Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (2. Senat) - 2 L 20/14

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Rechtsmittelverfahren auf 257.815,00 € (zweihundertsiebenundfünfzigtausendachthundertfünfzehn EURO) festgesetzt.

Gründe

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Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

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1. Die Klägerin hat mit ihrer Klage den Widerruf einer ihr unter dem 20.07.1993 erteilten bergbaulichen Bewilligung zur Gewinnung für den bergfreien Bodenschatz Gesteine zur Herstellung von Schotter und Split für das in den Gemeinden … , … und … liegende Bewilligungsfeld "Lerchenhügel" mit einem Flächeninhalt 522.900 m² angefochten.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Beklagte den Widerruf zu Recht auf § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen vom 15.04.1996 – VereinheitlichungsG – gestützt habe, da nach dieser Vorschrift § 18 Abs. 2 und 3 des Bundesberggesetzes – BBergG – mit der Maßgabe gelte, dass die Frist für die Aufnahme der Aufsuchung durch Einreichung eines Betriebsplanes sechs Monate sowie die Frist für die Aufnahme der Gewinnung durch Einreichung eines Betriebsplans achtzehn Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes betrage und die Klägerin innerhalb dieser Frist keinen Betriebsplan eingereicht habe. Der am 11.04.1997 eingereichte Hauptbetriebsplan sei zwar innerhalb der am 22.10.1997 abgelaufenen Frist eingereicht worden, sei aber unabhängig von seinem Inhalt nicht zulassungsfähig. Die Zulassung eines Hauptbetriebsplans könne nur erfolgen, wenn zuvor ein Rahmenbetriebplan zugelassen worden sei. Die Klägerin sei schon deshalb verpflichtet, einen Rahmenbetriebsplan zu erstellen und genehmigen zu lassen, weil sie vom Bergamt Halle mit bestandskräftigem Bescheid hierzu verpflichtet worden sei. Im Übrigen bedürfe die Gewinnung des Bodenschatzes im Bewilligungsfeld aber auch aus materiellen Gründen unverändert bis heute eines Rahmenbetriebsplans. Es spreche viel dafür, dass die Vorlage des Betriebsplans nach § 2 Abs. 3 VereinheitlichungsG auch dann nicht unterbleiben könne, wenn die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG vorlägen. Dies könne jedoch dahingestellt bleiben, weil jedenfalls die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG nicht vorlägen. Die Klägerin vermöge nicht aufzuzeigen, welche technischen oder wirtschaftlichen Planungen eine Nichteinreichung eines Rahmenbetriebsplanes oder eine spätere Einreichung erforderten. Zudem spreche Vieles dafür, dass nur solche Gründe im Sinne dieser Vorschrift angeführt werden könnten, die sich auf das jeweilige Bewilligungsfeld oder zumindest dem gleichen Bewilligungsinhaber gehörende unmittelbar angrenzende Bewilligungsfelder bezögen. Auf örtlich davon entfernte Bewilligungsfelder oder gar auf die Umstände anderer Bewilligungsinhaber könne dagegen nicht abgestellt werden. Es lägen auch keine sonstigen Gründe für die Unterbrechung vor, die die Klägerin nicht zu vertreten habe. Keine solchen Gründe seien Umstände, die im Planfeststellungsverfahren gegen die Durchführung der Maßnahme sprechen könnten, wie eine, hier aber nicht durchgeführte, negative Umweltverträglichkeitsprüfung, der Feststellung, das Vorhaben entspreche nicht den Zielen der Raumordnung, der möglicherweise nicht möglichen Befreiung nach dem Naturschutzgesetz sowohl hinsichtlich der Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes als auch hinsichtlich der teilweise das Bewilligungsfeld erfassenden Satzungslage der Gemeinde … . Denn keiner dieser Umstände sei geeignet, die Einreichung eines den Vorschriften des Bundesberggesetzes entsprechenden Rahmenbetriebsplanes zu verhindern. Auch der von der Klägerin ins Feld geführte Projektierungsprozess für die Bundesautobahn A 143 sei kein solcher Umstand. Wie in der mündlichen Verhandlung unstreitig geworden sei, sei diese Frage für die Planungen bis zum Jahre 1998 ohne Bedeutung gewesen.

