Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (3. Senat) - 3 LA 28/16

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 4. Kammer, Einzelrichter - vom 5. April 2016 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 35,94 Euro festgesetzt.

Gründe

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Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht begründet. Das Vorbringen des Klägers, das den Prüfungsumfang für das Oberverwaltungsgericht bestimmt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Die Zulassungsgründe, auf die sich der Kläger stützt, sind teilweise bereits nicht in hinreichendem Maße dargelegt; im Übrigen liegen sie nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

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1. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) berufen. Für deren Vorliegen ist nach ständiger Rechtsprechung auch des beschließenden Senats erforderlich, dass ein Erfolg des Rechtsmittels, dessen Zulassung begehrt wird, mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie dessen Misserfolg (OVG Schleswig, Beschluss vom 5. Februar 2015 - 3 LA 34/14 -; Beschluss vom 14. Mai 1999 - 2 L 244/98 -). Dabei müssen die Zweifel das Ergebnis der Entscheidung betreffen (OVG Schleswig, Beschluss vom 5. Februar 2015 - a.a.O.; Beschluss vom 14. Dezember 1999 - 4 M 102/99 -; ebenso Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124 Rn. 7a).

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Gemessen an diesen Maßstäben rechtfertigt das Zulassungsvorbringen des Klägers ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung nicht. Seine Einwände, ein zusätzlicher Vorteil im Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeit des öffentlichen Rundfunks für Betriebsstätteninhaber sei nicht ersichtlich und wäre bereits im Rahmen der Beitragserhebung für den privaten Haushalt abgegolten, sowie das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, sich mit den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 25. Juni 2014 (1 BvR 668/10) aufgestellten Grundsätzen zur Beitragserhebung und Definition eines Sondervorteils im Hinblick auf die Belastungsgleichheit gegenüber der nicht beitragspflichtigen Allgemeinheit (Art. 3 Abs. 1 GG) zu befassen, bleiben ohne Erfolg. Der Senat verweist auf die inzwischen ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2016 (- 6 C 49.15 - und - 6 C 14.15 -, juris) zur Rechtmäßigkeit der raumstättenbezogenen Beitragserhebung nach § 5 Abs. 1 Satz 1, § 7 des 15. Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge i. V. m. dem Gesetz zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 16. Dezember 2011 (GVOBI SH 2011, 345 ff. –RBStV-) im nicht privaten Bereich.

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Soweit der Kläger behauptet, er verfüge über keine betrieblich genutzten Empfangsgeräte, ist dies zum einen nach der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht relevant. Zum anderen erlaubt sich der Senat die Anmerkung, dass der Kläger mindestens ein Empfangsgerät betrieblich vorhalten dürfte. Die Antragsschrift hat er jedenfalls erkennbar mit einem betrieblich genutzten Computer angefertigt. Dieser ist aber über das Internet grundsätzlich in der Lage, die Programme des öffentlichen Rundfunks zu empfangen. Dass es dem Kläger unter Umständen verwehrt sein mag, Anschaffungskosten für Empfangsgeräte nicht als Werbungskosten im Rahmen seiner Steuererklärung absetzen zu können, ändert an alledem nichts. Steuerrechtliche Aspekte berühren die hier aufgeworfenen Rechtsfragen nicht.

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Schließlich kann der Kläger die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zur Beitragsbemessung durch die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) nicht mit Erfolg rügen. Dazu hat er im Wesentlichen behauptet, die KEF sei nicht von der Politik unabhängig. Zudem seien die durch die Beitragserhebung generierten Einnahmen unverhältnismäßig hoch und müssten einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden können. Der Senat hat zum einen bereits erhebliche Bedenken, ob die (sinngemäß gerügte) Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts einer gerichtlichen Überprüfung im Wege des Individualrechtsschutzes eines Bürgers überhaupt zugänglich ist (vgl. Senatsbeschluss vom 6. März 2017 - 3 LA 113/15 -, juris, Rn 22). Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, „Fehlentwicklungen“ bei der Programmgestaltung und deren Finanzierung zu korrigieren, solange sich die Beitragserhebung im Rahmen geltenden Rechts bewegt. Die Inanspruchnahme der Gerichte dient dem Schutz subjektiver Rechte des Einzelnen; solange diese Rechte nicht verletzt werden, kann ein Bürger auch keinen Individualrechtsschutz gerichtlich durchsetzen. Dass und ggf. inwiefern er in seinen Rechten verletzt sein könnte, hat er dabei nachvollziehbar darzulegen. Dies aber hat der Kläger im Rahmen seiner Antragsschrift unterlassen. Seine allgemeinen Ausführungen zu einer fehlenden Trennung von Politik und KEF und zu dem Verfahren der Beitragsbemessung sind nicht geeignet, eine Verletzung seiner subjektiven Rechte hinreichend darzulegen. Zum andern hat auch das Bundesverwaltungsgericht keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Art und Weise der Beitragsbemessung durch die KEF gegen geltendes Recht verstoßen könnte (vgl. BVerwG, a.a.O., juris, Rn. 49). Zudem hat der Kläger nicht dargelegt, inwiefern dies – Fehlen der behaupteten Trennung von Politik und der KEF - zu einem anderen Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung führte.

