Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 A 2765/20
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 157.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
1Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2Die von ihr allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergeben sich aus dem insoweit maßgeblichen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Zulassungsvorbringen nicht.
3Zur Darlegung des Zulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bedarf es einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist in substantiierter Weise an der Gedankenführung des Verwaltungsgerichts orientiert aufzuzeigen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. In der Sache liegen ernstliche Zweifel vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
4Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.
5Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag,
6die Beklagte unter Aufhebung ihres negativen Vorbescheides vom 16. Oktober 2018 zu verpflichten, ihr den mit Formularantrag vom 4. Juni 2018 beantragten bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für die Errichtung eines Lebensmittel-Diskounters mit einer Verkaufsfläche von 1.400 m² auf dem Grundstück T.-----straße 2 in N. nach der Art der baulichen Nutzung unter Ausklammerung des Gebots der Rücksichtnahme zu erteilen,
7im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens stehe der wirksame Bebauungsplan Nr. 129 „T1. -/L.------straße “ der Antragsgegnerin entgegen, der Festsetzungen nach § 9 Abs. 2a BauGB treffe. Der Bebauungsplan leide nicht an beachtlichen Mängeln. Die Festsetzungen in den Nrn. 1, 2 und 3 seien hinreichend bestimmt und von der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 2a BauGB gedeckt. Abwägungsfehler seien nicht ersichtlich. Die Festsetzung Nr. 1 entspreche den durch die Vorschrift des § 9 Abs. 2a S. 1 BauGB eröffneten Festsetzungsmöglichkeiten, indem sie im Sinne der Vorschrift bestimmte Arten der nach § 34 BauGB zulässigen baulichen Nutzungen für nicht zulässig erkläre. Auch die Festsetzung Nr. 2 sei hinreichend bestimmt. Ausschlaggebend sei insofern der objektive Wille des Plangebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Satzungstext einen Niederschlag gefunden habe. Zwar knüpfe der Wortlaut zunächst an den damaligen Bestand und die bereits erteilte Baugenehmigung vom 9. Juni 2008 an. Die textliche Fassung der Festsetzung Nr. 2 mache aber deutlich, dass damit ein erweiterter Bestandsschutz zugunsten eines grundsätzlich beliebig ausgestalteten Lebensmittelmarkts mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 m² begründet werde. So heiße es dort, zulässig sei „ein Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von 800 m².“ Diese Formulierung umschreibe gerade nicht die konkret genehmigte Betriebsform. Sie stelle vielmehr klar, dass auf den genannten Flurstücken allgemein – auch in abweichender räumlicher Platzierung und Gestaltung – der Betrieb und Neubau eines Lebensmittelmarktes, ggf. auch etwa eines Vollsortimenters, mit einer Fläche bis zu 800 m² zugelassen werde. Auch die Planbegründung mache an mehreren Stellen deutlich, dass allgemein die Zulässigkeit eines Lebensmittelmarktes mit bis zu 800 m² Fläche „begründet“ – nicht lediglich bestätigt – und nur der Ausschluss einer Erweiterung über 800 m² hinaus festgeschrieben werden solle. Für eine Regelung allein des passiven Bestandsschutzes habe auch kein Bedürfnis bestanden, nachdem sich dieser für genehmigte Vorhaben bereits unmittelbar aus dem Eigentumsgrundrecht ergebe. Als Regelung eines erweiterten Bestandsschutzes finde Nr. 2 ihre Ermächtigungsgrundlage in § 9 Abs. 2a Satz 1, letzter Halbsatz BauGB. Sie gestatte auf dem Grundstück der Klägerin einen Einzelhandel mit einem Teil der ansonsten untersagten Sortimente als Ausnahme. Sie beziehe sich, wie es § 9 Abs. 2a Bau GB verlange, nach ihrem Regelungsumfang und ihrem Wortlaut auf „Teile des Plangebietes“. Eine