Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 672/22
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der mit ihm erfolgten Aufhebung einzelner Beiladungen und der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 16.703,36 Euro festgesetzt.
1
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg.
2Die gegen den angefochtenen Beschluss (dazu 1.) fristgerecht vorgebrachten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. Satz 1 und 3 VwGO), erschüttern die tragenden Gründe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (dazu 2.). Da sich der erstinstanzliche Beschluss auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (dazu 3.), ist das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung auf die Beschwerde hin zu ändern und der im Beschwerdeverfahren sinngemäß weiterverfolgte Antrag des Antragstellers,
3der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Beigeladenen zu Ersten Polizeihauptkommissaren (A 13g BBesO) zu ernennen, bis über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist,
4abzulehnen.
51. Das Verwaltungsgericht hat diesem Antrag im Kern mit der folgenden tragenden Begründung entsprochen:
6Der Antragsteller habe zunächst einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die getroffene Auswahlentscheidung sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zulasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft.
7Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die Auswahlentscheidung ergäben sich zunächst daraus, dass die Antragsgegnerin, nachdem der Vergleich sowohl der Gesamtnoten in den jeweiligen Regelbeurteilungen 2019 (jeweils B1) als auch der Bewertungen der vier obligatorisch zu beurteilenden ("besonders wichtigen") Leistungsmerkmale (jeweils 2 x A2 und 2 x B1) nicht zur Feststellung eines Qualifikationsunterschieds geführt habe, unmittelbar auf die jeweiligen Vorbeurteilungen 2016 abgehoben und den Bewertungen der übrigen 17 Leistungsmerkmale in den aktuellen Beurteilungen keine Bedeutung beigemessen habe. Die Entscheidung für eine solche – hier richtlinienkonforme – Vorgehensweise möge zwar in den Beurteilungsspielraum des Dienstherrn fallen; sie bedürfe aber nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer besonderen Begründung, an der es hier fehle. Dass den Gesamtnoten der Vorbeurteilungen gegenüber den 17 Einzelnoten in den aktuellen Regelbeurteilungen ein höheres Gewicht zukomme, verstehe sich angesichts des unterschiedlichen Aussagegehalts beider Parameter nicht schon von selbst, zumal die fragliche Vorgehensweise, wie ein Leistungsvergleich zwischen dem Antragsteller und den Beigeladenen zu 2. und 3 (im erstinstanzlichen Verfahren: Beigeladene zu 4. und 5.) anhand der Leistungsentwicklung und der Zahl der "A2"-Bewertungen in den Beurteilungen 2019 zeige, die Gefahr inkonsistenter Ergebnisse in sich berge. Das demnach auch hier geltende Erfordernis einer Begründung solle gewährleisten, dass der Dienstherr sich mit den Auswirkungen der verschiedenen Vorgehensweisen auseinandersetze, sich der Tragfähigkeit seiner Gründe versichere und den betroffenen Beamten sowie den Verwaltungsgerichten deutlich mache, weshalb er sich für den einen oder anderen Weg entschieden habe. Solche Erwägungen habe die Antragsgegnerin nicht angestellt, und zwar auch nicht in dem Erlass des BMI vom 31. März 2017, der die einschlägigen Beförderungsrichtlinien modifiziere und die besagte Vorgehensweise anordne.
8Die Auswahlentscheidung sei aber auch dann rechtsfehlerhaft, wenn der aufgezeigte Begründungsmangel ausgeblendet werden könnte und der Rückgriff auf die Gesamtnoten der Regelbeurteilungen 2016 ohne vorherige vollständige Ausschöpfung der aktuellen Regelbeurteilungen anhand (auch) der 17 sonstigen Leistungsmerkmale rechtens wäre. Die Vorbeurteilung des Antragstellers sei nämlich nicht in dem gebotenen Maße mit den Vorbeurteilungen der Beigeladenen vergleichbar, weil der Antragsteller seinerzeit noch einer anderen Vergleichsgruppe (Beamte bei der GSG 9) angehört habe als die Beigeladenen (Beamte bei dem Bundespolizeipräsidium, bei der Fliegergruppe bzw. bei der "MKÜ"/dem Entschärfungsdienst bei der Bundespolizeidirektion I. ). Eine einheitliche, (u. a.) den Antragsteller und die Beigeladenen erfassende Vergleichsgruppe habe erst bei der Regelbeurteilung 2019 bestanden, nachdem die vorgenannten Spezialkräfte der Bundespolizei in der 2017 eingerichteten Bundespolizeidirektion 11 gebündelt worden seien. Da die 2016 gegebenen Vergleichsgruppen nicht homogen zusammengesetzt gewesen seien, sondern sich hinsichtlich der Zahl ihrer Mitglieder und deren Leistungsniveau unterschieden hätten, spiegelten nominal identische Noten dieser Regelbeurteilungen gerade auch in Ansehung der Quotenvorgaben des § 50 Abs. 2 Satz 1 und 2 BLV nicht (notwendigerweise) dieselbe Leistungsstärke wieder. Vor diesem Hintergrund wäre die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen, den Aussagegehalt der zu vergleichenden Gesamtnoten auf relevante Unterschiede zu prüfen und im Falle solcher Unterschiede eine Vergleichbarkeit durch geeignete Maßnahmen herzustellen. Daran fehle es. Es sei schon nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin überhaupt in Betracht gezogen habe, dass die Gesamtnoten der Regelbeurteilungen 2016 einen unterschiedlichen Aussagegehalt haben könnten. Selbst wenn aber unterstellt werden könnte, dass es tatsächlich keine relevanten Unterschiede der genannten Art gebe, hätte die Antragsgegnerin die eine solche Annahme tragenden Umstände darlegen müssen, woran es fehle.
