Beschluss vom Sächsisches Oberverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 M 19/19

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin richtet sich gegen eine wasserrechtliche Ordnungsverfügung des Antragsgegners.

2

Die Antragstellerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke. Auf diesen Grundstücken befindet sich u.a. eine Sauenzuchtanlage mit einer Anlage zur Lagerung von Gülle und Gärresten (Becken A bis G). Die Anlage wurde mit immissionsschutzrechtlicher Genehmigung des Regierungspräsidiums Halle vom 20.12.1996 genehmigt. Eine Darstellung der auf dem Gelände vorhandenen Leitungen und Stoffströme befindet sich auf einem Übersichtsplan vom 20.10.2016.

3

In einem Schreiben an die Antragstellerin vom 28.08.2017 führte der Antragsgegner nach zwei Anlagenkontrollen folgendes aus:

4

I. Es sei Gülle aus dem Güllepufferbehälter 1 auf die angrenzenden Flächen aus- bzw. übergetreten. Die Güllepufferbehälter 1 und 2 (Rundbecken) seien vollständig gefüllt gewesen. Freiborde seien nicht zu erkennen gewesen.

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II. Der Güllepufferbehälter 3 (Außenbecken) sei vollständig überstaut gewesen. Die auslaufende Gülle habe sich auf einer Länge von ca. 100 m und einer Breite von ca. 6 m auf das nördlich angrenzende Maisfeld ergossen. Auf einer angrenzenden Pferdekoppel sei eine flächige Verteilung von Gülle festzustellen gewesen.

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III. Im südöstlichen Bereich der Grundstücke befinde sich ein ca. 1,2 m über Geländeoberkante (GOK) liegender Schacht, der nach dem Übersichtsplan auf der Verbindungsleitung zwischen Fahrsilo und Becken G zu verorten sei. Hier sei der Austritt flüssiger Stoffe (Silagesickersäfte des Fahrsilos oder rückläufiger Gärrest/Gärrest-Güllegemisch des Beckens G) mit flächenhaftem Austritt auf das angrenzende Feld zu verzeichnen gewesen.

7

IV. Im südlichen Bereich der Grundstücke befinde sich eine flexible Leitung (Schlauch), die mit dem Regenrückhaltebecken (RRB) verbunden sei. Hier sei der Austritt flüssiger Stoffe (Niederschlags- sowie Sanitärabwasser) mit flächenhaftem Austritt auf das angrenzende Feld zu verzeichnen gewesen.

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Zur Veranschaulichung zeichnete der Antragsgegner die Feststellungen I bis IV in den beigefügten Übersichtsplan ein (BA A Bl. 19). Er kündigte an, die dauernde Absenkung des Beckenniveaus der Güllepufferbehälter 1 bis 3 auf 30 cm unterhalb Beckenoberkante, die sofortige Untersagung der Ableitung aus dem RRB sowie die Erkundung des Umlenkschachtes anzuordnen.

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Am 06.11.2017 wurde im Rahmen einer Besprechung bei dem Antragsgegner u.a. die Überarbeitung des Übersichtsplans vom 20.10.2016 besprochen. Mit Schreiben vom 01.12.2017 übersandte die Antragstellerin dem Antragsgegner den Entwurf eines Protokolls dieser Besprechung. Hierin hieß es, der Antragsgegner bitte um Überprüfung/Ergänzung/Überarbeitung des Übersichtsplans vom 20.10.2016 hinsichtlich folgender Punkte:

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- Prüfung, ob die Kondensatleitung in das Becken E einleitet,

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- Prüfung, wo die Leitung von der Kleinkläranlage (KKA) aufbindet,

12

- Prüfung der NW-Leitung hinsichtlich der Einleitung des verschmutzten Niederschlagwassers,

13

- Aufnahme der Schächte in den Übersichtsplan,

14

- Aufnahme der Gülle-/Gärresteleitung in den Übersichtsplan (gelber Pfeil),

15

- Prüfung der Ableitung des Rückspülwassers und Aufnahme in den Übersichtsplan,

16

- Prüfung der Zuleitung zum Güllepufferbehälter 3 und Aufnahme in den Übersichtsplan.