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§ 18 BBergG sehe genauso wie § 2 Abs. 3 VereinheitlichungsG einen gebundenen Widerruf vor. Wenn der Tatbestand erfüllt sei, sei dem Beklagten die Entscheidung vorgegeben. Anders als bei § 49 VwVfG gebe es keine Entscheidungsfrist. Die Rücknahme habe auch dann zu erfolgen, wenn zwischen der Stellungnahme des Betroffenen und dem Widerruf mehr als ein Jahr verstrichen sei. Die Jahresfrist der §§ 49 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. 48 Abs. 4 VwVfG sei auch deshalb nicht anwendbar, weil § 2 Abs. 3 VereinheitlichungsG dazu diene, möglichst schnell und umfassend die Rechtseinheit im Bundesgebiet wieder herzustellen. Durch die Aufhebung der Bewilligung gehe das Eigentum an den in der Bewilligung benannten Gesteinen zur Herstellung von Schotter und Splitt im Bewilligungsgebiet auf den jeweiligen Grundeigentümer über. Dieser Eigentumsübergang könne und dürfe durch die Bergbehörde nicht durch Verfahrenverzögerungen verhindert werden.

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2. Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

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2. 1. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn eine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Rechts- oder Tatsachenfrage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (OVG LSA, Beschl. v. 04.04.2003 – 2 L 99/03 –). Die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass der Rechtsmittelführer konkret auf die Frage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.06.2006 – BVerwG 5 B 99.05 –, nach juris, m.w.N.).

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Diesen Anforderungen genügen die von der Klägerin formulierten Fragen nicht.

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Soweit die Klägerin der Auffassung ist, die Frage, ob "die Vorlage eines Betriebsplans nach § 2 Abs. 3 des VereinheitlichungsG auch dann nicht unterbleiben könne, wenn die Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände des § 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG vorlägen, ist schon deshalb in diesem Verfahren nicht klärungsfähig, weil das Verwaltungsgericht vor allem angenommen hat, dass die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG nicht vorliegen.

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Soweit die Klägerin weiterhin die Frage, ob "in Bezug auf § 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG nur solche Gründe zu berücksichtigen seien, die sich auf das jeweilige Bewilligungsfeld oder zumindest dem gleichen Bewilligungsinhaber gehörende unmittelbar angrenzende Bewilligungsfelder beziehen, für klärungsfähig und –bedürftig hält, trifft dies ebenfalls nicht zu. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht nämlich nicht auf dieser Annahme. Das Verwaltungsgericht ist nur davon ausgegangen, dass zudem "Vieles dafür spreche", dass nur solche Gründe im Sinne von § 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG angeführt werden können, die sich auf das jeweilige Bewilligungsfeld oder zumindest dem gleichen Bewilligungsinhaber gehörende unmittelbar angrenzende Bewilligungsfelder beziehen. Das Verwaltungsgericht hat diese Frage daher weder abschließend entschieden noch zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht.

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Soweit die Klägerin ferner geltend macht, es sei im Berufungsverfahren klärungsbedürftig. ob die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Widerruf nach § 2 Abs. 3 VereinheitlichungsG unterscheide sich vom Widerruf nach § 18 Abs. 3 BBergG auch insofern, als dass die Jahresfrist des § 49 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG im Gegensatz zu § 18 Abs. 3 BBergG keine Anwendung finde, trifft dies ebenso wenig zu. Diese Frage würde sich im Berufungsverfahren bereits deshalb nicht stellen, weil schon bei Anwendung des § 18 Abs. 3 BBergG die Frist der §§ 49 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 BBergG nicht gilt. Bei dem Widerruf einer Bewilligung nach § 18 Abs. 3 BBergG ist die Jahresfrist des § 49 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG nämlich schon gar nicht anwendbar, weil die Widerrufsgründe des § 18 BBergG eine differenzierte bergbauspezifische abschließende Regelung darstellen. Für Berechtigungen nach dem BBergG gelten die §§ 18 BBergG und 49 VwVfG zwar nebeneinander. Dabei wird aber dem Berechtigungsinhaber lediglich bei Anwendung der Widerrufsmöglichkeiten nach § 49 Absatz 2 Nr. 3, 4 und 5 VwVfG Vertrauensschutz eingeräumt, weil er in allen anderen Fällen, insbesondere in denen des § 18 BBergG mit der Möglichkeit des Widerrufs rechnen musste oder die Tatsachen, die den Widerruf auslösen, in seiner Sphäre liegen (vgl. Piens/Schulte/Graf Vitzhum, Bundesberggesetz, 2. Aufl., § 18 RdNr. 16). Nach § 5 BBergG gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz nur, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Auch das Verwaltungsgericht Chemnitz geht davon aus, dass bei dem Widerruf von Bergwerkeigentum nach § 18 Abs. 4 BBergG die Jahresfrist des § 49 VwVfG nicht anzuwenden ist (VG Chemnitz Urt. v. 30.04.2008 – 2 K 24/08 –, bestätigt durch Sächs.OVG, Beschl. v. 20.08.2010 – 4 A 325/08 –, ZfB 2011, 39-40; Juris RdNr. 5).

