Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 8 B 1541/21.AK
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird auf 132.400,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 8 D 335/21.AK gegen den Zurückstellungsbescheid des Antragsgegners vom 31. August 2021 wiederherzustellen,
4über den der beschließende Senat gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a VwGO in der Fassung des am 10. Dezember 2020 in Kraft getretenen Gesetzes zur Beschleunigung von Investitionen vom 3. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2694) erstinstanzlich entscheidet,
5vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 2021 ‑ 8 B 1088/21.AK -, juris Rn. 4 ff.,
6hat keinen Erfolg.
7Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug des angegriffenen Zurückstellungsbescheides, das der Antragsgegner den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechend hinreichend begründet hat, und dem privaten Interesse der Antragstellerin, von der sofortigen Vollziehung vorerst verschont zu bleiben, fällt zuungunsten der Antragstellerin aus.
8I. Der angefochtene Bescheid vom 31. August 2021, mit dem die Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin vom 22. Januar 2021 auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für die Errichtung und den Betrieb von acht Windenergieanlagen - zunächst bis zum 5. September 2022, nach einer Änderung des Bescheides durch den Antragsgegner mit hier am 4. Oktober 2021 eingegangenem Schriftsatz sodann bis zum 1. September 2022 - ausgesetzt worden ist, erweist sich bei der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung aller Voraussicht nach als rechtmäßig.
91. Die gegen die formelle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Zurückstellungsbescheids vorgebrachten Bedenken der Antragstellerin greifen nicht durch.
10a) Dies gilt zunächst hinsichtlich ihres Einwands, der Zurückstellungsantrag der Beigeladenen vom 20. August 2021 enthalte keine hinreichende Begründung, weshalb der Antragsgegner ihn als unzulässig hätte zurückweisen müssen.
11Da weder das Baugesetzbuch noch das nordrhein-westfälische Verwaltungsverfahrensrecht Vorgaben hinsichtlich der Form des Zurückstellungsantrags bzw. seines Mindestinhalts enthalten, genügt für eine wirksame Einleitung des in § 15 Abs. 3 BauGB vorgesehenen Zurückstellungsverfahrens ein formloser Antrag der Gemeinde (vgl. §§ 10 Satz 1, 22 Satz 2 VwVfG NRW). Dass die „Zulässigkeit“ eines Zurückstellungsantrags im Sinne einer wirksamen Antragstellung einer hinreichenden Begründung bedürfte, folgt entgegen der Annahme der Antragstellerin nicht aus der von ihr in Bezug genommenen Kommentarstelle. Soweit dort verschiedene Angaben (u. a. zum Stand der Planung und zur Gefährdung ihrer Durchführung durch das Vorhaben) als „notwendige Bestandteile“ des Antrags bezeichnet werden, erfolgt dies ausdrücklich „im Hinblick auf die normativen Vorgaben des § 15 und auf das Prüfungsprogramm der Baugenehmigungsbehörde“.
12Vgl. Sennekamp, in: Brügelmann, BauGB, § 15 Rn. 30 (Stand: Juli 2021).
13Der Autor stellt damit auf das Vorbringen materiell-rechtlicher Gesichtspunkte ab, die die Genehmigungsbehörde in die Lage versetzen sollen, auf Grundlage des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW) eine sachgerechte Entscheidung über den (fristgerechten) Zurückstellungsantrag in eigener Verantwortung treffen zu können, bei der sie aber nicht an die tatsächliche und rechtliche Beurteilung des Sachverhalts durch die Gemeinde gebunden ist (§ 24 Abs. 1 Satz 2 VwVfG NRW).
14Einer abschließenden Beantwortung der von der Antragstellerin aufgeworfenen Frage bedarf es im vorliegenden Fall indes nicht. Denn die Beigeladene hat ihrem Zurückstellungsantrag vom 20. August 2021 zwei Beschlussvorlagen (Drucksachen 2019/12 und 2021/39) sowie die Veröffentlichung des bereits am 6. März 2019 durch den Rat der Beigeladenen gefassten Aufstellungsbeschlusses zur 57. Änderung ihres Flächennutzungsplans im Amtsblatt der Beigeladenen am 20. August 2021 beigefügt. Zudem hat sie in dem Zurückstellungsantrag auf ihre Stellungnahme vom 23. April 2021 Bezug genommen, in der sie ihr gemeindliches Einvernehmen gemäß § 36 BauGB versagt hatte. Diesem Schreiben wiederum waren die Beschlussvorlage 2021/92 sowie der zugehörige Protokollauszug beigefügt. Den vorgenannten Unterlagen können insbesondere der seinerzeitige Stand und die Konkretisierung der Planung einschließlich der Gründe, warum die Beigeladene eine Gefährdung ihrer Konzentrationszonenplanung befürchtet, ohne weiteres entnommen werden. Vor diesem Hintergrund ist nach summarischer Prüfung nicht erkennbar, dass die Beigeladene ihren Zurückstellungsantrag nicht hinreichend begründet hätte. Ob die geltend gemachten Gründe eine Zurückstellung in der Sache rechtfertigen, bleibt ohne Einfluss auf die formelle Rechtmäßigkeit des Zurückstellungsbescheides.
