Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 1 B 83/20

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 2. März 2020 – 1 L 216/20 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Antragstellerin zur Last.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin betreibt – neben anderen Spielhallen im Saarland – aufgrund nach § 33i GewO erteilter Erlaubnis vom 27.2.2007 die streitgegenständliche Spielhalle „Casino M.“ Konzession I am Standort T-Straße, M.. In einem Abstand von weniger als 500 m Luftlinie zu der vorgenannten Spielhalle werden in der Kreisstadt M. zwei weitere Spielhallen betrieben, nämlich eine Spielhalle der R. GmbH (Antragstellerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren 1 L 610/19) am Standort P-Straße sowie in der T-Straße eine Spielhalle der MS, welcher der Antragsgegner – nachdem ein im Jahr 2017 durchgeführtes Auswahlverfahren vom Senat beanstandet worden war – im Rahmen eines erneuten Auswahlverfahrens zur Auflösung der Abstandskollision nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 SSpielhG mit Bescheid vom 20.3.2019 die Erlaubnis zum Weiterbetrieb ihrer Spielhalle über den 30.6.2017 hinaus erteilte. Der Bescheid ist Gegenstand der beim Verwaltungsgericht erhobenen Drittanfechtungsklagen der Antragstellerin – 1 K 601/19 – sowie der R. GmbH – 1 K 513/19 –.

Mit weiterem Bescheid vom 20.3.2019, der Gegenstand des Hauptsacheverfahrens 1 K 602/19 ist, lehnte der Antragsgegner hinsichtlich der in der T-Straße betriebenen streitgegenständlichen Spielhalle der Antragstellerin sowohl die Erteilung einer Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 SSpielhG als auch eine Befreiung nach § 12 Abs. 2 SSpielhG vom Abstandsgebot ab. Die Antragstellerin wurde ferner aufgefordert, die Spielhalle binnen eines Monats nach Zustellung des Bescheides zu schließen.

Den von der Antragstellerin am 18.4.2019 gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, den Fortbetrieb der Spielhalle „Casino M.“ Konzession I bis zum rechtskräftigen Abschluss des Erlaubnisverfahrens zu dulden, wies das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4.7.2019 1 L 632/19 – zurück.

Die von der Antragstellerin hiergegen eingelegte Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 23.1.2020 – 1 B 248/19 – zurück. Gegen diesen Beschluss erhob die Antragstellerin Anhörungsrüge, die vom Senat mit Beschluss vom 13.2.2020 – 1 B 59/20 – zurückgewiesen wurde.

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4.7.2019 und den diesen bestätigenden Beschluss des Senats vom 23.1.2020 – 1 B 248/19 – hat die Antragstellerin beim Verfassungsgerichtshof des Saarlandes Verfassungsbeschwerde eingelegt, die dort unter dem Aktenzeichen Lv 3/20 anhängig ist, und beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, den Betrieb der Spielhalle bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde weiter zu dulden.

Mit Bescheid vom 13.2.2020 hat der Antragsgegner die Schließung der eingangs bezeichneten Spielhalle angeordnet und die Antragstellerin aufgefordert, den Betrieb bis zum 29.2.2020 einzustellen. Mit Datum vom 27.2.2020 hat der Antragsgegner seinen Bescheid dahin abgeändert, dass der Antragstellerin eine Frist zur Einstellung des Spielhallenbetriebs von einem Monat nach Zustellung des Bescheides vom 13.2.2020 (Zustellung am 24.2.2020) gesetzt wurde. Die von der Antragsteller gegen den Bescheid erhobene Klage ist unter dem Aktenzeichen 1 K 214/20 beim Verwaltungsgericht anhängig.

Mit Beschluss vom 28.2.2020 – Lv 3/20 – hat der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes dem Antragsgegner auferlegt, bis zur Entscheidung über den beim Verfassungsgerichtshof gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung den Betrieb der Spielhalle vorläufig zu dulden.

