Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (7. Senat) - 7 A 10489/10

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 23. Februar 2010 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000,00 € festgesetzt.

Gründe

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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

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1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

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Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die rettungsdienstbehördliche Anordnung des Beklagten vom 18. Juli 2008, mit der der Klägerin unter anderem die Durchführung von ungenehmigten, jedoch genehmigungspflichtigen Beförderungen kranker, verletzter oder sonstiger hilfsbedürftiger Personen mit Krankenkraftwagen für den Rettungsdienstbereich Trier gemäß § 19 Abs. 3 Rettungsdienstgesetz - RettDG - untersagt wurde, zu Recht abgewiesen.

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Zur Begründung hat die Vorinstanz darauf abgestellt, dass die Klägerin ihr Unternehmen ohne die nach § 14 Abs. 1 RettDG erforderliche Genehmigung und damit unter Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung betrieben habe. Mit ihren Einsätzen vom 5. Oktober und 3. November 2007 habe die Klägerin nämlich nach dem Rettungsdienstgesetz unerlaubte Krankentransporte durchgeführt und somit Anlass für die streitgegenständliche Ordnungsverfügung gegeben. Die Einholung einer nationalen Genehmigung sei auch nicht unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben entbehrlich gewesen. Insbesondere könne sich die Klägerin nicht auf die in Luxemburg erteilte Genehmigung ("Loueur d'Ambulance") berufen, da sie nicht in ihren Rechten auf freie Teilnahme am Dienstleistungsverkehr gemäß Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEU - (vormals Art. 49 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG -) beeinträchtigt werde. Zwar stelle eine Regelung eines Mitgliedstaats, die es in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Dienstleistungserbringern, wie der Klägerin, auferlege, in seinem Hoheitsgebiet Dienstleistungen nur mit Genehmigung anzubieten, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar. Eine solche Beschränkung könne indes aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit bzw. aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. So verhalte es sich hier. Insbesondere sei die mitgliedstaatlich verfügte Beschränkung in Gestalt der Genehmigungspflicht von Krankentransporten weder diskriminierend noch unverhältnismäßig, da die ausgeübte Tätigkeit nicht genehmigungsfähig gewesen sei. Insofern fehle es bereits an einem qualifizierten Genehmigungsantrag. Ferner sei weder ersichtlich noch von der Klägerin substantiiert dargelegt, dass von einer bedarfsgerechten und flächendeckenden Versorgung im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 1 RettDG nicht mehr die Rede sein könne.

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Mit ihren hiergegen erhobenen Rügen dringt die Klägerin nicht durch.

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Ohne Erfolg macht die Klägerin zunächst geltend, dass sie in Deutschland lediglich sog. einfache Krankentransporte durchführe, die nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 RettDG genehmigungspflichtig seien.

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Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RettDG bedarf der Genehmigung, wer Notfall- oder Krankentransport betreiben will. Nach § 2 Abs. 2 RettDG hat der Notfalltransport bei lebensbedrohlich Verletzten oder Erkrankten (Notfallpatienten) lebensrettende Maßnahmen durchzuführen, ihre Transportfähigkeit herzustellen und sie unter fachgerechter Betreuung, in der Regel mit Notarzt-, Rettungs-, Notfallkrankenwagen oder Luftfahrzeugen in eine für die weitere Versorgung geeignete Behandlungseinrichtung zu befördern (Satz 1). Zum Notfalltransport gehört auch die Verlegung von Patienten unter intensivmedizinischen Bedingungen (Intensivtransport, Satz 2). Der Krankentransport hat demgegenüber nach § 2 Abs. 3 RettDG kranken, verletzten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen, die keine Notfallpatienten sind, fachgerechte Hilfe zu leisten und sie unter Betreuung, in der Regel mit Krankentransportwagen, zu befördern. Sowohl bei Notfall- als auch bei Krankentransporten in dem vorgenannten Sinn hat der Betreiber jeweils Krankenkraftwagen einzusetzen (§ 21 Abs. 1 RettDG). Darunter sind nach der Legaldefinition in § 21 Abs. 2 Satz 1 RettDG solche Kraftfahrzeuge zu verstehen, die für einen Notfall- und Krankentransport besonders eingerichtet und nach dem Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen (Notarzt-, Rettungs-, Notfallkranken- oder Krankentransportwagen) anerkannt sind. In Abgrenzung hierzu sieht § 1 Abs. 2 Nr. 4 RettDG vor, dass das Gesetz nicht für die Beförderung von kranken Personen gilt, die, in der Regel nach ärztlicher Beurteilung, keiner fachgerechten Hilfe oder Betreuung bedürfen, mit anderen als den in Absatz 1 genannten Kraft- oder Luftfahrzeugen (Krankenfahrten). Damit korrespondierend bestimmt § 1 Abs. 2 Nr. 2 Personenbeförderungsgesetz - PBefG -, der die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers für Regelungen auf dem Gebiet des Rettungsdienstes im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung erst ermöglicht (vgl. BT-Drs. 11/2170, S. 7, 9; LT-Drs. 11/4287, S. 18 f.), dass das vorgenannte Bundesgesetz nicht gilt für die Beförderung mit Krankenkraftwagen, wenn damit kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen befördert werden, die während der Fahrt einer medizinisch-fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtung des Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen solches aufgrund ihres Zustands zu erwarten ist.

