Urteil vom Sozialgericht Aachen - S 12 SB 935/19
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des dem Klägers zustehenden Grades der Behinderung (GdB) streitig.
3Mit Bescheid vom 00.00.2011 stellte der Beklagte bei dem 00.00.1964 geborenen Kläger aufgrund Beeinträchtigungen der Wirbelsäule und einer Claviculafraktur einen GdB von 20 fest.
4Am 00.00.2018 stellte der Kläger einen Änderungsantrag, in dem er angab, die Wirbelsäulenschäden hätten sich verschlimmert. Darüber hinaus leide er unter einem Tinnitus, einer Anpassungsstörung und Depressionen sowie unter Divertikeln.
5Der Beklagte holte Befundberichte des Allgemeinmediziners Dr. K, des HNO-Arztes Dr. J. und des Neurologen und Psychiaters M ein und wertete diese – zusammen mit weiteren Arztberichten – durch seinen ärztlichen Dienst aus. Dieser kam zu der Einschätzung die psychische Störung des Klägers bedinge einen GdB von 30, die Funktionsstörungen der Wirbelsäule einen GdB von 20 sowie der beim Kläger bestehende Tinnitus und die Hörminderung, ebenso wie die Funktionsstörungen der Verdauungsorgane, einen GdB von jeweils 10. Insgesamt sei der GdB des Klägers mit 40 zu bewerten.
6Mit Bescheid vom 05.12.2018 stellte der Beklagte daraufhin einen GdB von 40 beim Kläger fest. Hiergegen legte dieser am 12.12.2018 Widerspruch ein, den er umfangreich im Wesentlichen damit begründete, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien nicht hinreichend bewertet. Er mache ein bestimmtes Ereignis im Rahmen seiner Tätigkeit als Beamter bei der H., nämlich seine Amtsenthebung, für seine psychischen Beeinträchtigungen verantwortlich. Hier führe er gerade auch ein Verfahren, in dem er die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall begehre. Er halte seine Beeinträchtigungen für so schwerwiegend, dass sie die mit einem GdB zwischen 50 und 70 zu bewerten seien. Auch die orthopädischen Beeinträchtigungen seien – insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass er seit über 30 Jahren unter Rückenschmerzen leide – nicht hinreichend bewertet. Hier gehe er von einem GdB zwischen 30 und 40 aus. Daneben seien auch die Beeinträchtigungen durch eine bei ihm bestehende Schlüsselbeinpseudoarthrose mit einem GdB von 20 und auch für die Arthrose im Bereich der Hände und Füße mit einem GdB von 20 zu bewerten. Der Tinnitus sei bei ihm mit einem GdB von 40 in Ansatz zu bringen. Im Hinblick auf seine Beeinträchtigung der Verdauungsorgane halte er ebenfalls einen GdB von mindestens 30 für zutreffend.
7Der Beklagte hat durch Einholung eines weiteren Audiogramms, einer Stellungnahme der Psychologischen Praxis I. und des Physiotherapeuten des Klägers weiter ermittelt. Nach erneuter Stellungnahme des ärztlichen Dienstes erging unter dem 16.09.2019 ein weiterer Bescheid, in dem der GdB zwar weiterhin mit 40 bewertet wurde, darüber hinaus aber eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festgestellt wurde.
8Mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2019 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.12.2018 unter Einbeziehung des Bescheides vom 16.09.2019 als unbegründet zurück.
9Hiergegen richtet sich der Kläger mit der am 20.11.2019 erhobenen Klage. Zur Begründung hat er im Wesentlichen den Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren umfangreich wiederholt und vertieft.
10Der Kläger beantragt,
11den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 05.12.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.09.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2019 zu verurteilen, bei ihm ab Antragstellung einen GdB von mindestens 60 festzustellen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des HNO-Arztes Dr. J., des Allgemeinmediziners Dr. K. und des Neurologen und Psychiaters M. sowie darüber hinaus durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtend des Dr. E. nebst eines orthopädischen Zusatzgutachtens des Dr. L. Der Kläger hat zu diesen Gutachten Stellung genommen und hierbei im Wesentlichen die Auffassung vertreten, sowohl die Diagnosen als auch die Bewertungen der bei ihm vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien fehlerhaft. Die Gutachten hatten Gelegenheit, hierzu ergänzend Stellung zu nehmen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten verletzt, da die Bescheide rechtmäßig sind. Dem Kläger steht ein höherer Grad der Behinderung als 40 nicht zu.
18Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – (SGB IX) in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) sind Menschen mit Behinderungen solche, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt dabei dann vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht, § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB IX.
19Gemäß § 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 152 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
20Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tat-richterliche Aufgabe (Bundessozialgericht - BSG – Beschluss vom 01.06.2017 – B 9 SB 20/17 B = juris; BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; Landessozialgericht - LSG – Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
21Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Urteil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
22Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 (a.F.) Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008, zuletzt geändert Artikel 26 des Gesetzes vom 12.12.2019 (BGBl. I S. 2652), die wegen § 152 Abs. 1 Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehinderten-recht zur Anwendung kommt (Versorgungsmedizinische Grundsätze), sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Methoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderungen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Lei-den mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung zu schließen.
23Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze).
24Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R = juris Rn. 14; Bayerisches LSG Urteil vom 18.06.2013 – L 15 BL 6/10 = juris Rn. 67 ff.; Bayerisches LSG Urteil vom 05.02.2013 – L 15 SB 23/10= juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R = juris Rn. 11), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92 = juris Rn. 14). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen.
25Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die bei dem Kläger vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht die Feststellung eines GdB von mehr als 40 rechtfertigen.
26Der Kläger leidet zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Wesentlichen unter:
27- 28
1. Beeinträchtigungen der Psyche im Sinne einer Dysthymie
- 29
2. Hörminderung mit Tinnitus aurium
- 30
3. Funktionsstörung der Wirbelsäule im Sinne eines chronisch degenerativen Lendenwirbelsäulensyndroms mit beginnender mittelgradiger Funktionseinschränkung ohne objektivierbare neuromuskuläre Defizite oder bestehenden manifeste senso-radikulären Reizerscheinungen bei radiologisch nachgewiesener Spondylarthrose sowie eines chronisch degenerativen Halswirbelsäulensyndroms mit geringer Funktionseinschränkung ohne Nachweis eines senso-motorischen Defizits oder einer höhergradigen Bewegungseinschränkung der HWS.
- 31
4. Funktionsstörungen der unteren Extremitäten im Sinne einer beidseits fortgeschrittenen Arthrose der Großzehen und Gelenke mit Vergröberung der Gelenkstruktur und hälftiger Bewegungseinschränkungen ohne Zeichen einer Reizung, Z.n. knöcherner Refixation der Achillessehne mit gutem postoperativem Ergebnis, eines geringen Hallux valgus ohne Nachweis eines Zehenkonflikts, geringer Knick-, Senk- und Spreizfüße, rezidivierender Kniegelenks- und Sprunggelenksbeschwerden, wobei hier ein die Schmerzen erklärender klinischer oder radiologischer Befund nicht vorhanden ist. Freie Kniegelenksfunktion ohne Reizerscheinungen (keine Ergussbildung) und ein stabiler Bandapparat. Auch seitens der Sprunggelenke keine Hinweise auf Reizerscheinungen. Keine Abrollbehinderung.
- 32
5. Funktionsstörungen der oberen Extremitäten im Sinne geringer degenerativer Veränderungen der Hände, einer diskreten Epicondylitis radialis des rechten Ellenbogens bei freier Beweglichkeit ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen und einer schlaffen Pseudoarthrose des linken Schlüsselbeins mit Belastungsschmerzen
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6. Funktionsstörungen der Verdauungsorgane im Sinne eines Sodbrennens bei gastro-ösophagealem Reflux und Divertikulose mit Z.n. mehrfachen Entzündungsschüben
Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten und vorgelegten Befund- und Arztberichte sowie der Gutachten des Dr. E. und Dr. L fest. Die Gutachten beruhen auf umfangreichen Untersuchungen erfahrener gerichtlicher Sachverständigen, die unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der in dem Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Die Beteiligten haben nach Auffassung der Kammer auch keine substantiierten Einwände gegen die medizinischen Feststellungen erhoben. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der umfassenden Stellungnahme des Klägers zu den Gutachten. Die Kammer nimmt in diesem Zusammenhang zur Kenntnis, dass der Kläger die beim ihm vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen offensichtlich subjektiv als schwerwiegender begreift, als dies anhand der von der Gutachtern zugrunde gelegten Parameter der Fall ist. Die Gutachten sind indes lege artis unter Beachtung der insoweit maßgeblichen gutachterlichen und medizinischen Maßstäbe durchgeführt worden. Soweit der Kläger geltend macht, die Diagnose einer Dysthymie sei unzutreffend, vielmehr sei weiterhin die Diagnose einer rezidivierende depressiven Störung zu stellen, ist zum einen anzumerken, dass der Gutachter dargelegt hat, dass und warum dies nicht (mehr) der Fall ist. Zum anderen ist die Bezeichnung der Diagnose im Rahmen des Schwerbehindertenrechts aber auch sekundär, da es vor allem um die aus der Erkrankung resultierenden Beeinträchtigungen geht (zum Aspekt der Diagnose als „temporärer Handlungsanweisung“ im Hinblick auf die durch den Behandler zu wählende Therapie, vgl. Köbberling/Richter/Trampisch/Windeler, Methodologie der medizinischen Diagnostik, 1991, S. 4). Die Auswirkungen werden vom Gutachter – auch unter Berücksichtigung der übrigen vorhandenen Arzt- und Befundberichte – nachvollziehbar beschrieben. Soweit der Kläger glaubt, bei ihm sei eine schwere psychische Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten anzunehmen, so verkennt er evident die insoweit einschlägigen rechtlichen Parameter. Auch die tatsächlich durchgeführte Therapie des Klägers passt nicht zu der Annahme einer solch schweren Störung (vgl. hierzu die noch bis zum 15.11.2020 gültige – derzeit in Überarbeitung befindliche - S3-Leitlinie/Nationale VersorgungsLeitlinie, Unipolare Depression, 2. Aufl. 2015, abrufbar unter www.awmf.org). Für die Kammer ist durch die Ermittlungen deutlich geworden, dass beim Kläger offenbar die Umstände und subjektiven Folgen der Enthebung von der Leitung des H. der H., im Vordergrund stehen, was auch mit dem noch laufendem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Anerkennung eines Dienstunfalls in Verbindung stehen mag, und er hierbei die offensichtlichen positiven Aspekte des bei ihm vorhandenen Sozial- und Aktivitätsniveaus nicht erkennt oder nicht erkennen kann.
35Auch die weiteren umfangreichen Ausführungen des Klägers zu den Gutachten können nicht überzeugen. Eine dezidierte medizinische Auseinandersetzung mit den Erhebungen und Befunden des Gutachtes Dr. L und des Dr. E erfolgt nicht. Es werden den nachvollziehbaren und die medizinischen Vorbefunde angemessen berücksichtigenden Feststellungen der Gutachter vom Kläger letztlich allein subjektive Einschätzungen entgegen gestellt, die dann zum alleinigen Maßstab eines Vergleichs mit den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze gemacht werden. Dies vermag schon nicht im Ansatz zu überzeugen. Subjektive Einschätzungen der Klägerinnen und Kläger sind bei der sorgfältigen medizinischen Begutachtung stets auch mit aufzunehmen, sie sind, und dies ist die Aufgabe des medizinischen Gutachters oder der medizinischen Gutachterin, mit den zu erhebenden Befunden, dem klinischen Eindruck und den Ergebnissen entsprechender Testungen abzugleichen und in einen Kontext zu stellen (vgl. hierzu etwa Schneider/Frister/Olzen, Begutachtung psychischer Störungen, 3. Aufl. 2014, S. 65 ff.). Genau dies haben die beiden Gutachter nach Auffassung der Kammer überzeugend getan.
36Für das Funktionssystem der Psyche ist beim Kläger gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von soeben 30 in Ansatz zu bringen. Es sind beim Kläger freilich bereits stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nachgewiesen.
37Maßgeblich bei der Frage der Höhe des GdB sind – hierauf wurde bereits oben hingewiesen – die objektivierten Beeinträchtigungen des Klägers. Bei der Frage, wie sich die psychischen Beeinträchtigungen auf die Teilhabe des Klägers auswirken, können – als ein Kriterium – die zu den Anhaltspunkten vom ärztlichen Sachverständigenbeirat gerade am Beispiel des "schizophrenen Residualzustandes" entwickelten Abgrenzungskriterien herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2009 - B 9 VG 1/08 R = juris Rn. 43. juris unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des ärztlichen Sachverständigenbeirats vom 18./19. März 1998 und vom 8./9. November 2000; so auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 06.02.2013 - L 11 SB 245/10 = juris Rn. 45 ff; vgl. auch Wendler/Schillings, Versorgungsmedizinische Grundsätze, Teil B Ziffer 3.7; Steffens, in: Nieder/Losch/Thomann, Behinderungen zutreffend einschätzen und begutachten, B 3, S 86 ff.; Venzlaff/Foerster/Dreßing/Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung, 6. Aufl. 2015, S. 570 f.). Hierauf hatte auch der Kläger dem Grunde nach zutreffend bereits hingewiesen.