15b) Der Umstand, dass der Antragsgegner die Antragstellerin vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides nicht nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört hat, führt im Ergebnis ebenfalls nicht zum Erfolg des hier zu entscheidenden Antrags. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin mit Blick auf den geltend gemachten Anhörungsmangel mit Schreiben vom 30. September 2021 nachträglich Gelegenheit gegeben, zu der Zurückstellung ihres Vorbescheidsantrags Stellung zu nehmen und in Aussicht gestellt, sich ergebnisoffen mit eventuell geltend gemachten Argumenten der Antragstellerin auseinanderzusetzen. Der Verfahrensfehler ist demnach jedenfalls nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW unbeachtlich.
162. Bei der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass der Zurückstellungsbescheid des Antragsgegners vom 31. August 2021 auch materiell rechtmäßig ist.
17Nach § 15 Abs. 3 BauGB hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Die Voraussetzungen dieser hier allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage liegen entgegen der Auffassung der Antragstellerin voraussichtlich vor.
18a) Die Beigeladene hat den Zurückstellungsantrag innerhalb der Frist des § 15 Abs. 3 Satz 3 BauGB bei dem Antragsgegner eingereicht. Hiernach ist der Zurückstellungsantrag der Gemeinde nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Gemeinde in einem Verwaltungsverfahren von dem Bauvorhaben förmlich Kenntnis erhalten hat, zulässig. Eine förmliche Kenntnisnahme in einem Verwaltungsverfahren ist dabei von einer Kenntnis „bei Gelegenheit“ zu unterscheiden. Dieses Erfordernis soll zum einen sicherstellen, dass die Gemeinde von dem Antrag in seiner konkreten Gestalt umfassend Kenntnis erlangt und somit auf hinreichender Grundlage über die Folgen für die gemeindliche Bauleitplanung befinden kann und nicht bereits aufgrund von Mutmaßungen tätig zu werden braucht. Zum anderen dient das Abstellen auf die förmliche Kenntniserlangung in einem Verwaltungsverfahren dazu, den Beginn der Frist regelmäßig den Verwaltungsvorgängen entnehmen und somit eindeutig bestimmen zu können. Als förmliche Kenntnisnahme ist dabei jedenfalls die Beteiligung der Gemeinde durch die Genehmigungsbehörde im Rahmen der Einvernehmenserteilung nach § 36 Abs. 1 BauGB zu verstehen.
19Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Juni 2015 ‑ 8 B 186/15 -, juris Rn. 12 f. m. w. N.
20Hiervon ausgehend ist es im vorliegenden Fall irrelevant, ob die Beigeladene bereits vor ihrer förmlichen Beteiligung Kenntnis von den Bestrebungen der Antragstellerin hatte, Windenergieanlagen in P. errichten. Die förmliche Beteiligung selbst erfolgte erst durch das Schreiben des Antragsgegners vom 18. Februar 2021, mit dem dieser die Beigeladene um Mitteilung bat, ob das gemeindliche Einvernehmen erteilt werde. Das Schreiben ging der Beigeladenen nach eigenem Bekunden in der E-Mail an den Antragsgegner vom 2. März 2021 am 23. Februar 2021 zu. Der Senat sieht keine Veranlassung, von einem früheren Zugang auszugehen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lässt die Öffentliche Niederschrift zur Sitzung des Ausschusses für Bauen, Planen und Umwelt (im Folgenden: Bauausschuss) der Beigeladenen vom 17. Februar 2021 einen solchen Schluss nicht zu. Hiernach unterrichtete der Bürgermeister der Beigeladenen den Bauausschuss dahingehend, dass die Antragstellerin „in dieser Woche“ bei dem Antragsgegner einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid beantragt habe. Die Beigeladene werde an diesem Antragsverfahren beteiligt. Dass diese Beteiligung bereits eingeleitet worden sei, lässt sich dem gerade nicht entnehmen. Auch folgt aus der lediglich informatorischen Mitteilung durch den Bürgermeister nicht, dass der Bauausschuss - wie die Antragstellerin meint - „über die Voranfrage beraten“ hat, zumal die insoweit maßgebliche Frage, ob das gemeindliche Einvernehmen erteilt werde, nicht Gegenstand der Sitzung war. Letztlich zwingt auch der Hinweis der Antragstellerin auf § 41 Abs. 2 VwVfG NRW nicht dazu, von einem früheren Zugang des Beteiligungsschreibens auszugehen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Unabhängig davon, dass es vorliegend nicht um die Übermittlung eines Verwaltungsakts geht und die Norm somit schon keine Anwendung findet, gilt die Fiktion nach § 41 Abs. 2 Satz 3 VwVfG NRW nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Für einen solchen späteren Zugang böte die Angabe der Beigeladenen über den Zeitpunkt des Eingangs einen Anhaltspunkt. Konkrete Hinweise auf ein anderes, früheres Zugangsdatum ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsvorgängen, die insbesondere den zwischen der Beigeladenen und dem Antragsgegner geführten Schriftverkehr sowie die Sitzungsvorlagen und -niederschriften enthalten, nicht. Dass das Verhalten der Beigeladenen „ein unschlüssiges aber planvolles Verhinderungshandeln zu Tage“ fördere, „in dessen Fokus einzig die Herauszögerung der gesetzlich eingeräumten Antragsfristen“ gestanden habe, bleibt in diesem Zusammenhang eine Behauptung der Antragstellerin. Ausgehend davon, dass die Beigeladene somit am 23. Februar 2021 i. S. d. § 15 Abs. 3 Satz 3 BauGB von dem Vorhaben der Antragstellerin förmlich Kenntnis erlangt hat, ging ihr Zurückstellungsantrag am 23. August 2021 nach §§ 31 Abs. 1 VwVfG NRW, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB rechtzeitig innerhalb des Sechs-Monats-Zeitraums bei dem Antragsgegner ein.