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Die vorstehenden Begriffsbestimmungen haben dazu geführt, dass allgemein zwischen einem qualifiziertem Krankentransport, d.h. dem Krankentransport unter Beachtung rettungsrechtlicher Vorgaben und Anforderungen, und (einfachen) Krankenfahrten (auch als "Patientenfahrten" bezeichnet), mithin solchen Transportvorgängen, bei denen rettungsrechtliche Vorgaben nicht zu beachten sind, unterschieden wird (vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 29. April 2008, 13 A 2457/05, m.w.N., juris). Das entscheidende Abgrenzungskriterium des Krankentransports (im rettungsrechtlichen Sinn) von der bloßen, dem Personenbeförderungsgesetz unterliegenden Krankenfahrt ist demnach, ob die zu transportierende Person einer medizinisch-fachlichen Betreuung (so § 1 Abs. 2 Nr. 2 PBefG) bzw. einer fachgerechten Hilfe oder Betreuung (so § 1 Abs. 2 Nr. 4 RettDG) bedarf oder möglicherweise bedarf (vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 29. April 2008, a.a.O; s. a. BT-Drs., a.a.O., S. 9).

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Nach Maßgabe dieser Erwägungen vermag die Klägerin nicht mit ihrem Einwand durchzudringen, sie biete ausschließlich einen medizinischen Notdienst und damit in Verbindung stehende einfache Krankentransporte im Sinne von Krankenfahrten an. Denn bei den von dem Beklagten als Anlass für den Erlass der rettungsdienstbehördlichen Anordnung angeführten Fahrten vom 5. Oktober und 3. November 2007 handelte es sich entgegen der von ihr vertretenen Auffassung um qualifizierte Krankentransporte, die dem Rettungsdienstgesetz unterfielen. In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Stellungnahme des die Fahrten begleitenden Facharztes für Allgemeinmedizin S. vom 14. Juli 2008 zutreffend darauf verwiesen, es habe sich jedenfalls bei Antritt der jeweils in einem Krankenkraftwagen durchgeführten Transporte ergeben, dass die Patienten möglicherweise fachgerechte Hilfe oder Betreuung in Anspruch nehmen müssten. Für diese Bewertung lässt sich anführen, dass sich laut ärztlicher Darstellung zunächst herausgestellt hat, dass die Patienten ambulant nicht erfolgreich behandelt werden konnten. Dass der Arzt daraufhin, wie die Klägerin meint, nichts anderes gemacht habe als jeder Hausarzt in einer vergleichbaren Situation und im vorliegenden Fall auch ein Transport mit einem einfachen Pkw hätte vorgenommen werden können, ist nicht ersichtlich. Der begleitende Mediziner hat nämlich selbst ausdrücklich erklärt, die Alarmierung des Rettungsdienstes und des Notarztes sei (lediglich) deshalb unangemessen gewesen, weil das Krankenhaus in wenigen Minuten habe erreicht werden können und ansonsten unnötige Wartezeiten entstanden wären. Daraus folgt aber, dass er selbst die Notwendigkeit einer fachgerechten Betreuung zumindest für möglich hielt. Im Übrigen hat sich die Erforderlichkeit einer medizinischen Behandlung hier sogar während des Transportes gezeigt, da beiden Patienten eine Infusion angelegt wurde. Insofern ist die in § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG enthaltene Formulierung "wenn damit kranke … Personen befördert werden, die … bedürfen" in der Weise zu verstehen ist, dass nur im Fall der Beförderung einer solchen Person, die während der Fahrt einer medizinisch-fachlichen Betreuung nicht bedarf, ein Mietwagenverkehr im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes anzunehmen ist (vgl. BT-Drs., a.a.O., S. 9). Schließlich spricht die von der Klägerin vorgenommene Werbung ebenfalls dafür, dass sie ungeachtet der beiden vorgenannten Vorfälle nicht nur Krankenfahrten, sondern qualifizierte Krankentransporte durchführt oder zumindest durchzuführen beabsichtigt. Die von ihr verteilten Faltblätter zeigen nämlich auf dem Deckblatt unter anderem einen Krankenkraftwagen mit der Überschrift „Medizinischer Notdienst bringt den Arzt zu Ihnen“. Im anschließenden Leistungskatalog werden sodann, worauf bereits das Verwaltungsgericht in anderem Zusammenhang hingewiesen hat, neben Hausbesuchen auch der „Krankentransport“ und „ggf. ärztliche Begleitung in ein Krankenhaus“ genannt. An anderer Stelle wird schließlich damit geworben, dass „gegebenenfalls ein Transport mit dem modernen Ambulanz-Fahrzeug in … ein geeignetes Krankenhaus …“ erfolgt. Schließlich heißt es auf der Rückseite des Faltblattes, dass (nur) in lebensbedrohlichen Situationen, also nicht im Fall eines qualifizierten Krankentransportes, die Rettungsleitstelle unter dem Notruf 112 zu informieren sei. Aus der Gesamtschau dieser Informationen ergibt sich nach allem aber für einen objektiven Betrachter, dass die Klägerin gerade beabsichtigt, genehmigungspflichtige Transporte durchzuführen.

