Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 B 532/22
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e:
2Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Die in der Beschwerdeschrift dargelegten Gründe, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, veranlassen den Senat nicht zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung, mit der das Verwaltungsgericht es abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung der Klage 1 K 892/22 gegen die Versetzungsverfügung der Bezirksregierung Köln vom 8. April 2022 anzuordnen.
4Das Verwaltungsgericht hat, soweit mit Blick auf das Beschwerdevorbringen von Interesse, angenommen, die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragstellerin aus. Die Versetzungsverfügung erweise sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig. Sie sei durch ein hinreichendes dienstliches Bedürfnis im Sinne des § 25 Abs. 2 Satz 1 LBG NRW gerechtfertigt. Dieses bestehe darin, den Schulfrieden in der KGS F. -N. -Schule in F1. , der tiefgreifend gestört sei, wiederherzustellen. Die Störung des Schulfriedens sei unstrittig und ergebe sich aus den Beschwerden mehrerer Lehrerinnen sowie der vom Lehrerrat gegen die Antragstellerin erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde. Gleichzeitig habe die Bezirksregierung L. eine Vielzahl von Versetzungsanträgen von Lehrkräften der Schule bemerkt. Unabhängig davon, ob alle gegen die Antragstellerin erhobenen Vorwürfe substantiiert und belegt worden seien, zeige dieses Bild eindeutig, dass eine Vielzahl der an der Schule tätigen Personen dort ein schlechtes Arbeitsklima beobachtete. Wer die Verantwortung für das Entstehen dieses Unfriedens trage, sei für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Maßnahme unerheblich. Schließlich sei die Ermessensausübung des Antragsgegners, der den dienstlichen Bedürfnissen gegenüber den von der Antragstellerin vorgebrachten persönlichen Belangen den Vorrang eingeräumt habe, nicht zu beanstanden. Insbesondere handele es sich bei der Antragstellerin nicht um eine völlig unbeteiligte und in die bestehenden, den Schulfrieden tangierenden Konflikte offensichtlich nicht involvierte Person.
5Diese näher begründeten Erwägungen werden mit dem Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
61. Die Antragstellerin macht geltend, sie habe entgegen der Ausführungen des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Störung des Schulfriedens innerhalb ihrer bisherigen Schule, der KGS F. -N. -Schule, in der Antragsschrift nicht bestätigt. Insoweit kann dahinstehen, inwieweit ihrem erstinstanzlichem Vorbringen eine entsprechende Aussage entnommen werden kann. Denn das für eine Versetzung der Antragstellerin gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 LBG NRW erforderliche, in der Wiederherstellung des erheblich gestörten Schulfriedens liegende dienstliche Bedürfnis hat das Verwaltungsgericht zutreffend mit den Erkenntnissen, die sich aus den Verwaltungsvorgängen ergeben und der Versetzungsverfügung zugrunde gelegt worden sind, begründet. Aus den Verwaltungsvorgängen wird das Spannungsverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Lehrerkollegium, dem Lehrerrat, der Schulrätin der Schulaufsichtsbehörde sowie dem Schulträger deutlich. In den durch Lehrkräfte bzw. den Lehrerrat für das Lehrerkollegium gegen die Antragstellerin erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerden wird insbesondere ihr Kommunikations- und Führungsstil beanstandet, der die Zusammenarbeit stark belaste. Das Führungsverhalten der Antragstellerin ist auch Gegenstand weiterer formloser, per E-Mail an die untere Schulaufsichtsbehörde gerichteter Beschwerden von Lehrkräften und dem Lehrerrat, in denen in diesem Zusammenhang zum Teil der Wunsch nach einer Tätigkeit an einer anderen Schule geäußert wird. Auch der Schulträger hat sich gegenüber der unteren Schulaufsichtsbehörde über das Verhalten der Antragstellerin im Rahmen einer Schulausschusssitzung beschwert.
72. Der Annahme einer sich aus der Gesamtschau dieser Vorkommnisse begründenden Störung des Schulfriedens kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Beschwerde des Schulträgers durch die E-Mail der Frau T. vom 23. Februar 2021 nur formlos erfolgt sei, sie von einer offiziellen Beschwerde abgesehen und in der E-Mail auf die Fortsetzung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit hingewiesen habe. Denn zum einen hat der Antragsgegner nicht nur diese Beschwerde zum Gegenstand der Versetzungsverfügung gemacht und zum anderen ist es zur Annahme einer Störung des Schulfriedens nicht erforderlich, dass die entsprechenden Konflikte durch Dienstaufsichtsbeschwerden dokumentiert werden. Vielmehr reichen stichhaltige, tatsächliche Anhaltspunkte, aus denen der Schluss einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Schulbetriebes gezogen werden kann. Das Vorliegen solcher Anhaltspunkte ist grundsätzlich nicht an bestimmte formale Voraussetzungen geknüpft. Zudem ist in der Regel nicht von Bedeutung und muss deshalb auch nicht näher aufgeklärt werden, wie es im Einzelnen zu der Störung in dem ordnungsgemäßen, reibungslosen Ablauf des Schulbetriebes gekommen ist und wen daran gegebenenfalls ein Verschulden bzw. die Verantwortung trifft.
8Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Juni 2011 - 6 B 506/11 -, juris Rn. 5, und vom 4. Mai 2005 - 6 B 469/05 -, juris Rn. 6, jeweils m. w. N.
