Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (3. Senat) - 3 LA 34/14
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts -12. Kammer, Einzelrichter - vom 27.02.2014 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
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Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht vorliegt; ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nicht gegeben.
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Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nach ständiger Rechtsprechung auch des beschließenden Senats vor, wenn ein Erfolg des Rechtsmittels, dessen Zulassung begehrt wird, mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie dessen Misserfolg (Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 14. Mai 1999, - 2 L 244/98 -, zitiert nach Juris Rn. 21). Dabei müssen die Zweifel das Ergebnis der Entscheidung betreffen (Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 14. Dezember 1999, - 4 M 102/99 -, zitiert nach Juris Rn. 4). Das Zulassungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung. Es vermag die entscheidungstragenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Geeignetheitsbescheinigung nach § 33c Abs. 3 Satz 1 GewO zur Aufstellung von Geldspielautomaten in der vom Kläger betriebenen Trinkhalle nicht vorlägen, nicht zu erschüttern.
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Soweit der Kläger in seinem Zulassungsvorbringen darlegt, er strebe mit dem von ihm betriebenen Kiosk eine Mischung aus Darbietung von Speisen, Getränken und Spielen an, entspricht dies nicht seiner Gaststättenerlaubnis vom 9. Mai 2007, die ihm für den Betrieb einer Schankwirtschaft „Bahnhofskiosk ..." als Trinkhalle erteilt wurde. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Bahnhofskiosk auch als Trinkhalle, d.h. ohne Sitzgelegenheiten, betrieben werde und deshalb ein Aufstellverbot für Geldspielgeräte nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SpielV bestehe.
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Soweit der Kläger meint, § 1 Abs. 2 Nr. 2 SpielV greife in verfassungswidriger Weise in den Kernbereich der Gewerbefreiheit, Art. 12 GG, ein und verletze zudem den Gleichheitssatz, Art. 3 GG, vermag der Senat dem nicht zu folgen.
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Soweit das Verbot, in seiner Gaststätte Geldspielautomaten aufzustellen, die Berufsfreiheit des Klägers berührt, ist dieser Eingriff gerechtfertigt. Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies ist der Fall, wenn die eingreifende Norm kompetenzmäßig erlassen wurde, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit werden im Rahmen der Berufsfreiheit durch die sogenannte „Stufenlehre“ näher konkretisiert. Danach ist zu unterscheiden, auf welcher Stufe der Berufsfreiheit die Regelung ansetzt. Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden. Allerdings müssen Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen - mit Abstufungen im Einzelnen - sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - m.w.N., zitiert nach Juris Rn. 44f.).
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§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SpielV beschränkt das Grundrecht in zulässiger Weise. Diese Norm hat ihre gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 33f Abs. 1 GewO. Danach kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zur Durchführung u.a. des § 33c im Einvernehmen mit den Bundesministerien des Inneren und für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zur Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs, zum Schutze der Allgemeinheit und der Spieler sowie im Interesse des Jugendschutzes die Aufstellung von Spielgeräten oder die Veranstaltung von Spielen auf bestimmte Gewerbezweige, Betriebe oder Veranstaltungen beschränken und die Zahl der jeweils in einem Betrieb aufgestellten Spielgeräte oder veranstalteten Spiele begrenzen (§ 33f Abs. 1 Nr. 1 GewO). Das Aufstellverbot u.a. in Trinkhallen ist durch tragende Gründe des Allgemeinwohls - zur Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs, zum Schutze der Allgemeinheit und der Spieler sowie im Interesse des Jugendschutzes - gerechtfertigt. Die Norm entspricht auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie stellt eine Berufsausübungsbeschränkung dar (vgl. Marcks in Land- mann/Rohmer, GewO Band I, Stand Oktober 2014, § 33c Rn. 34), die durch vorstehende vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls legitimiert ist. Eingriffszweck und -intensität stehen auch in einem vernünftigen Verhältnis. Der Verordnungsgeber hat in § 1 Abs. 1 SpielV die Orte aufgezählt, die zur Aufstellung von Geldspielgeräten geeignet sind, um die in § 33f Abs.1 GewO aufgezählten Ziele zu erreichen. Danach dürfen Geldspielgeräte nur aufgestellt werden in Räumen von Schank- und Speisewirtschaften, in denen Getränke und zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, oder in Beherbergungsbetrieben, Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen oder Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher. Da das Spielen an Geldspielgeräten nicht gänzlich unterbunden werden kann und dem Spieltrieb in gewissen Rahmen Rechnung getragen werden soll, sind solche Orte in die Positivliste aufgenommen worden, an denen das Spielen den Hauptzweck oder zumindest den Annex einer anderen Leistung bildet und zu denen Kinder und Jugendliche keinen oder nur einen sehr eingeschränkten Zutritt haben (vgl. Marcks in Landmann/Rohmer, GewO Band II, Stand Oktober 2014, § 1 SpielV Rn. 2.).