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Eine nationale Genehmigung ist vorliegend unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben nicht deswegen entbehrlich, weil die Klägerin über eine in Luxemburg erteilte Genehmigung verfügt. Unabhängig von der Frage, ob deren Regelungsgehalt sich lediglich auf den Notfalltransport (vgl. § 2 Abs. 2 RettDG) bezieht, wird die Klägerin durch das Erfordernis der Erteilung einer zusätzlichen deutschen Genehmigung nach § 14 Abs. 1 RettDG nicht rechtswidrig in ihrem Recht auf freie Teilnahme am Dienstleistungsverkehr gemäß Art. 56 AEU verletzt.

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Art. 56 AEU verlangt die Aufhebung jeder Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs - selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus dem anderer Mitgliedstaaten gilt -, sofern sie geeignet ist, die Tätigkeit des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, in dem er rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Art. 52 Abs. 1 AEU (Art. 46 Abs. 1 EG) i.V.m. Art. 62 AEU (Art. 55 EG) lässt indes Beschränkungen zu, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind. Darüber hinaus sind Beschränkungen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, wie Ziele des Verbraucherschutzes, möglich. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets durch die Gemeinschaft ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, wobei Beschränkungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen müssen. Dies wiederum setzt im Rahmen der Prüfung der Geeignetheit voraus, dass eine nationale Regelung die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels in kohärenter und systematischer Weise vornimmt. Auf jeden Fall dürfen die Beschränkungen nicht diskriminierend angewendet werden (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2009, C-42/07 m.w.N., juris).

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Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass keine Harmonisierung des sog. qualifizierten Krankentransportes auf europäischer Ebene besteht, da namentlich die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 S. 36) nicht eingreift. Gemäß Art. 2 Abs. 2 der Dienstleistungsrichtlinie findet diese nämlich keine Anwendung auf Gesundheits- und Verkehrsdienstleistungen (vgl. Buchst. f und d).

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Keine Bedenken bestehen weiterhin gegen die Feststellung der Vorinstanz, dass die Genehmigungspflicht für Krankentransporte zum Schutz der Gesundheit bzw. der Verbraucher erfolgen könne, sie auf einem kohärenten System zur Sicherstellung des Rettungssystems beruhe und die Untersagung des Krankentransports verhältnismäßig sei. Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass Verwaltungsgericht habe es versäumt, sich mit ihrem Vortrag auseinanderzusetzen, die in Art. 52 Abs. 1 AEU angeführten Interessen seien nicht betroffen. Soweit sie anführt, die Genehmigungsbedürftigkeit des Krankentransportes könne nicht mit der Sicherung der Gesundheitsversorgung begründet werden, weil nach Auffassung der EU-Kommission bei Aufträgen im Bereich des qualifizierten Krankentransportes der Wert der Verkehrsleistung überwiege, überzeugt dies nicht. Die Klägerin nimmt damit Bezug auf eine dahingehende Stellungnahme der EG-Kommission gemäß Art. 226 EG vom 12. Dezember 2006 zum Vergabeverfahren von Rettungsdienstleistungen in Deutschland, die sich unter anderem mit der Auslegung des Art. 22 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114) befasst. Entgeltliche Dienstleistungen im Bereich des Rettungsdienstes fallen danach sowohl unter Anhang II Teil A, Kategorie 2 (Landverkehr) als auch unter Anhang II Teil B, Kategorie 25 (Gesundheitswesen), für die an sich unterschiedliche Vergabebedingungen gelten. Bei solchen gemischten Aufträgen gemäß Art. 22 Richtlinie 2004/18/EG richtet sich die Anwendung der konkreten Vorschriften danach, ob der Wert der Verkehrsdienstleistung oder der medizinischen Leistung überwiegt. Diese Regelungen betreffen somit allein das einzuhaltende vergaberechtliche Verfahren und sind daher vorliegend ohne Bedeutung.