unzulässige Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO, der nur bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 BauNVO greife, die § 9 Abs. 2a BauGB gerade nicht vorsehe, liege darin nicht. Die Festsetzung beschränke sich nicht, wie in § 1 Abs. 10 BauNVO vorgesehen, auf eine Regelung über die ausnahmsweise oder allgemeine Zulässigkeit von Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen von Anlagen. Sie erkläre vielmehr für Teile des Plangebietes bestimmte Nutzungen – im Hinblick auf einzelne bereits erteilte Genehmigungen – abweichend von den allgemeinen Festsetzungen des Bebauungsplans für ausnahmsweise zulässig. Sie treffe damit auch keine unzulässige baugebietsbezogene, vorhabenunabhängige Verkaufsflächenobergrenze zur Steuerung des Einzelhandels. Vielmehr werde dort gerade in Bezug auf einen konkreten Bestand und eine im betreffenden Teil des Plangebiets bereits ausgeübte Nutzung, d. h. in Bezug auf einen konkreten Betrieb zum Schutz der verfassungsrechtlich geschützten Belange des Grundstückseigentümers, eine Ausnahme vom allgemeinen Verbot zentrenrelevanter Einzelhandelssortimente getroffen. Im Übrigen bestehe wohl unabhängig von diesem ausdrücklichen Betriebsbezug der Regelung die Gefahr eines „Windhundrennens“ auf dem Vorhabengrundstück auch deshalb nicht, weil dort bei lebensnaher Betrachtung nur ein (einziger) Lebensmittelmarkt betrieben werden könne. Angesichts seiner beschränkten Größe und der Notwendigkeit der Anlage einer erheblichen Zahl von Stellplätzen für diesen nicht integrierten Standort erscheine auf dem fraglichen Grundstück nur die Errichtung eines einzigen Lebensmittelmarktes realistisch. Auch die Festsetzung in Nr. 3 für Randsortimente begegne keinen rechtlichen Bedenken. Sie sei hinreichend bestimmt und entspreche der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 2a BauGB. Insbesondere sei das zusätzliche Ausnahmemerkmal „in räumlicher als auch fachlicher Verbindung“ der Auslegung zugänglich. In der obergerichtlichen Rechtsprechung sei geklärt, dass die insoweit vergleichbare Formulierung, Randsortimente müssten „im funktionalen und räumlichen Zusammenhang“ zu einem ansässigen Betrieb stehen, unbedenklich sei. Danach müssten die im Wege des Annexhandels angebotenen Waren einen Sachbezug zu der Hauptgewerbetätigkeit auf dem Betriebsgrundstück vorweisen können. Ansonsten wären sie kein bloßes „Anhängsel“ – kein „Annex“ – der Hauptnutzung mehr. Diese in Bezug auf einen produzierenden Gewerbebetrieb oder Handwerksbetrieb erfolgte Auslegung sei auf vergleichbare Vorgaben für Randsortimente des Einzelhandels wie in Festsetzung Nr. 3 ohne Weiteres übertragbar. Dies gelte erst recht vor dem Hintergrund, dass schon nach dem herkömmlichen Verständnis des Begriffes Randsortiment erforderlich sei, dass die betreffenden Waren zu einem spezifischen Kernsortiment lediglich hinzuträten und dieses gleichsam ergänzend anreicherten, mithin eine gewisse Beziehung und Verwandtschaft mit den Waren des Kernsortiments hätten. In der obergerichtlichen Rechtsprechung seien sogar Einzelhandelsausschlüsse, die eine solche Beschränkung auf Hauptsortimente nicht ausdrücklich vorgesehen hätten, in diesem Bedeutungssinn ausgelegt worden. Allgemein sei der untergeordnete Annexhandel eine in der Rechtsprechung ausjudizierte typische Gegenausnahme von Einzelhandelsausschlüssen und als solcher in der sozialen und ökonomischen Realität etabliert. Vor diesem Hintergrund sei der Bebauungsplan schließlich auch abwägungsgerecht, insbesondere habe die Beklagte das eigentumsrechtlich gestützte Bestandsinteresse der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zutreffend erkannt und bewertet.
8Diesen im Einzelnen noch eingehender begründeten und ohne weiteres nachvollziehbaren Erwägungen des Verwaltungsgerichts setzt die Klägerin mit ihrem Zulassungsvortrag nichts Erhebliches entgegen, das ernstliche Zweifel an der (Ergebnis-)Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung wecken könnte.
9Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur grundsätzlichen städtebaulichen Rechtfertigung des Bebauungsplans nach § 9 Abs. 2a BauGB sowie zur Rechtmäßigkeit der Regelung unter Nr. 1 zieht die Klägerin ausdrücklich nicht in Zweifel. Sie meint indes, die Regelungen in Nrn. 2 und 3 ließen sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht sachgerecht auf diese Rechtsgrundlage stützen bzw. seien nicht hinreichend bestimmt.
10Mit Blick auf die Regelung in Nr. 2 meint die Klägerin zunächst, diese lasse sich nicht mit dem Verwaltungsgericht so verstehen, dass sie allgemein für dieses Grundstück eine bauliche Nutzung als Lebensmittelmarkt zulasse und deshalb auf § 9 Abs. 2a Satz 1, Halbsatz 2 BauGB gestützt werden könne. Vielmehr handele es sich, wie die Einleitung, wonach die Regelung zur „Absicherung des Bestandes und zur Berücksichtigung bereits erteilter Genehmigungen“ getroffen werde, ausdrücklich festlege, allein um eine bei einem Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2a BauGB unzulässige Fremdkörperfestsetzung nach § 1 Abs. 10 BauNVO.
11Dabei setzt sich die Klägerin indes nicht mit der ausführlichen Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander, das diesem Passus eine – vom Wortsinn zweifellos gedeckte – eher erläuternde Funktion zugemessen hat, und die Regelung selbst anhand des weiteren Wortlauts, der Systematik und den einschlägigen Ausführungen der Begründung ohne weiteres nachvollziehbar als Bereichsausnahme, die von § 9 Abs. 2a, S. 1, Halbsatz 2 BauGB gedeckt ist, qualifiziert hat. Der – zusätzlich – offengelegte Umstand, dass die Ausnahme durch eine für diese Grundstücke bereits erteilte Genehmigung notwendig geworden war, erzwingt ein verengtes Verständnis der Regelung jedenfalls nicht. Eine Begründung hierfür ist weder dem Zulassungsvorbringen zu entnehmen noch sonst ersichtlich. Dieses liegt auch mindestens fern, nachdem die Regelung selbst diese Verbindung – wie bereits das Verwaltungsgericht herausgearbeitet hat: bewusst – nicht herstellt. Dies gilt umso weniger, als ein entsprechendes Verständnis die Rechtswidrigkeit der Regelung zur Folge hätte und damit dem Grundsatz widerspräche, wonach Regelungen eines Bebauungsplanes – wie bei jeder Rechtsnorm – nach Möglichkeit wohlwollend im Sinne eines Planerhaltes auszulegen sind.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2017 – 4 CN 7.16 -, BVerwGE 161, 53 = juris Rn. 12 (Erfordernis einer „geltungserhaltenden“ Auslegung); in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteile vom 8. April 2021 - 2 D 96/18 -, juris Rn. 67 ff., und vom 26. Juni 2018 – 2 D 80/16.NE –, juris Rn. 40, sowie Beschluss vom 20. April 2020 - 2 A 2323/19 -, juris Rn. 10 ff.
13Dass hier eine geltungserhaltende Auslegung möglich ist, hat indes das Verwaltungsgericht überzeugend dargelegt.