9Die Beförderung des Antragstellers im Falle einer erneuten, rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung sei auch nicht ausgeschlossen. Die Antragsgegnerin werde nämlich darüber zu befinden haben, ob sie an ihrer durch den Erlass vorgegebenen Vorgehensweise festhalte, und werde dies ggf. auch begründen müssen. Mit Blick auf die aufgezeigten Ungereimtheiten (im Verhältnis des Antragstellers zu den Beigeladenen zu 2. und 3) und – vor allem – auf das Gebot, bei der Bestenauslese in erster Linie auf die aktuellsten (Regel-)Beurteilungen abzustellen, dürfe dabei vieles dafür sprechen, vor einem Rückgriff auf die Vorbeurteilungen die Regelbeurteilungen 2019 auch hinsichtlich der übrigen 17 Leistungsmerkmale auszuschöpfen. In einem solchen Fall aber würde der Antragsteller mit dem Beigeladenen zu 4. gleichziehen und die übrigen Beigeladenen hinter sich lassen.
10Schließlich liege auch ein Anordnungsgrund vor, weil der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers im Falle der unmittelbar und zeitnah beabsichtigten Beförderung der Beigeladenen unterginge.
112. Das hiergegen gerichtete Beschwerdevorbringen greift durch. Es erschüttert die Annahme, der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO), hinsichtlich beider diese Annahme tragenden Erwägungen durchgreifend.
12a) Das gilt zunächst für die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Antragsgegnerin habe im Auswahlverfahren nicht hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen sie die inhaltliche Ausschöpfung der aktuellen Regelbeurteilungen auf eine Betrachtung des Notendurchschnitts aus den vier (von insgesamt 21) Leistungsmerkmalen beschränkt hat, die nach Ziffer 4.1.3 Abs. 3 der Richtlinien für die Beurteilung der Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei vom 10. Dezember 2015 (BeurtRL BPOL) aufgrund ihrer Bedeutung für die Bundespolizei als besonders wichtig zu kennzeichnen und obligatorisch zu beurteilen sind (Qualität und Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse, Fachkenntnisse, Zuverlässigkeit sowie Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln).
13aa) Die Antragsgegnerin macht insoweit geltend: Zwar verlange das Bundesverwaltungsgericht für den Fall, dass mehrere Bewerber nach dem abschließenden Gesamturteil ihrer aktuellen Beurteilungen als im wesentlich gleich qualifiziert einzustufen sind und der Dienstherr daher auf einzelne Gesichtspunkte abstellen will, vom Dienstherrn, die besondere Bedeutung dieser einzelnen Gesichtspunkte zu begründen. Diese Rechtsprechung betreffe aber nicht Fälle, in denen – wie hier – die Behörde nach ihren Beförderungsrichtlinien gehandelt habe. Sie ziele vielmehr auf "Einzelfallbeförderungen", bei denen der Dienstherr nach Auswertung der Beurteilungen z. B. auf die Verwendungsbreite abstellen wolle, weil diese für das zu vergebende Amt eine besondere Rolle spiele. Das Begründungserfordernis solle insoweit sicherstellen, dass die Betroffenen und die Gerichte die entsprechende Entscheidung nachvollziehen könnten. Es könne aber nicht angenommen werden, dass das Bundesverwaltungsgericht eine generelle Begründungspflicht für (entsprechende Vorgaben in) Beförderungsrichtlinien im Sinne einer prozeduralen Anforderung habe etablieren wollen. Der Grund für das gerügte Vorgehen sei hier für die Betroffenen und für die Gerichte klar erkennbar. Sie habe die insoweit maßgeblichen Kriterien im Auswahlvermerk nämlich angeführt und sei damit der für sie bindenden Vorgabe des insoweit einschlägigen Erlasses des Bundesministeriums des Innern (BMI) vom 31. März 2017 – B1 – 30102/5#1 – und ihrer daran ausgerichteten langjährigen Verwaltungspraxis gefolgt, die in vergleichbaren Fällen bereits vielfach durch die Verwaltungsgerichte gebilligt worden sei. So habe insbesondere der beschließende Senat die in Rede stehende, nicht durch eine gesonderte Begründung begleitete Vorgehensweise in seinen Beschlüssen vom 20. Juni 2017 – 1 B 587/17 –, juris, Rn. 15, und vom 30. August 2018 – 1 B 1046/18 –, juris, Rn. 36, ausdrücklich als zulässig bestätigt.
14bb) Dieses Beschwerdevorbringen greift durch. Die erfolgte Ausschärfung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen nur anhand der Einzelnoten der vier besonders wichtigen Leistungsmerkmale ist nicht zu beanstanden.
15Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d. h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Erweisen sich die Bewerber bei dem vorrangig gebotenen Vergleich der Gesamturteile dieser Beurteilungen als im Wesentlich gleich qualifiziert, kann der Dienstherr bei der im nächsten Schritt gebotenen umfassenden inhaltlichen Auswertung ("Ausschärfung") der Beurteilungen auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Seine Entscheidung, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt dabei nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Sie ist im Grundsatz folglich nur dann zu beanstanden, wenn er den in diesem Zusammenhang anzuwendenden Begriff oder die ihm gezogenen gesetzlichen Grenzen verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.