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Eine Trinkhalle ist demgegenüber gerade keine Schank- und Speisewirtschaft mit einem Raum, in dem Getränke und zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden und erst Recht kein Ort, an dem Spielen der Hauptzweck ist; es handelt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Trinkhallen vielmehr um solche Schankstätten an öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, bei denen der Ausschank durch Schalter bzw. bei festen Trinkständen über den Tisch an Stehgäste betrieben wird; sie sind überwiegend saisonbedingt und in der Regel nicht in der Hauptsache auf den Vertrieb alkoholischer Getränke eingestellt; sie besitzen keine Einrichtungen, die für die Bequemlichkeit oder den längeren Aufenthalt der Gäste (Passanten) dienen können (BVerwG, Urteil vom 7. September 1963 - BVerwG I C 139.60 -, Buchholz 451.20 § 33f GewO Nr. 3). Dem entspricht der Betrieb des Klägers, der darauf ausgerichtet ist, den Bedarf Reisender zu decken. Ließe man die Aufstellung von Spielgeräten im Betrieb des Klägers zu, führte dies zu längerem Verweilen seiner Kunden im Kiosk, was von der Konzession nicht gedeckt wäre. Darüber hinaus wäre ein ungehinderter Zutritt von Kindern und Jugendlichen zu den Geldspielautomaten möglich. Anders als in Gaststätten, in denen der Verzehr von Getränken und Speisen Voraussetzung für einen längeren Aufenthalt ist, wäre es in einer Trinkhalle möglich, ein Geldspielgerät zu benutzen, ohne zu weiteren höheren Ausgaben gezwungen zu sein. Dies würde den Anreiz zum Spielen nicht nur von Kindern und Jugendlichen erhöhen und dem oben genannten Schutzzweck zuwiderlaufen.
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Soweit der Kläger meint, als milderes Mittel gegenüber dem Aufstellverbot komme eine Auflage in Betracht, die es jedem Gast untersage, ein Geldspielgerät länger als eine Stunde zu nutzen, kann dem nicht gefolgt werden. Eine derartige Auflage wäre ungeeignet, die angestrebten Zwecke zu erreichen. Es ist schon zweifelhaft, ob (tägliches) einstündiges Spielen unbedenklich wäre; darüber hinaus könnte nicht gewährleistet werden, dass diese Auflage auch eingehalten würde. Auch ein vom Kläger erwogenes Zutrittsverbot für unter 18-jährige kommt nicht in Betracht, da ein solches dem konzessionierten Betrieb einer Trinkhalle zuwiderliefe.
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Schließlich liegt entgegen dem Vortrag des Klägers auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Aspekt vor, dass in einem in der Nähe befindlichen Grillimbiss Spielgeräte betrieben würden, obwohl dieser den gleichen Kundenkreis anspreche wie sein - des Klägers - Kiosk. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es aber dem Normgeber frei, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen können. Knüpft die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern - wie hier - an Lebenssachverhalte an oder hängt sie von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen ab, hat der Normgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum. Ein Gleichheitsverstoß ist dann nur anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereiches ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 2. April 2014 - 5 C 40/12 -, zitiert nach Juris Rn. 14 m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG). Die durch § 1 Abs. 2 SpielV verursachte Ungleichbehandlung von Trinkhallen und Imbissen, wonach es nicht verboten ist, in Imbissen Geldspielgeräte aufzustellen, ist nicht willkürlich. Der Verordnungsgeber hat Imbissstuben durch Änderungsverordnung vom 23. Februar 1976 (BGBl I S. 389) aus dem Kreis der ungeeigneten Aufstellungsorte im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SpielV mit der Begründung ausgenommen, dass sich diese im Laufe der Jahre in zunehmendem Maße zu Schnellgaststätten für berufstätige Erwachsene gewandelt hätten, während sie von Kindern und Jugendlichen kaum aufgesucht würden, so dass unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes gegen eine Freigabe keine Bedenken bestanden hätten (vgl. Marcks in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 1 SpielV Rn. 3 unter Hinweis auf BR- Drucksache 752/75, Begründung. S. 2). Diese Erwägung stellt ein vernünftiges Differenzierungskriterium dar. Sollte sich mittlerweile das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen derart gewandelt haben, dass auch sie zu regelmäßigen Besuchern von Imbissen zu zählen wären, stellte sich unter dem Aspekt des Jugendschutzes die Frage, ob Imbisse zu Recht vom Anwendungsbereich von § 1 Abs. 2 SpielV ausgenommen sind. Selbst wenn Imbissstuben zu Unrecht ausgenommen worden sein sollten - worüber hier jedoch nicht zu entscheiden ist -, könnte der Kläger darauf keinen Anspruch auf Gleichbehandlung stützen; denn es gibt keine Gleichheit im Unrecht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 - 1 BvL 25/77, zitiert nach Juris Rn. 59).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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Referenzen
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- SpielV § 1 9x
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