Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 1458/20
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 15.4.2020 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 4.000,00 Euro festgesetzt.
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Gründe:
2Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Ihr Vorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der (Ergebnis-)Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.
4Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 –, juris, Rn. 34, m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 – 7 AV 4.03 –, juris, Rn. 9.
5Daran fehlt es hier.
6Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Widerrufsverfügung der Beklagten vom 12.7.2019 mit der Begründung abgewiesen, der nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW erfolgte Widerruf der gemäß § 33c Abs. 3 GewO erteilten Geeignetheitsbestätigung vom 8.11.2011 sei rechtmäßig. Die Beklagte wäre berechtigt, die Geeignetheitsbestätigung, gegen deren ursprüngliche Rechtmäßigkeit keine Bedenken bestanden hätten, nicht zu erlassen, weil die Voraussetzungen des § 33c Abs. 3 Satz 1 GewO nicht (mehr) vorlägen. Bei der von der Klägerin als Aufstellort der Geldspielgeräte genutzten Betriebsstätte, Shishabar „B. “, N.------straße 66 in E. , handele es sich nicht um Räume einer Schank- oder Speisewirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV. Sowohl nach dem optischen Erscheinungsbild als auch nach dem von den verschiedenen Betreibern seit 2017 bis heute verfolgten Betriebskonzept liege der Schwerpunkt auf dem Angebot von Wasserpfeifen zum Rauchen an Ort und Stelle, die Abgabe von Speisen und Getränken bilde nicht den Hauptzweck. Ohne den Widerruf der Geeignetheitsbestätigung werde das öffentliche Interesse im Sinne von § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW gefährdet. Die Widerrufsfrist der §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG NRW sei eingehalten. Die Beklagte habe ihr Ermessen fehlerfrei zugunsten eines Widerrufs der Geeignetheitsbestätigung ausgeübt.
7Die gegen diese Wertung erhobenen Einwände der Klägerin führen nicht zur Zulassung der Berufung.
8Die Klägerin hält die Wertung des Verwaltungsgerichts bereits deshalb für unzutreffend, weil sich das Gericht durch einen Ortstermin in den späten Mittagsstunden einen Eindruck von der Örtlichkeit verschafft habe. Diese Rüge greift nicht durch. Der Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme vermag weder das sich aus der entsprechenden Benennung, Leuchtreklame und optischen Dominanz der Wasserpfeifen ergebende Erscheinungsbild der Shishabar noch das Betriebskonzept ihrer jeweiligen Betreiber zu beeinflussen, gegen die sich die Klägerin in ihrem Zulassungsvorbringen nicht gewandt hat. Hieran ändert auch die von der Klägerin angeführte größere Anzahl der Gäste nach Ende der üblichen Arbeitszeiten nichts. Das Verwaltungsgericht hat insoweit auf die Feststellungen der Beklagten und der Polizei bei Kontrollen in den Abendstunden zur überwiegenden Inanspruchnahme der Wasserpfeifen durch die Gäste verwiesen, ohne dass die Klägerin dem schlüssig entgegengetreten wäre. Dessen ungeachtet ergibt sich aus der Anzahl der Gäste weder ein anderer Eindruck vom Erscheinungsbild des Betriebs noch ein anderweitiges Betriebskonzept.
9Gleiches gilt für das von der Klägerin bemängelte Abstellen des Verwaltungsgerichts auf eine spärliche Anzahl von Gläsern und Geschirr, das jeder Gastronom bei Bedarf ausreichend aufstocken werde, deren es jedoch durch das bevorzugte Trinken der vielfach auf das untere Preisniveau angewiesenen Gäste aus Flaschen oder Dosen nicht bedürfe.
10Ebenso wenig greift der Einwand durch, es handele sich bei der Shishabar um einen Gaststättenbetrieb der südländischen Art, den man nicht mit einem gastronomischen Betrieb vergleichen dürfe, der den hiesigen Gewohnheiten entspreche. Das Verwaltungsgericht hat im Einklang mit der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Klarstellung in § 1 Abs. 2 Nr. 2 SpielV darauf abgestellt, dass Räumlichkeiten einer Schank- und Speisewirtschaft nur dann geeignete Aufstellorte für Geldspielgeräte sind, wenn sie durch den Schank- und Speisebetrieb geprägt sind und nicht überwiegend einem anderen Zweck dienen; das Spielen darf nur Annex der im Vordergrund stehenden Bewirtungs- und Beherbergungsleistung sein und die Räume dürfen nicht in erster Linie zur Befriedigung des Unterhaltungsbedürfnisses aufgesucht werden. Daraus ergibt sich ohne Weiteres, dass eine etwaige landestypische Prägung des Betriebs, bei der diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, rechtlich unerheblich ist. Entscheidend ist die im Vordergrund stehende konkrete Nutzung des Betriebs, die die Klägerin selbst bei einem „arabischen Café“ mit der Kommunikation und dem im großen Umfang erfolgenden Rauchen von Shisha als traditionell gegeben ansieht. Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, das Rauchen von Wasserpfeifen sei für einen gastronomischen Betrieb ebenso unwirtschaftlich wie der Betrieb von Geldspielgeräten, so dass es auf den Getränkekonsum ankomme, bleibt angesichts der nach den aktenkundigen Preisblättern (Bl. 96 f. der Gerichtsakten) im Vergleich zu den Getränken deutlich höheren Kosten des Rauchens von Wasserpfeifen, das unstreitig in durchaus erheblichem Umfang erfolgt, eine gänzlich unschlüssige und unbelegte Behauptung.
11Schließlich legt die Klägerin nicht dar, inwieweit eine etwaige Unauffälligkeit der Geldspielgeräte und die Einhaltung der Jugendschutzanforderungen die erforderliche ‒ hier fehlende ‒ überwiegende Prägung des Betriebs durch die Abgabe von Speisen und Getränken beeinflussen könnte. Soweit die Klägerin mit diesen Argumenten eine anderweitige Sicherstellung des Jugendschutzes darlegen möchte, steht dem entgegen, dass Gegenstand der Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO allein die Geeignetheit des Aufstellorts bildet, an der es hier (gerade) fehlt.
12Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.11.2016 ‒ 4 A 466/14 ‒, juris, Rn. 50.
13Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
14Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten liegen dann vor, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9.12.2020 ‒ 4 A 74/19 ‒, juris, Rn. 20 f., m. w. N.
16Das ist hier nicht der Fall. Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass sich die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen bereits im Zulassungsverfahren klären lassen.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
18Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
19Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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Referenzen
- VwVfG § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes 3x
- VwVfG § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes 1x
- §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG 3x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 124 2x
- GewO § 33c Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit 3x
- SpielV § 1 2x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 152 1x
- § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 2426/17 1x (nicht zugeordnet)
- 4 A 466/14 1x (nicht zugeordnet)
- 4 A 74/19 1x (nicht zugeordnet)