9Denn vornehmliches Ziel der Versetzung ist nicht die Sanktionierung eines Verhaltens, sondern die Sicherstellung und Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Schulbetriebes. Dieser ist an der bisherigen Stammdienststelle der Antragstellerin aufgrund der in der Versetzungsverfügung bzw. den Verwaltungsvorgängen aufgezeigten Vorfälle ersichtlich nicht gewährleistet.
103. Die Beschwerde greift auch nicht mit dem Einwand durch, die Ausführungen des Antragsgegners in der erstinstanzlichen Antragserwiderung, dass das gesamte Kollegium sich wegen der Antragstellerin versetzen lassen wolle, seien nicht glaubhaft und durch nichts belegt. Der Antragsgegner hat die Versetzung der Antragstellerin in der streitgegenständlichen Verfügung, auf die es insoweit maßgeblich ankommt, schon nicht mit dem Versetzungswunsch des gesamten Lehrerkollegiums begründet. Vielmehr hat er die im Verwaltungsvorgang dokumentierten Anfragen von Lehrkräften der KGS F. -N. -Schule über Versetzungsmöglichkeiten aufgrund des Verhaltens der Antragstellerin als einen Gesichtspunkt zur Begründung des gestörten Schulfriedens herangezogen. Dies ist nach dem Vorstehenden nicht zu beanstanden.
114. Einer Grundlage entbehrt auch der Einwand der Antragstellerin, es handele sich bei den Beschwerden über sie um eine von „diversen Personen“, insbesondere der Schulrätin ausgehende, gegen ihre Person gerichtete Kampagne. Gegen die Annahme einer solchen Kampagne spricht bereits die Vielzahl der gegen sie gerichteten Beschwerden, die von unterschiedlichen Personen und Stellen ausgehen, zumal die Antragstellerin weder einzelne Personen, die neben der Schulrätin an dieser Kampagne beteiligt sein sollen noch deren jeweilige Motivlage benennt. Unzureichend ist ihr diesbezügliches Vorbringen, Ziel sei, sie „auszutauschen“. Ebenso ist in der von der Antragstellerin insoweit herangezogenen Anregung der Schulrätin, sie - die Antragstellerin - in einen anderen Schulamtsbezirk zu versetzen, kein entsprechender Hinweis auf das Vorliegen eines solchen „abgekarteten Spiels“ zu sehen. Es tritt vielmehr zutage, dass die gegenseitig erhobenen Vorwürfe sowohl das kollegiale Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Lehrerschaft als auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Lehrerrat und der Schulaufsicht belasten und dies zu den in dem Verwaltungsvorgang dokumentierten Beschwerden, Versetzungsgesuchen und Überlegungen, die Antragstellerin in einen anderen Schulamtsbezirk zu versetzen, geführt hat. Vor diesem Hintergrund ist im Übrigen auch der Einwand der Antragstellerin verfehlt, dass das Lehrerkollegium bzw. der Lehrerrat eine „unermesslich mächtige Stellung“ gegenüber der Schulleitung erhalten würde, wenn diese durch das Erheben unberechtigter Vorwürfe die Versetzung auch zukünftiger Stelleninhaber in der Hand hätten.
125. Anders als die Antragstellerin meint, hat das Verwaltungsgericht auch den Umstand, dass der Lehrerrat das von ihr im März 2022 angebotene Gespräch abgelehnt hat, nicht unzutreffend gewürdigt. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht die Ablehnung des Gespräches nicht als Ausdruck der tiefgreifenden Störung des Schulfriedens herangezogen. Vielmehr hat es lediglich darauf abgestellt, aus diesem Verhalten könne nicht geschlossen werden, dass eine solche Störung nunmehr nicht mehr vorliege. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich entgegen der Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Situation an der KGS F. -N. -Schule vor Erlass der Versetzungsverfügung nachhaltig zum Positiven verändert hätte. Gegen eine solche Annahme spricht bereits, dass die Antragstellerin die ihr im Dienstgespräch am 3. November 2021 zur Wiederherstellung des Schulfriedens vorgeschlagenen Maßnahmen mit Schriftsatz vom 12. November 2021 nicht „anerkannt“ hat sowie die im Verwaltungsvorgang befindliche E-Mail der zuständigen Dezernentin der Bezirksregierung L. vom 3. Februar 2022, nach welcher die Situation an der KGS F. -N. -Schule weiter eskaliere.
136. Soweit die Antragstellerin schließlich geltend macht, die Versetzungsverfügung leide an Ermessensfehlern, werden bereits die Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO verfehlt, da eine Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Annahmen des Verwaltungsgerichts ausbleibt. Das Vorbringen erschöpft sich vielmehr in der Kritik, der Antragsgegner habe sein Ermessen nicht sachgerecht ausgeübt, sondern pauschale, vorgeschobene, angebliche Beschwerden zum Anlass genommen, eine ihm offenbar unliebsame Rektorin zu versetzen. Letzteres liegt ohnehin aus den dargestellten Gründen neben der Sache.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
15Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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Referenzen
- §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG 4x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 146 2x
- VwGO § 80 1x
- LBG § 25 2x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 152 1x
- 1 K 892/22 1x (nicht zugeordnet)
- 6 B 506/11 1x (nicht zugeordnet)
- 6 B 469/05 1x (nicht zugeordnet)