Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (4. Senat) - 4 L 194/17

Gründe

1

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Halle hat keinen Erfolg, weil die Darlegungen, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), nicht geeignet sind, die Annahme der geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO zu rechtfertigen. Auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg.

2

1. Die Klägerin begehrt die Überprüfung eines bestandskräftigen Bescheids des Beklagten, durch den sie zum Ersatz von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) i. H. v. 186,– € für die Zeit vom 30. Juli 2015 bis zum 31. August 2015 verpflichtet wird. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 2 SGB X. Danach ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Satz 1); er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Satz 2). Die Ersatzzahlungsverfügung der Beklagten sei rechtmäßig. Die Klägerin habe im Zeitraum vom 30. Juli 2015 bis zum 31. August 2015 mit dem Vater des gemeinsamen Kindes zusammengelebt, womit die Anspruchsvoraussetzung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG in dieser Zeit nicht erfüllt gewesen sei. Die Klägerin könne den Beklagten auch nicht darauf verweisen, seinen - gegen die Klägerin gerichteten Anspruch - im Wege der Erstattung gegenüber dem Jobcenter geltend zu machen, weil der Zufluss von Unterhaltsvorschussleistungen in den Monaten Juli und August 2015 bedarfsmindernd auf ihre Leistungen nach dem SGB II angerechnet worden seien. Der Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X setze u. a. voraus, dass zu einer bereits rechtmäßig erbrachten Sozialleistung nachträglich eine weitere Sozialleistung hinzutrete und allein die hinzutretende Sozialleistung den Anspruch auf die bereits erbrachte Sozialleistung ganz oder teilweise entfallen lasse. Daran fehle es hier, weil der Beklagte die Leistungen nach dem UVG für die Zeit vom 30. Juli bis zum 31. August 2015 wegen des Zuzugs des Kindesvaters in die Wohnung der Klägerin zur Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft unrechtmäßig erbracht habe. Das Arbeitslosengeld II sei für diesen Zeitraum auch nicht nachträglich als weitere Sozialleistung hinzugetreten. Auch der Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X greife nicht ein, wenn die Sozialleistungserbringung - wie hier - gegen das für den Leistungserbringer geltende materielle Leistungsrecht verstoße. Insoweit komme lediglich ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Leistungsempfänger in Betracht.

3

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden, wenn die Klägerin im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>). Dies ist nicht der Fall.

4

a) Die Klägerin macht geltend, weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des Erstattungsanspruchs gemäß § 103 Abs. 1 SGB X lasse sich eine Begrenzung auf den Fall rechtfertigen, dass zu einer rechtmäßig erbrachten Sozialleistung nachträglich eine weitere Sozialleistung hinzutrete und allein diese Sozialleistung den Anspruch auf die bereits erbrachte Sozialleistung ganz oder teilweise entfallen lasse. Maßgeblich sei allein, ob die Leistung zunächst rechtmäßig erfolgt sei, wobei hier dahinstehen könne, ob für diese Frage auf den Zeitpunkt der Leistungsgewährung (Bescheiderteilung) oder den Zeitpunkt der Leistungserbringung (Auszahlung) abzustellen sei, da die Rechtmäßigkeit in beiden Zeitpunkten vorgelegen habe. Damit vermag die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht zu begründen.

5

Ein Erstattungsanspruch nach § 103 Abs. 1 SGB X, der infolge der Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X eine Rückabwicklung im Verhältnis zum Leistungsberechtigten ausschließen würde (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 1993 - 5 C 10.91 -, juris, Rn. 15), steht dem Beklagten gegenüber dem Jobcenter (…) entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu. § 103 Abs. 1 SGB X bestimmt für den Fall, dass ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat und der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist, den für die entsprechende Leistung zuständigen Leistungsträger als erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nach einhelliger Ansicht setzt der Erstattungsanspruch gemäß § 103 SGB X - wie sämtliche Erstattungsansprüche zwischen Leistungsträgern nach den §§ 102 ff. SGB X - voraus, dass der Leistungsträger die Leistungen materiell rechtmäßig erbracht hat (vgl. BTDrucks 9/95, S. 25; BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 11/11 R -, juris, Rn. 34; Böttiger, in: Diering/Timme, SGB X, 4. Aufl. 2016, § 103 Rn. 11; Klattenhoff, in: Hauck/Noftz, K § 103 Rn. 7 ; Roos, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, § 103 Rn. 5). Bereits daran fehlt es hier. Die Leistungen nach dem UVG sind für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 30. Juli 2015 bis zum 31. August 2015 zu Unrecht gezahlt worden, weil die Klägerin und der Kindsvater in dieser Zeit zusammengelebt haben und damit die Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG nicht erfüllt waren. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Leistungsgewährung oder der Leistungserbringung ein Anspruch auf Leistungen nach dem UVG bestanden hat, sondern darauf, ob ein Leistungsträger für einen bestimmten Zeitraum Sozialleistungen materiell rechtmäßig erbracht und der Anspruch für diesen Zeitraum nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist (vgl. hierzu auch OVG Sachsen, Beschluss vom 11. Februar 2015 - 5 A 17/13 -, juris, Rn. 4). Dies ist bezogen auf die Zeit vom 30. Juli 2015 bis zum 31. August 2018 hier nicht der Fall. Darüber hinaus entfällt ein sozialrechtlicher Leistungsanspruch im Sinne von § 103 Abs. 1 SGB X nach richtiger Ansicht des Verwaltungsgerichts nur, wenn durch die Erfüllung des (zweiten) Leistungsanspruchs der von einem zuständigen Leistungsträger erbrachte (erste) Leistungsanspruch (durch eine Wegfallregelung) zum Wegfall kommt (vgl. BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 9/12 R -, juris, Rn. 41; Klattenhoff, in: Hauck/Noftz, K § 103 Rn. 11 >; Roos, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, § 103 Rn. 7). Der Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem UVG ist nicht durch die rückwirkende Gewährung von Leistungen nach dem SGB II nachträglich ganz oder teilweise entfallen, sondern bestand - wie ausgeführt - mangels des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG im streitgegenständlichen Zeitraum vom 30. Juli 2015 bis zum 31. August 2018 von vornherein nicht.