16Zum Ganzen vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 –, juris, Rn. 35 f., insb. Rn. 36, und vom 22. November 2012– 2 VR 5.12 –, juris, Rn. 24 f., sowie Urteile vom 30. Juni 2011 – 2 C 19.10 –, juris, Rn. 15 ff., insb. Rn. 16, und vom 4. November 2010 – 2 C 16.09 –, juris, Rn. 46; ferner OVG NRW, Beschluss vom 2. Juli 2014 – 1 A 386/14 –, juris, Rn. 3 bis 6, m. w. N.
17Gemessen daran ist die Auswahl nur der vier in Rede stehenden Einzelmerkmale für die Ausschärfung nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin ist hiermit der für sie bindenden Vorgabe des insoweit einschlägigen Erlasses des Bundesministeriums des Innern (BMI) vom 31. März 2017 – B1 – 30102/5#1 – gefolgt. Danach sind bei gleichen Gesamtnoten in den aktuellen Beurteilungen der Bewerber – nur – die aufgrund ihrer Bedeutung für die Bundespolizei obligatorisch zu beurteilenden vier Leistungsmerkmale (s. o.) miteinander zu vergleichen und muss bei in der Summe dieser vier Merkmale gleicher Bewertung (sogleich, d. h. ohne Betrachtung der übrigen Leistungsmerkmale) auf die vorletzten dienstlichen Beurteilungen abgestellt werden. Diese Erlassregelung knüpft an Ziffer 4.1.3 Abs. 3 der Richtlinien für die Beurteilung der Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei vom 10. Dezember 2015 an, nach der die fraglichen vier Leistungsmerkmale "aufgrund ihrer Bedeutung für die Bundespolizei als besonders wichtig zu kennzeichnen" und obligatorisch zu beurteilen sind. (Spätestens) diese Formulierung verdeutlicht, weshalb gerade diese vier Leistungsmerkmale bei der Ausschärfung herangezogen worden sind. Dass ihre Auswahl als für die Bundespolizei besonders bedeutend nach Maßgabe der o. g. Grundsätze zu beanstanden sein könnte, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil: Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin angesichts der auf kompetente und funktionierende Teams angewiesenen Polizeiarbeit und der angestrebten guten Qualität dieser Arbeit die Wichtigkeit etwa der Leistungsmerkmale "Eigenständigkeit", "mündlicher Ausdruck", "Verantwortungsbereitschaft" und "Delegation" deutlich geringer einstuft als die vier als besonders bedeutsam gewichteten Leistungsmerkmale. Dass den anderen Leistungsmerkmalen bei der Ausschärfung, wie der Antragsteller beklagt, keine Bedeutung mehr zukommt, ist zwangsläufige Folge der Beschränkung auf vier als besonders wichtig eingestufte Merkmale, nach dem Vorstehenden aber nicht zu beanstanden.
18Vgl. schon den Senatsbeschluss vom 20. Juni 2017 – 1 B 587/17 –, juris, Rn. 15.
19Eine abweichende Bewertung ergibt sich entgegen der Beschwerdeerwiderung des Antragstellers nicht aus dem Senatsbeschluss vom 13. Januar 2022 – 1 B 1636/21 –, juris. Dort hat der Senat lediglich den – zutreffenden – Obersatz formuliert, dass der Dienstherr nicht nur berechtigt, sondern im Grundsatz zugleich verpflichtet ist, die dienstlichen Beurteilungen der im Gesamturteil gleich bewerteten Bewerber (im Wege einer näheren „Ausschärfung" des übrigen Beurteilungsinhalts) inhaltlich auszuschöpfen (juris, Rn. 12). Dies steht zu der o. a. Einschätzung erkennbar nicht im Widerspruch. Das gilt in gleicher Weise für die weiteren Ausführungen in dem angeführten Beschluss, die auf der Grundlage der dort einschlägigen Richtlinien zur Beförderungsreihung erfolgte Ausschärfung durch Zuordnung zu einem Leistungsband anhand des Mittelwerts der Bewertungen der Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung sei nicht zu beanstanden (juris, Rn. 17). Hiermit ist nämlich ersichtlich nicht gesagt, dass der Dienstherr von Rechts wegen stets verpflichtet wäre (und nicht lediglich berechtigt ist), seiner Ausschärfung die Bewertungen aller Einzelmerkmale zugrunde zu legen bzw. eine Reihung anhand der jeweiligen Mittelwerte der Einzelnoten vorzunehmen.
20Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin hat hier im Übrigen entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch nicht die Gefahr inkonsistenter Ergebnisse begründet. Zwar hat der Antragsteller in seiner aktuellen dienstlichen Beurteilung bezogen auf die 17 weniger wichtigen Leistungsmerkmale einen leichten Vorsprung gegenüber den Beigeladenen zu 2. und 3., weil er siebenmal die Note "A2" und im Übrigen die Note "B1" erhalten hat, während die beiden Beigeladenen, die ebenfalls ausschließlich die Noten "A2" und "B1" erhalten haben, nur fünfmal (Beigeladene zu 2.) bzw. nur dreimal (Beigeladener zu 3.) die Note „A2“ erreicht haben. Hierbei handelt es sich angesichts der – nach dem oben Gesagten zulässigen – Konzentration der Ausschärfung auf die nach der Bewertung des Dienstherrn besonders wichtigen Merkmale aber nur um einen marginalen, kaum bedeutsamen Unterschied. Der weitere von dem Verwaltungsgericht insoweit ins Feld geführte Aspekt einer "offenkundig positiveren Leistungsentwicklung" des Antragstellers (2016 "B2"; 2019 "B1") im Vergleich zu den Beigeladenen zu 2. und 3 (2016 "B1"; 2019 "B1") ist offensichtlich schon kein Gesichtspunkt, der (allein) die Ausschärfung der aktuellen Regelbeurteilungen betrifft. Unabhängig davon könnte bei einer Betrachtung der Leistungsentwicklung ebenso gut darauf abgehoben werden, dass die beiden Beigeladenen nach der Bewerberübersicht (Beiakte Heft 2, Blatt 39) zwar jeweils etwa zwei Jahre länger gebraucht haben als der Antragsteller, um nach der Verleihung ihres ersten Amtes ein Amt nach A 12 BBesO zu erreichen, ihren Dienst aber bereits seit (mindestens) zwei abgeschlossenen Beurteilungszeiträumen konstant auf einem hohen, mit der Gesamtnote "B1" bedachten Niveau verrichten, während dies bei dem Antragsteller erst seit kürzerer Zeit der Fall ist.