14Aus den Zulassungsvorbringen ergibt sich auch nicht, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Regelung der Nr. 2 enthalte bei einem situationsadäquaten Verständnis keine unzulässige baugebietsbezogene, vorhabenunabhängige numerische Beschränkung, indem sie (nur) einen Lebensmittelmarkt mit 800 m² Verkaufsfläche bzw. einen Getränkemarkt mit 600 m² Verkaufsfläche zulasse, ernstlich zweifelhaft sein könnte. Mit der hierzu tragend angeführten Begründung des Verwaltungsgerichts, es werde nicht kontingentiert, sondern gerade in Bezug auf einen konkreten Bestand und eine im betreffenden Teil des Plangebiets bereits ausgeübte Nutzung, d. h. in Bezug auf einen konkreten Betrieb zum Schutz der verfassungsrechtlich geschützten Belange des Grundstückseigentümers, eine Ausnahme vom allgemeinen Verbot zentrenrelevanter Einzelhandelssortimente getroffen, setzt sich die Klägerin bereits nicht auseinander. Dies wäre aber jedenfalls deshalb erforderlich gewesen, weil sich daraus zugleich eindeutig ergibt, dass es der Antragsgegnerin gerade nicht auf diese Zahl als solcher angekommen ist, sondern diese aufgrund der ins Auge fallenden und dem Plangeber daher auch nur vor Augen stehenden tatsächlichen Nutzungen nur deskriptiven Charakter haben sollte. Das führt dann indes, wie die Klägerin unter Bezug auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2019 – 4 CN 8.18 -, BVerwGE 166, 378 = juris Rn. 35, zu Recht selbst ausführt, nicht zur Unwirksamkeit der Bestimmung. In diesem Fall kann sie (das „ein“) vielmehr letztlich als ohne eigenen normativen Gehalt und nicht geschrieben verstanden werden und ist dann - den oben dargestellten Auslegungsgrundsätzen entsprechend – auch so zu verstehen. Unabhängig davon lassen Abwägung und Planbegründung aber auch keinen Zweifel daran, dass es dem Plangeber hier allein darauf ankam, dass sich im Plangebiet kein großflächiger Einzelhandel mit zentren- oder nahversorgungsrelevantem Hauptsortiment im Plangebiet mehr ansiedeln kann. Ob die planerisch zur Verfügung stehende Verkaufsfläche entgegen der im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang gerade erst vergleichsweise zugestandenen Baugenehmigung vom Nutzer später geteilt wird, war hierfür ersichtlich irrelevant und musste vom Plangeber deshalb auch nicht eigens geregelt oder auch nur thematisiert werden. Das gilt umso mehr als seinerzeit – wie gesagt - von keiner Seite auch nur angesprochen worden war, dass es um mehr als einen Einzelhandelsbetrieb pro Grundstück gehen könnte.
15Vor diesem Hintergrund kommt es letztlich auch nicht darauf an, ob die Erwägungen der Zulassungsbegründung zur Möglichkeit einer Aufteilung die Annahme des Verwaltungsgerichts, eine Ansiedlung von mehr als einem Einzelhandelsbetrieb scheide hier bei realistischer Betrachtung aufgrund der Größe und des Zuschnitts des Grundstücks aus, ernstlich in Zweifel zu ziehen geeignet sind. Gleichwohl erscheint dies aber in der konkreten (Planungs-) Situation kaum als ein realistisches Szenario. Dem Senat ist ebenso wie dem Verwaltungsgericht aus einer Vielzahl insbesondere von der Klägerin bzw. ihrer Firmengruppe, aber auch von Mitbewerbern – seien es Discounter, seien es Vollsortimenter – geführter Verfahren bekannt, dass dort stets betont wird, eine Verkaufsfläche von unter 800 m² sei nach heutigen Marktgegebenheiten nicht konkurrenzfähig; vielmehr sei – wie im vorliegenden Fall ja auch – eine größere Verkaufsfläche zur angemessenen Warenpräsentation (bei - wie ebenfalls stets betont wird – nicht beabsichtigter Sortimentserweiterung) zwingend erforderlich. Dass gleichwohl ein neuer „Lebensmittelmarkt“ etabliert werden könnte, bei dem der Betreiber von der ohnehin „zu kleinen“ Verkaufsfläche noch einen Teil an einen Dritten abtreten könnte, lässt sich damit nicht vereinbaren, musste jedenfalls vom Plangeber nicht als realistisch angesehen werden.