38Danach werden leichte soziale Anpassungsschwierigkeiten angenommen, wenn zum Beispiel Berufstätigkeit trotz Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ohne wesentliche Beeinträchtigung möglich ist (wesentliche Beeinträchtigung nur in besonderen Berufen, z. B. Lehrer, Manager) und keine wesentliche Beeinträchtigung der familiären Situation oder bei Freundschaften, d. h. keine krankheitsbedingten wesentlichen Eheprobleme bestehen. Mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten werden angenommen bei einer in den meisten Berufen sich auswirkenden psychischen Veränderung, die zwar eine weitere Tätigkeit grundsätzlich noch erlaubt, jedoch eine verminderte Einsatzfähigkeit bedingt, die auch eine berufliche Gefährdung einschließt; als weiteres Kriterium werden erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung genannt, aber noch keine Isolierung, noch kein sozialer Rückzug in einem Umfang, der z. B. eine vorher intakte Ehe stark gefährden könnte. Schließlich liegen nach dieser Einstufung schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten dann vor, wenn die weitere berufliche Tätigkeit sehr stark gefährdet oder ausgeschlossen ist; als weiteres Kriterium werden schwerwiegende Probleme in der Familie oder im Freundes- oder Bekanntenkreis bis zur Trennung von der Familie, vom Partner oder Bekanntenkreis benannt.
39Eine weitere Konkretisierung und Spezifizierung kann darüber hinaus anhand der Vorgaben des ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) aus dem Jahr 2005 erfolgen, welche die Alltagtauglichkeit ausdifferenzierter beschreiben, als dies durch die oben genannten Beschlüsse des Sachverständigenbeirats gewährleistet wird (vgl. hierzu auch Steffens, in: Nieder/Losch/Thomann, Behinderungen zutreffend einschätzen und begutachten, B 3, S. 86 ff.).
40Im Rahmen der Begutachtung bei Dr. E ergab sich, dass der Kläger zeitlich, örtlich, zur Person und zur Situation ausreichend orientiert war. Es ergaben sich keine Hinweise für eine Störung der Wahrnehmung oder der Aufmerksamkeit. Es zeigten sich auch keine Hinweise für Störungen der Konzentrationsfähigkeit oder für Einschränkungen von Merkfähigkeit und Gedächtnis. Der Kläger konnte seine Krankheitsbeschwerden und seine Krankheitsvorgeschichte schlüssig vortragen. Der Kläger war in der Lage, dem Gespräch zu folgen. Er verlor nicht den roten Faden. Bei der Stimmung waren weder eine Freudlosigkeit noch ein Interessenverlust oder eine Einengung der emotionalen Ausdrucks- und Schwingungsfähigkeit festzustellen. Im Rahmen der Auswertung des Beck Depressions Inventar ergab sich – ein zum klinischen Bild kongruentes – leichtes depressives Syndrom. Hierzu passten auch die Schilderungen des Klägers im Hinblick auf sein Aktivitätsniveau und sein soziales Umfeld. Der Kläger war und ist – wie die Schilderungen im Rahmen des Gutachtens des Dr. E zeigen - in der Lage einen Tagesrhythmus aufrecht zu erhalten und tägliche Routinen zu planen und durchzuführen. Er beteiligt sich an Hausarbeiten, erledigt Einkäufe, er handelt wirtschaftlich eigenständig. Auch ist er in der Lage die Buchhaltung und die Steuererklärung für das Unternehmen seiner Frau (G) zu erstellen. Schließlich kümmert er sich auch um die Prozessführung vor dem Sozialgericht selbst. Er betreibt nach eigenen Angaben die Pflege eines großen Grundstücks, er geht