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2. Auch der Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor.

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Derartige Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn sie voraussichtlich in rechtlicher Hinsicht größere, d.h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht, wobei es bei dieser Beurteilung nicht entscheidend auf die jeweils fachspezifischen Schwierigkeiten einer Materie ankommen kann. Die besonderen Schwierigkeiten müssen sich auf Fragen beziehen, die für den konkreten Fall und das konkrete Verfahren entscheidungserheblich sind (Schenke in Kopp/Schenke, a.a.O, § 124 Rn. 9). Die Darlegung des Zulassungsgrundes erfordert deshalb grundsätzlich, dass in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die geltend gemachten Schwierigkeiten als solche benannt werden und darüber hinaus aufgezeigt wird, dass und aus welchen Gründen sie sich qualitativ von denjenigen eines Verwaltungsrechtsstreits "durchschnittlicher" Schwierigkeit abheben (OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. September 2014 - 87 LA 73/13 -, juris, Rn 30).

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Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger bereits keine Schwierigkeit der Sache in rechtlicher Hinsicht dargelegt. Zur Begründung seines Antrages hat er ausgeführt, Grundrechtseingriffe bedürften einer intensiven und nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit den Vorgaben des Grundgesetzes. Dies sei im streitgegenständlichen Urteil des Verwaltungsgerichtes nicht geschehen. Im Zulassungsantrag beruft er sich somit (wiederholt) allein auf Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, die wie oben ausgeführt im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur raumstättenbezogenen Beitragspflicht im nicht privaten Bereich nicht vorliegen. Weshalb aber eine darüber hinausgehende besondere Schwierigkeit vorliegen soll, hat er gerade nicht dargelegt. Im Übrigen liegt diese jedenfalls nach der o.g. Rechtsprechung auch nicht vor.

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3. Der Kläger kann sich schließlich nicht auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) berufen.

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Grundsätzliche Bedeutung weist eine Rechtsstreitigkeit dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf (BVerfG, Beschluss vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09; Beschluss v. 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05; Schenke in Kopp/Schenke, a.a.O., § 124 Rn. 10). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragssteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. September 2014 - 7 LA 73/13 -, a.a.O.; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72) sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O.).

11

Gemessen an diesen Maßstäben ist die sich aus dem Zulassungsvorbringen des Klägers ergebende Frage,

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ob nach einem Systemwechsel [der Beitragserhebung im Rahmen des RBStV] für Betriebsstätten überhaupt noch tatsächliche Sondervorteile ausgemacht werden können,

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zwar grundsätzlich hinreichend dargelegt, allerdings in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt.

14

Das Bundesverwaltungsgericht hat inzwischen mit seinen o.g. Entscheidungen höchstrichterlich festgestellt, dass auch die raumstättenbezogene Beitragserhebung im nicht privaten Bereich rechtmäßig ist und die für eine Abgabenerhebung erforderlichen Sondervorteile vorliegen (BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2016 - a.a.O.).

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4. Soweit der Kläger darüber hinaus auch sein gesamtes erstinstanzliches Vorbringen zum Gegenstand des Zulassungsantrages machen möchte, indem er darauf pauschal Bezug nimmt, genügt er damit nicht dem Begründungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Die erforderte eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung im Sinne eines Durchdringens und Aufbereiten des Streitstoffes (OVG Schleswig, Beschluss vom 14. Mai 1999 - 2 L 244/98 -, juris, Rn. 3; OVG Berlin, Beschluss v. 17. September 1997 - 8 N 21.97 -, juris, Rn. 4; Schenke in Kopp/Schenke, a.a.O., § 124a Rn. 49). Eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrages - oder auch nur der Verweis darauf - genügt hierfür nicht (VGH Mannheim, Beschluss vom 3. Dezember 2001 - 8 S 2385/01 -, juris, Rn. 3).

16

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

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Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

19

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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