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Die Antragstellerin sagte eine Nachreichung des überarbeiteten bzw. geänderten Übersichtsplans bis zum 15.12.2017 zu.

18

In einem Vermerk über eine Anlagenkontrolle vom 24.01.2018 (BA A Bl. 52) hielt der Antragsgegner fest, im Bereich der südlich des Beckens G gelegenen Wiese sei eine in Betrieb befindliche Wasserhaltung mittels mobiler Pumpen- und Schlauchtechnik festgestellt worden. Hierzu sei aus einem nördlich des Regenrückhaltebeckens befindlichen Schacht ein bräunliches Wassergemisch in die Fläche gepumpt worden.

19

Mit Schreiben vom 31.01.2018 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, bis zum 16.02.2018 einen Gesamtübersichtsplan des Betriebsgeländes mit vollständiger Darstellung aller wasserrechtlich relevanten Anbindungen sowie Stoffströme (Überarbeitung des Übersichtsplans vom 20.10.2016) nachzureichen.

20

Nachdem die Antragstellerin dies verweigert und auf den Übersichtsplan vom 20.10.2016 verwiesen hatte, gab der Antragsgegner ihr mit der angefochtenen Verfügung vom 11.06.2018 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, der unteren Wasserbehörde bis zum 12.07.2018 einen vollständigen Übersichtsplan des Betriebsgeländes mit Darstellung aller Medienleitungen für Gülle, Gärrest, Sanitärabwasser, Niederschlagswasser (verschmutzt und unverschmutzt), Grundwasser, Filterrückspülwasser der Grundwasseraufbereitung, Kondenswasser der Biogasanlage, Löschwasser sowie aller Drainageleitungen und aller ober- und unterirdischen Schächte zu übergeben (l.1.). Für den Fall, dass die Antragstellerin den Übersichtsplan nicht, nicht vollständig oder nicht termingerecht übergebe, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 € angedroht (I.3.). Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, im Zuge von Anlagenkontrollen sei festgestellt worden, dass verschiedene oberirdische Schächte (insbesondere nördlich sowie westlich des Lagerbeckens A, nördlich des Lagerbeckens G, südwestlich des Lagerbeckens A [3], nordwestlich des Lagerbeckens G, östlich des Lagerbeckens G bzw. südlich der Lagerbecken D/E, südöstlich des Fahrsilos, nördlich des Güllepufferbehälters 3 sowie südwestlich des Regenrückhaltebeckens) in dem vorliegenden Übersichtsplan vom 20.10.2016 nicht enthalten seien. In allen dieser Schächte seien teilweise mehrere flüssigkeitsführende Leitungen eingebunden. Zudem seien Austritte insbesondere nährstoffreicher Wässer aus den Schächten festgestellt worden. Weiterhin seien Flüssigkeiten aus einem in der Zwischenzeit freigelegten, vorher mit Boden überdeckten, jedoch nicht abgedichteten Schacht südwestlich des Lagerbeckens G an die Oberfläche gedrungen und bis auf die benachbarten Ackerflächen geflossen. Diese Austritte an nährstoffreichen Flüssigkeiten aus nicht auf dem Übersichtsplan vom 20.10.2016 verzeichneten Schächten sowie deren Anbindungen an Kanäle belegten dessen Unvollständigkeit. Die Verfügung beruhe auf § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG. Die Anordnung der Vorlage eines vollständigen Übersichtsplanes entspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Hiermit solle ein gesetzeskonformer Anlagenbetrieb gewährleistet sowie die behördliche Überwachung (inklusive Maßnahmeabwägung im Zuge der Feststellung von Austritten) ermöglicht werden. Die Anordnung sei erforderlich, da bislang kein Vortrag über die Anbindungen der nicht im bereits vorliegenden Übersichtsplan dargestellten Anlagenbestandteile sowie die Herkunft der ausgetretenen nährstoffhaltigen Wässer durch die Antragstellerin erfolgt sei. Aufgrund des Alters der Anlage, die im Jahr 1979 in Betrieb genommen worden sei, der Errichtung neuer Anlagenbestandteile sowie der visuellen Feststellungen der nicht im Übersichtsplan dargestellten Anlagenbestandteile stehe ein milderes Mittel nicht zur Verfügung. Die Duldung der Erkundung aller Schächte und Leitungen der genannten Medien durch ihn (den Antragsgegner) beziehungsweise einen von ihm Beauftragten wäre ein weit größerer Eingriff. Die Anordnung sei daher auch angemessen. Sie sei auch umsetzbar. Nach seiner Kenntnis bestünden keine Hinderungsgründe für die Vorlage eines vollständigen Übersichtsplans.