21b) Ein schützenswertes Planungsverfahren der Beigeladenen liegt vor.
22aa) Die Befürchtung, dass die Flächennutzungsplanung mit dem Ziel der Ausweisung von Konzentrationszonen für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB mit der Wirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde, besteht, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das zur Genehmigung gestellte Vorhaben der gemeindlichen Planung - nach dem jeweiligen Stand des Planungsverfahrens und gemessen an der Planungskonzeption und den Planzielen - widerspricht oder dass ein solcher Widerspruch zumindest möglich ist. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn die nach der Planung künftig zulässige Nutzung des Grundstücks, auf dem das Vorhaben durchgeführt werden soll, nicht geklärt ist. Um eine Sicherung der Planung schon in einem möglichst frühen Planungsstadium zu ermöglichen, sind an den Nachweis des Sicherungserfordernisses keine besonders hohen Anforderungen zu stellen. Bloße Vermutungen reichen allerdings nicht aus. Das Mindestmaß an planerischen Vorstellungen der Gemeinde kann sich nicht nur aus den Niederschriften über Gemeinderatssitzungen, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben.
23Bei der Prüfung des Sicherungserfordernisses sind die Besonderheiten, die Windenergiekonzentrationsflächenplanungen in der Regel gegenüber Bebauungsplänen aufweisen, zu berücksichtigen. Konzentrationszonenplanungen zielen konzeptionell neben der positiven Vorrangwirkung der Darstellung von Konzentrationsflächen insbesondere auf die den übrigen Außenbereich betreffende negative Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Dazu ist ein schlüssiges Gesamtkonzept für den gesamten Außenbereich zu entwickeln, das alle relevanten Belange in der Abwägung berücksichtigt. Dieser Abwägungsprozess ist durch eine Offenheit gekennzeichnet, die im Verlauf der Planung häufig zu einer Veränderung der Konzentrationsflächen führt, sei es, dass die Flächen verkleinert oder vergrößert werden, sei es, dass die Flächen verschoben oder geteilt werden, sei es, dass Flächen ganz aufgegeben oder neu gebildet werden.
24Um geeignete Konzentrationsflächen sachgerecht zu ermitteln, wird eine Gemeinde häufig Gutachter heranziehen. Wenn ein Gemeinderat beschließt, Windenergiekonzentrationszonen im Flächennutzungsplan auszuweisen, dürfte ein solcher Aufstellungs- oder Änderungsbeschluss daher regelmäßig im Wesentlichen (nur) das Ziel enthalten, überhaupt Konzentrationszonen darzustellen und damit die Errichtung von Windenergieanlagen an anderen Stellen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB grundsätzlich auszuschließen. Konkretere Angaben können zu einem solchen Zeitpunkt von einer Gemeinde bzw. von deren Rat grundsätzlich nicht verlangt werden, weil bei der Planung der gesamte Außenbereich des Gemeindegebietes in den Blick zu nehmen ist.
25Die Genehmigung von Windenergieanlagen vor Abschluss einer solchen Planung kann die wirksame Umsetzung des planerischen Gesamtkonzepts in Frage stellen. Dies gilt auch dann, wenn sich am geplanten Standort oder in der Umgebung bereits andere Windenergieanlagen befinden. Eine Gefährdung der gemeindlichen Flächennutzungsplanung hinsichtlich des negativen Planungsziels ist schon dann zu befürchten, wenn es nach dem jeweiligen Stand der Planung aufgrund objektiver Anhaltspunkte möglich erscheint, dass das Vorhabengrundstück außerhalb der Konzentrationsflächen liegen wird. Ein Vorhaben gefährdet das negative Planungsziel erst dann nicht (mehr), wenn es hinreichend verlässlich innerhalb einer Konzentrationsfläche liegen wird. Entscheidend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls. Ein Sicherungsbedürfnis nach § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB liegt trotz ausreichender Konkretisierung der Planung allerdings dann nicht vor, wenn es sich um eine reine Verhinderungsplanung handelt. Die Frage, ob ein solches Sicherungserfordernis besteht, ist gerichtlich voll überprüfbar.