21b) Der Beschwerdevortrag erschüttert auch die zweite tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, nach der die Regelbeurteilungen 2016, deren Gesamtnoten bei dem erfolgten Qualifikationsvergleich den Ausschlag gegeben haben, nicht unmittelbar vergleichbar seien und die Antragsgegnerin eine Vergleichbarkeit auch nicht hergestellt habe.
22aa) Die Antragsgegnerin trägt insoweit vor: Es gebe nach der Rechtsprechung keinen Grundsatz, dass dienstliche Beurteilungen von Bewerbern, die verschiedenen Vergleichsgruppen angehört hätten, schon deswegen nicht miteinander vergleichbar seien. Sei jeweils dieselbe Beurteilungsrichtlinie angewendet worden, indiziere dies die Anlegung derselben Maßstäbe und damit die Vergleichbarkeit der auf dasselbe Statusamt bezogenen Beurteilungen. Die in Rede stehenden Regelbeurteilungen 2016 des Antragstellers und der Beigeladenen seien sämtlich nach den Richtlinien für die Beurteilung der Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei vom 10. Dezember 2015 erstellt worden. Diese enthielten in verschiedenen Abschnitten Vorgaben bzw. Instrumente, die die Vergleichbarkeit aller nach diesem Beurteilungssystem für Beamte desselben Statusamts erstellten Beurteilungen in einem hinreichenden Maße gewährleisteten. Zunächst würden unter Punkt IV. der Vorbemerkungen und Grundsätze der Bewertungsmaßstab und unter Ziffer 4.3 die Bedeutung der Notenstufen definiert. Ferner lege Ziffer 4.4.1 für alle Vergleichsgruppen einheitliche Richtwerte fest, die eine Häufung von Spitzennoten gleichmäßig verhinderten. Zudem meldeten alle Bundespolizeibehörden ihre Notenspiegel nach dem Beurteilungsstichtag an das Personalreferat des Bundespolizeipräsidiums, wodurch eklatante Abweichungen im Beurteilungsverhalten festgestellt (und bereinigt) werden könnten. Besonderheiten, die eine abweichende Bewertung verlangten, habe das Verwaltungsgericht nicht benannt und seien auch sonst nicht erkennbar.
23bb) Diese Erwägungen überzeugen. Ihnen ist lediglich noch hinzuzufügen, dass Ziffer 4.4.2 Abs. 3 BeurtRL BPOL auch den (hier nicht erkennbaren) Fall einer besonders kleinen, weniger als 10 zu beurteilende Personen umfassenden Vergleichsgruppe regelt und insoweit bestimmt, dass bei der Bildung der Gesamtnoten eine Differenzierung anzustreben ist, die – (nur) soweit wie möglich – der Festlegung der Richtwerte entspricht
243. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.
25a) Die Auswahlentscheidung ist nicht mit Blick auf die ihr zunächst zugrunde gelegten aktuellen dienstlichen Beurteilungen fehlerhaft.
26Ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler ergibt sich zunächst nicht hinsichtlich des Inhalts der Begründung der Gesamturteile in den Beurteilungen der Beigeladenen (dazu nachfolgend aa)) und des Umstands, dass die dem Antragsteller erteilte Beurteilung überhaupt keine Begründung des Gesamturteils enthält (dazu nachfolgend bb)). Ferner kann nicht festgestellt werden, dass die Bewertungen, die die Antragsgegnerin in den Beurteilungen vorgenommen hat, die zwingende Vorgabe ihrer Ausrichtung am Maßstab des jeweils bekleideten Statusamtes verfehlen (dazu nachfolgend cc)).
27aa) Die den Beigeladenen erteilten Regelbeurteilungen 2019 führen hier nicht wegen des Erfordernisses der Begründung des Gesamturteils zur Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung.
28(1) Zunächst liegt insoweit kein Verstoß gegen die Beurteilungsrichtlinien vor. Diese geben nach Ziffer 4.5 Abs. 2 Satz 1 BeurtRL BPOL lediglich (formal) vor, dass das Feld "Gesamtnote der Beurteilung" in jedem Fall auszufüllen ist. Dem ist hier schon dadurch genügt, dass sämtlichen Beurteilungen jeweils eine textliche Begründung beigefügt ist.
29(2) Aber auch eine Bewertung des Inhalts der textlichen Begründungen in den aktuellen Beurteilungen der Beigeladenen rechtfertigt nicht die Annahme, die Auswahlentscheidung sei rechtswidrig.