Den beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 1 K 214/20 gegen den Bescheid vom 13.2.2020 anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 2.3.2020 – 1 L 216/20 – zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Die am 3.3.2020 beim Verwaltungsgericht eingegangene, am 31.3.2020 begründete Beschwerde der Antragstellerin gegen den im Tenor bezeichneten, der Antragstellerin am 2.3.2020 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig, aber unbegründet.

Das Vorbringen der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 31.3.2020, das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der vom Senat vorzunehmenden Prüfung begrenzt, gibt keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern.

Die Antragstellerin rügt, dass das Verwaltungsgericht ihrer Auffassung, die in Art. 44 Satz 1 SVerf verfassungsrechtlich verbürgte Gewerbefreiheit in ihrer maßgeblichen Ausgestaltung durch das Gebot des Art. 54 Abs. 1 SVerf, den saarländischen Mittelstand zu fördern und in seiner freien Entfaltung zu schützen, gebiete den Vorrang des Aussetzungsinteresses, nicht gefolgt ist. Zwar verlange die Rechtsprechung für den Erlass einer Schließungsverfügung grundsätzlich keine rechtskräftige Versagung der Erlaubnis. Fallbezogen sei indes die Besonderheit zu berücksichtigen, dass ihr Spielhallenbetrieb bisher erlaubt gewesen und die Versagung der Erlaubnis Folge einer bis heute streitigen, erst durch eine nachträgliche Änderung der Rechtslage erforderlich gewordenen Auswahlentscheidung sei. Da zudem die Gewerbefreiheit durch die saarländische Landesverfassung besonders geschützt sei und die Verfassung ferner das Gebot enthalte, den saarländischen Mittelstand zu fördern und zu schützen, liege nicht der typische Fall, sondern der Ausnahmefall einer Schließungsanordnung nach Versagung der Erlaubnis im Mehrpersonenverhältnis vor. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass die Schließungsanordnung die Aufgabe ihrer gewerblichen Tätigkeit zu Konsequenz habe, obwohl über die Auswahlentscheidung noch nicht endgültig entschieden worden sei. Damit werde ihre mittelständische Existenz am Standort vernichtet, ohne dass rechtskräftig feststehe, dass die behördliche Auswahlentscheidung rechtmäßig erfolgt sei. Zudem werde in Kauf genommen, dass konkurrierende Betreiber im Gemeindegebiet durch ihr Ausscheiden vom Markt Wettbewerbsvorteile erzielen, die bei einer späteren Feststellung der Rechtswidrigkeit der getroffenen Auswahlentscheidung irreversibel seien. Dies sei mit den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen nicht vereinbar. § 9 Abs. 3 Satz 2 SSpielhG stehe dem nicht entgegen, da die Vorschrift lediglich eine pauschale normative Wertung des Landesgesetzgebers enthalte, welche die verfassungsrechtliche Gewährleistungen, auf die sie, die Antragstellerin, sich berufe, nicht überlagern könne.

Diese Argumentation der Antragstellerin verfängt nicht. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht zutreffend und im Einklang mit der Rechtsprechung dargelegt, dass der Erlass einer auf § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO gestützten Schließungsanordnung nicht die Rechtskraft der Erlaubnisversagung voraussetzt. Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend dargelegt, dass sich weder aus Art. 44 Satz 1 in Verbindung mit Art. 54 Satz 1 SVerf, noch aus den Grundrechten aus Art. 12, 14 oder 19 Abs. 4 GG eine Notwendigkeit herleiten lässt, bis zum rechtskräftigen Abschluss eines gegen die Versagung einer beantragten Erlaubnis gerichteten Hauptsacheverfahrens vom Erlass einer Schließungsanordnung abzusehen.