26Das Maß der erforderlichen Konkretisierung der zu sichernden Planung ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände zu bestimmen. § 15 Abs. 3 BauGB ist ein Sicherungsinstrument für eine im Werden befindliche Konzentrationszonenplanung und soll den Schutz der Planungshoheit der Gemeinde verbessern. Da sich Zurückstellungsentscheidungen nach § 15 Abs. 3 BauGB zu Lasten der betroffenen Grundeigentümer auswirken, dürfen sie nur unter bestimmten Voraussetzungen und für bestimmte Zeiträume erteilt werden, um das nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsgrundrecht nicht unverhältnismäßig zu beschränken. Wie oben ausgeführt, wird ein Aufstellungs- oder Änderungsbeschluss einer Gemeinde zu einem Flächennutzungsplan regelmäßig im Wesentlichen zunächst (nur) das Ziel enthalten, überhaupt Konzentrationszonen darzustellen und die Errichtung von Windenergieanlagen an anderen Stellen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auszuschließen. Werden im Anschluss an einen solchen Beschluss Gutachter mit der Erstellung entscheidungserheblicher Unterlagen beauftragt, dürfte die Gemeinde ihre Planung erst dann weiter konkretisieren können, wenn diese Unterlagen oder jedenfalls erste Zwischenergebnisse vorliegen. Dies kann durchaus einige Monate dauern, weil Planungen von Konzentrationszonen für die Nutzung der Windenergie komplex und zeitaufwändig sind. Ohne eine Zurückstellungsmöglichkeit in dem Zeitraum zwischen dem Aufstellungsbeschluss und weiteren Planungsschritten, die auf den noch zu erstellenden Unterlagen beruhen, könnte die Gemeinde ihre Planungshoheit innerhalb dieses Zeitraums nicht bezogen auf das gesamte Gemeindegebiet sichern. Welche Anforderungen an die Konkretisierung der Flächennutzungsplanung zu stellen sind, hängt im Übrigen vom Planungsstadium ab. Je länger der Aufstellungs- oder Änderungsbeschluss zurückliegt, desto eher muss die Gemeinde ihre Planung anhand der vorliegenden Unterlagen, insbesondere der zwischenzeitlich ermittelten Planungsgrundlagen weiter konkretisieren.
27Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist dabei derjenige des Erlasses des Zurückstellungsbescheides als letzter behördlicher Entscheidung.
28Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Juli 2021 - 8 B 1088/21.AK -, juris Rn. 13 ff. und vom 17. Dezember 2020 - 8 B 1317/20 -, juris Rn. 7 ff., jeweils m. w. N.
29bb) Gemessen an diesen Vorgaben ist nach den im Eilverfahren anzulegenden Maßstäben davon auszugehen, dass das Vorhaben der Antragstellerin zum maßgeblichen Zeitpunkt (31. August 2021) geeignet war, die begonnene Planung der Beigeladenen unmöglich zu machen oder wesentlich zu erschweren. Soweit sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass die Planungen der Beigeladenen nicht hinreichend konkret seien und daher eine Verhinderungsplanung darstellten, kann ihr nicht gefolgt werden. Aus dem Umstand allein, dass der Rat der Beigeladenen bereits am 6. März 2019 - und somit über zwei Jahre vor Eingang des Zurückstellungsantrags bei dem Antragsgegner am 23. August 2021 - einen Beschluss zur Änderung des Flächennutzungsplans mit dem Ziel der Neudarstellung von Konzentrationszonen für Windenergie i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gefasst hat, folgt dies jedenfalls nicht. Nach den vorstehenden Ausführungen ist das Maß der erforderlichen Konkretisierung der zu sichernden Planung unter Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände zu bestimmen. Die Dauer und Nutzung der seit dem Aufstellungs- oder Änderungsbeschluss vergangenen Zeit ist hierbei nur einer der heranzuziehenden Indikatoren. Zwar trifft es zu, dass das Verfahren zur 57. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen gleichsam direkt nach Fassung des Änderungsbeschlusses vom 6. März 2019 für einen beachtlichen Zeitraum zum Erliegen gekommen ist. Zum einen aber hat die Beigeladene über den Antragsgegner Gründe geltend gemacht, die dies vor allem vor dem Hintergrund der ihr nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 78 Abs. 1 LV NRW garantierten Planungshoheit,
30vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. November 2018 ‑ 2 A 1676/17 -, juris Rn. 63,
31rechtfertigen. Zum anderen hat die Beigeladene die Planung vor Eingang des Zurückstellungsantrags weiter vorangetrieben. Diese weist zum maßgeblichen Zeitpunkt ein Stadium auf, das unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht die Annahme rechtfertigt, die Beigeladene hätte kein ernsthaftes und somit schützenswertes Interesse an der Beplanung ihres Gemeindegebiets hinsichtlich der Nutzung von Windenergie. Dies ergibt sich im Einzelnen aus Folgendem:
32Gegen ein ernsthaftes Planungsinteresse spricht nicht, dass die Beigeladene das Planänderungsverfahren nicht vor Eintreten der Rechtskraft des Urteils des hiesigen 2. Senats vom 14. März 2019 - 2 D 71/17.NE -, betrieben hat. Mit diesem Urteil wurde die 53. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen insoweit für unwirksam erklärt, als mit der Änderung die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden sollten. Die Rechtskraft trat mit Zustellung des die Nichtzulassungsbeschwerde der Beigeladenen zurückweisenden Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2019 - 4 BN 35.19 - am 15. Januar 2020 ein. Dies entzog der bisherigen Windenergieplanung der Beigeladenen die Grundlage. Schon angesichts der mit einem Planungsprozess verbundenen Kosten ist es nachvollziehbar, wenn eine Gemeinde zu einer neuen Planung erst dann ansetzt, wenn das Bedürfnis hierzu infolge der Unwirksamkeit des bisherigen Flächennutzungsplans gewiss ist. Auch wenn - wie die Antragstellerin geltend macht - die Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gering gewesen sein mögen, kann dies nicht gleichsam zu einer Obliegenheit der Beigeladenen führen, von einem Misserfolg des von ihr eingelegten Rechtsmittels auszugehen. Dem steht bereits die Garantie eines effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG entgegen. Hat der Gesetzgeber mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten.
33Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 2021 ‑ 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17 -, juris Rn. 228, unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung.
34Einer derartigen unzumutbaren Erschwernis käme es gleich, wenn man von Gemeinden in Konstellationen wie der vorliegenden verlangte, neben der Beantragung eines Rechtsmittels „zur Sicherheit“ bereits in den Planungsprozess einzusteigen, obwohl sie ihre bisherige Planung selbst noch für wirksam hält. Die hierdurch unvermeidlich entstehenden Kosten könnten als Grund dafür angesehen werden, von der ebenfalls mit einem Kostenrisiko verbundenen und zumindest in seiner zeitlichen Dimension nicht einschätzbaren Weiterverfolgung des Rechtsweges - womöglich trotz bestehender Erfolgsaussichten - Abstand zu nehmen.
35Des Weiteren deutet es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht auf einen fehlenden Planungswillen der Beigeladenen hin, wenn diese - was auch durch die vorgelegten Ausschussunterlagen belegt wird - angibt, auch die Rechtsentwicklung hinsichtlich der Anfang des Jahres 2020 geplanten und nunmehr über § 249 Abs. 3 BauGB in der Fassung des Gesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728) und § 2 BauGB-AG NRW in der Fassung des Gesetzes vom 8. Juli 2021 (GV.NRW. S. 891) realisierten Bestimmung eines Mindestabstands für Windenergieanlagen abgewartet zu haben, um diese von vornherein bei der Ermittlung der in Betracht kommenden Flächen zu berücksichtigen. Soweit die Antragstellerin diesbezüglich vorbringt, das durch den Aufstellungsbeschluss eingeleitete Verfahren sei abstrakt nach geltender Sach- und Rechtslage zu führen, kann ihr in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Die den Gemeinden garantierte Planungshoheit umfasst grundsätzlich auch die Befugnis, zukünftige, hinreichend konkret absehbare Rechtsentwicklungen in die eigenen Planungsentscheidungen einzubeziehen.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 2021 ‑ 8 B 1088/21.AK -, juris Rn. 26.
37Darüber hinaus wäre es sinnwidrig, von einer Gemeinde zu verlangen, die Planung nach der aktuell gültigen Rechtslage durchzuführen, wenn - wie es hier der Fall war - bereits konkrete Anzeichen dafür bestehen, dass das so gefundene Abwägungsergebnis der Rechtslage bei Aufstellung des Flächennutzungsplans womöglich nicht mehr entspricht.
38Dafür, dass die Beigeladene das Argument der Rechtsentwicklung lediglich „vorgeschoben“ hätte, um eine bestehende Untätigkeit im Nachhinein zu rechtfertigen, bestehen keine belastbaren Anhaltspunkte. Vielmehr haben sich die Gremien der Beigeladenen ausweislich der vom Antragsgegner eingereichten oder über das Online-Angebot der Beigeladenen abrufbaren Sitzungsdokumente in der Zeit bis zur Zurückstellung des Antrags der Antragstellerin regelmäßig mit der Thematik „Mindestabstand“ befasst. So wurde der Bauausschuss der Beigeladenen in seiner Sitzung vom 31. Oktober 2019 über die „Eckpunkte der Bundesregierung für das Klimaschutzprogramm 2030“, die unter anderem die Festschreibung eines Mindestabstands von 1.000 Metern enthielten, unterrichtet (Drucksache 2019/161). Der Bürgermeister der Beigeladenen vertrat in der Sitzung laut Niederschrift die Auffassung, ein Neustart bei der Flächennutzungsplanung für die Windenergie ergebe nur dann Sinn, wenn die notwendigen Parameter (BauGB) klar vorgegeben seien. Ein vorschnelles Handeln könne heißen, dass man vom Gesetzgeber überholt werde. Den Rat der Beigeladenen informierte der Bürgermeister in dessen Sitzung vom 13. November 2019 in vergleichbarer Weise (Niederschrift, S. 6). In der Sitzung des Bauausschusses der Beigeladenen vom 11. März 2020 wies der Bürgermeister sinngemäß darauf hin, dass aufgrund des Misserfolges der Beigeladenen beim Bundesverwaltungsgericht zwar derzeit keine für die Steuerung der Windenergie wirksamen Festsetzungen im Flächennutzungsplan bestünden. Aufgrund des noch andauernden Rechtsetzungsverfahrens rate er aber von einem Neubeginn der Planungen noch ab (vgl. Drucksache 2020/24 und Niederschrift, S. 2). Gegenstand der Beratungen des Bauausschusses der Beigeladenen in der Sitzung vom 17. Juni 2020 war unter anderem der Stand der Neuregelung zu § 249 BauGB (Drucksache 2020/89). Hierzu teilte der Bürgermeister laut Niederschrift mit, Nordrhein-Westfalen werde voraussichtlich