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Gleiches gilt für den Einwand, die Mitgliedstaaten hätten mit der Richtlinie 2005/36/EG (ABl. L 255, S. 22) des Europäischen Parlaments und des Rats eine gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen vereinbart, so dass ein in Luxemburg qualifizierter Arzt oder Rettungsassistent auch in Deutschland als solcher anzusehen sei. Damit wird es dem begünstigten Personenkreis ermöglicht, in einem anderen Mitgliedstaat denselben Beruf wie den, für den er in seinem Herkunftsmitgliedsstaat qualifiziert ist, aufzunehmen und unter denselben Voraussetzungen wie Inländer auszuüben (Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2005/36/EG). Das Erfordernis nationaler Genehmigungen, mit deren Hilfe sichergestellt und überprüft werden kann, dass ein Rettungsdienstbetreiber mit Sitz in Deutschland oder dem EU-Ausland gerade auch Rettungspersonal vorhält, das den Anforderungen des § 22 RettDG genügt, bleibt davon unberührt. Insbesondere ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Durchführung solcher Transporte durch Nichtqualifizierte berge eine erhöhte Gefahr, vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Denn damit wird nicht etwa eine fehlende berufliche Qualifikation der Mitarbeiter der Klägerin angezweifelt, die hier außer Frage steht, sondern allein zum Ausdruck gebracht, dass die deutschen Rettungsdienstbehörden insofern eine eigenständige Überwachungsmöglichkeit haben. Dafür spricht auch, dass nach dem Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2005/36/EG nicht diskriminierende Ausübungsvoraussetzungen, die ein Mitgliedstaat vornimmt, grundsätzlich zulässig sind. Nach allem steht zugleich die Argumentation der Vorinstanz, dass die nationale Genehmigungspflicht für In- wie Ausländer gleichermaßen gelte und von daher nicht diskriminierend sei, im Einklang mit europarechtlichen Vorgaben.

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Rechtlich zutreffend hat das Verwaltungsgericht schließlich darauf abgestellt, dass die rettungsdienstbehördliche Anordnung nicht aus dem Grund aufzuheben sei, weil die ausgeübte Tätigkeit genehmigungsfähig wäre und die Klägerin deshalb ohne Weiteres einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung gehabt hätte.

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Unter formellen Gesichtspunkten geht der Vortrag der Klägerin, das erstinstanzliche Urteil sei insoweit fehlerhaft, als darin ausgeführt werde, dass sie keinen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung gestellt habe, an den hierzu tatsächlich getroffenen Feststellungen der Kammer vorbei. Hierzu wird in den Entscheidungsgründen nämlich ausgeführt, dass die Klägerin keinen qualifizierten Antrag gestellt und keine prüfgeeigneten Unterlagen eingereicht habe. Diese Feststellung ist indes im Hinblick auf die in § 17 Abs. 1 RettDG i.V.m. § 12 Abs. 1 und 2 PBefG geregelte Vorlagepflicht von Unterlagen, der die Klägerin nicht nachgekommen war, richtig.

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Davon abgesehen ist ein Genehmigungsanspruch der Klägerin nicht offensichtlich gegeben. Gemäß § 18 Abs. 1 RettDG ist eine Genehmigung nur zu erteilen, wenn die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs gewährleistet sind (Nr. 1), keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer dartun (Nr. 2), und der Antragsteller als Unternehmer oder die für die Führung des Betriebs bestellte Person fachlich geeignet ist (Nr. 3); die fachliche Eignung wird durch Ablegung einer Prüfung oder durch eine angemessene Tätigkeit in einem Unternehmen nachgewiesen, das die beantragte Art der Tätigkeit zum Gegenstand hat. Nach Absatz 3 der Bestimmung ist die Genehmigung zu versagen, wenn zu erwarten ist, dass durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst im Sinne des § 2 Abs. 1 RettDG beeinträchtigt wird.