Dies entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats.(Beschluss des Senats vom 20.12.2018 – 1 B 231/18 –, juris, Rdnrn. 9 f.) Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, bei der Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG und dem Erfordernis einer Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Gewährleistungen handele es sich um zwei voneinander zu unterscheidende Maßstäbe. Der Senat hat in dem bereits zitierten Beschluss vom 20.12.2018(A.a.O., juris-Rdnrn. 11 ff.) betont, dass Art. 19 Abs. 4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens stellt, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Mit ihrem Beschwerdevorbringen verkennt die Antragstellerin, dass der Senat damit gerade den von der Antragstellerin angemahnten Schutz verfassungsrechtlicher Gewährleistungen sichergestellt hat. Abgesehen davon, dass der Senat sich bislang nicht davon überzeugt sah, dass – wie die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung vorträgt – die Schließung der verfahrensgegenständlichen Spielhalle, bei der es sich um eine von mehreren Spielhallen der Antragstellerin handelt, diese insgesamt zur Aufgabe ihrer gewerblichen Tätigkeit zwingen würde, hätte die von der Antragstellerin vertretene Auffassung zu Konsequenz, dass Bestandsspielhallen, obwohl deren Erlaubnisse bereits mit Ablauf des 30.6.2017 erloschen sind, stets über Jahre hinweg bis zum rechtskräftigen Abschluss der sich anschließenden Klageverfahren weiter betrieben werden dürften. Dass diese Konsequenz über die verfassungsrechtlich gebotene Gewährung effektiven Rechtsschutzes hinausginge, hat der Senat in dem Beschluss vom 20.12.2018 ausführlich dargelegt und begründet. Hieran ist festzuhalten, zumal die Saarländische Landesverfassung, deren Schutz die Antragstellerin für sich in Anspruch nimmt, eine Vielzahl weiterer Vorgaben formuliert wie beispielsweise die Aufgabe, dem Wohle des Volkes zu dienen (Art. 43) und für den Schutz von Kindern Sorge zu tragen (Art. 24 und Art. 24a), und in den Neuregelungen des Saarländischen Spielhallengesetzes eindeutig der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck kommt, gerade diesen Schutzerfordernissen Rechnung zu tragen und die saarländische Spielhallenlandschaft ab dem 1.7.2017 so zügig wie möglich an die Neuregelungen anzupassen.(Beschluss des Senats vom 23.1.2020 – 1 B 248/19 –, juris, Rdnr. 30) Die Antragstellerin verkennt zudem, dass die Rechtmäßigkeit der Auswahl- und der Härtefallentscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren einer vertieften Überprüfung unter Berücksichtigung ihrer verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen unterzogen worden ist.

Die Antragstellerin rügt des Weiteren, die Schließungsanordnung des Antragsgegners sei ermessensfehlerhaft, weil die zugunsten ihrer Konkurrentin getroffene Auswahlentscheidung rechtswidrig sei. Der Beschluss des erkennenden Senats vom 23.1.2020 – 1 B 248/19 –, auf den das Verwaltungsrecht Bezug genommen habe, werde einer verfassungsrechtlichen Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof des Saarlandes aller Voraussicht nach nicht standhalten. Hierzu verweist sie auf das anhängige Verfassungsbeschwerdeverfahren. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht nicht beanstandet, dass der Antragsgegner dem längeren Zurückliegen der von ihr begangenen Verfehlungen im Vergleich zu denjenigen der Konkurrentin keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen habe. Dem trete sie, die Antragstellerin, erneut entgegen und verweise auf ihre Ausführungen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren 1 L 632/19 (VG), 1 B 248/19 (OVG). Bei der für das Kriterium der Bereitschaft zu gesetzeskonformem Verhalten anzustellenden Prognose sei die Tatsache, dass ein Rechtsverstoß anderthalb Jahre länger zurückliege als beim Konkurrenten, rechtserheblich. Die gegenteilige Auffassung stehe nicht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 44 Satz 1 SVerf. So sei insbesondere das verfassungsrechtlich garantierte chancengleiche Auswahlverfahren nicht gewahrt, wenn eine länger andauernde Gesetzestreue als unerheblich deklariert und ihr insofern die Bedeutung für das Auswahlverfahren abgesprochen werde.