30In Fällen, in denen – wie hier – die dienstliche Beurteilung nach dem Beurteilungssystem des Dienstherrn allein durch die Angabe von Notenwerten (hier absteigend: A1, A2, B1, B2, B3, C) erstellt wird, deren inhaltliche Bedeutung in der Beurteilungsrichtlinie oder in der dienstlichen Beurteilung selbst näher (allgemein) definiert wird, verlangt Art. 33 Abs. 2 GG, dass der Dienstherr das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung in der Regel gesondert begründet, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbegründungen hergeleitet wird und welches Gewicht diesen hierbei gegeben worden ist.
31Vgl. BVerwG, Urteile vom 2. März 2017– 2 C 51.16 –, juris, Rn. 11 f., vom 1. März 2018– 2 A 10.17 –, juris, Rn. 42, vom 9. Mai 2019– 2 C 1.18 –, juris, Rn. 65 f., und vom 13. Januar 2021 – 2 B 21.20 –, juris, Rn. 16 f., jeweils m. w. N.; ferner OVG NRW, Beschluss vom 11. Februar 2021 – 1 B 488/20 –, juris, Rn. 16 ff.
32Die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil sind dabei umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note – vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null – geradezu aufdrängt.
33Vgl. BVerwG, Urteile vom 2. März 2017– 2 C 21.16 –, juris, Rn. 13, vom 1. März 2018– 2 A 10.17 –, juris, Rn. 43, vom 9. Mai 2019– 2 C 1.18 –, juris, Rn. 65, und vom 13. Januar 2021 – 2 B 21.20 –, juris, Rn. 16.
34Beschränkt sich der Dienstherr bei der dienstlichen Beurteilung auf eine vergleichsweise geringe Zahl von Einzelmerkmalen und misst er diesen nach der zugrundeliegenden Beurteilungsrichtlinie jeweils eine gleich große Bedeutung (dasselbe Gewicht) zu, so lässt sich das Gesamturteil ohne weiteres aus der Verteilung der Einzelmerkmale ableiten,
35vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 – 2 C 1.18 –, juris, Rn. 66,
36weshalb eine gesonderte Begründung des Gesamturteils in einem solchen Fall nicht von Verfassungs wegen gefordert ist. Die Notwendigkeit, das Gesamturteil einer dienstlichen Beurteilung im Einzelnen zu begründen, entfällt ferner, wenn die Einzelmerkmale nach den plausiblen Vorgaben des Dienstherrn gleichgewichtig sind, weil das Gesamturteil in einem solchen Fall bereits rechnerisch ermittelt werden kann.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2021– 2 B 21.20 –, juris, Rn. 18, m. w N.
38Nach Maßgabe dieser Grundsätze bedurfte es hier keiner gesonderten Begründung des Gesamturteils, weil das den Beigeladenen zuzuerkennende Gesamturteil jeweils schon rechnerisch ermittelt werden konnte. Zwar waren die Einzelmerkmale nach den Vorgaben des Dienstherrn hier nicht sämtlich gleichgewichtig, da es nach der Beurteilungsrichtlinie zwei Gruppen von Einzelmerkmalen gibt, nämlich zum einen die Gruppe der vier besonders wichtigen Leistungsmerkmale 1.1, 2, 4.2 und 4.3 und zum anderen die Gruppe der im Vergleich zu diesen vier Leistungsmerkmalen geringer gewichteten übrigen 17 Leistungsmerkmale. Dieser Umstand hinderte eine rechnerische Ermittlung der Gesamturteile hier aber ausgehend davon nicht, dass der Dienstherr die Einzelmerkmale jeder Gruppe untereinander erkennbar entsprechend seiner Praxis gleich gewichtet hat. Die Bewertungen der vier besonders wichtigen Einzelmerkmale ermöglichten wegen des jeweils gegebenen Gleichstands (zweimal "A2", zweimal "B1") noch keine Entscheidung zwischen den nur in Betracht kommenden Noten "A2" und "B1", und bei den damit zwangsläufig ausschlaggebenden Benotungen der übrigen 17 Einzelmerkmale überwogen in allen Fällen die Benotungen nach "B1" die Benotungen nach "A2" (mehr oder minder deutlich). Der Beigeladene zu 1. hatte elfmal die Note "B1" und sechsmal die Note "A2" erhalten, und bei den Beigeladenen zu 2., zu 3. bzw. zu 4. ergab sich eine entsprechende Verteilung von 12 zu 5, 14 zu 3 bzw. 10 zu 7. Die Benotung der einheitlich gewichteten Befähigungsmerkmale mit den Noten "A" bis "D" hatte nach der Beurteilungspraxis der Antragsgegnerin erkennbar keinen maßgeblichen Einfluss auf die sodann gebildete Gesamtnote. Das zeigt sich, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat (BA S. 6, erster Absatz), daran, dass es auch bei dem Beigeladenen zu 4. bei der Gesamtnote "B1" verblieben ist, obwohl dieser – anders als die übrigen Beigeladenen und der Antragsteller – insoweit (sogar) ein Übergewicht an "A"-Benotungen gegenüber den "B"-Benotungen vorzuweisen hat.
