Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 1 E 343/18

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 16. November 2018 – 2 L 1112/18 – wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die von den Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen auf der Grundlage des § 32 Abs. 2 RVG im eigenen Namen erhobene und auch sonst zulässige Beschwerde, mit der die Heraufsetzung des vom Verwaltungsgericht auf 2.500 Euro festgesetzten Streitwertes nach Maßgabe der §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 GKG begehrt wird, bleibt ohne Erfolg.

In Eilrechtsschutzverfahren der vorliegenden Art, in denen es um die Vergabe einer höherwertigen Funktionsstelle geht, ohne dass die im Streit befindliche Auswahlentscheidung im Rahmen eines Beförderungsverfahrens erfolgt, sind nach der Rechtsprechung des Senats für die Festsetzung des Streitwertes die §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG zur Anwendung zu bringen. Hieran wird nach erneuter Überprüfung festgehalten.

In der verfahrensgegenständlichen Stellenausschreibung vom 4.1.2017 heißt es hinsichtlich der zur Neubesetzung ausgeschriebenen Funktionsstelle der Wertigkeit A 15, dass zunächst eine Beauftragung mit der Wahrnehmung der Dienstaufgaben beabsichtigt sei; bei Bewährung bestehe eine Beförderungschance in die Besoldungsgruppe A 15, wobei über eine etwaige Beförderung zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werde. Bewerbungen von Lehrkräften, die bereits ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 innehaben, seien nicht ausgeschlossen. Diese Ausschreibung zielte mithin vornehmlich auf eine Neubesetzung der Funktionsstelle, also die Vergabe des unbesetzten Dienstpostens. Die Übertragung dieses Dienstpostens eröffnete für Bewerber, die wie die Antragstellerin ein Statusamt der Besoldungsgruppe A 14 innehaben, im Fall ihrer Auswahl und ihrer Bewährung auf dem Dienstposten lediglich die Chance einer künftigen Beförderung, denn der Dienstherr hat sich auch für den Fall der Bewährung des ausgewählten Bewerbers vorbehalten, hinsichtlich einer späteren Verleihung eines Statusamtes A 15 eine eigenständige (Auswahl-) Entscheidung zu treffen. Damit war Gegenstand des erstinstanzlichen Konkurrentenstreitverfahrens weder eine sogenannte ämtergleiche Besetzung des Dienstpostens, hinsichtlich der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Festsetzung des Auffangstreitwerts gerechtfertigt wäre(BVerwG, Beschluss vom 11.10.2012 - 2 VR 6/12 -, juris Rdnr. 4), noch eine Konkurrenz um einen unmittelbar oder nach - erfolgreichem - Ablauf der Probezeit zur Beförderung ausgeschriebenen Dienstposten, hinsichtlich der der Streitwert anhand des § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 GKG zu bemessen wäre(vgl. hierzu ausführlich: Beschluss des Senats vom 21.6.2013 - 1 B 311/13 -, juris, betreffend die jährliche Beförderungsrunde der Deutschen Telekom AG), sondern es ging um die Vergabe eines lediglich mit der Aussicht, im Fall der Bewährung bei einer künftigen Beförderungsentscheidung in den engeren Bewerberkreis um die Verleihung des Statusamtes einbezogen zu werden, ausgeschriebenen Dienstpostens.

In früheren Jahren ist der Senat in Eilrechtsschutzverfahren betreffend die Vergabe höherwertiger Dienstposten sowohl in Fallgestaltungen, in denen eine Beförderung nach erfolgreichem Ablauf der Probezeit unmittelbar erfolgen soll, als auch in Fällen, in denen es - wie vorliegend - zunächst nur um das Zuteilwerden der Chance, sich auf einem höherwertigen Dienstposten zu bewähren, geht, davon ausgegangen, dass die sich im Sinne des § 13 Abs. 1 GKG a.F. (Vorgängervorschrift zu § 52 Abs. 1 GKG) aus dem Antrag ergebende Bedeutung der Sache für den Antragsteller des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 13 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 GKG a.F. (Vorgängervorschrift zu § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 GKG) zu bestimmen ist(OVG des Saarlandes, u.a. Beschlüsse vom 21.12.1994 - 1 B 62/94 -, vom 8.11.1999 - 1 Y 7/99 - und vom 10.12.2001 - 1 Y 15/01 -, jew. juris), was dem nunmehrigen Anliegen des Beschwerdeführers entsprechen würde.

