Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 A 2020/21
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 11.516,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
1Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2Die von ihnen allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergeben sich aus dem insoweit maßgeblichen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Zulassungsvorbringen nicht.
3Zur Darlegung des Zulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bedarf es einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist in substantiierter Weise an der Gedankenführung des Verwaltungsgerichts orientiert aufzuzeigen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. In der Sache liegen ernstliche Zweifel vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
4Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.
5Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit den Anträgen,
61. die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. Dezember 2019 bezüglich des Grundstücks E. , Gemarkung I. , Flur 1, Flurstück 661 (E1. 6), nebst der Zwangsgeldandrohung aufzuheben und
72. die Gebührenerhebung in Ziffer 3 des Bescheides vom 16. Dezember 2019 aufzuheben,
8im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die von den Klägern errichtete gemauerte Einfriedung sei zwar genehmigungsfrei, aber materiell baurechtswidrig und das Beseitigungsverlangen angesichts dessen im Rahmen der §§ 58, 82 BauO NRW rechtmäßig. Bei der Mauer handele es sich um eine bauliche Anlage, die mit den nach § 30 Abs. 1 BauGB maßgeblichen Festsetzungen des anzuwendenden (qualifizierten) Bebauungsplans Nr. 303.03 der Beklagten nicht in Einklang stehe. Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit des Bebauungsplans - oder einzelner Festsetzungen – bestünden nicht und seien von den Klägern auch nicht geltend gemacht worden. Die Mauer stehe außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche und widerspreche damit § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB i. V. m. § 23 Abs. 1 und 5 BauNVO i. V. m. der textlichen Festsetzung A Ziff. I.6.1 Abs. 1 des Bebauungsplans. Danach seien Nebenanlagen - mit der hier offensichtlich nicht einschlägigen Ausnahme von Stützmauern, Treppen und Einfriedungen im Vorgartenbereich - unzulässig. Insbesondere stehe die Mauer nicht im Vorgarten, sondern sei entlang der gesamten östlichen Grenze und an Teilabschnitten der nördlichen und südlichen Grundstücksgrenze rückwärtig errichtet worden. Hier seien nach Abschnitt B Ziff. I.6 Abs. 2 allein Einfriedungen als Schnitthecken und Zäune nur in Verbindung mit Hecken und in maximal gleicher Höhe auf der dem Grundstück zugewandten Seite zulässig. Hinsichtlich der zulässigen Ausführung von Hecken und Zäunen treffe Abschnitt A Ziff. I.10 dabei nähere Bestimmungen. Eine analoge Anwendung dieser Regelung auf gemauerte Einfriedungen sei schon mangels Regelungslücke nicht möglich. Eine Legalisierung der Mauer durch eine Befreiung scheide aus, weil Grundzüge der Planung betroffen wären. Zwar solle ausweislich der Planbegründung den künftigen Bewohnern im Bereich des privaten Grüns möglichst viel Freiheit gelassen werden. Doch auch hier müssten sich die Qualitäten der Gartenstadt wiederfinden. An den wichtigen Übergängen zum öffentlichen Raum werde zu diesem Zweck die Anpflanzung von Hecken gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 25 a BauGB einheitlich festgesetzt. Die Begründung zeige eindeutig auf, dass dem an das klägerische Grundstück rückseitig angrenzenden „M. D. “ eine zentrale Funktion im Rahmen dieser städtebaulichen Konzeption und damit den Pflanzgeboten und dem Verbot von Einfriedungen auf den privaten Grundstücken mit Ausnahme von hinter den Hecken zurücktretenden Zäunen hier eine besondere und zentrale Bedeutung zukomme. Die Erwägungen des Plangebers zeigten, dass hier bewusst eine grüne und von baulichen Anlagen freizuhaltende Zone geschaffen werden sollte. Die Zulassung einer massiven baulichen Anlage in Gestalt einer im überwiegenden Teil des Jahres vom „M. D. “ aus sichtbaren, 1,60 m hohen und ca. 17 m langen Mauer berührten deshalb offensichtlich Grundzüge der Planung. Das Einschreiten sei auch ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig. Die Ermessensentscheidung, eine Beseitigungs- oder Rückbauverfügung zu erlassen, könne die Bauaufsichtsbehörde – wie hier geschehen – im Regelfall ordnungsgemäß damit begründen, dass die zu beseitigende genehmigungsfreie Anlage materiell illegal sei und dass ein öffentliches Interesse daran besteht, keinen Präzedenzfall- oder Berufungsfall zu schaffen. Die Aufforderung, die Mauer zu beseitigen, sei auch angemessen. Ihren nicht unerheblichen finanziellen Verlust hätten sich die Kläger durch die Errichtung der materiell baurechtswidrigen Anlage selbst zuzuschreiben. Es liege auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Es sei nicht zu erkennen, dass die Beklagte gegen eine im räumlichen Zusammenhang mit der zu beseitigenden baulichen Anlage vorhandene vergleichbare rechtswidrige Anlage ohne sachlichen Grund – also willkürlich - nicht einschreite. Parallele Fallgestaltungen hätten auch die Kläger nicht benannt. Die (Geschmacks-)Frage, ob der Mauer ein künstlerischer oder ästhetischer Wert zukomme, spiele ebenfalls keine Rolle, zumal selbst nach Ansicht der Kläger von der Mauer eine erhebliche Vorbildwirkung ausgehe. Die Gebührenerhebung sei auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 und 2 GebG NRW i. V. m. § 1 Abs. 1 AVerwGebO NRW frei von Rechtsfehlern.