39bb) Die dem Antragsteller erteilte aktuelle Regelbeurteilung ist zwar, soweit es um die Begründung des Gesamturteils geht, rechtswidrig, weil die Beurteiler in dessen Regelbeurteilung 2019 das Feld "Begründung der Gesamtnote" nicht ausgefüllt und damit gegen die o. a. zwingende (formale) Vorgabe der Ziffer 4.5 Abs. 2 Satz 1 BeurtRL BPOL verstoßen haben. Dieser Rechtsfehler wirkt sich hier aber nicht aus, weil keine andere als die vergebene Gesamtnote "B1" in Betracht kommt. Auch das Gesamturteil dieser Beurteilung lässt sich nämlich nach Maßgabe der Grundsätze, die der Senat unter dem unmittelbar vorstehenden Gliederungspunkt dargelegt hat, bereits rechnerisch ermitteln. Bei den vier besonders wichtigen Einzelmerkmalen hat der Antragsteller – wie auch die Beigeladenen – jeweils zweimal die Noten "A2" und "B1" erhalten, und die damit maßgebliche Benotung der übrigen 17 Einzelmerkmale gebietet angesichts der Notenverteilung (zehnmal "B1", siebenmal "A2") das Gesamturteil "B1".
40cc) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Bewertungen, die die Antragsgegnerin in den in Rede stehenden Beurteilungen vorgenommen hat, die zwingende Vorgabe ihrer Ausrichtung am Maßstab des jeweils bekleideten Statusamtes verfehlen.
41Maßgeblicher Zweck der dienstlichen Beurteilung und insbesondere des Gesamturteils ist es, Grundlage für einen späteren Leistungsvergleich in einem an Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Auswahlverfahren zu sein. Daraus folgt die Notwendigkeit, schon bei der dienstlichen Beurteilung einheitliche Maßstäbe einzuhalten. Diese müssen dabei auf das jeweilige Statusamt des zu beurteilenden Beamten bezogen sein. Beurteilungen treffen eine Aussage, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amts und dessen Laufbahn verbunden sind. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass die Vergabe eines Statusamts nicht aufgrund der Anforderungen des Dienstpostens erfolgen soll, den der ausgewählte Bewerber nach der Vergabe des Statusamts oder vorher in einer Bewährungszeit wahrnehmen soll. Denn der ausgewählte Bewerber soll der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist. Hieraus folgt zwingend, dass sich auch die Gewichtung der Einzelmerkmale bei der Ermittlung und folglich Begründung des Gesamturteils auf die Anforderungen des Statusamts beziehen muss. Ansonsten könnte das Gesamturteil seine zentrale Funktion, maßgebliches Kriterium im Rahmen eines Auswahlverfahrens zur Vergabe eines Beförderungsamtes zu sein, nicht erfüllen.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2018 – 2 A 10.17 –, juris, Rn. 44, m. w. N.
43Die hier einschlägigen Richtlinien für die Beurteilung der Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei vom 10. Dezember 2015 legen bereits in ihrem Abschnitt "Vorbemerkungen und Grundsätze" unter Ziffer IV. fest, dass die dienstlichen Beurteilungen nach einem einheitlichen Beurteilungsmaßstab unter Berücksichtigung der Anforderungen des Statusamtes erfolgen. Dem entspricht die – klare – Vorgabe nach Ziffer 4.1 BeurtRL BPOL, dass maßgeblich für die (Leistungs-)Beurteilung das jeweilige Statusamt zum Beurteilungsstichtag ist. Diesen zutreffenden Ausgangspunkt verlassen die Beurteilungsrichtlinien mit ihren sonstigen Regelungen nicht. Zwar soll Grundlage der Leistungsbeurteilung das Anforderungsprofil sein (Ziffer 4.1.2 Abs. 1 Satz1 BeurtRL BPOL), ist für die in der Tätigkeitsbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten zu prüfen, inwieweit die Beamtin/der Beamte den Anforderungen des Arbeitsplatzes gerecht wird (Ziffer 4.1.3 Abs. Satz 2 BeurtRL BPOL), und ist anhand eines jeden Leistungsmerkmals für die in der Beschreibung des Anforderungsprofils aufgeführten Tätigkeiten zu prüfen, inwieweit die Beamtin/der Beamte den Anforderungen des Arbeitsplatzes gerecht wird (Ziffer 4.1.4 Abs. 1 Satz 1 BeurtRL BPOL). Diese Regelungen bringen in Ansehung der klaren Vorgabe der Ziffer 4.1 BeurtRL BPOL aber nur zu Ausdruck, dass die auf das jeweils innegehabte Statusamt zu beziehende Beurteilung der Qualifikation der Beamtin bzw. des Beamten ihren Ausgangspunkt – notwendigerweise – in einer Betrachtung der Leistungen hat, die die Beamtin bzw. der Beamte auf dem konkreten Dienstposten gezeigt hat, der durch eine bestimmte Aufgabenbeschreibung ("Anforderungsprofil") gekennzeichnet ist und der hinsichtlich der Höhe der von ihm gestellten Anforderungen von anderen Dienstposten abweichen kann.
44Vgl. insoweit auch Lemhöfer, in: Lemhöfer/Leppek, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, Stand: Dezember 2021, BLV 2009 § 49 Rn. 23, wonach die Einstufung des wahrgenommenen Dienstpostens als Indiz für die Höhe der Anforderungen in Einzelurteile und in das Gesamturteil einfließen wird.
45Dies korrespondiert, wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, mit der Regelung des § 49 Abs. 2 Satz 1 BLV. Danach ist nämlich die fachliche Leistung insbesondere nach den Arbeitsergebnissen, der praktischen Arbeitsweise, dem Arbeitsverhalten und (ggf.) nach dem Führungsverhalten zu beurteilen.