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Soweit die Klägerin schließlich geltend macht, grundsätzlich klärungsbedürftig sei die Frage, ob § 18 Abs. 3 BBergG der Behörde im Rahmen des Widerrufs des begünstigenden Verwaltungsakts Ermessen einräume, bedarf die Beantwortung dieser Frage nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Denn sie lässt sich schon allein aufgrund des Wortlauts des § 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG beantworten: "Die Bewilligung ist ferner zu widerrufen, wenn die Gewinnung nicht innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Bewilligung aufgenommen oder wenn die regelmäßige Gewinnung länger als drei Jahre unterbrochen worden ist". Demnach handelt es sich unzweifelhaft um eine gebundene Entscheidung. Diese Auffassung entspricht auch der gängigen Kommentarliteratur (vgl. z.B. Boldt/Weller, BBergG, § 18 RdNr. 5) und entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drs. 8/1315 Seite 90 f.).

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2.2 Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn ein die angefochtene Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine für die angefochtene Entscheidung erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage gestellt wird, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 21.01.2009 – 1 BvR 2524/06 –, juris; BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 – 1 BvR 830/00 –-, juris). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist das Vorbringen der Klägerin nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zu begründen.

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Das Verwaltungsgericht hat nicht die Auffassung vertreten, im Rahmen der Anwendung des § 2 Abs. 3 VereinheitlichungsG seien die Ausnahmetatbestände des § 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG nicht anwendbar. Das Gegenteil ist der Fall. Es hat auf den Seiten 12 letzter Absatz bis Seite 15 erster Absatz geprüft, ob die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG im Fall der Klägerin vorliegen und hat diese Frage mit Recht verneint.

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Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt: "Die Klägerin vermag nicht aufzuzeigen, welche technischen oder wirtschaftlichen Planungen eine Nichteinreichung eines Rahmenbetriebsplanes oder eine spätere Einreichung erfordern. Der Hinweis auf Abbaumöglichkeiten der Konkurrenz und die Marktsättigung mit den im Bewilligungsfeld abbaubaren Gesteinen genügt als Grund nicht. Die Bergfreiheit eines Bodenschatzes und die Bewilligung des Abbaus rechtfertigen sich allein aus dem Zweck, diesen Rohstoff zeitnah dem Markt zur Verfügung zu stellen. Das schließt es aus, Bewilligungen an Unternehmen zu erteilen oder beizubehalten, die ausschließlich der Hortung der Rohstoffe dienen. Das würde dem Zweck des BBergG, Sicherung der Rohstoffversorgung, diametral entgegenstehen. Letzteres sei aber der Kern des Vortrages der Klägerin, das Bewilligungsfeld solle erst aufgeschlossen und abgebaut werden, wenn die Marktpreise und die Nachfrage nach dem dementsprechenden Rohstoff angestiegen wären. Damit nutze die Klägerin ihre Bewilligung ausschließlich zur Hortung von Rohstoffen, indem sie den Zugriff sowohl des Grundstückseigentümers als auch anderer Unternehmer auf den Rohstoff unterbindet". Diese Auffassung des Verwaltungsgerichts teilt auch der Senat. Die Klägerin vermag diese Rechtsansicht nicht damit zu entkräften, dass sie erneut unter Hinweis auf das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten des Dipl.-Ing. von ... vom 18.07.2011 darauf hinweist, dass der Marktbedarf für Hartgestein im Marktraum Halle und Umgebung (ca. 50 km Radius) durch vorhandene Gewinnungsstellen gedeckt sei. Denn der Marktbedarf ist allenfalls ein aber keinesfalls der entscheidende Gesichtspunkt für die Frage, ob eine Ausnahme von der Widerrufspflicht der bergrechtlichen Bewilligung zu bejahen ist. Schon der Gesetzgeber hat zum Widerrufspflicht der Behörde Folgendes ausgeführt:

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"Sinn und Zweck einer Erlaubnis können nur sein, dass das von ihr umfasste Feld möglichst intensiv und zügig auf das Vorhandensein von Bodenschätzen untersucht wird. Der Inhaber der Erlaubnis muss daher von dem ihm eingeräumten Recht auch Gebrauch machen und die Aufsuchung ohne wesentliche Unterbrechungen durchführen.

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Auch die nicht ausgeübte Bewilligung muss entsprechend dem oben für die Erlaubnis erläuterten Grundgedanken widerrufen werden können. Im Hinblick darauf, dass die planmäßige Gewinnung von Bodenschätzen ein längeres Stadium der Vorbereitung und in aller Regel größere Investitionen als die Aufsuchung erfordert, können hier nicht dieselben Fristen wie nach Absatz 2 für die Erlaubnis gelten. Eine über dreijährige Untätigkeit oder Unterbrechung der regelmäßigen Gewinnung muss aber grundsätzlich ausreichen, um auch hier festzustellen, dass der Inhaber nicht bereit oder in der Lage ist, den mit der Erteilung der Bewilligung verfolgten, im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken nachzukommen. Allerdings lassen sich Fälle nicht ausschließen, wo Gründe, die der Inhaber der Bewilligung nicht zu vertreten hat, die also außerhalb seiner Einflusssphäre liegen, eine längere Untätigkeit erfordern können. Gründe einer sinnvollen technischen oder wirtschaftlichen Planung des Bewilligungsinhabers werden dabei besonders hervorgehoben, um klarzustellen, dass darauf zurückzuführende Verzögerungen in keinem Falle vom Inhaber der Bewilligung zu vertreten sind. Diese Gründe können sich aus den konkreten technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten des Einzelfalles herleiten; für die wirtschaftliche Planung kann jedoch auch die allgemeine wirtschaftliche Situation von Bedeutung sein".

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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sanktioniert die in § 18 Abs. 2 Satz 1 BBergG vorgesehene Möglichkeit des Widerrufs den Verstoß gegen die mit der Erlaubnis nach Sinn und Zweck des Gesetzes verbundene Erwartung, dass das Erlaubnisfeld möglichst intensiv und zügig auf das Vorhandensein von Bodenschätzen untersucht wird. Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn aus Gründen, die der Erlaubnisnehmer zu vertreten hat, die Aufsuchung nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung aufgenommen oder die planmäßige Aufsuchung länger als ein Jahr unterbrochen worden ist. Um dem volkswirtschaftlichen Interesse Rechnung zu tragen, rohstoffhöffige Gebiete möglichst sachgerecht in angemessener Zeit zu untersuchen, müssen an die beabsichtigte Aufsuchung strenge Maßstäbe angelegt werden, um zu verhindern, dass durch unsachgemäße oder mangelhafte Aufsuchungsarbeiten die Erschließung von Rohstoffvorkommen blockiert und insoweit eine unproduktive Vorratshaltung betrieben wird (Urt. v. 03.03.2011 – 7 C 4/10 –, juris RdNr. 15,13).

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Diese Grundsätze gelten auch für die Bewilligung. Durch die Erlaubnis- und Bewilligungspflicht nach § 6 BBergG unterwirft das BBergG nämlich die Aufsuchung in gleicher Weise wie die anschließende Gewinnung einer präventiven staatlichen Kontrolle, die u.a. am gesetzgeberischen Ziel der Sicherung der Rohstoffgewinnung ausgerichtet ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.2011 a.a.O. RdNr. 12). Da der Bestandschutz von Erlaubnis und Bewilligung im Bergrecht nicht unterschiedlich, sondern im Wesentlichen gleich ausgeformt ist (vgl. Piens/Schulte/Graf Vitzhum, a.a.O. § 6 RdNr. 7), gelten die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zum volkswirtschaftlichen Interesse an der sachgerechten Erschließung rohstoffhöfiger Gebiete und an der Verhinderung einer unproduktiven Vorratshaltung zur Erlaubnis nach § 7 entsprechend für die Bewilligung nach § 8 BBergG.