Auch dieses Vorbringen der Antragstellerin verhilft ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg.

Dabei kann die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage, ob es im Verfahren um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Schließungsanordnung nach § 15 Abs. 2 GewO angesichts der fehlenden Erlaubnis und des von der Antragstellerin im Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Erlaubnisversagung in Anspruch genommenen Rechtsschutzes einer erneuten Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Erlaubnisversagung überhaupt bedarf, ebenso dahingestellt bleiben wie die weitere Frage, inwiefern die diesbezüglich weitgehend von Bezugnahmen geprägte Beschwerdebegründung dem Darlegungserfordernis nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO genügt.

Der Senat hat in Fortführung seiner Rechtsprechung(u.a. Beschluss vom 20.12.2018 – 1 B 231/18 –, juris) in seinem Beschluss vom 23.1.2020 – 1 B 248/19(juris) – daran festgehalten, dass die Qualität der Betriebsführung im Rahmen der zwischen zwei oder mehreren in Abstandskollision betriebenen Spielhallen zu treffenden Auswahlentscheidung einer der maßgeblichen Auswahlparameter ist und für die insoweit anzustellende Prognose künftiger Rechtstreue in der Vergangenheit begangene Rechtsverstöße in den Blick zu nehmen sind. Der Senat hat des Weiteren in Anlehnung an das übrige Gewerberecht festgestellt, dass diese Rechtsverstöße einem zeitlichen Verwertungsverbot unterliegen. Ferner hat der Senat ausführlich dargelegt und begründet, dass bei Rechtsverstößen, die mit einem Bußgeldbescheid geahndet wurden, hinsichtlich des Beginns der Frist bis zum Eintritt des Verwertungsverbots auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Bußgeldbescheides, nicht auf den Zeitpunkt der Tatbegehung abzustellen ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Beschluss vom 23.1.2020 wird vollinhaltlich Bezug genommen. Nachfolgend ist der Senat auch der von der Antragstellerin erhobenen Rüge nachgegangen, der Antragsgegner und ihm folgend das Verwaltungsgericht hätten nicht berücksichtigt, dass die ihr zugerechneten Verstöße länger zurückliegen als die ihrer Konkurrentin. Hierzu heißt es in dem Beschluss: „Das Verwaltungsgericht hat es bei dieser Feststellung indes nicht belassen, sondern weiter ausgeführt, bei der Gewichtung der festgestellten Verstöße sei eine Gesamtschau vorzunehmen, bei der verschiedene Kriterien, insbesondere auch die unterschiedliche Schwere von Rechtsverstößen, zu berücksichtigen seien. Vorliegend habe der Antragsgegner eine derartige Gesamtschau vorgenommen und dabei sowohl berücksichtigt, wann und wie viele Verstöße festgestellt wurden, als auch, dass die Antragstellerin mehr Spielhallen als die ausgewählte Konkurrentin betreibe, und letztlich insbesondere die Schwere der festgestellten Verstöße in den Blick genommen. Dass der Antragsgegner bei der dem Bescheid vom 20.3.2019 zugrunde liegenden Gesamtschau dem von der Antragstellerin angeführten zeitlichen Aspekt, wonach die der Antragstellerin angelasteten Verfehlungen bereits Mitte des Jahres 2013, die der Konkurrenten angelasteten Verfehlungen hingegen erst Anfang 2015 festgestellt worden sind, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen habe, sei nicht zu beanstanden. Auch nach Auffassung der Kammer sei der relativ geringe zeitliche Unterschied im konkreten Fall unerheblich.“ Diese vom Verwaltungsgericht vorgenommene Gesamtschau hat der Senat insbesondere mit Blick auf die Schwere der von der Antragstellerin begangenen Rechtsverstöße gebilligt. Es kann mithin keine Rede davon sein, dass das Verwaltungsgericht und ihm folgend der Senat dem Zeitpunkt der Tatbegehung keine rechtserhebliche Bedeutung beigemessen hätten. In der Gesamtschau war dieser Aspekt allerdings im Vergleich zu anderen maßgeblichen Gesichtspunkten nicht durchschlagend.

