Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 7 B 1103/21
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 500,- Euro festgesetzt.
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G r ü n d e
2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
3Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen nicht zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung.
4Das Verwaltungsgericht hat den Antrag,
5die aufschiebende Wirkung der Klage 23 K 2435/21 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 15.4.2021 anzuordnen,
6mit der Begründung abgelehnt, das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiege nicht, da sich die Ordnungsverfügung im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig erweisen werde.
7Die Richtigkeit dieser rechtlichen Wertung hat die Antragstellerin mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht erschüttert.
8Ihr Einwand, es sei unzulässig, nur gegen den Mieter eine Nutzungsuntersagung auszusprechen, nicht aber gegen den Eigentümer, greift nicht durch. Die Nutzungsuntersagung ist im Regelfall gegenüber demjenigen auszusprechen, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Teil der baulichen Anlage hat, dessen Nutzung untersagt werden soll. Soweit dieser Teil der baulichen Anlage vermietet ist, ist dies regelmäßig der Mieter.
9Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 27.7.2018 - 10 B 850/18 -, juris.
10Auch das Vorbringen, entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin reiche für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagung nicht aus, dass die bauaufsichtliche Genehmigung fehle, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach ständiger Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ist bei einer formell illegalen Nutzung eine entsprechende Nutzungsuntersagung grundsätzlich gerechtfertigt und ermessensgerecht.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.4.2021 - 7 B 126/21 -, juris.
12Hier kommt hinzu, dass ausweislich der E-Mail der Feuerwehr der Antragsgegnerin (Brandschutzdienststelle) vom 24.9.2018 im streitgegenständlichen Gebäude massive Brandschutzmängel wie z. B. fehlende Rauchwarnmelder im Treppenhaus, Brandlasten im Treppenraum, eine Styropordecke im Treppenraum und unsachgemäß verlegte Stromleitungen bestehen (Blatt 1 der Beiakte 1 a). Dem kann die Antragstellerin auch nicht pauschal entgegenhalten, schon allein wegen der Lage des Wohnhauses neben Gartenland gehe der Vortrag der Antragsgegnerin zum angeblich fehlenden Brandschutz (fehlende Brandwand) ins Leere. Vielmehr besteht eine besondere Eilbedürftigkeit. Auch die Feuerwehr schloss in der genannten E-Mail eine akute Gefahr der Bewohner nicht aus.
13Soweit die Antragstellerin eine fehlerhafte Ermessensausübung durch die Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid geltend macht und ausführt, in der Ordnungsverfügung werde nicht mit einem Wort darauf eingegangen, dass die Antragsgegnerin spätestens seit 1995 Kenntnis von dem Wohnungsanbau habe, seit seiner Errichtung 1968 werde der Anbau durchgängig als Wohnraum genutzt, führt auch dies nicht zum Erfolg der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht hat die Anforderungen an das Vorliegen einer aktiven Duldung zutreffend dargestellt und unter Auswertung des Akteninhalts ausgeführt, dass vorliegend keine konkreten Anhaltspunkte für eine aktive Duldung der streitgegenständlichen Wohnnutzung durch die Antragsgegnerin erkennbar seien. Dem ist die Antragstellerin nicht hinreichend substantiiert entgegen getreten.
14Der Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe seit dem Ortstermin am 18.1.2019 positive Kenntnis von dem (bis heute in dem Anbau lebenden) Mieter, denn dieser habe die Mitarbeiter der Antragsgegnerin in seine Wohnung gelassen, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Die Antragstellerin hat schon nicht dargetan, ob eine - und ggf. welche -konkrete Person den Mitarbeitern der Antragsgegnerin die Besichtigung des Anbaus überhaupt ermöglicht hat, wer diese Person war, wie viele Mieter bzw. Mieterinnen in dem Anbau leben und ob die die Besichtigung ermöglichende Person auch Mieter des Anbaus war. Zudem hat das Verwaltungsgericht tragend ausgeführt, nach der Aktenlage hätte die Antragsgegnerin keine weiteren Aufklärungsversuche unternehmen müssen, es habe weder die Möglichkeit bestanden, aus dem Einwohnermelderegister die Namen zu übernehmen, noch hätten die Bewohner durch eine Ortsbesichtigung festgestellt werden können, für das Grundstück seien eine Vielzahl von Personen gemeldet, die bei den Ortsbegehungen nicht vollständig angetroffen worden seien, es hielten sich auch nicht gemeldete Personen auf dem Grundstück auf, eine Zuordnung der Personen zu dem streitigen Anbau sei der Antragsgegnerin nicht möglich. Die Richtigkeit dieser Argumentation des Verwaltungsgerichts hat die Antragstellerin auch mit ihrem Vorbringen, sie habe mit Schreiben vom 20.8.2018 die 23 in dem Wohnhaus lebenden Personen konkret benannt, nicht erschüttert. Dem Schreiben ist schon nicht zu entnehmen, welche dieser Personen Mieter des streitgegenständlichen Anbaus sein soll. Dass die Antragsgegnerin sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend um die Ermittlung der Identität des/r im Anbau lebenden Mieter(s) bemüht haben könnte und wie es für sie "ein Leichtes" gewesen wäre, den Namen vor Ort trotz der geschilderten Umstände zu ermitteln, hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt.
15Ebenfalls ohne Erfolg bleibt das Vorbringen der Antragstellerin, für sie bestünde keine Obliegenheit, den Namen des Mieters zu nennen, denn dies würde zu einem totalen Mietausfall führen. Das Verwaltungsgericht hat unter Verweis auf § 26 Abs. 2 VwVfG NRW zutreffend auf die Mitwirkungspflichten der Antragstellerin abgestellt. Das finanzielle Interesse der Antragstellerin tritt hier hinter den mit der angefochtenen Verfügung verfolgten Zweck, einen legalen Zustand zu schaffen und den/die Mieter vor Schäden im Brandfall zu schützen, zurück.
16Schließlich rechtfertigt auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, auf den Zeitpunkt der Entscheidung hinzuweisen, keine Änderung der angefochtenen Entscheidung.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
18Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG
19Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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Referenzen
- VwVfG § 26 Beweismittel 1x
- 23 K 2435/21 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 146 1x
- 10 B 850/18 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- 7 B 126/21 1x (nicht zugeordnet)