidriger Haltungsbedingungen andernorts, hat das Verwaltungsgericht das Bestreiten des Klägers zu Recht als unsubstantiiert und unbeachtlich angesehen. Das tatsächliche Angebot seiner Dienstleistung im Internet hat ausweislich der Feststellungen der Beklagten noch am 18.12.2017 Bestand gehabt. Die Seite datiert auf das Jahr 2015. Unsubstantiiertes Bestreiten der tatsächlichen Fortführung der in der Sphäre des Klägers liegenden Gewerbeausübung begründet bei dieser Sachlage keine schlüssigen Gegenargumente gegen die tatsachengestützte Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe sein Gewerbe mindestens bis Mai 2019 betrieben.
19Entgegen der Darstellung des Klägers hat das Verwaltungsgericht nicht angenommen, dass er erst durch die Zwangsgeldandrohung zur Aufgabe des Gewerbes gezwungen worden sei. Vielmehr hat es angenommen, dass die rückwirkend zum Juni 2017 erfolgte Gewerbeabmeldung allein unter dem Druck der Zwangsgeldfestsetzung der Beklagten erfolgt sei. Gegen diesen sich schon aus dem Verfahrensablauf aufdrängenden Schluss hat er nichts weiter vorgebracht.
20Ebenso wenig greift der Einwand durch, es sei unerheblich, dass es im Zusammenhang mit bereits früher erfolgten Gewerbeanmeldungen vergleichbare Probleme gegeben habe. Abgesehen davon, dass auch mit der vorangegangenen Verfügung vom 13.3.2013, auf die sich das Verwaltungsgericht bezogen hat, ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro angedroht worden war, zeigt der vom Verwaltungsgericht ausführlich geschilderte Verfahrensablauf, dass der Kläger seine gegen die bestandskräftige Gewerbeuntersagung verstoßende Gewerbeausübung stets trotz ordnungsgemäßer Abmeldung und ständiger Leugnung tatsächlich aktiv weitergeführt und versucht hat, dies gegenüber den Behörden zu verschleiern.
21Schließlich gibt es entgegen der Ansicht des Klägers keinen greifbaren Anhalt dafür, dass sich die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,00 Euro und die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes als unverhältnismäßig erweisen könnten. Das von der Beklagten festgesetzte Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro hält sich in dem von § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW gesteckten Rahmen von 10,00 Euro bis 100.000,00 Euro und berücksichtigt das – angesichts der Hartnäckigkeit des Klägers weitaus höhere – wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Nichtbefolgung der Gewerbeuntersagung, § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW. Insbesondere dringt der Kläger nicht mit seinem Einwand durch, ihm hätte seitens der Beklagten längst der Rat gegeben werden müssen, die Wiedererteilung der Gewerbeerlaubnis zu beantragen. Dieses Vorbringen vermag die dem Kläger obliegende Beantragung der Wiedergestattung nach § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO nicht zu ersetzen. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass der Kläger mittlerweile einen Antrag auf Wiedergestattung der Gewerbeausübung gestellt hat, den er auch für aussichtsreich hält. Wenn die Voraussetzungen für eine Wiedergestattung nach § 35 Abs. 6 GewO erfüllt sind, kann der Gewerbetreibende ‒ auch bei noch anhängigem Anfechtungsprozess gegen die Untersagungsverfügung ‒ einen Antrag gemäß § 35 Abs. 6 GewO an die Behörde richten und, wenn nötig, den Rechtsweg beschreiten.
22Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.6.1989 ‒ 1 B 95.89 ‒, juris, Rn. 2.
23Hingegen hindert nicht bereits ein Antrag nach § 35 Abs. 6 GewO die Durchsetzung einer bestandskräftigen Gewerbeuntersagung, zumal – auch angesichts der vollständig unverlässlichen Angaben des Klägers über seine Gewerbeausübung sowie der veterinärbehördlichen Feststellungen zu den Haltungsbedingungen – bislang nicht ansatzweise geklärt ist, dass die Voraussetzungen für eine Wiedergestattung auch tatsächlich vorliegen.
24Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Sache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
25Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten liegen dann vor, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern. Die geltend gemachten rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten müssen für das Entscheidungsergebnis von Bedeutung sein.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2.3.2017 – 4 A 1808/16 –, juris, Rn. 15 f., m. w. N.
27Wie oben ausgeführt, zeigen die Angriffe des Klägers keine entscheidungserheblichen Schwierigkeiten auf, die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern.
28Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
29Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG und folgt der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.
30Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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Referenzen
- VwGO § 124 1x
- § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 152 1x
- §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG 4x (nicht zugeordnet)
- 5 Ss (OWi) 11/98 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 64 VwVG 4x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- 4 A 1808/16 1x (nicht zugeordnet)
- 4 A 2649/13 1x (nicht zugeordnet)
- GewO § 35 Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit 2x
- § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVG 1x (nicht zugeordnet)
- 6 S 29/16 1x (nicht zugeordnet)