Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 19 A 919/22
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
1
Gründe:
2Der Senat versteht das am 3. Mai 2022 per Fax übermittelte undatierte Schreiben und das am selben Tag per De-Mail ohne Absenderbestätigung übermittelte Schreiben des Klägers jeweils mit der Überschrift „PKH Antrag und Begründung“ nach § 88 VwGO als Prozesskostenhilfeantrag für einen Berufungszulassungsantrag, den ein nach § 67 VwGO vertretungsberechtigter Prozessbevollmächtigter noch stellen soll. Auf den Vertretungszwang nach § 67 VwGO nimmt der Kläger in den beiden genannten Schreiben sinngemäß selbst Bezug („… unterstehen dem anwaltlich unterzeichneten Schriftsatz.“) und beantragt ausdrücklich Prozesskostenhilfe. Unschädlich ist unter diesen Umständen, dass er das anwaltlich einzulegende Rechtsmittel unzutreffend als „Berufung“ bezeichnet.
3Der Senat lässt offen, ob der ohne Angabe einer ladungsfähigen Anschrift nur mit dem Vermerk „postalisch: Box XXXXXX, XXXXX C. “ versehene Prozesskostenhilfeantrag zulässig ist.
4Zum Rechtsschutzbedürfnis für einen Prozesskostenhilfeantrag für eine Klage, die wegen unterlassener Angabe der ladungsfähigen Anschrift unzulässig ist, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Januar 2012 ‑ 18 E 1327/11 ‑, juris, Rn. 13.
5Der Prozesskostenhilfeantrag ist jedenfalls unbegründet. Im Prozesskostenhilfeverfahren für einen noch zu stellenden Antrag auf Zulassung der Berufung muss der nicht anwaltlich vertretene Antragsteller die hinreichende Aussicht des Rechtsmittels auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) innerhalb der für die Begründung des Zulassungsantrags geltenden Frist so weit darlegen, wie dies ohne anwaltlichen Beistand möglich und zumutbar ist. Erforderlich ist, dass sich aus der Begründung des Prozesskostenhilfeantrags das Vorliegen eines Zulassungsgrunds in groben Zügen erkennen lässt.
6OVG NRW, Beschluss vom 14. Mai 2020 ‑ 19 A 3060/19 ‑, juris, Rn. 4 m. w. N.; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Januar 2022 ‑ 2 LA 392/21 ‑, juris, Rn. 10 m. w. N.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 23. März 2021 ‑ A 12 S 91/21 ‑, juris, Rn. 13 m. w. N.
7Das am 3. Mai 2022 per Fax übermittelte undatierte Schreiben des Klägers verfehlt diese reduzierte Begründungspflicht. Der Kläger kündigt darin lediglich an, die Begründung per De-Mail übersenden zu wollen. Auch das per De-Mail übermittelte Schreiben vom 3. Mai 2022 verfehlt die reduzierte Begründungspflicht. Es genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an die elektronische Einreichung im Sinn des § 55a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 VwGO, weil der Kläger es ohne Absenderbestätigung übermittelt hat.
8Abgesehen davon trägt der Kläger auch in diesem Schreiben in der Sache nichts vor, das auch nur ansatzweise ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder das Vorliegen eines anderen Zulassungsgrunds im Sinn von § 124 Abs. 2 VwGO naheliegend erscheinen lassen könnte. Die maßgebliche Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Klage sei mangels ladungsfähiger Anschrift des Klägers unzulässig, steht im Einklang mit der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung, auch derjenigen des Senats.
9BVerwG, Urteil vom 15. August 2019 - 1 A 2.19 -, Buchholz 310 § 82 VwGO, Nr. 28, juris, Rn. 14 m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 4. November 2021 ‑ 19 A 2056/21.A ‑, juris, Rn. 5, vom 30. September 2021 ‑ 19 A 2026/20 -, juris, Rn. 4, und vom 4. Mai 2021 ‑ 19 A 2888/20.A ‑, juris, Rn. 6.
10Der Senat teilt insbesondere auch die Würdigung der Kammer, der Kläger verschweige seine ladungsfähige Anschrift u. a. auch deshalb bewusst, um der Justiz die Heranziehung zu Gerichtskosten unmöglich zu machen. Denn unabhängig vom Fehlen hinreichender Erfolgsaussicht hat er auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen einer Prozesskostenhilfebewilligung nicht glaubhaft gemacht. Nach seiner Prozesskostenhilfeerklärung vom 3. Mai 2022 und der beigefügten Rentenbezugsbescheinigung der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 9. April 2021 bezieht er als ledige kinderlose Person Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 907,12 Euro netto monatlich, ohne dass er Wohnkosten oder sonstige Abzüge geltend macht. Kann er danach Prozesskostenhilfe allenfalls mit Ratenzahlung erhalten, spricht es für sich, dass er in seinem Prozesskostenhilfeantrag seine ladungsfähige Anschrift weder mitteilt noch eine solche Mitteilung für das Klageverfahren wenigstens ankündigt.
11Schließlich lässt sich aus den Ausführungen des Klägers auch kein Verfahrensmangel in groben Zügen erkennen, auf dem die erstinstanzliche Entscheidung beruhen könnte (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Sein Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit des Einzelrichters im Sinn des § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO enthält ausschließlich Ausführungen, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind.
12Vgl. dazu etwa BVerfG, Entscheidung vom 11. Mai 2022 ‑ 2 BvQ 43/22 ‑, juris, Rn. 2 ff.
13Dieser Beschluss, für den keine Gerichtskosten anfallen, ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 42 Ablehnung eines Richters 1x
- 12 S 91/21 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 124 1x
- VwGO § 152 1x
- VwGO § 54 1x
- 19 A 2888/20 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvQ 43/22 1x (nicht zugeordnet)
- 19 A 2056/21 1x (nicht zugeordnet)
- 19 A 3060/19 1x (nicht zugeordnet)
- 18 E 1327/11 1x (nicht zugeordnet)
- 19 A 2026/20 1x (nicht zugeordnet)
- 2 LA 392/21 1x (nicht zugeordnet)