Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 7 B 1498/21
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 11.367,00 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 23.8.2021, mit dem die sinngemäß gestellten Anträge der Antragstellerin, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 17.6.2020 (10 L 387/20) abzuändern und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (10 K 1073/20) anzuordnen sowie die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage betreffend die Versiegelung der Räumlichkeiten in dem Gebäude X.-----------straße 00a in E. anzuordnen, abgelehnt worden sind, hat keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat die Ablehnung des ersten Antrages darauf gestützt, dass die nach § 80 Abs. 7 VwGO für eine Änderung des Beschlusses erforderliche Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht vorliege. Die Richtigkeit dieser rechtlichen Beurteilung hat die Antragstellerin mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht erschüttert.
4Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände verlangen.
5Derartige Umstände hat die Antragstellerin nicht dargelegt und sind auch nicht ansonsten ersichtlich.
6Soweit die Antragstellerin sich auf die wohnungsmarktbedingten Schwierigkeiten der Anmietung einer Wohnung in E. und den in notariell beglaubigter Abschrift vorgelegten Bauschein vom 00.7.1958 beruft, führt dies mangels dargelegter veränderter Umstände nicht zum Erfolg. Es handelt sich um die Wiederholung früheren Vortrags.
7Der Einwand, die zwischenzeitlich verschärfte Entwicklung der Corona-Pandemie stelle eine Änderung der Sachlage dar, rechtfertigt ebenfalls nicht die Änderung des angegriffenen Beschlusses. Das hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt; eine andere Beurteilung gebietet auch nicht die aktuelle Situation.
8Soweit die Antragstellerin darüber hinaus die Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit der Nutzungsuntersagungsverfügung und die Unverhältnismäßigkeit der Versiegelung geltend macht, hat sie auch damit keine nach dem Erlass des im ersten Abänderungsverfahren ergangenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 30.10.2020- 10 L 1476/20 - (bestätigt durch Senatsbeschluss vom 2.11.2020 - 7 B 1649/20 -) eingetretene Änderung der Sach- oder Rechtslage dargelegt. Dies gilt auch hinsichtlich des Vortrags der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe das Verwaltungsgericht nicht zutreffend aufgeklärt und in ihrem Schriftsatz vom 6.11.2020 fehlerhaft behauptet, die Baugenehmigung (vom 25.4.2008) sei am 25.4.2013 erloschen, obwohl während der Versiegelung eines Gebäudes eine Baugenehmigung nicht erlöschen könne.
9Die Rüge der Antragstellerin, wegen eines vom Verwaltungsgericht übergangenen Akteneinsichtsantrags sei ihr Gehörsanspruch verletzt, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme veränderter Umstände. Zudem wurde für die Antragstellerin zwischenzeitlich Akteneinsicht in die Verwaltungsakten genommen.
10Die Beschwerde bleibt auch bezüglich der Ablehnung des sinngemäßen Antrages, die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen die Versiegelung der Räumlichkeiten in dem Gebäude X.-----------straße 00a in E. anzuordnen, ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, die Versiegelung sei nach der allein möglichen summarischen Prüfung zu Recht erfolgt. Zudem stehe einer Entsiegelung nach wie vor die defizitäre Sicherheitslage in dem betroffenen Gebäude entgegen. Dem ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten.
11Soweit die Antragstellerin eine akute Gefahr für Leib und Leben der Nutzer des Gebäudes bestreitet, fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der Begründung des Verwaltungsgerichts. Dieses hat unter Verweis auf den Senatsbeschluss vom 2.11.2020 - 7 B 1648/20 - die unzureichende Sicherheitslage mit fehlenden bzw. unzureichenden Rettungswegen im Brandfall begründet und ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, dass sich die Situation mittlerweile anders darstelle. Eine solche Änderung der Sachlage hat die Antragstellerin mit der Beschwerde ebenfalls nicht dargelegt, auch nicht mit dem Vorbringen, das Gericht hätte einen neueren Nutzungsänderungsantrag berücksichtigen müssen, der von der Antragsgegnerin abgelehnt worden sei. Es ist schon nicht dargelegt, welchen konkreten Antrag auf Nutzungsänderung die Antragstellerin meint.
12Der Einwand der Antragstellerin, die unangekündigte Versiegelung des Gebäudes führe zu einer Verletzung des Grundrechts auf Berufswahlfreiheit i. S. d. Art. 12 Abs. 1 GG, rechtfertigt aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom 23.2.2021 - 7 B 1885/20 - kein anderes Ergebnis, ungeachtet der Frage, ob und inwieweit sich die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens auf diesen Eingriff zu Lasten eines anderen Familienmitgliedes berufen kann. In dem genannten Beschluss hat der Senat ausgeführt, der mit der Versiegelung bezweckte Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Nutzer des Gebäudes rechtfertige einen eventuellen Eingriff in das Berufsausübungsrecht. Die Freiheit der Berufswahl sei durch die Versiegelung offensichtlich nicht tangiert. Daran hält der Senat fest.
13Das Vorbringen, die Versiegelung des Gebäudes begründe eine reale pandemiebedingte Lebensgefahr für dessen ehemalige Bewohner, die Versiegelung sei unverhältnismäßig, das Gebäude stehe infolge des Leerstandes schutzlos da, die Entsiegelung sei deshalb eilbedürftig, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Senat verweist insoweit auf die bereits oben angeführten Erwägungen sowie die Gründe des angefochtenen Beschlusses.
14Hinreichende Gründe für die Annahme, die vorhandenen Verwaltungsvorgänge seien unvollständig vorgelegt worden, ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen ebenfalls nicht.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
16Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
17Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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Referenzen
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- Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 7 B 1648/20 1x