mit dem Hund raus, er kocht, fährt mit dem Fahrrad, kümmert sich im Haushalt um das Reinigen und um die Einkäufe. Er verspürt nach eigenen Angaben insoweit – trotz des Verlustes des Arbeitsplatzes - letztlich keine Langeweile. Man trifft sich mit nahen Freunden, und er fährt mit seiner Ehefrau mit dem Wohnwagen in Urlaub. Trotz dieses Aktivitäts- und Sozialniveaus ist der Kläger, dies verkennt die Kammer keinesfalls, im Hinblick auf den Verlust seines Dienstpostens und die damit für den Kläger einhergehenden Belastungen durchaus nicht unerheblich eingeschränkt. Der Kläger wird von seinem Dienstherrn als dienstunfähig angesehen wird. Dies sowie die Tatsache, dass sich der Kläger offensichtlich in diesem Zusammenhang ungerecht behandelt fühlt und hier, durch alle Stellungnahme hinweg, eine Verbitterung zu erkennen ist, und die Beeinträchtigungen durch die Ohrgeräusche lassen es nach Auffassung der Kammer, unter Berücksichtigung der durchgeführten Ermittlungen, überhaupt erst gerechtfertigt erscheinen, mit dem Gutachter Dr. E, beim Kläger schon wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit anzunehmen. Hierein fließt auch der vom Kläger mit Ausnahme des Familien- und nahen Freundeskreises beschrieben soziale Rückzug, der nach den Darstellungen des Klägers freilich auch damit zusammenhängt, dass er Zusammenkünfte mit ehemaligen Kollegen, aber auch Bürgerinnen und Bürger, mit denen er in seiner früheren Tätigkeit Umgang hatte, vermeiden möchte. Dies alles rechtfertigt in einer Gesamtschau die vom Gutachter in Vorschlag gebrachte Annahme eines GdB von soeben 30. Auch die konkrete (moderate) Therapie des Klägers macht nach Auffassung der Kammer deutlich, dass die vom Kläger angenommene schwere psychische Störung bei ihm nicht vorliegt. Es ist nach alldem vielmehr vom Vorliegen einer psychischen Störung mit schon wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen. Hierbei werden, wie oben dargelegt, auch die psychischen Begleiterscheinungen des Tinnitus bereits mit in die Bewertung einbezogen. Im Übrigen bedingt die beim Kläger vorliegende Hörminderung, insbesondere rechts, gemäß Teil B Ziffer 5.2 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze unter Berücksichtigung des Befundberichts des Dr. J einen GdB von 10. Soweit der Kläger hier für die Hörminderung und den Tinnitus für sich einen weiteren GdB von 40 in Anspruch nimmt, ist auch dies nach Auffassung der Kammer nicht ansatzweise nachvollziehbar.
41Für das Funktionssystem der Wirbelsäule ist gemäß Teil B Ziffer 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze bei dem Kläger ein GdB von 20 in Ansatz zu bringen.
42Unter Berücksichtigung der Feststellungen beider Sachverständigen sind beim Kläger zum einen leichtgradige funktionelle Einschränkungen im Bereich der HWS und mittelgradige funktionelle Einschränkungen im Bereich der LWS objektiviert.
43Für die HWS wurde die Kopfseitenneigung nach rechts/links wurde mit 30°/0°/30° ermittelt, die Kopfseitdrehung nach rechts/links mit 70°/0°/70°. Der Kinnspitzen-Brustbein-Abstand bei Kopfvor-/Rückneigung betrug 0/14 Querfinger. Ein Stauchungsschmerz des Achsenorgans konnte nicht festgestellt werden. Zeichen für senso-radikuläre Reizerscheinungen zeigten sich nicht. Insgesamt zeigten sich im Bereich der Halswirbelsäule klinisch eher nur geringe funktionelle Auswirkungen.
