Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (1. Strafsenat) - 1 OLG 2 Ss 56/18

Tenor

Die Ablehnung der Richterin am Landgericht K wegen Besorgnis der Befangenheit wird zurückgewiesen.

Gründe

1.

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Mit Urteil vom 27. April 2018 hat das Landgericht Landau in der Pfalz die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts – Strafrichter – Landau in der Pfalz vom 16. August 2017, mit dem er wegen Urkundefälschung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30,-- EUR verurteilt worden war, als unbegründet verworfen. Hiergegen hat der Angeklagte Revision eingelegt und das Rechtsmittel mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 30. August 2018 begründet. Mit Vermerk vom 17. Dezember 2018 hat Richterin am Landgericht K angezeigt, dass sie mit Beschluss vom 27. April 2018 einen in der Berufungshauptverhandlung gegen den Vorsitzenden der kleinen Strafkammer gestellten Befangenheitsantrag des Angeklagten zurückgewiesen habe. Die Richterin ist als Mitglied des erkennenden Senats zur Entscheidung über die Revision des Angeklagten berufen. Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2019 hat der Verteidiger des Angeklagten einer weiteren Teilnahme der Richterin am Landgericht K am Verfahren widersprochen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die Richterin sei nicht nur im weiteren Sinne vorbefasst, sondern „eng an dem in mehrfacher Hinsicht gerügten Verfahrensablauf“ beteiligt gewesen. Insbesondere sei „das Setzen einer unangemessen kurzen Frist im ebenfalls überschleunigten Ablehnungsverfahren (wenige Stunden über die Mittagspause, soweit dem Unterzeichner erinnerlich) durch die vorbefasste Richterin am Landgericht K einschlägig“.

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Zu den von dem Verteidiger vorgebrachten Ablehnungsgründen hat die abgelehnte Richterin in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 20. März 2019 folgendes ausgeführt:

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„Ich habe dem Verteidiger eine Frist zur Stellungnahme zu seinem Ablehnungsgesuch gegen Vorsitzenden Richter am Landgericht H, über das ich zu entscheiden hatte, aufgrund des überschaubaren Sachverhalts und der Kürze der dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters bis 12 Uhr gesetzt. Nach meiner Erinnerung habe ich die Akte mit der dienstlichen Stellungnahme von Vorsitzenden Richter am Landgericht H ca. 10.15 Uhr erhalten. Ich habe sofort die Stellungnahmefrist verfügt, die dem Verteidiger umgehend gemeinsam mit der dienstlichen Stellungnahme ausgehändigt wurde. Einwände, dass diese Frist zur Stellungnahme nicht ausreichend sei, wurden von dem Verteidiger damals nicht vorgebracht.“

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Der Verteidiger ist dieser Erklärung nicht entgegen getreten.

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2. Das Ablehnungsgesuch hat keinen Erfolg.

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a) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet eine Ablehnung statt, wenn ein Grund vorgebracht wird, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO). Die Vorschrift ist einfachgesetzlicher Ausdruck der verfassungsrechtlichen Prinzipien des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) und der Unabhängigkeit der Gerichte (Art. 97 Abs. 1 GG), die garantieren, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet. Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters ist gerechtfertigt, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Ob nach § 24 Abs. 2 StPO die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit stattfindet, beurteilt sich stets im Hinblick auf das konkrete Verfahren (BGH, Beschluss vom 09.05. 2012 – 2 StR 622/11, juris Rn. 4 m.w.N.).

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b) Nach diesem Maßstab ist das Ablehnungsgesuch nicht begründet.

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(a) Die Mitwirkung an einer im Verfahren ergangenen Vorentscheidung als solche kann die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nicht begründen (BGH, Beschluss vom 19.04.2018 – 3 StR 23/18, juris Rn. 5). Dies ergibt bereits ein Rückschluss aus § 23 Abs. 1 StPO. Ein Richter ist nach dieser Bestimmung (nur dann) ausgeschlossen, wenn er in demselben Verfahren an einer vorangegangenen, jetzt seiner Prüfung in der Rechtsmittelinstanz unterliegenden Entscheidung unmittelbar mitgewirkt hat (Scheuten in KK-StPO, 8. Aufl., § 23 Rn. 3). Eine Mitwirkung in derselben Sache, die nicht unmittelbar der Urteilfindung diente, reicht hingegen für einen Ausschluss nach § 23 Abs. 1 StPO grundsätzlich nicht aus (vgl. Conen/Tsambikakis in MünchKomm-StPO, 1. Aufl., § 23 Rn. 8). Insoweit käme ein Ausschluss der abgelehnten Richterin nur in Betracht, wenn ihre Entscheidung über das im Berufungsverfahren gestellte Ablehnungsgesuch Gegenstand des Rügevorbringens wäre. Denn nur dann hätte der Senat eine unmittelbare Entscheidung der abgelehnten Richterin zu prüfen. Dies ist hier indes nicht der Fall. Eine entsprechende Verfahrensrüge hat der Beschwerdeführer nicht angebracht.

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(b) Soweit der Beschwerdeführer die Besorgnis der Befangenheit auf das Setzen einer unangemessen kurzen Frist zur Stellungnahme auf die dienstliche Erklärung des Vorsitzenden der kleinen Strafkammer vom 27. April 2018 durch die abgelehnte Richterin stützt, ist das Vorbringen nicht geeignet, Misstrauen in die Unparteilichkeit der Richterin zu rechtfertigen. Zwar kann eine in hohem Maße rechtsfehlerhafte, unangemessene oder sonst unsachliche Verhandlungsführung ein Misstrauen in die Unvoreingenommenheit eines Richters begründen. Eine unsachgemäße Verhandlungsführung durch die abgelehnte Richterin liegt jedoch nicht vor. Der Umfang der dienstlichen Stellungnahme umfasste lediglich eine DIN A4-Seite und war damit überschaubar. Die Möglichkeit, dass die dem Verteidiger gesetzte Frist von ca. 90 Minuten nicht ausreichen könnte, den Inhalt der Erklärung zu erfassen und hierzu Stellung zu nehmen, musste sich der abgelehnten Richterin keineswegs aufdrängen. Dies gilt umso mehr, als nach der dienstlichen Erklärung der abgelehnten Richterin, deren Richtigkeit nicht in Zweifel gezogen worden ist, Einwände gegen die Bemessung der Stellungnahmefrist zu keinem Zeitpunkt vorgebracht worden waren und der Verteidiger auch im Rahmen des Ablehnungsgesuchs vom 10. Januar 2019 nachvollziehbare Gründe für die behauptete Unangemessenheit der Fristbemessung nicht benannt hat.

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