Im Übrigen sieht sich der Senat mit Blick auf die von der Antragstellerin erhobene Verfassungsbeschwerde zu dem Hinweis veranlasst, dass die umfänglichen Ausführungen der Antragstellerin zur Begründung ihrer Annahme, die Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigungsfähigkeit in der Vergangenheit liegender Verstöße der Spielhallenbetreiber gegen die Vorgaben des zum 1.7.2012 in Kraft getretenen Saarländischen Spielhallengesetzes verletze sie in ihren Rechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 44 Satz 1 in Verbindung mit Art. 54 Satz 1 SVerf, auch an dieser Stelle ausblenden, dass der Senat diese Rechtsprechung gerade entwickelt hat, um den von der Antragstellerin angemahnten Schutz verfassungsrechtlicher Gewährleistungen sicherzustellen. Eine an diesen Grundsätzen orientierte Auswahlentscheidung zwischen konkurrierenden Spielhallenbetreibern verletzt diese nicht in ihren durch die Verfassung geschützten Rechten.

Im Vorfeld der beanstandeten Senatsrechtsprechung hatte das Bundesverfassungsgericht(BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 – 1 BvR 1874/13 u.a. –, juris) auf die Rüge, das Saarländische Spielhallengesetz sei verfassungswidrig, festgestellt, dass die durch die Übergangsvorschriften im Saarländischen Spielhallengesetz bewirkten Eingriffe in die Gewährleistung des Art. 12 GG – ob der Schutzbereich des Art. 14 GG überhaupt eröffnet sei, könne dahinstehen, da dieser jedenfalls nicht zu einem weitergehenden Schutz der Spielhallenbetreiber führe(BVerfG, a.a.O., Rdnr. 169) – gerechtfertigt sind und unter anderem dem Vorbehalt des Gesetzes gerecht werden.(BVerfG, a.a.O., Rdnrn. 181 ff.)

Hierzu führt das Bundesverfassungsgericht aus, der Gesetzgeber müsse bei Auswahlentscheidungen selbst die Voraussetzungen bestimmen, unter denen der Zugang zu eröffnen oder zu versagen ist, und ein rechtsstaatliches Verfahren bereitstellen, in dem hierüber zu entscheiden ist. Aus der Zusammenschau mit dem Bestimmtheitsgrundsatz(vgl. hierzu auch Rdnr. 125) ergebe sich, dass die gesetzliche Regelung desto detaillierter ausfallen muss, je intensiver die Auswirkungen auf die Grundrechtsausübung der Betroffenen sind. Die erforderlichen Vorgaben müssten sich dabei nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes ergeben; vielmehr genüge es, dass sie sich mithilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte der Regelung erschließen lassen.

Gemessen hieran verstoße das Fehlen von Kriterien für die zu treffende Auswahl zwischen bestehenden Spielhallen mit Altgenehmigungen im Saarländischen Spielhallengesetz verstoße nicht – so das Bundesverfassungsgericht – gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes. Zwar sei der Entzug der Gewerbeerlaubnis wegen des drohenden völligen oder teilweisen Verlusts der beruflichen Betätigungsmöglichkeit von erheblichem Gewicht. Allerdings sei die Belastung durch den Eingriff in die Berufsfreiheit in zweifacher Weise durch die Regelung im Saarländischen Spielhallengesetz abgemildert, und zwar durch die fünfjährige Übergangsfrist und die Möglichkeit einer Härtefallbefreiung bei der Entscheidung über die Wiedererteilung nach Fristablauf. Zudem gehe es nur um eine Überleitungsregelung für eine bestimmbare Anzahl von Bestandsspielhallen, nicht um die grundsätzliche und allgemeine Zuordnung unterschiedlicher Grundrechtspositionen für eine bestimmte Vielzahl von zukünftigen Auswahlentscheidungen. Die wesentlichen Parameter der Auswahlentscheidung in Konkurrenzsituationen zwischen Bestandsspielhallen ließen sich dem Saarländischen Spielhallengesetz in hinreichendem Maße entnehmen. Insbesondere könne zur Konturierung der Auswahlkriterien zunächst auf die Regelung zur Härtefallbefreiung nach § 12 Abs. 2 SSpielhG zurückgegriffen werden, auch ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung, dass bei der Auswahlentscheidung die mit der Neuregelung verfolgten und in § 1 Abs. 1 SSpielhG niedergelegten Ziele zu beachten sind. Zudem seien die zuständigen Behörden gehalten, sich eines Verteilmechanismus zu bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermögliche.(BVerfG, a.a.O., Rdnrn. 183 ff.)