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Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 26.06.2018 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

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Mit Beschluss vom 22.01.2019 – 8 B 465/18 HAL – hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Zwangsgeldandrohung unter l.3. des Bescheides des Antragsgegners vom 11.06.2018 angeordnet und den Antrag im Übrigen, soweit die Antragstellerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches gegen die Anordnung unter I.1. des Bescheides beantragt hat, abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die geforderte Vorlage eines Übersichtsplanes des Betriebsgeländes mit Darstellung aller Medienleitungen sei von der Befugnisnorm des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG erfasst. Danach könne der Antragsgegner von der Antragstellerin grundsätzlich auch verlangen, den bereits vorhandenen Übersichtsplan der Gestalt zu vervollständigen, dass die darin noch nicht verzeichneten Leitungen und Schächte nachgetragen werden. Dass sie dazu nicht in der Lage sei, trage die Antragstellerin nicht vor. Dass das Bestimmen der genauen Lage bestimmter Leitungen voraussichtlich mit einigem Aufwand verbunden sein werde, stehe dem nicht entgegen. Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen griffen nicht durch. Insbesondere sei der Antragsgegner nicht verpflichtet, die auf dem vorliegenden Übersichtsplan nicht verzeichneten Leitungen und Schächte selbst auf dem Grundstück der Antragstellerin zu suchen und den Übersichtsplan selbst zu vervollständigen. Es sei einleuchtend, dass die Wasserbehörde sich nicht damit begnügen könne, die im Rahmen von Kontrollen gefundenen Schächte und Leitungen selbstständig nachzutragen. Die Dokumentation und erforderlichenfalls auch Kartierung der von ihr betriebenen Anlage und der hierzu dienenden Leitungen und Schächte sei vielmehr dem Verantwortungs- und Aufgabenbereich der Antragstellerin zuzuordnen. Bei den geforderten Informationen handele es sich um Auskünfte, die der Antragsgegner benötige, um Überwachungsmaßnahmen oder Anordnungen nach § 100 WHG überhaupt vornehmen zu können. Die Antragstellerin könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Aufarbeitung von Informationen nicht von ihr verlangt werden könne. Die Antragstellerin verweise insoweit auf die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen. Unabhängig davon, ob diese Tatbestandsalternative hier überhaupt einschlägig sei oder ob die verlangten Auskünfte nicht bereits aufgrund der Auskunftsplicht verlangt werden könnten, seien grundsätzlich auch solche Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die der Verpflichtete erst herstellen müsse. Die Verfügung entspreche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der vom Antragsgegner mit der streitgegenständlichen Anordnung verfolgte Zweck, nämlich die Gewährleistung eines gesetzeskonformen Anlagenbetriebes und die Ermöglichung der behördlichen Überwachung, stelle einen legitimen Zweck i.S.d. § 101 WHG dar. Die Anforderung der Vervollständigung des Übersichtsplanes sei zur Erreichung dieses Zweckes geeignet. Bei zukünftigen Austritten von nährstoffreichen Flüssigkeiten sei deren Herkunft leichter zu ermitteln, so dass damit verbundenen Gefahren durch Anordnungen i.S.d. § 100 WHG zielgerichteter begegnet werden könne. Die angeordneten Maßnahmen seien auch erforderlich. Die Antragstellerin könne hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, es sei Aufgabe des Antragsgegners, sich diese Informationen selbst zu beschaffen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht mit Blick auf die beim Landesverwaltungsamt vorhandenen Antragsunterlagen zu der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Regierungspräsidiums Halle vom 20.12.1996. Unabhängig davon, dass nicht beurteilt werden könne, ob die dem Landesverwaltungsamt vor mehr als zwanzig Jahren vorgelegten Unterlagen die vom Antragsgegner begehrten Informationen bereits enthielten, obliege es der Antragstellerin, sich diese Unterlagen – soweit sie bei ihr nicht mehr vorlägen – zur Erfüllung ihrer Auskunftspflicht selbst vom Landesverwaltungsamt zu beschaffen und nach Überprüfung auf deren Aktualität beim Antragsgegner vorzulegen. Dies sei ihr auch ohne weiteres zuzumuten. Vor diesem Hintergrund bestünden auch keine Zweifel an der Angemessenheit der angegriffenen Anordnung. Der gegen die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000 € gerichtete Antrag sei hingegen begründet. Die vorzunehmende Interessenabwägung falle insoweit zu Gunsten der Antragstellerin aus, da sich die Zwangsgeldandrohung nach summarischer Prüfung als rechtswidrig erweise. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Androhung des Zwangsgeldes lägen zwar vor. Die Zwangsgeldandrohung sei insbesondere hinreichend bestimmt, da aus ihr zweifelsfrei hervorgehe, dass sowohl bei nicht termingerechter Vorlage des Übersichtsplanes als auch bei dessen Unvollständigkeit jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 € angedroht werde. Auch lasse sich der Begriff der Unvollständigkeit ohne weiteres bestimmen. Die Zwangsgeldandrohung erweise sich jedoch als ermessensfehlerhaft. Denn es erscheine jedenfalls nicht angemessen, für jeden Verstoß gegen die unter l.1. getroffene Anordnung unterschiedslos ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 € vorzusehen. Denn es seien ohne weiteres auch Verstöße gegen die Anordnung denkbar, die von ihrem Ausmaß her so gering wögen, dass sie die Zwangsgeldfestsetzung in der genannten Höhe nicht rechtfertigten.

II.

23

1. Die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts richtet, soweit der Antrag abgelehnt worden ist, hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches gegen die Anordnung unter I.1. des Bescheides des Antragsgegners vom 11.06.2018 wiederherzustellen, zu Recht abgelehnt.

24

a) Die Antragstellerin macht geltend, die Anordnung unter I.1. des Bescheides sei nicht hinreichend bestimmt, da nicht deutlich werde, was unter einem "vollständigen" Übersichtsplan zu verstehen sei. In der Begründung des Bescheides werde nicht gesagt, auf welche Weise der Übersichtsplan zu vervollständigen bzw. zu überarbeiten sei. Sie könne nicht wissen, welche Informationen für einen "vollständigen" Übersichtsplan notwendig seien. Dies wisse nur der Antragsgegner selbst. Dieser behalte sich dieses Wissen exklusiv vor, um selbst darüber entscheiden zu können, ob der vorgelegte Plan vollständig sei oder nicht. Er habe ihr nur eine "Orientierungshilfe über Mindestinhalte" gegeben. Die Anordnung unter I.1. könne daher jedenfalls keinen Bestand haben, soweit die Übergabe eines "vollständigen" Übersichtsplanes gefordert werde.

25

Dieser Einwand ist unbegründet. Die Anordnung unter I.1. des Bescheides vom 11.06.2018 ist inhaltlich hinreichend bestimmt i.S.d. § 1 VwVfG LSA i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG. Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird und wenn der Bescheid darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.2017 – 8 C 18.16 –, juris RdNr. 13 m.w.N.). Gemessen daran begegnet die Bestimmtheit der Anordnung unter I.1. keinen Bedenken. Hiermit wurde der Antragstellerin die Übergabe eines vollständigen Übersichtsplans des Betriebsgeländes mit Darstellung aller Medienleitungen für Gülle, Gärrest, Sanitärabwasser, Niederschlagswasser (verschmutzt und unverschmutzt), Grundwasser, Filterrückspülwasser der Grundwasseraufbereitung, Kondenswasser der Biogasanlage, Löschwasser sowie aller Drainageleitungen und aller ober- und unterirdischen Schächte aufgegeben. Für die Antragstellerin ist nach dieser präzisen Auflistung hinreichend erkennbar, was von ihr verlangt wird. Die Anordnung dient dem Vollzug der Auskunftspflicht gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Behörde dem Verpflichteten nicht stets bis in alle Einzelheiten vorgeben kann, welche Auskünfte zu erteilen sind. Bei der Durchsetzung der Auskunftspflicht geht es darum, den Verpflichteten zu veranlassen, einen der Behörde bislang nicht bekannten Sachverhalt zu offenbaren. Wäre der Behörde genau bekannt, welche Auskunft zu erteilen ist, wäre ein Auskunftsbegehren überflüssig. Im vorliegenden Fall geht es um die Mitteilung der auf dem Grundstück der Antragstellerin vorhandenen Leitungen und Schächte der in der Anordnung unter I.1. genannten Medien. Diese sind dem Antragsgegner bislang nicht vollständig bekannt. Es ist aber grundsätzlich davon auszugehen, dass sie der Antragstellerin vollständig bekannt sind. Jedenfalls ist sie in der Lage, die betreffenden Leitungen und Schächte auf ihrem Grundstück – vollständig – ausfindig zu machen und dem Antragsgegner deren Lage mitzuteilen. Hierdurch wird von der Antragstellerin nichts Unmögliches verlangt. Es ist anerkannt, dass Auskünfte gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG richtig, rechtzeitig und vollständig erteilt werden müssen (vgl. Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 101 RdNr. 31). Gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 21 WHG handelt ordnungswidrig, wer (entgegen § 101 Abs. 2) vorsätzlich oder fahrlässig Auskünfte nicht vollständig erteilt. Hieraus geht hervor, dass es regelmäßig Aufgabe des Verpflichteten ist, selbst zu beurteilen, ob die von ihm erteilten Auskünfte vollständig sind oder nicht. Hierzu ist er auch in der Lage, soweit er Auskünfte über einen seiner Verantwortung und Verfügung unterliegenden Sachverhalt zu erteilen hat. So liegt es hier. Niemand kann die Vollständigkeit einer Auskunft über die auf dem Anlagengrundstück vorhandenen Leitungen und Schächte besser beurteilen als die Antragstellerin als Grundstückseigentümerin selbst. Damit ist sie auch in der Lage, den in der Anordnung unter I.1. geforderten vollständigen Übersichtsplan zu übergeben.

26

b) Die Antragstellerin macht darüber hinaus geltend, die Anordnung unter I.1. des Bescheides vom 11.06.2018 sei von den dort genannten Befugnisnormen (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 WHG) nicht gedeckt. Bei Unterlagen i.S.d. § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG müsse es sich um solche handeln, die lediglich Informationen wiedergäben, die bereits im Zeitpunkt des Verlangens im System vorhanden seien. Das Verlangen dürfe nicht auf die Vorlage von Unterlagen gerichtet sein, die einen relevanten neuen Informationsgehalt aufwiesen bzw. eine besondere Aufbereitung der Informationen erforderten. Die Behörde dürfe nur die Vorlage bereits vorhandener Unterlagen verlangen. Es handele sich bei § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG nicht um eine Befugnisnorm, mit der allgemein die Anfertigung von Aufzeichnungen verlangt werden könnten. Die Erstellung eines "vollständigen Übersichtsplanes", der die in der Ordnungsverfügung vom 11.06.2018 unter I.1. genannten "Mindestinhalte" enthalte, setze hingegen eine besondere Aufarbeitung und zeichnerische Umsetzung und nicht nur die bloße Wiedergabe bereits vorhandener Informationen voraus. Diese Art des Auskunftsverlangens sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 WHG nicht gedeckt.

27

Auch dieser Einwand greift nicht durch. Gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG sind Bedienstete und Beauftragte der zuständigen Behörde im Rahmen der Gewässeraufsicht u.a. befugt zu verlangen, dass Auskünfte erteilt und Unterlagen vorgelegt werden. Werden Anlagen nach § 62 Abs. 1 WHG errichtet, unterhalten, betrieben oder stillgelegt, haben gemäß § 101 Abs. 2 WHG auch die Eigentümer und Besitzer der Grundstücke, auf denen diese Tätigkeiten ausgeübt werden, u.a. auf Verlangen Auskünfte zu erteilen. Diese Vorschriften sind die Rechtsgrundlage der Gewässeraufsicht für deren allgemeine Informationsbeschaffung bzw. Sachverhaltsermittlung. Sie dienen dem effektiven Gewässerschutz bzw. einer effektiven Überwachung (vgl. Kubitza, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 101 WHG RdNr. 3). Die Auskunftspflicht gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG bezieht sich nicht nur auf Tatsachen, von denen der Verpflichtete Kenntnis hat. Er muss aber in der Lage sein, sich diese Kenntnis durch Nachforschungen in seinem Einflussbereich zu verschaffen. Das Auskunftsverlangen kann auch die Form der Auskunft vorgeben (vgl. Kubitza, a.a.O., § 101 WHG RdNr. 25).

28

Gemessen daran kann die Anordnung unter I.1. der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 11.06.2018, einen vollständigen Übersichtsplan des Betriebsgeländes zu übergeben, auf § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 WHG gestützt werden. Das Verlangen des Antragsgegners ist auf die Erteilung einer "Auskunft" im Sinne dieser Vorschriften gerichtet. Die Antragstellerin wird aufgefordert, den Antragsgegner über Tatsachen in Kenntnis zu setzen, die ihr entweder bekannt sind oder die sie jedenfalls durch Nachforschungen in ihrem Einflussbereich – auf ihren Grundstücken – ermitteln kann. Ohne Belang ist insoweit, dass mit der Anfertigung des Übersichtsplans ein gewisser Aufwand verbunden ist. Die Auskunftspflicht nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 WHG ist nicht auf solche Auskünfte beschränkt, die der Verpflichtete mühelos erteilen kann. Vielmehr kann ein Auskunftsverlangen grundsätzlich auch auf solche Tatsachen gerichtet sein, die nicht offen zutage liegen, sondern deren Ermittlung für den Auskunftsverpflichteten mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Das Auskunftsverlangen hat aber immer die Grenzen der Verhältnismäßigkeit und die grundsätzliche Aufgabenverteilung von Überwachtem und Überwacher zu beachten (vgl. Kubitza, a.a.O., § 101 WHG RdNr. 25). Dies ist eine Frage des Einzelfalls. Auf die Grenzen der Befugnis, nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG – auch – die Vorlage von Unterlagen zu verlangen, kommt es insoweit nicht an.

29

c) Das Auskunftsverlangen des Antragsgegners ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht unverhältnismäßig. Die Antragstellerin meint, die Erforderlichkeit der Anordnung fehle schon deshalb, weil der Antragsgegner in der Lage sei, sich die Unterlagen und Informationen selbst beim Landesverwaltungsamt – wo sie vorlägen – zu beschaffen. Es sei nicht ihre Aufgabe, sich diese Informationen und Unterlagen beim Landesverwaltungsamt zu beschaffen und diese – in Form eines Übersichtsplans aufbereitet – dem Antragsgegner vorzulegen, denn die Verpflichtung zu Nachforschungen beschränke sich auf den eigenen Einflussbereich des Auskunftsverpflichteten, in der Regel den Betrieb. Die beim Landesverwaltungsamt vorliegenden Unterlagen seien auch nicht veraltet, denn sie würden aufgrund der sog. IED-Kontrollen bei der Antragstellerin nach § 52a BImSchG regelmäßig aktualisiert. Zudem sei der Antragsgegner durch die ständigen Kontrollen auf dem Betriebsgrundstück ohne weiteres in der Lage, sich die geforderten Informationen über Leitungen und Schächte selbst zu verschaffen, wenn er die Kontrollen hierfür nutzen würde. Tatsächlich habe der Antragsgegner die Kontrollen u.a. dafür genutzt, Lücken in den vorgelegten Übersichtsplänen aufzudecken, um die angedrohten Zwangsgelder festsetzen zu können. Hierfür seien die Befugnisse der Wasserbehörden nach § 101 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 WHG aber nicht gedacht.

30

Diese Einwände verfangen ebenfalls nicht. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass es der Antragstellerin obliegt, die bei dem Landesverwaltungsamt vorliegenden Unterlagen, sofern diese zur Erfüllung der Auskunftspflicht geeignet sind, zu beschaffen und dem Antragsgegner vorzulegen. Damit wird der Antragstellerin nicht aufgegeben, bei dem Landesverwaltungsamt – und damit außerhalb ihres Einflussbereichs – Nachforschungen anzustellen. Das Auskunftsverlangen des Antragsgegners ist ausschließlich auf einen Sachverhalt gerichtet, der im Einflussbereich der Antragstellerin liegt. Es betrifft allein den Zustand ihrer Grundstücke. Die Möglichkeit, sich bei dem Landesverwaltungsamt vorliegende Unterlagen zu beschaffen, die geeignet sind, die Auskunftspflicht zu erfüllen, ist lediglich eine Möglichkeit, den mit der Erteilung der Auskunft verbundenen Aufwand zu vermindern. Die Anordnung ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Antragsgegner durch Kontrollen auf dem Betriebsgrundstück in der Lage wäre, sich die geforderten Informationen über Leitungen und Schächte selbst zu verschaffen. Der Antragsgegner hat in dem angefochtenen Bescheid zu Recht darauf hingewiesen, dass mit einer Erkundung aller Schächte und Leitungen auf den Grundstücken der Antragstellerin durch ihn oder einen von ihm Beauftragten ein weitaus größerer Eingriff in die Betriebsabläufe verbunden wäre als mit dem Auskunftsverlangen.

31

2. Auf die Beschwerde des Antragsgegners ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts dahingehend zu ändern, dass der Antrag insgesamt abgelehnt wird.

32

Die vom Antragsgegner dargelegten Gründe gebieten die Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Bescheid des Antragsgegners vom 11.06.2018 erweist sich nach summarischer Prüfung auch als rechtmäßig, soweit der Antragstellerin für den Fall, dass sie den Übersichtsplan nicht, nicht vollständig oder nicht termingerecht übergibt, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 € angedroht wird.

33

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist es nicht unverhältnismäßig, für jeden Verstoß gegen die unter l.1. getroffene Anordnung ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 € anzudrohen. Das gilt auch, soweit ein Zwangsgeld für die Übergabe eines nicht vollständigen Übersichtsplans angedroht wird. Nach §§ 59 Abs. 5, 56 Abs. 1 SOG LSA ist ein Zwangsgeld in bestimmter Höhe anzudrohen, wobei dieses mindestens fünf und höchstens 500.000,00 € betragen kann. Vorliegend hat der Antragsgegner innerhalb dieses Rahmens ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 € angedroht und damit zum Ausdruck gebracht, hierdurch den aus seiner Sicht vorerst notwendigen Druck bewirken zu können, um die mit der Ordnungsverfügung geforderte Auskunft zu erzwingen, wobei er von einer für die Antragstellerin tragbaren Höhe ausgeht. Dieses Vorgehen entspricht dem Zweck der Zwangsmittel – insbesondere des Zwangsgelds – als Beugemittel (vgl. Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl., § 9 VwVG RdNr. 15 ff.). Die Zwangsmittel dienen dem Zweck, den Verantwortlichen zu veranlassen, seine Pflicht zu erfüllen. Da die Antragstellerin sich bislang geweigert hat, die – vom Antragsgegner festgestellte – Unvollständigkeit des Übersichtsplans zu beheben, bestehen gegen die Angemessenheit der Androhung eines Zwangsgeldes von 10.000,00 € auch für den Fall der Vorlage eines unvollständigen Übersichtsplans keine Bedenken. Eine differenzierte Androhung von Zwangsgeld in unterschiedlicher Höhe nach dem Maß der Unvollständigkeit des Übersichtsplans ist demgegenüber – worauf der Antragsgegner zu Recht hinweist – unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit problematisch. Das Verwaltungsgericht führt auch nicht näher aus, welche Verstöße gegen die Anordnung (zur Vorlage eines vollständigen Übersichtsplans) von ihrem Ausmaß her so gering wiegen sollen, dass sie die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,00 € nicht rechtfertigen würden. Im vorliegenden Zusammenhang ist schließlich die Regelung des § 56 Abs. 3 Satz 2 SOG LSA zu berücksichtigen, wonach die Beitreibung des Zwangsgeldes unterbleibt, sobald die betroffene Person die gebotene Handlung ausführt. Sofern es um geringfügige Ergänzungen des Übersichtsplans geht, hat die Antragstellerin damit auch nach Festsetzung eines Zwangsgeldes noch die Möglichkeit, die Unvollständigkeit zeitnah zu beseitigen, um damit der Beitreibung des festgesetzten Zwangsgeldes zu entgehen.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

35

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes folgt der Senat der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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