44Für den Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule ergaben sich folgende Befunde. Bei der Oberkörpervorneigung betrug der vom Gutachter Dr. L. ermittelte Finger-Boden-Abstand 23 cm, beim Wiederaufrichten zeigte sich ein leichtes Kletterphänomen. Im Sitzen unter Testung des Langsitzes und Ausziehens der Socken wurde die Mitte beider Unterschenkel bei leicht gebeugten Knien ohne Angabe von Schmerzen erreicht. Das Ott’sche Zeichen wurde mit 30/31 cm ermittelt (zu diesem Wert vgl. Wülker (Hrsg.), Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie, 3. Aufl. 2015, 4.1.2.3). Die Rumpfseitdrehung konnte rechts/links mit 20°/0°/20° gezeigt werden, die Rückneigung war bis 20° möglich, die Seitneige wurde rechts/links mit 20°/0°/20° ermittelt (vgl. zu den Bewegungsausmaßen der Wirbelsäule allgemein Grifka/Krämer, Orthopädische Unfallchirurgie, 9. Aufl. 2013, S. 157 f.; Thomann/Schröter/Grosser, Orthopädisch-unfallchirurgische Begutachtung, 3. Aufl. 2020, S. 19). Die Lasègue-Zeichen waren negativ. Es zeigte sich bei dem Kläger nach alledem beginnende mittelgradige Einschränkungen der globalen Lendenwirbelsäulenbeweglichkeit. Radikuläre Reizerscheinungen, etwa auch im Sinne einer Nervenwurzelreizsymptomatik im Bereich der unteren Gliedmaßen oder von segmentbezogenen motorischen oder sensiblen Störungen, konnten nicht objektiviert werden. Unter Berücksichtigung der nachvollziehbar geschilderten wechselhaften Intensität der Beschwerden war hier, unter Berücksichtigung der objektivierbaren Befunde, ein GdB von 20 in Ansatz zu bringen.
45Für die Funktionsstörungen der unteren Extremitäten kommt die Feststellung eines GdB von 10 in Betracht. Beim Kläger bestehen ausgeprägte degenerative Veränderungen der Großzehengrundgelenke, deren Beweglichkeit hälftig eingeschränkt ist. Hier ist – auch unter Berücksichtigung des Hallux valgus, ohne Nachweis eines Zehenkonflikts – ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen. Hierbei berücksichtigt die Kammer, dass beide Füße betroffen sind, dass aber noch keine Versteifung der entsprechenden Zehen besteht, diese vielmehr noch, wenngleich eingeschränkt beweglich sind. Eine Vergleichbarkeit mit einer Versteifung – gar in ungünstiger Stellung – kommt hier, nach den überzeugenden Darlegungen des Gutachters Dr. L nicht in Betracht. Auch die beim Kläger bestehenden geringer Knick-, Senk- und Spreizfüße erhöhen, da eine wesentliche statische Auswirkung nicht objektiviert wurde, den GdB nicht. Die Kammer verkennt nicht, dass der Kläger auch über rezidivierende Kniegelenks- und Sprunggelenksbeschwerden klagt. Unter Berücksichtigung der ermittelten Kniegelenksbeweglichkeit (bds. 140°/0°/0°) bzw. Sprunggelenke (rechts 30°/0°/40° und links 20°/0°/40°) und dem Fehlen nachzuweisenden Druck- oder Bewegungsschmerzes kommt die Feststellung einer Erhöhung des GdB für die unteren Extremitäten auch insoweit nicht in Betracht. Das Gleiche gilt im Hinblick auf den Zustand nach knöcherner Refixation der Achillessehne mit gutem postoperativem Ergebnis. Für die unteren Extremitäten bleibt es damit insgesamt gemäß Teil B Ziffer 18.14 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze bei einem GdB von 10.
46Für die Funktionsstörungen der oberen Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.13 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze die schlaffe Schlüsselbeinpseudoprothese führend mit einem GdB von 20 in Ansatz zu bringen. Die daneben bestehenden geringen degenerativer Veränderungen der Hände und die damit einhergehenden funktionellen Beeinträchtigungen sind objektiv lediglich von geringere Auswirkung. Schlüssel-, Spitz- und Pinzettengriff konnten regelrecht ausgeführt werden. Der Fingerkuppen-Hohlhand-Abstand aller Langfinger betrug 0 cm bei freiem Faustschluss, der Händedruck war beidseits ausreichend kräftig. Die beim Kläger festgestellt diskrete Epicondylitis radialis des rechten Ellenbogens führte zu keiner wesentlichen Einschränkung der altersentsprechend normgerechten Beweglichkeit. Die Beweglichkeit der Schultern war ebenfalls unauffällig. Eine Erhöhung des GdB von 20 für den Bereich der oberen Extremitäten kam damit nicht in Betracht.