Zur Gewährleistung der aufgezeigten und weiterer(Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.5.2005 – 1 BvR 569/05 –, juris, Rdnrn. 24 ff., und Nichtannahmebeschluss vom 12.9.2011 – 2 BvR 1206/11 –, juris, Rdnr. 15) verfassungsrechtlicher Vorgaben hat der Senat(u.a. in dem von der Antragstellerin betriebenen Verfahren 1 B 231/18) entschieden, dass Art. 19 Abs. 4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung eines zur Überprüfung einer Auswahlentscheidung eingeleiteten Eilrechtsschutzverfahrens stellt. So seien die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung und gegebenenfalls die Voraussetzungen eines Befreiungsanspruchs nicht nur summarisch, sondern – soweit möglich – abschließend zu prüfen. Soweit eine vollständige Aufklärung, insbesondere der Sachlage, mit den Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht möglich ist, sei anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden, in die die grundrechtlichen Belange des um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchenden unterlegenen Spielhallenbetreibers umfassend einzustellen sind.(OVG des Saarlandes, u.a. Beschluss vom 20.12.2018 – 1 B 231/18 –, juris, Rdnrn. 11 ff.)

Bezogen auf die konkret in Rede stehende Berücksichtigungsfähigkeit spezifisch spielhallenrechtlicher Verstöße hat der Senat sodann festgestellt, dass jedem Spielhallenbetreiber seit Inkrafttreten der Neuregelungen bewusst sein musste, dass nach Ablauf der Übergangsfrist des § 12 Abs. 1 Satz 1 SSpielhG nicht nur die Versagungsgründe der §§ 33c Abs. 2, 33d Abs. 3 GewO der Erteilung einer Erlaubnis für den Weiterbetrieb der Spielhalle entgegenstehen können, sondern gleichermaßen der Versagungsgrund des § 3 Abs. 1 Nr. 1 SSpielhG, der voraussetzt, dass der Betrieb der Spielhalle den Zielen und Bestimmungen des Saarländischen Spielhallengesetzes zuwiderläuft.(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 20.12.2018, a.a.O., Rdnrn. 28 ff.)

Die anfängliche Rechtsanwendungspraxis des Antragsgegners zeichnete sich in Bezug auf das Maß der Gesetzestreue konkurrierender Spielhallenbetreiber dadurch aus, dass er im Rahmen seiner Auswahlentscheidungen alle ihm bekannt gewordenen Rechtsverstöße der einzelnen Konkurrenten unabhängig von deren Gewicht und unabhängig davon, wie lange sie zeitlich zurücklagen, auflistete und berücksichtigte. Diese Praxis des Antragsgegners ließ außer Acht, dass Verfehlungen, um im Auswahlverfahren berücksichtigungsfähig zu sein, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ihrem Gegenstand nach geeignet sein müssen, Rückschlüsse auf das Maß der zu erwartenden Rechtstreue der jeweiligen Konkurrenten zu tragen, mithin von einem gewissen Gewicht sein müssen, um Aussagekraft zu haben. Dies veranlasste den Senat zu der Feststellung, dass Verfehlungen nur beachtlich sind, wenn sie in § 11 SSpielhG als Ordnungswidrigkeit gelistet sind und eine gewisse Aktualität aufweisen.