die Klausel nutzen. Wie dies am Ende aussehen werde, sei derzeit aber noch nicht klar. Der Bürgermeister erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass bereits ein Jahr zuvor ein Beschluss zur Änderung des Flächennutzungsplanes gefasst worden sei. Das daran anschließende Verfahren solle auf den Weg gebracht werden, wenn die Länderöffnungsklausel in Nordrhein-Westfalen umgesetzt sei. In seiner Sitzung vom 3. Dezember 2020 befasste sich der Bauausschuss der Beigeladenen mit der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Neufassung des § 249 BGB. Die Vorlage (Drucksache 2020/167) teilt hierzu unter anderem mit, es bleibe abzuwarten, wie die Länderöffnungsklausel in Nordrhein-Westfalen umgesetzt werde. Die Einbringung eines Gesetzentwurfs der Landesregierung zur Umsetzung des § 249 BauGB in den Landtag am 23. Dezember 2020 schließlich nahm der Bauausschuss der Beigeladenen in seiner Sitzung vom 17. Februar 2021 zum Anlass, das Verfahren zur 57. Änderung des Flächennutzungsplans durch die Beauftragung eines Planungsbüros mit einer Potenzialflächenanalyse wieder aufzunehmen (vgl. Drucksache 2021/39 und die Sitzungsniederschrift, S. 4). Zu diesem Zeitpunkt lag der Beigeladenen bereits das Angebot des Planungsbüros E. & I. für die Erstellung einer „rechtlich belastbaren Potenzialuntersuchung“ vom 13. Januar 2021 vor, in dem die weiteren Bearbeitungsschritte aufgelistet waren. Im Anschluss hieran beauftragte die Beigeladene unter dem 21. April 2021 das Planungsbüro mit der Erstellung der Potenzialflächenanalyse. Die Veröffentlichung des Aufstellungsbeschlusses vom 6. März 2019 erfolgte sodann mit Bekanntmachung vom 18. August 2021 im Amtsblatt der Beigeladenen (Nr. 10) vom 20. August 2021.
39Es ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene das Planungsverfahren nach Beauftragung des Planungsbüros verzögert hätte. Für die Fortführung des Verfahrens ist das Vorliegen der in Auftrag gegebenen Potenzialflächenanalyse unerlässlich. Dass diese zum Zeitpunkt der Zurückstellungsentscheidung noch nicht fertiggestellt war, erklärt sich durch den Aufwand, den die Erarbeitung einer solchen Analyse erfordert.
40Danach hat die Beantragung der Vorbescheide durch die Antragstellerin der Beigeladenen Anlass gegeben, das ohnehin beabsichtigte Aufstellungsverfahren mit Nachdruck wieder aufzunehmen. So wurde das Vorhaben der Antragstellerin - soweit ersichtlich - erstmalig in der Sitzung des Bauausschusses der Beigeladenen vom 3. Dezember 2020 (insoweit allerdings nur bezogen auf die weiteren in M. geplanten Anlagen) und in der Folge dort und auch im Rat häufiger thematisiert. Es steht somit im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Fortführung des Planungsprozesses. Darüber hinaus hatte die Beigeladene den nun eingetretenen Fall der Antragstellung bereits in ihre Planungsüberlegungen einbezogen. So enthält der Verwaltungsvorgang zur 57. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen hierfür gleichsam eine Handlungsanweisung. In einem Vermerk vom 16. Juni 2020 über ein Beratungsgespräch zwischen der Beigeladenen und deren Rechtsanwalt wird festgehalten, dieser rate bei neu eingehenden Genehmigungsanträgen mit Blick auf den Aufstellungsbeschluss zur Beantragung einer Zurückstellung beim Antragsgegner. Sinngemäß wird weiter zum Ausdruck gebracht, dass das Planungsverfahren in diesem Fall weiter voranzutreiben wäre. Ein vorheriger Beginn sei nicht erforderlich. Auch wenn die Antragstellerin aus dem Vorstehenden den Schluss zieht, die Beigeladene stelle sich der Umsetzung ihres Windenergieprojektes systematisch entgegen, kann der Senat eine Verhinderungsplanung im Rechtssinne insofern nicht erkennen. Dass einzelne, außerhalb von (zukünftigen) Konzentrationszonen liegende Vorhaben nach den planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht zur Umsetzung gelangen (sollen), ist der Regelung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB immanent. Analog hierzu gibt § 15 Abs. 3 BauGB den Gemeinden gerade ein Instrument an die Hand, um die eigene Planung gegenüber entgegenstehenden Vorhaben abzusichern. Anzeichen dafür, dass die Beigeladene die Umsetzung von Windenergieprojekten insgesamt verhindern oder der Windenergie keinen substanziellen Raum verschaffen wollte, sind nach dem Vorbringen der Antragstellerin und nach der