9Diesen ohne Weiteres nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt das Zulassungsvorbringen nichts Erhebliches entgegen, das zu ernstlichen Zweifeln an der (Ergebnis-)Richtigkeit der Entscheidung führen könnte.
10Dies gilt schon deshalb, weil auch die Kläger mit ihren - teils allerdings nur schwer verständlichen - Überlegungen und Erwägungen jedenfalls nicht in Zweifel ziehen, dass die Mauer nicht im Vorgartenbereich und außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen steht. Schon deshalb steht sie indes als Nebenanlage im Widerspruch zur textlichen Festsetzung A Nr. 6 des einschlägigen Bebauungsplans, die ausdrücklich Einfriedungen erfasst. Demgegenüber enthalten die von den Klägern angeführten textliche Festsetzung A Nr. 10 und B Nr. 6 lediglich Vorschriften für Zäune, die im Zusammenhang mit Hecken unter bestimmten Voraussetzungen außerhalb der Vorgärten und der überbaubaren Grundstücksflächen zulässig sind.
11Was an dieser klaren Regel von Grundsatz und beschränkter Ausnahme im rechtlichen Ansatz problematisch sein soll und welche Auswirkungen dies für die hier in Rede stehende Mauer haben könnte, erhellt sich aus den rechtlich nicht weiter verorteten Erwägungen auf den Seiten 4 – 6 der Antragsbegründung nicht, jedenfalls nicht in nachvollziehbarer Weise. Soweit die Kläger damit möglicherweise zum Ausdruck bringen wollen, der Plangeber habe mit der Zulassung von Zäunen alle Einfriedungen erlauben wollen, liegt das neben der Sache. Die Kläger gehen vielmehr selbst davon aus, unter den Oberbegriff der „Einfriedung“ fielen Zäune und Mauern. Der Plangeber hat unter A Nr. 10 und B Nr. 6 aber – anders als bei dem generellen Verbot in A Nr. 6 – eben nur die Untergruppe der Zäune geregelt. Dass dies in der Sache gerechtfertigt ist, hat bereits das Verwaltungsgericht im Rahmen der Prüfung einer Befreiungsmöglichkeit überzeugend ausgeführt, ohne dass sich das Zulassungsvorbringen damit befasste. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass Zäune bestimmter Bauart gewisse Eigenschaften mit Mauern teilen. Einen Grund, diese vor dem Hintergrund des planerischen Anliegens einer Gartenstadt gleichbehandeln zu müssen, ergibt sich hieraus nicht; allenfalls mögen „mauerartige“ Zaunbauwerke im Einzelfall nach § 15 BauNVO unzulässig sein. Die in den Vorschriften in erster Linie angesprochenen Hecken sind demgegenüber keine baulichen Anlagen und damit schon keine Nebenanlagen i. S. v. § 14 BauNVO.
12Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass die Ausnahmen nicht von Einfriedungen sprechen, sodass der unter Nr. 5 der Begründungsschrift vorgebrachte grundlegende Einwand, dieser Begriff sei falsch gewählt, weil nicht die Zäune sondern die vorgelagerten Hecken die Grundstücke einfriedeten, im vorliegenden Kontext keine tatsächliche Grundlage hat.
13Vor diesem Hintergrund weckt das Zulassungsvorbringen ebenso wenig ernstliche Zweifel an der Annahme des Verwaltungsgerichts, ein Ermessensfehler liege auch unter dem Aspekt der Gleichbehandlung nicht vor. Soweit die Kläger hier erneut auf – möglicherweise - im Plangebiet errichtete Zäune verweisen, liegt der maßgebliche Unterschied gerade darin, dass diese unter gewissen Umständen zulässig sind, Mauern indes - außerhalb von Vorgärten - nicht. Eine Ungleichbehandlung ergibt sich im Weiteren auch nicht aus der in den Raum gestellten Behauptung, die vorgelegten Lichtbilder belegten, dass „solche Mauern eben doch üblich sind“. Auf den überreichten Bildern sind lediglich zwei Mauern zu erkennen, von denen sich die eine offensichtlich im Vorgartenbereich, genauer am Rand einer Grundstückszufahrt, befindet und von ihren Dimensionen auch nicht im Ansatz mit derjenigen der Kläger vergleichbar ist. Demgegenüber fehlt es hinsichtlich der auf dem Lichtbild 09 abgebildeten Mauer an jeglicher räumlicher Einordnung oder auch nur an einem erkennbaren Bezug zu einem Gebäude. Selbst wenn diese Anlage, was ebenfalls nicht festzustellen ist, im Plangebiet und dann außerhalb überbaubarer Grundstücksflächen im rückwärtigen Bereich läge, vermag dieser unsubstantiierte Verweis so keinen Vergleichsfall oder gar einen durchgreifenden Ermessensfehler zu begründen, zumal die Mauer augenscheinlich älter ist als der Bebauungsplan.
14Zur gleichfalls angegriffenen Gebührenfestsetzung verhält sich die Begründung des Zulassungsantrages schließlich mit keinem Wort.
15Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
16Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG und folgt – auch in der Begründung – der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.
17Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das angefochtene Urteil rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- VwGO § 124 2x
- VwGO § 152 1x
- VwGO § 124a 2x
- VwGO § 159 1x
- §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG 3x (nicht zugeordnet)
- BauNVO § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen 1x
- VwGO § 154 1x
- BauNVO § 14 Nebenanlagen; Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen 1x
- § 1 Abs. 1 AVerwGebO 1x (nicht zugeordnet)
- § 2 Abs. 1 und 2 GebG 1x (nicht zugeordnet)
- § 30 Abs. 1 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 9 Abs. 1 Nr. 25 a BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 58, 82 BauO 2x (nicht zugeordnet)