46Der damit gegebenen Anordnung der hier maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien, die dienstlichen Beurteilungen auf die Anforderungen des innegehabten Statusamtes auszurichten, entspricht auch die vorliegend gezeigte Praxis der Antragsgegnerin. Diese hat bereits mit ihrer Antragserwiderung vom 5. Januar 2022 unter dem dortigen Gliederungspunkt 2.4 vorgetragen, dass die Beurteilungen der Bundespolizeidirektion 11 anhand des statusrechtlichen Amtes erfolgen, das die Beamten innehaben. Diesem nachvollziehbaren Vorbringen hat der Antragsteller weder im erstinstanzlichen Verfahren (vgl. schon die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, BA S. 7 unten) noch im Beschwerdeverfahren etwas entgegengesetzt.
47b) Gehen die Angriffe des Antragstellers gegen die Heranziehung der aktuellen Regelbeurteilungen ausweislich der obigen Ausführungen unter den Gliederungspunkten 2. a) und 3. a) insgesamt fehl und durfte die Antragsgegnerin ihre Auswahlentscheidung mithin in einem zweiten Schritt auf einen Vergleich der Vorbeurteilungen der Bewerber aus dem Jahre 2016 stützen, ist eine Auswahl des Antragstellers ausgeschlossen. Der Antragsteller, dessen Regelbeurteilung 2016 mit dem Gesamturteil "B2" endet, erfüllt nämlich nicht die insoweit geltende – zwingende – Mindestvoraussetzung, nach der Bewerber um eine Beförderung nach A 13g BBesO, soweit es auf die Regelbeurteilung "2016 im Statusamt PHK A 12" ankommt, mindestens die Gesamtnote "B1" vorweisen müssen. Dieses nicht zu beanstandende Erfordernis ergibt sich aus dem Schreiben der Bundespolizeidirektion 0 an die nachgeordneten Bereiche vom 14. Dezember 2021 ("Information über Beförderung"), das der Kläger bereits mit der Antragsschrift vorgelegt hat.
48Dieser Bewertung steht nicht der Vortrag des Antragstellers entgegen, die Gesamtnote dieser Regelbeurteilung erweise sich mit Blick auf die Gesamtnote der Vorbeurteilung 2014 (9 Punkte) und deren 2016 erfolgte pauschale Herabsetzung auf "B2" als unschlüssig und sei ferner deshalb rechtswidrig, weil das Gesamturteil trotz inhomogener Einzelbewertungen nicht begründet worden sei. Der Antragsteller kann sich hierauf nämlich – jedenfalls – aufgrund eingetretener Verwirkung nicht mehr mit Erfolg berufen.
49Die dienstliche Beurteilung eines Beamten ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mangels einer Regelung mit bestimmten unmittelbaren Rechtswirkungen kein Verwaltungsakt. Für sie besteht nicht die Notwendigkeit baldigen Eintritts der Unanfechtbarkeit und deshalb einer Befristung der Anfechtbarkeit. Der Beamte kann daher im Grundsatz seine Einwendungen gegen die dienstliche Beurteilung zu einem späteren Zeitpunkt, etwa in einem Konkurrentenstreitverfahren, geltend machen und damit die dienstliche Beurteilung einer inzidenten Rechtmäßigkeitsprüfung zuführen. Dies gilt indessen nur in den Grenzen der Verwirkung. Eine Verwirkung sowohl des materiellen Rechts auf Überprüfung und gegebenenfalls Änderung der dienstlichen Beurteilung als auch des prozessualen Klagerechts tritt ein, wenn der beurteilte Beamte während eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung der Rechtsstellung unternommen zu werden pflegt, so dass beim Dienstherrn der Anschein erweckt worden ist, er werde bezüglich der Beurteilung nichts mehr unternehmen. Die Bemessung des Zeitraums hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO bietet hierfür eine zeitliche Orientierung. Dafür, dass in Anlehnung an § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO regelmäßig bereits nach Ablauf eines Jahres nach Eröffnung einer dienstlichen Beurteilung das Recht verwirkt ist, sich gegen diese zu wenden, spricht vor allem, dass sowohl der Dienstherr als auch betroffene Beamte angesichts der zentralen Bedeutung dienstlicher Beurteilungen für Beförderungs- und andere Verwendungsentscheidungen ein erhebliches Interesse daran haben, dass diese Verfahren nicht dadurch mit Unsicherheiten belastet werden, dass die ihnen zu Grunde zu legenden Beurteilungen auch längere Zeit nach deren Bekanntgabe noch angefochten werden können. Auch verblasst mit Zeitablauf die Erinnerung an die im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen zunehmend, was es erschwert, Beanstandungen des Beamten noch Jahre nach Ende des Beurteilungszeitraums nachzugehen. Zu berücksichtigen ist daneben, dass dienstliche Beurteilungen dem Beamten persönlich eröffnet werden und – wie es hier in Ziff. 5.8 Abs. 4 BeurtRL BPOL ausdrücklich vorgesehen ist – diesem neben der Einlegung förmlicher Rechtsmittel die Möglichkeit einer schriftlichen oder zu protokollierenden mündlichen (Gegen-)Äußerung offen steht. Hiervon kann – etwa durch Erklärung eines Vorbehalts, die Beurteilung im Rahmen etwa anstehender Beförderungsentscheidungen noch anzugreifen – Gebrauch gemacht werden, um Verwirkung auszuschließen.
50Vgl. zum Ganzen statt aller: OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2019 – 6 B 714/19 –, juris, Rn. 12 bis 20, m. w. N.
51Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Antragsteller sein Recht auf Überprüfung der dienstlichen Beurteilung vom 20. Dezember 2016 verwirkt mit der Folge, dass er sich im vorliegenden Verfahren auf ihre behauptete Rechtswidrigkeit nicht mehr berufen kann.