6

b) Die Klägerin macht weiterhin geltend, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts greife die Erstattungsregelung gemäß § 105 Abs. 1 SGB X ein, weil der Beklagte als sachlich unzuständiger Leistungsträger geleistet habe. Bei dem Unterhaltsvorschuss handele es sich um eine existenzsichernde Leistung und somit um eine gleich gerichtete Leistung zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Für die Sicherung des Existenzminimums der Klägerin und ihrer minderjährigen Kinder sei im August 2015 nicht der Beklagte, sondern das Jobcenter (...) zuständig gewesen. Auch liege kein Verstoß gegen das materielle Sozialrecht vor, da zum Zeitpunkt der Bewilligung der Leistungen die Voraussetzungen des UVG vorgelegen hätten. Auch damit kann die Klägerin nicht durchdringen.

7

§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X regelt den Erstattungsanspruch des (von Beginn an) unzuständigen Leistungsträgers gegen den zuständigen Leistungsträger. Die Vorschrift lautet: Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Von § 105 SGB X erfasst wird ausschließlich ein Verstoß gegen (örtliche oder sachliche) Zuständigkeitsvorschriften des Sozialrechts; liegt darüber hinaus auch eine dem materiellen Sozialrecht widersprechende Leistung vor, ist § 105 SGB X nicht anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 11/11 R -, juris, Rn. 38; Roos, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, § 105 Rn. 7; Böttiger, in: Diering/Timme, SGB X, 4. Aufl. 2016, § 105 Rn. 14). Für die Leistung zuständig ist der Sozialleistungsträger, der im Hinblick auf den erhobenen Sozialleistungsanspruch nach materiellem Recht richtigerweise anzugehen, das heißt sachlich befugt (passiv legitimiert) ist (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 - B 1 KR 29/15 R -, juris, Rn. 10). Daran gemessen fehlt es vorliegend bereits an einer Leistung des unzuständigen Leistungsträgers, da der Beklagte für die Leistungen nach dem UVG örtlich und sachlich zuständig ist (vgl. § 23 Abs. 1 Familien- und Beratungsförderungsstellengesetz Sachsen-Anhalt – FamFöG LSA). Dass die Leistungen nach dem UVG den Unterhalt des betroffenen Kindes sichern sollen und insoweit dem gleichen Zweck dienen wie die Leistungen nach dem SGB II, hat entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zur Folge, dass der Beklagte für die Leistungen nach dem UVG sachlich unzuständig ist. Der Beklagte ist insoweit sachlich zuständig, da ihm gegenüber bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 UVG ein Leistungsanspruch besteht. Darüber hinaus scheidet ein Erstattungsanspruch nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X vorliegend auch deshalb aus, weil die Leistungen nach dem UVG für die Zeit vom 30. Juli 2015 bis zum 31. August 2018 - wie ausgeführt - materiell unrechtmäßig erbracht worden sind.

8

c) Nach Ansicht der Klägerin führt die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu einer massiven Unterschreitung des soziokulturellen Existenzminimums der Klägerin und ihrer Kinder und damit zu einem Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts komme im Fall einer rechtswidrigen Leistungsgewährung durch einen anderen Leistungsträger weder eine nachträgliche Gewährung höherer Leistungen in Betracht, da der Bedarf im fraglichen Monat vollständig gedeckt gewesen sei, noch die Anerkennung eines gesonderten Bedarfs im Monat der Erstattung der zu Unrecht erbrachten Leistungen, da hierfür keine gesetzliche Grundlage bestehe. Ein Verschulden der Klägerin, welches unter Umständen ein zeitweises Unterschreiten des Existenzminimums ausnahmsweise rechtfertigen könne, liege nicht vor. Auch dies weckt keine Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