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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Interesse der Klägerin das Bewilligungsfeld erst dann aufzuschließen und abzubauen, wenn höhere Preise für den Rohstoff zu erzielen wären, den Ausnahmetatbestand des § 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG nicht erfüllt, sondern eine vom Gesetzgeber nicht erwünschte Hortung von Rohstoffen zulasten des Grundstückseigentümers als auch anderer Unternehmer darstellt.

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Soweit die Klägerin geltend macht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht in der unklaren Planungslage der BAB A 143 keinen "sonstigen Grund" im Sinne von § 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG anerkannt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Entscheidend hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass das Planfeststellungsverfahren für die BAB A 143 deshalb für den für den Widerruf maßgeblichen Zeitpunkt des 22.10.1997, bis zu dem die Klägerin einen Betriebsplan hätte einreichen müssen, keine Bedeutung haben konnte, weil der Planfeststellungsbeschluss für die BAB A 143 erst am 18.05.2005 ergangen ist und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (Az 9 A 20.05), welches nach dem Vortrag der Klägerin eine große Planungsunsicherheit bei ihr verursacht habe, vom 17.01.2007 stammt.

23

Ebenso wenig kann die Klägerin sich darauf berufen, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht Vertrauensschutz für sie verneint habe. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei einem Widerruf nach § 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG i.V.m. § 2 Abs. 3 VereinheitlichungsG um eine gebundene Entscheidung handelt, für die die Jahresfrist des § 49 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG nicht gilt. Dass diese Annahme des Verwaltungsgerichts zutreffend ist, wurde bereits oben ausgeführt. Soweit die Klägerin darüber hinaus Vertrauensschutz geltend macht, ist das Verwaltungsgericht mit Recht davon ausgegangen, dass die §§ 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG i.V.m. 2 Abs. 3 VereinheitlichungsG den Vertrauensschutz abschließend regeln. Nach § 49 Abs. 2 VwVfG ist ein Widerruf begünstigender Verwaltungsakte grundsätzlich unzulässig. Damit wird schon durch einfaches Gesetz das Vertrauen auf den Bestand rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte geschützt. Ein Widerruf darf nur ausnahmsweise erfolgen, wenn ein Widerrufgrund vorliegt, u.a. wenn der Widerruf Rechtsvorschrift zugelassen ist (§ 49 Abs. 2 Nr.1, 1.Alt. VwVfG) In diesem Fall greift der Vertrauensschutz nicht ein, weil der Bürger mit dem Widerruf rechnen musste (vgl. Maurer, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. III § 60 RdNr. 77, 78). Vertrauen in eine Rechtsposition ist nur dann geschützt, wenn der Betroffenen auf den Bestand einer Rechtsposition vertrauen durfte. Dies ist nicht der Fall, wenn – wie hier – mit den §§ 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG i.V.m. 2 Abs. 3 VereinheitlichungsG ein zwingender Widerrufsgrund gegeben ist.

24

Die Klägerin vermag sich schließlich auch nicht auf eine Verwirkung des Rechtes auf Widerruf zu berufen. Es trifft zwar zu, dass die Anhörung zum Erlass des Widerrufs der bergrechtlichen Bewilligung bereits mit Datum vom 31.03.2009 (Beiakte B, S.338) erfolgte und der Widerruf der Bewilligung (Datum vom 09.07.2012) der Klägerin erst am 13.07.2012 (Beiakte B, S. 11) zugestellt worden ist. In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass sich aus der bloßen Untätigkeit einer Behörde keine Verwirkung eines Anspruchs ergeben kann (vgl. BayVGH, Beschl. v. 28.07.2014 – 12 ZB 13.1886 –, juris RdNr. 15 m.w.N). Es müssen vielmehr noch besondere Umstände hinzutreten, die den Schluss rechtfertigen, dass die verspätete Geltendmachung eines Rechts gegen Treu und Glauben verstößt. Solche die Verwirkung auslösenden Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. Bay.VGH, Urt. v. 06.07.2005 – 12 B 01.1042 –, juris RdNr. 11, m.w.N.). Auf ein derartiges Verwirkungsverhalten des Beklagten vermag die Klägerin sich nicht erfolgreich zu berufen. Allein die Behauptung, dass sie den Gutachter Dipl.-Ing nach einem Hinweis des "Mitarbeiters …" des Beklagten in einem Telefongespräch vom 21.05.2009 beauftragt habe und der Gutachter in engem Kontakt zu dem "Mitarbeiter …" gestanden habe, reicht nicht aus anzunehmen, der Beklagte habe bei ihr Vertrauen geschaffen, dass er seine mit dem Anhörungsschreiben vom 31.03.2009 geäußerte Absicht, die Bewilligung vom 20.07.1993 zu widerrufen, nicht mehr verwirklichen wolle. Aus den vorliegenden Verwaltungsvorgängen ergibt sich vielmehr, dass kein verständiger Empfänger der Willensäußerungen des Beklagten hätte davon ausgehen können, dass der Beklagte seine Absicht, die Bewilligung zu widerrufen, aufgegeben habe. Bei objektiver Betrachtung stellt sich das Geschehen nämlich wie folgt dar:

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Mit der Anhörung hatte der Beklagte der Klägerin bis zum 30.04.2009 Gelegenheit gegeben, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Mit Schreiben vom 17.04.2009 bat die Klägerin um einen Terminaufschub bis zum 16.05.2009 (Beiakte A, S.90), der ihr gewährt wurde. Mit Schreiben vom 14.05.2009 bat die Klägerin um einen weiteren Terminaufschub, da ein von ihr beauftragtes Gutachten des Dipl.-Ing. v. … erst am 20.05.2009 fertig gestellt werden könne (Beiakte A, S.86). Am 08.07.2009 legte die Klägerin dann das Gutachten des Dipl.-Ing. v. ... vor. Mit Datum vom 23.09.2009 bat die Klägerin um ein Gespräch mit allen Beteiligten bei dem Beklagten (Beiakte A, S.82). Mit Schreiben vom 08.06.2010 bestätigte der Beklagte dann, dass "im Rahmen des Anhörungsverfahrens zum Widerruf gem. § 18 BBergG ein Besprechungstermin mit der Klägerin" am 16.06.2010 stattfinden solle. Die Verwaltungsvorgänge (Beiakte A, S.64) enthalten einen Vermerk über den Verlauf des Gespräches vom 16.06.2010 mit folgendem Inhalt:

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"Ergebnis dieses Gespräches war, dass dieses Gutachten dem LAGB nicht plausibel dargelegt hat, welche wirtschaftlichen und planerischen Gründe vorgelegen haben, die der Bewilligungsinhaber nicht zu vertreten hat, damit von einem Widerruf gem. § 18 Absatz 3 BBergG abgesehen werden soll. Dem Rechtsinhaber ist im Gespräch am 16.06.2010 nochmals die Gelegenheit gegeben worden, ein fundiertes Gutachten einzureichen. Am 30.06.2010 wurde eine Einschätzung der Rohstoffsituation des Standortes Gimritz Lerchenhügel von der Firma ... beim LABG eingereicht. Nach Durchsicht der Einschätzung sind nach Meinung des Dezernats 14 keine neuen Gesichtspunkte dargelegt worden, die den Widerruf hemmen".

27

Dass die Klägerin Investitionen in die Aufnahme des Aufschlusses und der Gewinnung des Bodenschatzes im Vertrauen auf den Bestand der Bewilligung getätigt hat, vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen. Soweit die Klägerin die Begutachtung des Dipl.-Ing v. ... beauftragt hat, handelt es sich lediglich um eine Investition im Widerrufsanhörungsverfahren, um den drohenden Widerruf der Bewilligung abzuwenden, nicht hingegen um eine Investition in den Aufschluss und die Gewinnung des Bewilligungsfeldes. Nur solche Investitionen könnten allenfalls als Vertrauensverhalten Anerkennung finden.

28

Soweit die Klägerin schließlich eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geltend macht, verkennt sie, dass es sich bei dem Widerruf nach den §§ 18 Abs. 3 BBergG i.V.m. 2 Abs. 3 VereinheitlichungsG um eine gebundene Entscheidung handelt und dem Beklagten ein weniger belastendes Mittel als der Widerruf nicht zur Verfügung gestanden hat.

29

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

30

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

31

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


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