Hiervon ist der Senat indes im Jahr 2005 in Anlehnung an die kurz zuvor geänderte Streitwertpraxis des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die Bewertung von Dienstpostenkonkurrenzen(BVerwG, Urteil vom 23.9.2004 - 2 A 8/03 -, amtl. Abdr. S. 17f.) abgerückt(OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 25.1.2005 - 1 Q 90/03 - und vom 19.4.2005 - 1 Y 4/05 -,jew. juris), und bemisst den Streitwert seither nicht nur bei ämtergleicher Dienstpostenvergabe, sondern auch bei Konkurrenzen um höherwertige Dienstposten, deren Übertragung eine künftige Beförderungsauswahl auch im Fall uneingeschränkter Bewährung nicht vorwegnimmt, anhand des Auffangwertes.(vgl. aus neuerer Zeit: OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.8.2017 - 1 A 255/16 -, und Beschlüsse vom 9.9.2016 - 1 B 60/16 - und vom 4.10.2016 - 1 E 258/16 -, jew. juris) Soweit erkennbar entspricht die Streitwertpraxis des Senats der seitens des Bundesverwaltungsgerichts praktizierten Handhabung.

So hat das Bundesverwaltungsgericht 2011 den Streitwert in einem Eilrechtsschutzverfahren, in dem es um die Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens ging(BVerwG, Beschluss vom 25.10.2011 - 2 VR 4.11 -, amtl. Abdr. S. 2 und 16), ebenso wie 2012 in Bezug auf die Ausschreibung eines Dienstpostens für eine ämter- bzw. entgeltgruppengleiche Besetzung(BVerwG, Beschluss vom 11.10.2012, a.a.O.) in Anwendung der §§ 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 Euro festgesetzt. Neuere eine zwischenzeitliche Änderung der Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts belegende Entscheidungen sind weder seitens des Beschwerdeführers benannt noch anhand einer Recherche aufzufinden gewesen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht den Streitwert in Anwendung des § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG festsetzt, handelt es sich jeweils um eine sogenannte förderliche Dienstpostenvergabe, die Vorwirkung auf die spätere Verleihung des Statusamtes zeitigt.(so z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 21.12.2017 - 2 VR 3/17 -, juris Rdnrn. 2 und 24, vom 21.12.2016 - 2 VR 1/16 -, juris Rdnrn. 2 und 46, und vom 3.7.2012 - 2 VR 3/12 -, juris Rdnrn. 2 und 4)

Soweit das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg(OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.8.2013 - OVG 6 L 56.18 -; juris) im Rahmen der Begründung der Änderung seiner Rechtsprechung im Sinn der vom Beschwerdeführer befürworteten Anwendung des § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG a.F., nunmehr § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG, u.a. auf die Streitwertfestsetzung des Bundesverwaltungsgerichts im Verfahren 2 VR 1/13 sowie auf die Streitwertentscheidung des Senats im Verfahren 1 B 311/13 verweist, lagen dem jeweils Ausschreibungen zur sogenannten förderlichen Besetzung zugrunde(BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - 2 VR 1/13 -, amtl. Abdr. S. 3 und 21; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21.6.2013, a.a.O., vgl. zum dortigen Sachverhalt den vorangegangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15.4.2013 - 2 L 1789/12 -, juris), hinsichtlich derer nach der Spruchpraxis des Senats § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 GKG zur Anwendung gelangt.

Zu der seitens des Beschwerdeführers angeführten Änderung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs(BayVGH, Beschluss vom 24.10.2017 - 6 C 17.1429 -, juris), die der Senat sich zu Eigen machen solle, ist zunächst festzustellen, dass es - wie aufgezeigt - in Bezug auf Konkurrentenstreitigkeiten, die sich auf beförderungsrelevante Auswahlentscheidungen beziehen, ohnehin der Rechtsprechung des erkennenden Senats entspricht - anders als dies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bisher gehandhabt hat(BayVGH, Beschluss vom 16.4.2013 - 6 C 13.284 -, juris m.w.N.) -, den Streitwert nach Maßgabe des § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 GKG festzusetzen.