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Soweit die Klägerin hierzu vorträgt, im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts bestehe kein Versagungsgrund nach § 18 Abs. 3 RettDG, führt dies nicht zum Erfolg des Zulassungsantrags.

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Gemäß § 18 Abs. 3 RettDG ist die Erteilung einer Genehmigung für den Notfall- und Krankentransport zu versagen, wenn und solange Kapazitäten des öffentlichen Rettungsdienstes vorhanden sind, die ausreichen, um den auftretenden Bedarf an Notfall- und Krankentransportleistungen zu decken. Eine Beteiligung Dritter kann demnach nur dann erfolgen, wenn die bisher mit dieser Aufgabe betrauten Sanitätsorganisationen nicht in der Lage oder nicht bereit sind, derartige zusätzliche Einrichtungen zu übernehmen. Die Funktionsschutzklausel des § 18 Abs. 3 Satz 1 RettDG kommt somit zur Anwendung, solange eine bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung mit Leistungen des Notfall- und Krankentransports durch die mit dem Rettungsdienst betrauten Sanitätsorganisationen sichergestellt ist. Sobald dagegen das System Rettungsdienst die Auslastungsgrenze erreicht, wenn mithin ein Bedarf in einem Umfang auftreten sollte, der mit den von den Sanitätsorganisationen vorgehaltenen Fahrzeugen nicht mehr gedeckt werden kann, darf dem privaten Interessenten § 18 Abs. 3 Satz 1 RettDG nicht mehr entgegengehalten werden (vgl. Urteile des Senats vom 7. Mai 2002, 7 A 11626/01.OVG , AS 30, 64 unter Berücksichtigung des in der Sache ergangenen Urteils des EuGH vom 25. Oktober 2001, C 475/99, und vom 7. Mai 2009, 7 A 10052/09.OVG, AS 37, 269).

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Unter Bezugnahme auf ein Urteil vom 24. Februar 2005 - 6 K 701/04.TR - hat das Verwaltungsgericht angeführt, dass im Rettungsdienstbereich Trier die dort maßgeblichen Sanitätsorganisationen des Deutschen Roten Kreuzes, des Malteser Hilfsdienstes und der Berufsfeuerwehr der Stadt Trier auch die Durchführung von Intensivtransporten in der Vergangenheit flächendeckend durchgeführt hätten und die Bedarfsdeckung den Sanitätsorganisationen nicht abzusprechen sei. Aus der vorstehenden Entscheidung geht in diesem Zusammenhang hervor, dass der öffentliche Rettungsdienst insgesamt nur zu einem geringen Umfang ausgelastet war. Mit Schreiben vom 25. März 2008, so die weitere Argumentation der Vorinstanz, habe der Beklagte diese Aussage zudem im Wesentlichen bestätigt und angeführt, dass der Rettungsdienst durch die vorhandenen Anbieter gewährleistet sei. Den hierzu getroffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Die pauschale Behauptung, es sei unstreitig, dass die ärztliche Notfallversorgung im Rettungsdienstbereich Trier nachts und an Wochenenden nicht zureichend angesehen werden könne, genügt ebensowenig wie die bloße Schilderung der Vorzüge ihres eigenen Dienstleistungsangebotes dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO und ist deshalb ungeeignet, die Beurteilung der Kammer ernstlich in Zweifel zu ziehen.

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2. Die Antragsbegründung vermag ferner keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufzuzeigen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Diese liegt vor, wenn das Zulassungsvorbringen eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Entscheidung des Berufungsgerichts entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtseinheit einer Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf.

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Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob eine Genehmigung im Sinne des Rettungsdienstgesetzes für ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges und damit eine entsprechende Genehmigung besitzendes Unternehmen notwendig ist, kann nach den vorstehenden Ausführungen des Senats ohne Weiteres bejaht werden. Deshalb führt zugleich der allgemeine Hinweis der Klägerin, es sei umstritten, ob die Einschränkungen des Art. 52 AEU tatsächlich gerechtfertigt seien, zu keiner anderen Beurteilung. Eine im konkreten Fall der Klägerin entscheidungserhebliche Frage ist damit zudem nicht gestellt. Dass insoweit ein weitergehender Klärungsbedarf besteht, hat die Klägerin nicht zureichend dargelegt. Die von ihr angeführte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 29. April 2010 (C-160/08, juris) hat allein die Einhaltung der Richtlinien 92/50/EWG bzw. 2004/18/EG im Rahmen der Vergabe von Aufträgen über öffentliche Notfall- und qualifizierte Krankentransportleistungen zum Gegenstand und verhält sich nicht zu der von der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam angesehenen Frage.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

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