52Zunächst ist das erforderliche Zeitmoment erfüllt. Die Beurteilung ist dem Antragsteller am 21. März 2017 bekannt gegeben worden. Deren Rechtswidrigkeit hat er erstmals mit seiner das vorliegende Verfahren einleitenden Antragsschrift vom 23. Dezember 2021 geltend gemacht, also erst nach Ablauf von etwa 4 Jahren und neun Monaten. Auch das Umstandsmoment ist gegeben. Der Antragsteller hat am 21. März 2017 eine Kopie der Beurteilung entgegengenommen und zudem eine Erörterung gewünscht, die am selben Tag erfolgt ist. Sodann hat er es bis zum 23. Dezember 2021 unterlassen, zur Rechtswahrung etwas zu unternehmen; namentlich hat er nicht einmal eine Gegenäußerung abgegeben. Dies hätte angesichts seines jetzigen Vortrags, er sei seinerzeit mit der Gesamtnote "B2" (deutlich) zu schlecht beurteilt worden, indes nahegelegen. Gründe, die den Antragsteller an einer entsprechenden, zeitlich angemessenen Reaktion gehindert haben, sind nicht erkennbar. Solche Gründe ergeben sich insbesondere nicht aus seinem jetzigen Vortrag, die Regelbeurteilung 2016 sei zur damaligen Zeit (noch) nicht von großer Relevanz gewesen, da jede Dienststelle eine eigene Beförderungsliste geführt habe. Der Antragsteller musste nämlich schon damals in seine Überlegungen einstellen, dass nicht auszuschließen war, dass der Regelbeurteilung 2016 (unabhängig von der Einführung einer Einheitsliste, die unstreitig erst 2021 erfolgt ist) zumindest zu einem späteren Zeitpunkt als Vorbeurteilung eine Bedeutung im Rahmen einer Beförderungsauswahl zukommen könnte, wie es hier geschehen ist. Dies gilt, wie nur ergänzend ausgeführt werden soll, umso mehr, als die Errichtung der Bundespolizeidirektion 0 mit Wirkung vom 1. August 2017 (vgl. Art. 1 Nr. 1 b) dd), Nr. 2 d), Art. 2 der Vierten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Zuständigkeit der Bundespolizeibehörden vom 12. Juli 2017, BGBl. I, S. 2357) auf einen Auftrag des BMI vom 31. Januar 2017 zurückgeht
53– zu Letzterem vgl. den Artikel "Die Entstehung einer neuen Bundespolizeidirektion" in: Bundespolizei kompakt, Heft 05/2017, S. 6 ff. (7) –
54und nicht angenommen werden kann, dass die anstehende Umstrukturierung den von ihr betroffenen Beschäftigten im März 2017 noch verborgen geblieben war.
55Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die etwaigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese im Antrags- und Beschwerdeverfahren jeweils keinen Antrag gestellt haben und damit kein Kostenrisiko eingegangen sind (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
56Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GKG. Auszugehen ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GKG von dem Jahresbetrag der Bezüge, die dem jeweiligen Antragsteller nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung (hier: 27. Mai 2022) bekanntgemachten, für ihn geltenden Besoldungsrechts (hier also des Besoldungsrechts für Beamtinnen und Beamte des Bundes) unter Zugrundelegung der jeweiligen Erfahrungsstufe fiktiv für das angestrebte Amt im Kalenderjahr der Beschwerdeerhebung zu zahlen sind. Nicht zu berücksichtigen sind dabei die nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 GKG ausgenommenen Besoldungsbestandteile. Der nach diesen Maßgaben zu bestimmende Jahresbetrag ist wegen § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG und wegen der im Eilverfahren nur begehrten vorläufigen Sicherung auf ein Viertel zu reduzieren. Der nach den vorstehenden Grundsätzen zu ermittelnde Jahresbetrag beläuft sich hier angesichts des angestrebten Amtes der Besoldungsgruppe A 13g BBesO und bei Zugrundelegung der gegebenen Erfahrungsstufe 6 (vgl. die entsprechende, auch jetzt noch zutreffende Mitteilung der Antragsgegnerin vom 5. Januar 2022) für das maßgebliche Jahr 2022 auf 66.813,45 Euro (Januar bis einschließlich März 2022 jeweils 5.493,62 Euro; für die übrigen Monate jeweils 5.592,51 Euro); ein Viertel hiervon entspricht (abgerundet) dem festgesetzten Streitwert.
57Von einer Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung von Amts wegen (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 GKG) sieht der Senat ab. Zwar hat das Verwaltungsgericht bei seiner Festsetzung den dort maßgeblichen Jahresbetrag 2021 fehlerhaft mit 16.480,86 Euro angesetzt, weil es nicht beachtet hat, dass die Besoldung erst ab dem 1. April 2021 erhöht worden ist und daher für die ersten drei Monate des Jahres noch ein niedrigerer Monatsbetrag (5.428,48 Euro) galt. Der zutreffend festzusetzende Streitwert (16.432,00 Euro) fällt aber in dieselbe Streitwertstufe (bis 19.000,00 Euro) wie der fehlerhaft festgesetzte Streitwert.
58Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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Referenzen
- 1 B 1636/21 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 58 2x
- 1 B 1046/18 1x (nicht zugeordnet)
- 1 A 386/14 1x (nicht zugeordnet)
- 6 B 714/19 1x (nicht zugeordnet)
- 1 B 488/20 1x (nicht zugeordnet)
- 1 B 587/17 2x (nicht zugeordnet)