Ferner ist festzustellen, dass die Argumente, die den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zur Neuausrichtung seiner Rechtsprechung bewogen haben, in Bezug auf eine außerhalb von Beförderungsverfahren erfolgende Vergabe höherwertiger Dienstposten, wie sie fallbezogen in Rede steht, jedenfalls unter Berücksichtigung der im Saarland verbreiteten Topfwirtschaft nicht zu überzeugen vermögen. Auch die seitens des Antragsgegners praktizierte Vergabe von Funktionsstellen in der Schulverwaltung zeichnet sich nach der Erfahrung des Senats dadurch aus, dass es landesweit sehr viel mehr Funktionsstellen als diesen zuzuordnende Statusämter gibt. Dementsprechend ist es nach der Übertragung einer Funktionsstelle in der Schulleitung keineswegs zwingend, dass dem Ausgewählten ein entsprechendes Statusamt verliehen wird, zumindest aber kann es eine im Vorfeld nicht abzusehende Anzahl von Jahren dauern, bis dies geschieht. Aus der saarländischen Finanzverwaltung sind sogar Fälle bekannt, in denen der Inhaber eines höherwertigen Dienstpostens die höherwertige Tätigkeit mehr als 20 Jahre lang ausgeübt hat, bevor ihm das zugehörige Statusamt verliehen worden ist. Den Streitwert unter solchen Umständen in einem Konkurrenteneilrechtsschutzverfahren betreffend die Vergabe eines nicht förderlich ausgeschriebenen Dienstpostens anhand der Bezüge zu bemessen, die der Wertigkeit des Dienstpostens entsprechen, lässt sich mit der individuellen Bedeutung der Sache für den unterlegenen Bewerber und dessen finanziellem Interesse(BayVGH, Beschluss vom 24.10.2017, a.a.O., Rdnr. 10) nicht rechtfertigen.

Der Senat hat schließlich erwogen, ob es interessegerecht im Sinn des § 52 Abs. 1 GKG wäre, der Beschwerde durch Anhebung des erstinstanzlich festgesetzten Streitwert auf den vollen Auffangstreitwert teilweise stattzugeben, aber auch dies würde dem an der Bedeutung der Sache für den Rechtschutzsuchenden auszurichtenden Ermessen nicht gerecht.

Zwar lässt sich die langjährige Streitwertpraxis des Senats in Eilrechtsschutzverfahren, die sich auf eine unmittelbare Beförderung bzw. auf eine Beförderung nach Erprobung beziehen, dahin zusammenfassen, dass in einem entsprechenden auf Verleihung eines anderen Amtes zielenden Hauptsacheverfahren § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 GKG zur Anwendung gelangt, dass der sich so ergebende Wert in den regelmäßig verfahrensgegenständlichen auf Neubescheidung des Beförderungsbegehrens zielenden Hauptsacheverfahren zu halbieren ist und – was vorliegend in die Überlegungen einzustellen war - dass in den korrespondieren Eilrechtsschutzverfahren eine weitere Halbierung unterbleibt, da das einstweilige Verfahren im Verhältnis zu dem Hauptsachebegehren, die beabsichtigte Beförderung eines Mitbewerbers zwecks Ermöglichung einer Neubescheidung der eigenen Bewerbung zu unterbinden, jedenfalls in Teilen die Hauptsache vorwegnimmt.(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21.6.2013, a.a.O.) In Eilrechtsschutzverfahren, deren Gegenstand sich - wie vorliegend - auf die vorläufige Freihaltung eines höherwertigen Dienstpostens beschränkt, dessen Übertragung außerhalb eines Beförderungsverfahrens erfolgen soll und die seitens des Dienstherrn im Rahmen seines Organisationsermessens ungeachtet einer etwaigen Bewährung rückgängig gemacht werden kann, verfangen die vorstehenden, das Absehen von einer weiteren Halbierung in Beförderungsstreitigkeiten rechtfertigenden Überlegungen indes nicht.

Der Senat sieht es daher weiterhin als interessegerecht im Sinn des § 52 Abs. 2 GKG an, den Auffangstreitwert in Eilverfahren der vorliegenden Art zu halbieren, und hält an seiner diesbezüglichen Praxis fest.

Die Beschwerde unterliegt mithin der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

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