Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 A 3372/19
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 19.000,00 € festgesetzt.
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Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Der Kläger stützt ihn allein auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Antragsvorbringen weckt jedoch keine derartigen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
3Zweifel im Sinne dieser Vorschrift sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts bezeichnet und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.
4Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.10.2020 - 2 BvR 2426/17 -, NVwZ 2021, 325 = juris Rn. 34, m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542 = juris Rn. 9.
5Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn das Gericht schon auf Grund des Antragsvorbringens in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen. Diesen Anforderungen genügt das Antragsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat die Klage, mit der der Kläger begehrt, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 26. April 2017 betreffend die Stelle des Brandschutzunterweisers (Stellen-ID 30013524) diese Stelle zu übertragen, hilfsweise über seine Bewerbung auf diese Stelle neu zu entscheiden, mit der Begründung abgewiesen, dass die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung vom 25. April 2017 und die diese umsetzende Ablehnung der Bewerbung des Kläger rechtmäßig sei. Die Beklagte habe auf der Grundlage der dienstlichen Beurteilungen des Klägers vom 22. Dezember 2016 einerseits und des Beigeladenen vom 21. Dezember 2016 andererseits von einem Leistungsvorsprung des letztgenannten ausgehen dürfen. Der Beigeladene bekleide bereits seit dem 16. November 2015 das statusrechtliche Amt eines Hauptbrandmeisters A 9 LBesG mit Amtszulage. Deshalb seien seine Leistungen über fünf Monate des vom 13. Juli 2015 bis zum 15. April 2016 sich erstreckenden Beurteilungszeitraums an den für dieses Statusamt geltenden Maßstäben zu messen gewesen. Da der Kläger dieses Amt noch nicht bekleide, habe der Beklagte zwei nicht unmittelbar vergleichbare dienstliche Beurteilungen durch eine gewichtende Betrachtung vergleichbar machen müssen. Dass er sich dabei auf die für den Kläger unter dem 22. Dezember 2016 erstellte Beurteilung gestützt habe, sei nicht zu beanstanden. Diese Beurteilung sei rechtmäßig. Der Auswahl des Beigeladenen stehe auch nicht entgegen, dass bei der ersten Auswahlentscheidung im August 2016 in der "Vorbewertung" der Kläger als leistungsstärker angesehen worden sei. Durch das seinerzeit herangezogene Anforderungsprofil sei eine Verengung des Bewerberfeldes erfolgt, die nicht durch besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten gerechtfertigt gewesen sei, die für die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens zwingend erforderlich wären.
7Dem tritt der Kläger mit seinem Zulassungsantrag im Ergebnis ohne Erfolg entgegen.
8Soweit er ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beurteilung vom 22. Dezember 2016 geltend macht, greift dieser Einwand nicht durch. Der Senat hat durch Beschluss vom heutigen Tage im Verfahren 6 A 3373/19 den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem die Klage gegen die dienstliche Beurteilung abgewiesen wurde, abgelehnt. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
9Die Einwände gegen die Auswahlentscheidung greifen ebenfalls nicht durch. Der Kläger vertritt die Auffassung, der Vorbewertung vom 3. August 2016, die anhand der Sollkriterien der Stellenausschreibung zu seinen Gunsten ausgefallen ist, habe keine unzulässige Verengung des Bewerberfeldes zugrunde gelegen. Es habe sich dabei vielmehr um eine vollumfängliche inhaltliche Ausschöpfung der seinerzeit vorliegenden Beurteilungen gehandelt. Aus welchen Gründen dies entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts der Fall sein soll, erläutert der Kläger nicht und ergibt sich auch nicht aus dem von ihm angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juni 2013. In diesem Beschluss werden vielmehr - im Übrigen im Einklang mit dem vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2014 - die Voraussetzungen für eine nur ausnahmsweise zulässige Einengung des Bewerberfeldes aufgeführt.
10Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.6.2013 - 2 VR 1.13 -, NVwZ 2014, 75 = juris Rn. 18, und vom 19.12.2014 - 2 VR 1.14 -, IÖD 2015, 38 = juris Rn. 26 f.
11Dass in diesem Sinne die Wahrnehmung der Aufgaben des Brandschutzunterweisers zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann, hat der Kläger nicht dargelegt.