vorliegenden Aktenlage nicht ersichtlich. Wie bereits ausgeführt, hat die Beigeladene für ihr bisheriges Planungsverhalten Gründe vorgebracht, die rechtlich nicht zu beanstanden sind. Darüber hinaus weist der Antragsgegner darauf hin, dass die Beigeladene ihr gemeindliches Einvernehmen mit Beschlüssen des Rates vom 30. September 2020 bzw. des Bauausschusses vom 23. Juni 2021 hinsichtlich der Genehmigung von solchen Windenergieanlagen erteilt habe, die im Einklang mit dem bisherigen, über die 53. Änderung des Flächennutzungsplans zum Ausdruck gebrachten Planungswillen der Beigeladenen stünden. Unabhängig von der hier nicht maßgeblichen Frage, ob dieser Planungswille angesichts der Mängel, die der 2. Senat des beschließenden Gerichts bezogen auf die vorgenannte Änderung in seinem Urteil vom 14. März 2019 ‑ 2 D 71/17.NE - festgestellt hat, unverändert Bestand haben kann, kann der Beigeladenen nicht der Vorwurf gemacht werden, der Umsetzung von Windenergieprojekten generell ablehnend gegenüberzustehen. Dass bereits jetzt erkennbar wäre, dass der Windenergie auf dem Gemeindegebiet der Beigeladenen darüber hinaus nicht hinreichend Raum gegeben werden soll, ist weder substantiell vorgetragen noch sonst ersichtlich.
41Der Umstand, dass die Beigeladene den Aufstellungsbeschluss trotz der oben dargestellten Unsicherheiten bereits am 6. März 2019 gefasst, aber erst am 18. August 2021 bekannt gemacht hat, lässt angesichts dieser Gesamtumstände weder auf einen fehlenden Planungswillen der Beigeladenen noch auf die Absicht einer bloßen Verhinderungsplanung schließen.
42c) Hinsichtlich der Zurückstellungsdauer hat die Antragstellerin zwar zu Recht gerügt, dass die im angefochtenen Bescheid verfügte Zurückstellung bis zum 5. September 2022 die nach § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB zulässige Frist von einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs - welche vorliegend am 1. September 2021 erfolgte - überschritt. Der Antragsgegner hat diesen Mangel jedoch durch mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2021 erfolgte Aufhebung des Bescheides, soweit dieser die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorbescheidsantrags der Antragstellerin länger als bis zum 1. September 2022 aussetzt, behoben. Anhaltspunkte dafür, dass die nunmehr angeordnete Zurückstellungsdauer mit Blick auf § 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB wegen einer zwischenzeitlich zögerlichen Behandlung des Vorbescheidsantrags durch den Antragsgegner abzukürzen gewesen wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
43d) Der Zurückstellungsantrag der Beigeladenen erweist sich vorliegend auch nicht als treuwidrig.
44aa) Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme der Antragstellerin, dass das Einvernehmen der Beigeladenen zum Vorhaben der Antragstellerin - wie diese meint - nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB als erteilt gelte, weil die Beigeladene ihr Einvernehmen nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert habe, sind nicht ersichtlich. Ausgehend davon, dass das Ersuchen des Antragsgegners bei der Beigeladenen am 23. Februar 2021 eingegangen ist (siehe oben unter Gliederungspunkt I. 2. a)), endete die Frist nach §§ 31 Abs. 1 VwVfG NRW, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB mit Ablauf des 23. April 2021. An diesem Tag hat die Beigeladene ihre Stellungnahme dem Antragsgegner vorab per E-Mail zukommen lassen. Da eine bestimmte Form für die Erklärung über die Erteilung des Einvernehmens nicht vorgesehen ist,
45siehe nur Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 36 Rn. 34 (Stand: Mai 2021),
46dürfte die Beigeladene ihr Einvernehmen hierdurch wirksam versagt haben. Unabhängig davon verliert eine Gemeinde ihre Befugnis zu einer Neuplanung von Konzentrationszonen für die Nutzung der Windenergie nicht allein ohne Weiteres deshalb, weil ihr Einvernehmen zum Genehmigungsantrag für die Errichtung einer Windenergieanlage in einer im geltenden Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone nach Ablauf von zwei Monaten gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB als erteilt gilt.
47Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. November 2020- 8 B 1344/20 -, juris Rn. 20, im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 4 CN 16.03 -, juris Rn. 23 f.
48bb) Eine Treuwidrigkeit des Zurückstellungsantrags folgt auch nicht daraus, dass die Beigeladene die Frist von sechs Monaten für die Beantragung der Zurückstellung (§ 15 Abs. 3 Satz 3 BauGB) entsprechend der schon in der Ausschusssitzung vom 21. April 2021 getroffenen Entscheidung bewusst ausgeschöpft hat. Zwar mag die Formulierung des Beschlusses für sich genommen darauf deuten, dass es der Beigeladenen lediglich um eine Verzögerung des Verfahrens ging. Ausgehend von den oben dargelegten Umständen hat die Beigeladene die verbleibende Zeit jedoch genutzt, um die Voraussetzungen für den Erlass des Zurückstellungsbescheids zu schaffen, indem das Planungsbüro beauftragt und die zuvor - aus welchen Gründen auch immer - unterbliebene Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses nachgeholt wurde. Dass das Planungsbüro bis zum Ablauf der Sechs-Monats-Frist noch keine diskussionswürdigen Ergebnisse vorgelegt hatte, erklärt sich - wie oben bereits erwähnt - durch den Aufwand, den die Erarbeitung einer solchen Analyse erfordert. Hingewiesen sei jedoch darauf, dass die Beigeladene ihr Planaufstellungsverfahren nunmehr zügig wird vorantreiben müssen.
49II. Ausgehend davon, dass der angefochtene Zurückstellungsbescheid voraussichtlich rechtmäßig ist, überwiegt das Interesse der Beigeladenen an dessen sofortiger Vollziehung.
50Auch unter Berücksichtigung des grundsätzlich bestehenden öffentlichen Interesses an der zeitnahen Verwirklichung von Windenergievorhaben (vgl. etwa § 63 BImSchG) überwiegt im vorliegenden Fall das Interesse der Beigeladenen an der Wahrung ihrer verfassungsrechtlich geschützten gemeindlichen Planungshoheit. Wenn und solange die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 BauGB erfüllt sind, rechtfertigt dies nach der dieser Vorschrift zugrunde liegenden Wertung des Gesetzgebers auch die - womöglich bis zu zwei Jahre dauernde - Zurückstellung in (Vorbescheids-) Verfahren, die Windenergieanlagen betreffen.
51Das in Fällen der vorliegenden Art regelmäßig anzunehmende Überwiegen des öffentlichen Vollziehungsinteresses ist auch nicht aufgrund besonderer Umstände nach Erlass des Zurückstellungsbescheides entfallen.
52Dies kann der Fall sein, wenn die Zurückstellung zur Sicherung der Planung aufgrund von Umständen nicht mehr erforderlich ist, die nach Erlass des Zurückstellungsbescheides eingetreten sind, etwa weil der Vorhabenstandort nach dem aktuellen Planungsstand sicher oder zumindest hinreichend verlässlich innerhalb einer Konzentrationszone für die Nutzung der Windenergie liegen wird,
53vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juni 2015 ‑ 8 B 178/15 - juris Rn. 39, und vom 18. Dezember 2014 - 8 B 646/14 -, juris Rn. 28,
54oder weil die Gemeinde die begonnene Planung erkennbar nicht weiter verfolgt.
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2020 ‑ 8 B 293/20 - juris Rn. 12, und vom 17. Dezember 2020 - 8 B 1317/20 -, juris Rn. 34.
56Dass ein derartiger Fall hier vorläge, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
57III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind billigerweise nicht erstattungsfähig. Sie hat keinen Antrag gestellt und sich dadurch keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
58Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat bewertet die Bedeutung des die Zurückstellung des Vorbescheidsantrags betreffenden Hauptsacheverfahrens mit 1 % der Investitionssumme, die hier nach den Angaben der Antragstellerin in ihrer Antragsschrift vom 21. September 2021 26.480.000,‑ Euro beträgt. Der sich danach ergebende Betrag von 264.800,- Euro ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Verfahrens zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).
59Vgl. OVG NRW, Beschuss vom 20. Juli 2021 ‑ 8 B 1088/21.AK -, juris Rn. 32.
60Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Referenzen
- VwVfG § 10 Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens 1x
- VwVfG § 22 Beginn des Verfahrens 1x
- §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- § 36 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 48 1x
- § 36 Abs. 1 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB 2x (nicht zugeordnet)
- § 249 Abs. 3 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 15 Abs. 3 Satz 2 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 15 Abs. 3 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- 8 D 335/21 1x (nicht zugeordnet)
- 8 B 1088/21 3x (nicht zugeordnet)
- 12 und 2021/39 1x (nicht zugeordnet)
- 8 B 186/15 1x (nicht zugeordnet)
- 8 B 1088/21 1x (nicht zugeordnet)
- 8 B 1317/20 2x (nicht zugeordnet)
- 2 A 1676/17 1x (nicht zugeordnet)
- 2 D 71/17 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 2237/14 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 2422/17 1x (nicht zugeordnet)
- 2 D 71/17 1x (nicht zugeordnet)
- 8 B 1344/20 1x (nicht zugeordnet)
- 8 B 178/15 1x (nicht zugeordnet)
- 8 B 646/14 1x (nicht zugeordnet)
- 8 B 293/20 1x (nicht zugeordnet)