16Ebenso wenig vermögen die Ausführungen der Klägerin zur vermeintlichen Unbestimmtheit der in Nr. 3 verwendeten Umschreibung des Begriffes „Randsortiment“ mit der einer „räumlichen und fachlichen Verbindung“ ernstliche Zweifel an der gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichts zu begründen. Der Vorhalt, die vom Verwaltungsgericht als gleichbedeutend identifizierte Formulierung - hiergegen wendet auch die Klägerin nichts ein – „im funktionalen und räumlichen Zusammenhang“ sei in der Rechtsprechung allein in Bezug auf ein sog. Handwerkerprivileg gebilligt worden, greift zu kurz. Dies gilt – wie das Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehoben hat – insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung schon nach dem herkömmlichen Verständnis des Begriffes „Randsortiment“ erforderlich ist, dass die betreffenden Waren zu einem spezifischen Kernsortiment lediglich hinzuträten und dieses gleichsam ergänzend anreicherten, mithin eine gewisse Beziehung und Verwandtschaft mit den Waren des Kernsortiments hätten. In der obergerichtlichen Rechtsprechung sind sogar Einzelhandelsausschlüsse, die eine solche Beschränkung auf Hauptsortimente nicht ausdrücklich vorgesehen haben, in diesem Bedeutungssinn ausgelegt worden – und zwar gerade mit Blick auf den auch hier erforderlichen sachlichen und räumlichen Bezug zum Hauptsortiment.
17Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 – 2 D 103/12.NE -, BauR 2014, 213 ff., m. w. N.
18Unbeschadet dessen erschließt sich aber nicht einmal im Ansatz, warum die in der Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Annexhandel im Sinne eines Handwerkerprivilegs gemachten Ausführungen auf den hier geregelten Fall nicht übertragbar sein sollten. Jedenfalls typischerweise wird sich ohne weiteres feststellen lassen, welche Warengruppen nach der Verkehrsauffassung noch „am Rande“ mitverkauft zu werden pflegen.
19Unabhängig davon übersieht die Klägerin in ihrer Kritik aber vor allem, dass ihre Schlussfolgerung, die Auffassung des Verwaltungsgericht lasse die Regelung der Nr. 3 leerlaufen, weil sich der allgemeine Ausschluss ohnehin nur auf Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- und/oder zentrenrelevantem Kernsortiment erstrecke, genau der Auffassung des Plangebers entspricht. Dieser hat in der Abwägung hierzu ausdrücklich ausgeführt: „Zum Thema Randsortiment gibt es zwei rechtliche Auffassungen. Die überwiegende Meinung geht davon aus, dass der Ausschluss zentrenrelevanter Sortimente in Bebauungsplänen sich nur auf die jeweiligen Hauptsortimente bezieht, nicht dagegen auch auf Randsortimente, die ergänzend zu den nicht zentrenrelevanten Sortimenten geführt werden. Hiervon ist auch die Verwaltung ausgegangen.“ (Abwägungsvorgänge Seite 236/237) Mit der Aufnahme des hier gerügten Zusatzes beabsichtigte der Plangeber ausdrücklich lediglich, vorsorglich Bedenken der Rechtsvorgängerin der Klägerin Rechnung zu tragen. „Um mögliche Unklarheiten auszuschließen, wird der Anregung gefolgt. Die Fassung der 2. öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanentwurfes berücksichtigt bereits die Anregung.“ Die Auslegung des Verwaltungsgerichts geht hiermit also – anders als die von der Klägerin bemühten Bedenken – konform. Jedenfalls ergibt sich hieraus eindeutig, dass selbst für den Fall, dass der beschreibende Zusatz mangels Bestimmtheit unwirksam sein sollte, dies nicht zur Unwirksamkeit der Nr. 3 insgesamt oder gar des gesamten Bebauungsplanes führen würde. Offen bleiben kann dabei, ob sich die Klägerin nicht treuwidrig verhält, wenn sie die Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans ihr gegenüber aufgrund einer Regelung in Frage stellt, die ihre Rechtsvorgängerin grundstücksbezogen selbst erst „ins Spiel gebracht“ hat.
20Vor diesem Hintergrund eines damit wirksamen Bebauungsplanes kann dahinstehen, ob das Vorhaben, wie die Klägerin meint, nach § 34 BauGB nach der Art der baulichen Nutzung genehmigungsfähig wäre.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
22Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG und folgt – auch in der Begründung – der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.
23Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das angegriffene Urteil rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
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Referenzen
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- § 9 Abs. 2a Satz 1, Halbsatz 2 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 152 1x
- VwGO § 154 1x
- § 9 Abs. 2a BauGB 5x (nicht zugeordnet)
- § 9 Abs. 2a, S. 1, Halbsatz 2 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG 3x (nicht zugeordnet)
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- VwGO § 124a 2x
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