12Eine vollumfängliche Ausschöpfung der Beurteilungen hat - entgegen der Behauptung des Klägers - im Übrigen seinerzeit nicht stattgefunden. Es wurden allein die Bewertungen in den fünf ausgewählten Anforderungsmerkmalen verglichen. Bei einer inhaltlichen Auswertung der beiden im April 2016 erstellten Beurteilungen hinsichtlich sämtlicher Einzelmerkmale hätte sich ein Leistungsvorsprung des Beigeladenen ergeben. Tatsächlich ist der Kläger, wie bereits im dem Zulassungsbeschluss betreffend dessen dienstliche Beurteilung festgestellt, seinerzeit im Bereich persönliche Kompetenz siebenmal mit 3 und nur dreimal mit 2 bewertet worden. Der Beigeladene erhielt demgegenüber fünfmal eine 3 und fünfmal eine 2. Auch im Bereich der fachlichen Kompetenz schnitt der Kläger mit zweimal 2 und einmal 3 schlechter als der Beigeladene mit dreimal 2 ab. Bei der sozialen Kompetenz lag demgegenüber der Kläger mit zweimal 2 vor dem Beigeladenen mit 2/3. Im Bereich Führungskompetenz erzielte der Beigeladene wiederum mit fünfmal 2 ein besseres Ergebnis als der Kläger mit viermal 3 und nur einmal 2.
13Soweit der Kläger meint, die Beklagte müsse sich an der Auswahlentscheidung vom 3. August 2016 festhalten lassen, lässt er außer Acht, dass die Beklagte auf seinen Antrag hin durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 31. Oktober 2016 (19 L 1945/16) im Wege der einstweiligen Anordnung dazu verpflichtet worden ist, über seine Bewerbung auf die streitgegenständliche Stelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. In diesem Beschluss hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, bei der künftigen Auswahlentscheidung sei zu beachten, dass der Dienstherr Auswahlgesprächen erst dann eine maßgebliche Bedeutung beimessen dürfe, wenn sich aus den der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden dienstlichen Beurteilungen im Wesentlichen ein Qualifikationsgleichstand der Bewerber ergibt. Von einem Qualifikationsgleichstand sei nicht bereits bei Vorliegen eines gleichlautenden Gesamturteils der letzten dienstlichen Beurteilung auszugehen; vielmehr seien zunächst die aktuellen Beurteilungen unter Berücksichtigung ihrer Einzelmerkmale auf Leistungsunterschiede hin inhaltlich auszuschöpfen und auch ältere Beurteilungen zu berücksichtigen, sofern sie für den Leistungsvergleich Aussagekraft besitzen. Diese Rechtsauffassung beachtend musste die Beklagte eine neue Auswahlentscheidung unabhängig von dem ersten Auswahlverfahren treffen, bei dem die sogenannte Vorbewertung dazu diente, geeignete Personen für die anschließend vorgesehenen Auswahlgespräche zu bestimmten. Vor diesem Hintergrund konnte die Beklagte auf Ergebnisse des ersten Auswahlverfahrens nicht zurückgreifen und war hieran gerade nicht gebunden. Sie musste vielmehr u. a. die ihr nach Neuerstellung vorliegenden Beurteilungen des Klägers und des Beigeladenen den Vorgaben des Verwaltungsgerichts entsprechend würdigen. Das hat die Beklagte mit der im vorliegenden Verfahren erneut angegriffenen Auswahlentscheidung getan. Sie hat am 25. April 2017 die Beurteilungen der vier Mitarbeiter, die sich auf die Stellenausschreibung beworben hatten, verglichen und im Ergebnis auf das in erster Linie maßgebende Gesamturteil abgestellt. Dabei hat sie berücksichtigt, dass der Beurteilung des Beigeladenen, der im Beurteilungszeitraum bereits das Statusamt A 9 LBesG mit Amtszulage bekleidet hat und damit über einen - wenn auch geringen - Statusvorsprung verfügte, ein größeres Gewicht beizumessen sei als den beiden mit demselben Punktwert abschließenden Beurteilungen des Klägers und eines weiteren Bewerbers, denen der Maßstab des Statusamtes A 9 LBesG ohne Amtszulage zugrunde lag. Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden. Wie der Senat in seinem Beschluss im Verfahren 6 A 3373/19 ausgeführt hat, kann der Statusvorsprung des Beigeladenen ein um eine halbe Note besseres Gesamturteil bezogen auf ein Amt ohne Amtszulage ausgleichen. Da die drei besten Beurteilungen der Bewerber in den unterschiedlichen Statusämtern jeweils mit demselben Punktwert abgeschlossen haben, konnte die Beklagte der Beurteilung des Beigeladenen im höherwertigen Statusamt ein größeres Gewicht beimessen, ohne dass es einer Zuordnung innerhalb des fünfstufigen Bewertungssystem bedurft hätte.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG.
15Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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Referenzen
- VwGO § 124 1x
- VwGO § 124a 2x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 152 1x
- 2 BvR 2426/17 1x (nicht zugeordnet)
- 6 A 3373/19 2x (nicht zugeordnet)
- 19 L 1945/16 1x (nicht zugeordnet)