Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 11 E 284/22
Tenor
Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rügeverfahrens.
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G r ü n d e :
2Die Anhörungsrüge ist unbegründet. Nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
3Dieser Anspruch verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings nur dann dargetan, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist.
4Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Juli 2011 ‑ 5 B 5.11 -, juris, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 28. März 1985 ‑ 1 BvR 1245/84 und 1254/84 -, BVerfGE 69, 233 (246).
5Der in Art. 103 Abs. 1 GG verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör, dessen Durch-setzung die Anhörungsrüge dient, schützt jedoch nicht davor, dass das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Beteiligte es für richtig hält.
6Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. März 2007 ‑ 8 B 11.07 -, juris.
7Nach diesen Maßstäben hat der Senat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
8Der Kläger macht geltend, der angegriffene Beschluss sei unter Verletzung der Amtsaufklärungspflicht und der richterlichen Hinweispflicht ergangen. Der Senat habe seine Entscheidung nicht auf die inhaltliche Unrichtigkeit der vorgelegten Beweismittel oder die Unschlüssigkeit des Tatsachenvortrags des Klägers stützen dürfen, ohne dem Kläger die Gelegenheit zu geben, seinen Tatsachenvortrag sachdienlich zu ergänzen. Der Hinweis auf die Unschlüssigkeit sei grundsätzlich erforderlich.
9Damit übersieht der Kläger, dass der angegriffene Beschluss einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zum Gegenstand hatte, für den andere Maßstäbe gelten als für eine abschließende Sachentscheidung. Gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO setzt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter anderem voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten im Rahmen der Prozesskostenhilfe ist auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife abzustellen.
10Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2017 ‑ 2 BvR 496/17 ‑, juris, Rn. 14, mit zahlreichen Nachweisen.
11Entscheidungsreife eines Prozesskostenhilfegesuchs tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen durch den Antragsteller sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme ein.
12Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 12. September 2007 ‑ 10 C 39.07, 10 PKH 16.07‑, Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 42; ferner etwa Neumann/Schaks, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 166 Rn. 77 f.
13Daraus folgt, dass die vom Kläger vermisste weitere Aufklärung des Sachverhalts bzw. die Erteilung eines Hinweises im Hinblick auf die Schlüssigkeit des Vortrags im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vorgesehen ist.
14Die Annahme des Senats im angefochtenen Beschluss, der Vortrag des Klägers sei unschlüssig, beruht auf einer Auswertung des auch dem Kläger bekannten Akteninhalts. Zudem weist der Kläger selbst darauf hin, dass bereits das Bundesverwaltungsamt in seinem Bescheid vom 23. Juni 2021 auf die Unschlüssigkeit des Vortrags hingewiesen habe. Daher hätte es eines (weiteren) Hinweises des Senats gemäß § 86 Abs. 1 und 3 VwGO ohnehin nicht bedurft.
15Auf das vom Kläger als übergangen angeführte Vorbringen zu den Voraussetzungen des § 51 Abs. 5 i. V. m. §§ 48, 49 VwVfG ist der Senat auf Seite 3 unten des Beschlussabdrucks eingegangen. Einer weiteren Auseinandersetzung bedurfte es ausgehend von seinem – insoweit maßgeblichen – Rechtsstandpunkt nicht.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
17Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).
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Referenzen
- VwVfG § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes 1x
- VwGO § 86 1x
- 1 BvR 1245/84 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes 1x
- 2 BvR 496/17 1x (nicht zugeordnet)