Zur Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die notwendige Aktualität einer Verfehlung vorliegt, stellt der Senat im Interesse einer größtmöglichen Rechtssicherheit und zwecks Gleichbehandlung der Konkurrenten auf die einschlägigen Vorgaben des allgemeinen Gewerberechts zur Verwertbarkeit früheren Fehlverhaltens ab und orientiert sich damit – mangels spezifischer Vorgaben des saarländischen Spielhallenrechts – weitest möglich am Willen des Gesetzgebers der auch für das Gewerbe des Betriebs von Spielhallen Geltung beanspruchenden Gewerbeordnung, indem er die dortigen Regelungen eins zu eins für anwendbar erachtet.

Dies bewirkt im Übrigen im Interesse der Betroffenen, dass ein Rechtsverstoß, sofern der Bußgeldbescheid angegriffen wird, nur dann berücksichtigt werden kann, wenn er rechtskräftig feststeht. Diese Handhabung verletzt die Antragstellerin nicht in verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen.

Die für die Tilgung von Eintragungen im Gewerbezentralregister und die für die Beachtlichkeit von Rechtsverstößen im Rahmen der Erteilung gewerberechtlicher Erlaubnisse maßgeblichen Fristen knüpfen, soweit die Verstöße geahndet worden sind, durchgängig an die Rechtskraft der ergangenen Entscheidungen an. Demgemäß ist die Rechtskraft einer Verurteilung oder eines Bußgeldbescheids hinsichtlich der Anforderungen an die allgemeine gewerberechtliche Zuverlässigkeit, denen auch die Betreiber von Spielhallen genügen müssen, kraft Gesetzes der für die Berücksichtigungsfähigkeit einer Verfehlung maßgebliche Anknüpfungspunkt. Im Übrigen prägt die Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Rechtskraft nicht nur das Gewerberecht, sondern ist in allen Rechtsgebieten, in denen es um die persönliche Zuverlässigkeit geht, wie etwa im Waffen- oder Jagdrecht, die Richtschnur des Gesetzgebers. Nichts anderes gilt etwa im Anwendungsbereich des Bundeszentralregistergesetzes und in Bezug auf die Tilgung fahrerlaubnisrelevanter Eintragungen im Verkehrszentralregister. All dies, also die Rechtskraft als Beginn der für die Beachtlichkeit von Rechtsverstößen maßgeblichen Fristenberechnung, ist – soweit ersichtlich – verfassungsrechtlich bisher nicht in Zweifel gezogen worden.

Aus Gründen der durch Art. 12 Abs. 1 SVerf und Art. 3 GG gebotenen Gewährleistung einer einheitlichen Verwaltungspraxis ist zur Vorbereitung einer Auswahlentscheidung geboten, für jeden Spielhallenbetreiber gesondert zu ermitteln, welche etwaigen Verfehlungen im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung nach Maßgabe vorstehender Ausführungen noch berücksichtigungsfähig sind, und sind diese sodann der vergleichenden Betrachtung zugrunde zu legen. Genau dies ist fallbezogen geschehen und diese Handhabung garantiert, dass hinsichtlich der Auswahl zwischen mehr als zwei konkurrierenden Spielhallen hinsichtlich aller Betreiber gleiche Maßstäbe angelegt werden. Die Alternative, abweichend von der aufgezeigten Richtschnur des Gesetzgebers im Verhältnis konkurrierender Betreiber zueinander durchgängig auf den Tattag und die seither verstrichene Zeit abzustellen, findet demgegenüber in der geltenden Gesetzeslage keine Rechtfertigung und ist aus Sicht des Senats auch verfassungsrechtlich keineswegs vorgegeben.

Auch soweit die Antragstellerin schließlich rügt, die ihr vom Antragsgegner gesetzte Abwicklungsfrist von einem Monat ab Zustellung der Schließungsanordnung sei zu kurz bemessen, kann ihre Beschwerde keinen Erfolg haben. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die Frist zur Abwicklung eines Spielhallenbetriebs nicht großzügig, sondern ausreichend bemessen sein muss.(Beschlüsse des Senats vom 20.12.2018 – 1 B 231/18 –, juris, Rdnr. 119, und vom 23.1.2020 – 1 B 248/19 –, juris, Rdnr. 73) In seinem die verfahrensgegenständliche Spielhalle betreffenden Beschluss vom 23.1.2020 hat der Senat ausgeführt, dass sich die für die Angemessenheit der Abwicklungsfrist mitentscheidende Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Antragstellerin, den Betrieb ihrer ehemals erlaubten Spielhalle trotz der Neuregelungen des Spielhallenrechts über den 30.6.2017 hinaus langfristig fortsetzen zu dürfen, mit zunehmendem Zeitablauf kontinuierlich mindert. Des Weiteren hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin schon zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 20.3.2019, der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens 1 B 248/19 war und mit dem ihr eine Abwicklungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Bescheides gesetzt wurde, bereits seit eindreiviertel Jahren von der vorübergehenden Duldung der Fortführung ihrer Spielhalle profitiert hatte und angesichts der Zielsetzung des Gesetzgebers, dem neuen Spielhallenrecht möglichst zeitnah Geltung zu verschaffen, nicht erwarten durfte, dass sich dies auf die Angemessenheit der ihr gesetzten Abwicklungsfrist nicht auswirken werde, und diese schließlich auch im Lichte des Umstands zu würdigen ist, dass der Antragsgegner der Antragstellerin während des laufenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Duldung zugesichert hat.

Der Senat sieht sich, nach dem nunmehr wiederum über ein Jahr vergangen ist, in dem die Antragstellerin die verfahrensgegenständliche Spielhalle weiter betreiben konnte, durch die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht veranlasst, von seiner Auffassung abzurücken. Die Antragstellerin kann dem nach Ergehen des Beschlusses des Senats vom 23.1.2020 nicht ernsthaft entgegenhalten, sie habe davon ausgehen dürfen, dass eine für sie günstige gerichtliche Entscheidung ergeht. Es ist offensichtlich, dass es der Antragstellerin nicht darum geht, den Betrieb der verfahrensgegenständlichen Spielhalle abzuwickeln und hierfür – aus welchen Gründen auch immer – mehr Zeit zu beanspruchen, sondern darum, den Spielhallenbetrieb so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, um hieraus weiterhin wirtschaftlich zu profitieren. Genau dies ist aber nicht Sinn der Abwicklungsfrist und kann daher kein im Rahmen der Überprüfung ihrer Angemessenheit maßgebliches Kriterium sein. Dies verkennt die Antragstellerin, wenn sie sich auch in diesem Zusammenhang auf die Art. 44 Satz 1 und 54 Satz 1 SVerf beruft, die bereits im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Schließungsanordnung zu berücksichtigen waren und fallbezogen – wie dargelegt – nicht verletzt sind. Gänzlich verfehlt ist in diesem Zusammenhang daher auch der Hinweis der Antragstellerin darauf, dass sie die ihr eingeräumte Abwicklungsfrist infolge der Corona-Krise nicht vollständig habe nutzen können. Gerade diese Argumentation belegt, dass die Antragstellerin die Abwicklungsfrist nicht ihrem Sinn entsprechend als Ermöglichung einer geregelten Betriebsaufgabe, sondern als Mittel begreift, entgegen den Zielen der Neuregelungen des saarländischen Spielhallenrechts aus einer nicht erlaubten und nicht erlaubnisfähigen Spielhalle weiterhin Gewinne zu erzielen.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich schließlich, dass die ausschließlich auf die vermeintliche Rechtswidrigkeit der Schließungsverfügung gestützte, gegen die Zwangsmittelandrohung und -festsetzung gerichtete Rüge der Antragstellerin unbegründet ist.

Die Beschwerde war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

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