9

(Materiell) zu Unrecht erbrachte Leistungen hat der Leistungsträger vom Leistungsempfänger zurückzufordern (vgl. Böttiger, in: Diering/Timme, SGB X, 4. Aufl. 2016, Vor §§ 102-114 Rn. 24; Becker, in: Hauck/Noftz, K §§ 102-114, Rn. 63 i.V.m Rn. 37 f. ). Für zu Unrecht erbrachte Leistungen nach dem UVG folgt die Erstattungspflicht aus § 5 Abs. 1 UVG. Die Vorschrift räumt der Behörde keinen Ermessensspielraum ein. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist für eine verfassungskonforme Auslegung der Erstattungsregelungen gemäß §§ 102 ff. SGB X in dem Sinne, dass der Beklagte die Erstattung der von ihm zu Unrecht erbrachten Leistungen nach dem UVG vom Jobcenter (...) verlangen müsse, kein Raum. Verfassungskonforme Auslegung ist dort nicht statthaft, wo sie zu dem Gesetzeswortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (vgl. BVerfGE 71, 81 <105>; 95, 64 <93>). Den Gerichten ist es verwehrt, im Wege der Auslegung einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn zu geben oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (vgl. BVerfGE 90, 263 <275>). Eine Auslegung der §§ 102 ff. SGB X in dem von der Klägerin gewünschten Sinne scheidet damit aus. Denn es entspricht dem im Gesetzestext niedergelegten eindeutigen Willen des Gesetzgebers, dass die Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB X nicht solche Leistungen erfassen, die - wie hier - (materiell) zu Unrecht erbracht worden sind (vgl. BTDrucks 9/95, S. 25).

10

Der Einwand der Klägerin, die Anwendung der §§ 102 ff. SGB X führe vorliegend zu einem nicht gerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gemäß Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG, überzeugt im Übrigen auch in der Sache nicht. Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (vgl. BVerfGE 125, 175 <223>; 132, 134 <160, Rn. 64>). Der Gesetzgeber muss bei der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums die entsprechenden Bedarfe der Hilfebedürftigen zeit- und realitätsgerecht erfassen. Ihm kommt ein Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung von Art und Höhe der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums zu. Er hat einen Entscheidungsspielraum bei der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie bei der wertenden Einschätzung des notwendigen Bedarfs. Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber seine Entscheidung an den konkreten Bedarfen der Hilfebedürftigen ausrichtet (vgl. BVerfGE 125, 175 <224 f.>; 132, 134 <160 f., Rn. 67>) und die Leistungen zur Konkretisierung des grundrechtlich fundierten Anspruchs tragfähig begründet werden können (vgl. BVerfGE 132, 134 <162, Rn. 69> unter Verweis auf BVerfGE 125, 175 <225>).

11

Dass das menschenwürdige Existenzminimum der Klägerin oder ihrer Kinder durch die - einmalige - Erstattungsforderung des Beklagten i.H.v. 180,– € beeinträchtigt ist, legt die Klägerin schon nicht substantiiert dar und ist auch nicht ersichtlich. Sie hätte sich insoweit auch damit auseinandersetzen müssen, dass ihr der Beklagte in dem streitgegenständlichen Rückforderungsbescheid eine einvernehmliche Möglichkeit zur Tilgung der Rückstände in Aussicht gestellt hat. Auch geht die Klägerin nicht darauf ein, dass eine Vollstreckung der Forderung aufgrund der Pfändungsfreigrenzen für das Arbeitslosengeld II (§ 54 Abs. 4 SGB I i.V.m. § 850c ZPO) eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Sicherung des Existenzminimums nicht besorgen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - VII ZB 74/11 -, juris, Rn. 21 ff.).

12

3. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist eine Rechtssache, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich und im Sinne der Rechtseinheit klärungsbedürftig ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Februar 2008 - 2 BvR 2575/07 -, juris, Rn. 12). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

13

Die Klägerin wirft die Frage auf, ob im Falle der rechtswidrigen Leistungsgewährung eines Leistungsträgers, in denen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für den Leistungsberechtigten weder ein Anspruch auf nachträgliche Gewährung höherer Leistungen noch ein Anspruch auf die Zuerkennung eines gesonderten Bedarfs besteht, die Leistung vom Leistungsberechtigten zurückgefordert werden darf, auch wenn dies zu einer verschuldensunabhängigen erheblichen Bedarfsunterdeckung im Erstattungsmonat führt oder ob die Erstattungsvorschriften gemäß §§ 102 ff. SGB X verfassungskonform dahingehend auszulegen sind, dass einer Rückforderung vom Leistungsberechtigten § 107 SGB X entgegensteht, wenn zugleich ein Anspruch auf eine andere Sozialleistung bestanden hat.

14

Diese Rechtsfrage würde sich in einem Berufungsverfahren so nicht stellen und ist deshalb nicht klärungsfähig. Die Klägerin hat bereits nicht dargelegt, dass es trotz der Pfändungsfreigrenzen für das Arbeitslosengeld II (§ 54 Abs. 4 SGB I i.V.m. § 850c ZPO) zu einer erheblichen Bedarfsunterdeckung komme. Auch ist die verfassungskonforme Auslegung der §§ 102 ff. SGB X im Sinne der Klägerin - wie ausgeführt - weder zulässig noch geboten.

15

4. Mangels hinreichender Erfolgsaussichten im Sinne von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO (s. oben) scheidet auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren aus.

16

Die Kostenentscheidung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 VwGO.

17

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen