Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 811/22
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 15.3.2022 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 20.000,00 Euro festgesetzt.
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Gründe:
2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
3Das Zulassungsvorbringen weckt nicht die allenfalls sinngemäß geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.
4Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.10.2020 ‒ 2 BvR 2426/17 ‒, juris, Rn. 34, m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 ‒ 7 AV 4.03 ‒, juris, Rn. 9.
5Daran fehlt es hier.
6Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 26.11.2020, mit der dem Kläger die weitere selbständige Gewerbeausübung sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person nach § 35 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GewO untersagt wurde, sei rechtmäßig, wird durch das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
7Das Vorbringen des Klägers, die Gewerbeuntersagung lasse sich nicht darauf stützen, dass er keinen Steuerberater mit der Erstellung seiner Steuererklärungen beauftragt und unter anderem deshalb das Finanzamt den Weg der Steuerschätzung gewählt habe, steht der Annahme seiner gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit nicht entgegen.
8Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung rechtfertigen Steuerrückstände die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn sie sowohl nach ihrer absoluten Höhe als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; zudem ist die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, insoweit von Bedeutung.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.4.1997 ‒ 1 B 81.97 ‒, juris, Rn. 5, m. w. N.
10Dabei ist es für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit ohne Belang, ob die Steuerschulden auf Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen beruhen. Allein maßgeblich ist hierfür, in welcher Höhe der Gewerbetreibende Steuern nicht gezahlt hat, die er bereits deshalb von Rechts wegen hätte zahlen müssen, weil die ergangenen Steuerbescheide vollziehbar waren. Dabei sind auf Schätzungen beruhende Steuerschulden in gleicher Weise von Bedeutung wie solche, die sich aus exakt ermittelten Besteuerungsgrundlagen ergeben.
11Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.3.1997 – 1 B 72.97 –, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 6.12.2016 – 4 A 1425/14 –, juris, Rn. 10 f., m. w. N.
12Steuerrückstände rechtfertigen jedoch dann nicht die Annahme der Unzuverlässigkeit, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet.
13Vgl. BVerwG, Urteile vom 15.4.2015 – 8 C 6.14 –, BVerwGE 152, 39 = juris, Rn. 14, und vom 2.2.1982 – 1 C 146.80 –, BVerwGE 65, 1 = juris, Rn. 15.
14Ein derartiges Sanierungskonzept liegt nach anerkannter Rechtsprechung etwa dann vor, wenn ein verbindlicher und von den Gläubigern akzeptierter Tilgungsplan existiert, dem konkrete Ratenzahlungen und insbesondere das Ende der Rückführung der (gesamten) Rückstände zu entnehmen sind, der Schuldner vereinbarten Ratenzahlungen nachkommt und währenddessen keine Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet werden (können).
15Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8.12.2011 ‒ 4 A 1115/10 ‒, juris, Rn. 52 f., Beschluss vom 30.4.2020 – 4 B 21/20 –, juris, Rn. 10 f., m. w. N.
16In dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Ordnungsverfügung,
17vgl. BVerwG, Urteil vom 15.4.2015 – 8 C 6.14 –, BVerwGE 152, 39 = juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 14.3.2016 – 4 B 17/16 u. a. –, juris, Rn. 4 f., m. w. N.,
18bestanden beim Finanzamt X. über längere Zeiträume aufgelaufene Rückstände in Höhe von ca. 19.000,00 Euro sowie offene Forderungen der Stadtkasse X. in Höhe von knapp 5.000,00 Euro. Konkrete Anhaltspunkte für ein den oben genannten Voraussetzungen entsprechendes Sanierungskonzept hat der Kläger weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich. Insbesondere vermag der Verweis auf die Einnahmeübersichten des Klägers für die Jahre 2018 bis 2021 schon wegen der daraus ersichtlichen geringen Höhe seiner Einkünfte und der sich aus dem Vollstreckungsportal ergebenden sieben Einträge im Schuldnerverzeichnis hierfür keinen Anhalt zu bieten.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
20Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
21Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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Referenzen
- § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 124 1x
- 2 BvR 2426/17 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 152 1x
- 4 B 17/16 1x (nicht zugeordnet)
- 4 A 1425/14 1x (nicht zugeordnet)
- 4 B 21/20 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG 3x (nicht zugeordnet)
- 4 A 1115/10 1x (nicht zugeordnet)