47Für die beim Kläger bestehende Refluxerkrankung ist gemäß Teil B Ziffer 10.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze unter Berücksichtigung der beigezogenen allgemeinmedizinischen und internistischen Arzt- und Befundberichte mit einem GdB von 10 zu bewerten. Störungen besonderen Ausmaßes oder Intensität sind nach diese Ermittlungen beim Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht objektiviert. Der Kläger selbst führt in seiner Klagebegründung insoweit ebenfalls aus, dass nach seiner Einschätzung die eigentlichen Erkrankungen deutlich vor 2016 gelegen hätten. In seiner ansonsten recht ausführlichen Klagebegründung nennt der Kläger hinsichtlich der Funktionsstörungen der Verdauungsorgane im Übrigen auch kaum konkrete aktuell andauernde Beschwerden. Solche konnten auch durch die medizinischen Ermittlungen nicht objektviert werden. Das Gleiche gilt im Wesentlichen auch für die Divertikulose mit zeitweisen Entzündungsschüben und beschwerdefreien Intervallen. Hier ist gemäß Teil B Ziffer 10.2.2 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ebenfalls ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen. In dem hier maßgeblichen Zeitraum sind stärkere und häufig rezidivierende oder anhaltende Symptome nicht objektiviert.
48Weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die geeignet wären, einen GdB von 10 oder gar darüber hinaus zu bedingen, sind ebenfalls nicht objektiviert.
49Ausgehend von den nachgewiesenen Beeinträchtigungen ist bei dem Kläger für den streitbefangenen Zeitraum nach § 152 Abs. 3 SGB IX (§ 69 Abs. 3 SGB IX a.F.) in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von mehr als 40 nicht in Ansatz zu bringen.
50§ 152 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, beim Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchtigungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammenschau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrachtungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
51Vorliegend stehen die Beeinträchtigungen der Psyche im Vordergrund, die einen GdB von 30 bedingen. Hinzu kommen die Beeinträchtigungen im Bereich der oberen Extremitäten und die Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule, die beide mit einem GdB von 20, die sich aber in ihren Auswirkungen nicht ganz trennscharf voneinander abgrenzen lassen. Der GdB von 30 für die Psyche war – wie oben dargelegt – eher schwach. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, auch im Hinblick auf die Fähigkeiten und körperlichen Möglichkeiten des Klägers im Rahmen der Begutachtung und auch im Hinblick auf das von dem Kläger ansonsten geschilderte Aktivitätsniveau kommt die Feststellung eines GdB von mehr als 40 nicht in Betracht. Die objektivierten Beeinträchtigungen des Klägers lassen sich in ihren Auswirkungen nicht gemäß Teil A Nr. 3 lit. b) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze mit einem einzelnen Gesundheitsschaden vergleichen, für den die Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen festen GdB-Wert von 50 angeben (vgl. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 - L 13 SB 127/11 = juris Rn. 49 ff. unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG und den hierzu vertretenen Meinungsstand in der Literatur). Dies wäre etwa beim Vorliegen bereits mittelgradiger sozialer Anpassungsschwierigkeiten oder aber der Versteifung großer Teile der Wirbelsäule bzw. der dauerhaften Ruhigstellung durch eine Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte erfasst (bspw. Milwaukee-Korsett). Entsprechende Beeinträchtigungen sind bei dem Kläger derzeit jedenfalls nicht objektiviert.
52Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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Referenzen
- SGG § 183 1x
- SGG § 193 1x
- § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB IX 1x (nicht zugeordnet)
- § 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX 1x (nicht zugeordnet)
- § 152 Abs. 3 SGB IX 2x (nicht zugeordnet)
- § 2 Abs. 1 SGB IX 1x (nicht zugeordnet)
- BVG § 35 1x
- § 152 Abs. 1 Satz 4 SGB IX 1x (nicht zugeordnet)
- § 69 Abs. 3 SGB IX 1x (nicht zugeordnet)
- § 152 Abs. 3 Satz 1 SGB IX 1x (nicht zugeordnet)
- 9 SB 20/17 1x (nicht zugeordnet)
- 9 SB 35/10 1x (nicht zugeordnet)
- 13 SB 127/11 4x (nicht zugeordnet)
- 9 SB 4/08 1x (nicht zugeordnet)
- 9 SB 4/10 2x (nicht zugeordnet)
- 9 VS 2/98 1x (nicht zugeordnet)
- 15 BL 6/10 1x (nicht zugeordnet)
- 15 SB 23/10 1x (nicht zugeordnet)
- 9 VG 3/99 1x (nicht zugeordnet)
- 9a RV 1/92 1x (nicht zugeordnet)
- 9 VG 1/08 1x (nicht zugeordnet)
- 11 SB 245/10 1x (nicht zugeordnet)
- 9 SB 9/97 1x (nicht zugeordnet)