Gerichtsbescheid vom Sozialgericht Düsseldorf - S 44 R 511/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Witwerrente.
3Der Kläger heiratete am 15.05.1996 die am 00.00.1958 geborenen Frau B C1 I1, geb. L (im Folgenden: Versicherte). Mit Beschluss des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 08.11.2012 wurde die Ehe geschieden. Der Beschluss ist seit dem 18.12.2012 rechtskräftig. Am 03.01.2013 wurde die Versicherte tot aufgefunden. Aus dem Ermittlungsbericht der Polizeidirektion G vom 03.01.2013 folgt eine Todeszeit "zwischen dem 18.12.2012, 19:00 Uhr, und dem 03.01.2013, 15:52 Uhr". Eine Befragung der Angehörigen (anwesend: Mutter und Schwester der Versicherten, Ehemann der Schwester) habe ergeben, dass die Versicherte zuletzt am 18.12.2012 gegen 19:00 Uhr von ihrer Mutter lebend gesehen worden sei. Da die Versicherte an Depressionen gelitten habe und sich öfter für längere Zeiträume in ihrer Wohnung zurückgezogen habe, sei es nicht ungewöhnlich gewesen, dass sie einige Tage nicht gesehen worden sei.
4Das Standesamt I2 erstellte jeweils am 08.01.2013 und am 28.01.2013 eine Sterbeurkunde, aus der als Zeitpunkt des Todes der Versicherten die Zeit "zwischen dem 18.12.2012, 19:00 Uhr, und dem 03.01.2013, 15:52 Uhr" folgt.
5Mit Schreiben vom 28.01.2013 teilte die Schwester der Versicherten, Frau C2 X, der Staatsanwaltschaft Freiburg mit, dass die Sterbeurkunde hinsichtlich des Sterbezeitraumes fehlerhaft sei. Ausweislich eines Kontoauszuges habe die Versicherte noch am 21.12.2012 getankt und mit EC-Karte (unter Nutzung der PIN) bezahlt. Am 22.12.2012 habe sie den Nachmittag und Abend bei ihrer Mutter verbracht, der sie erzählt habe, das Benzin sei günstig und sie solle auch tanken. Es sei somit unmöglich, dass die Versicherte bereits am 18.12.2012 verstorben sei. Sie bitte, den Fehler zu korrigieren. Da für die Staatsanwaltschaft Freiburg die Frage des genauen Todeszeitpunktes ohne Bedeutung gewesen ist, ging diese den Ausführungen der Schwester der Versicherten nicht weiter nach (vgl. Schreiben der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 23.07.2014). Mit Schreiben vom 07.03.2013 stellte dann die Mutter der Versicherten, Frau I3 L, beim Standesamt I2 einen Antrag auf Berichtigung der Sterbeurkunde. Sie führte aus, dass der darin ausgewiesene Todeszeitraum falsch sei und frühester Todeszeitpunkt der 23.12.2012 sei. Sie versichere an Eides statt, dass die Versicherte am 22.12.2013 bis etwa 23:00 Uhr bei ihr in der Wohnung gewesen sei. Auch am 23.12.2013 habe sie sie noch lebend gesehen, als sie vom Einkaufen gekommen sei. Mit einem Schreiben aus Februar 2013 versicherte Herr S U, dass er die Versicherte am 22.12.2012, als er eine Wasserhahnreparatur im Hause ihrer Mutter durchgeführt habe, beim Eintreffen an der Baustelle, am Fenster habe stehen sehen.
6Mit Sterbeurkunde vom 19.03.2013 grenzte das Standesamt I2 den Zeitpunkt des Todes auf die Zeit "zwischen dem 22.12.2012, 19:00 Uhr, und dem 03.01.2013, 15:52 Uhr" ein. Auf Nachfrage des Klägers teilte ihm das Standesamt I2 mit Schreiben vom 20.06.2013 mit, dass der Sterbezeitraum aufgrund eidesstattlicher Angaben der Angehörigen und beigebrachter Nachweise habe eingegrenzt werden können. Die Änderung des Sterbezeitraumes sei in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft und der Rechtsaufsicht erfolgt.
7Im Juli 2013 stellte der Kläger bei der Beklagten einen formlosen Antrag auf Bewilligung einer Witwerrente, den die Beklagte mit Bescheid vom 06.09.2013 abgelehnt hat. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Todes der Versicherten nicht mehr rechtskräftig mit dieser verheiratet gewesen sei. Die Ehe sei bereits geschieden gewesen. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Er teilte mit, dass die Versicherte bereits am 16.12.2012 verstorben sei, so dass er zum Zeitpunkt ihres Todes noch mit ihr rechtskräftig verheiratet gewesen sei. Der Scheidungsbeschluss sei erst am 18.12.2012 rechtskräftig geworden. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie teilte mit, dass Voraussetzung für den Anspruch auf die Hinterbliebenenrente das Bestehen einer gültigen Ehe zur Zeit des Todes der Versicherten sei. Ausweislich der Sterbeurkunde vom 28.01.2013 sei die Versicherte zum Zeitpunkt ihres Todes bereits geschieden gewesen, so dass keine gültige Ehe mehr bestanden habe.
8Der Kläger hat am 03.03.2014 Klage erhoben.
9Er trägt vor, dass der Todeszeitpunkt der Versicherten nicht feststünde. Er bestreite aber, dass die Versicherte nach dem 17.12.2013 verstorben sei.
10Der Kläger beantragt,
11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2014 zu verurteilen, ihm eine Witwerrente nach B C1 I1 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
12Die Beklagte beantragt
13die Klage abzuweisen.
14Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 25.02.2014.
15Das Gericht hat sowohl von der Mutter als auch von der Schwester der Versicherten schriftliche Auskünfte eingeholt. Auf die entsprechenden Schriftsätze dieser Personen wird verwiesen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben.
17Entscheidungsgründe:
18Das Gericht kann ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid über die Streitsache entscheiden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligen sind vorher nach § 105 Abs. 1 S. 2 SGG angehört worden.
19Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
20Der Bescheid vom 06.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Witwerrente nach der verstorbenen Versicherten.
21Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Witwerrente ist § 46 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) – Gesetzliche Rentenversicherung. Anspruchsberechtigt für eine solche Hinterbliebenenrente ist der überlebende Ehegatte, der bis zum Tode des Versicherten mit diesem in rechtsgültiger Ehe verheiratet gewesen ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 13.01.1999, Az.: B 13 RJ 17/98 R; von Koch/Dankelmann in Kreikebohm, SGB VI, 4. Auflage 2013, § 46 Rn. 4; Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 83. EL 2014; § 46 SGB VI Rn. 4; Kreikebohm/Jassat in Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01.09.2014, § 46 SGB VI Rn. 3 und 8). Ob eine gültige Ehe zum Todeszeitpunkt noch bestanden hat, ist anhand der gesetzlichen Regelungen des Familien- und Personenstandsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu klären (Bohlken in jurisPK-SGB VI, 2. Auflage 2013, § 46 Rn. 39; Kreikebohm/Jassat a.a.O. Rn. 8). Ist ein Scheidungsurteil zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten noch nicht rechtskräftig, hat die Ehe noch bestanden, so dass der hinterbliebene Ehegatte anspruchsberechtigt sein kann (Bohlken a.a.O., Rn. 40; Gürtner a.a.O. Rn. 11).
22In Fällen, in denen keine familiengerichtliche Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Ehe vorliegt (vgl. § 121 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – FamFG), kann die Witwer- /Witweneigenschaft als Vorfrage bei der Prüfung des Anspruchs auf Witwer-/ Witwenrente geklärt werden (BSG a.a.O.). Da das Sozialversicherungsrecht keinen eigenen Ehebegriff kennt, ist grundsätzlich an die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen anzuknüpfen (BSG a.a.O.).
23Die Ehe des Klägers mit der verstorbenen Versicherten ist seit dem 18.12.2012 rechtskräftig geschieden. Ein Anspruch auf Gewährung einer Witwerrente könnte sich daher nur ergeben, wenn feststehen würde, dass die Versicherte vor dem 18.12.2012 verstorben wäre. Dies ist zur Überzeugung der Kammer aber nicht der Fall.
24Ausweislich der Sterbeurkunde vom 19.03.2013 ist die Versicherte zwischen dem 22.12.2012 und dem 03.01.2013 verstorben. Sowohl die Mutter als auch die Schwester der Versicherten haben bestätigt, dass die Versicherte am 22.12.2012 noch gelebt hat. So hat die Mutter der Versicherten dargestellt, dass sie gemeinsam mit dieser noch am 22.12.2012 den Abend verbracht und am 23.12.2012 gesehen habe, wie die Versicherte vom Einkaufen gekommen sei. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, um an diesen Ausführungen zu zweifeln. So hat die Schwester der Versicherten, die diese zwar im Dezember 2012 nicht gesehen hat, mitgeteilt, dass ihre Mutter ihr bereits am 25.12.2012 berichtet habe, dass sie am 22.12.2012 den Nachmittag und Abend mit der Versicherten verbracht und am 23.12.2012 gesehen habe, wie diese vom Einkaufen gekommen sei. Dem Ermittlungsbericht der Polizeidirektion Freiburg vom 03.01.2013 ist zwar zu entnehmen, dass die damals anwesenden Angehörigen zunächst angegeben hatten, die Versicherte sei von ihrer Mutter zuletzt am 18.12.2012 gegen 19:00 Uhr gesehen worden, doch hat die Mutter der Versicherten nachvollziehbar dargelegt, dass es sich hierbei um einen Fehler gehandelt habe. Sie hat glaubhaft ausgeführt, dass sie sich an den 22.12.2012 noch gut erinnern könne und diesen gemeinsamen Abend mit ihrer Tochter zwei Tage vor Weihnachten wohl nicht vergessen werde. Man habe Weihnachten zusammen feiern wollen und am 22.12.2012 die Einzelheiten besprochen sowie ferngesehen. Aus welchen Gründen zunächst der 18.12.2012 als letztes gemeinsames Treffen angegeben worden war, ist für die Kammer nicht erkennbar. Insbesondere ergeben sich aus dem Ermittlungsbericht keine Angaben, aus denen sich dieses Datum näher ableiten ließe. Im Übrigen hat die Mutter der Versicherten eingewandt, von der Todesnachricht schwer getroffen worden zu sein, so dass für die Kammer nachvollziehbar ist, dass erst im Nachgang konkrete Angaben zum letzten Zusammentreffen mit der Versicherten haben gemacht werden können. Darüber hinaus ist der eidesstattlichen Versicherung des Herrn S U zu entnehmen, dass auch dieser die Versicherte noch am 22.12.2012 gesehen hat. Soweit ausweislich des Kontoauszuges am 19.12.2012 noch eine Benutzung der Girokarte der Versicherten unter Verwendung der PIN erfolgt ist, kann daraus zwar nicht gefolgert werden, dass diese EC-Zahlung von der Versicherten vorgenommen worden ist, doch hat die Kammer im Hinblick auf die überzeugenden Ausführungen der Mutter der Versicherten keine Zweifel daran, dass die Versicherte am 18.12.2012 (und sogar am 22.12.2012 bzw. 23.12.2012 noch) gelebt hat.
25Der Kläger hat lediglich behauptet, dass die Versicherte vor dem 18.12.2012 und damit vor Rechtskraft der Scheidung verstorben sei. Anhaltspunkte oder Nachweise, die diese Behauptung – entgegen der Ausführungen der Mutter der Versicherten – bestätigen könnten, hat er nicht benannt. Ein substantiiertes Bestreiten des in der Sterbeurkunde vom 19.03.2013 benannten frühesten Todeszeitpunktes liegt damit nicht vor. Die objektive Beweislast dafür, dass die Versicherte vor dem 18.12.2012 verstorben ist, trägt der Kläger. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast wirkt sich die Nichterweislichkeit einer Tatsache grundsätzlich zu Lasten desjenigen Beteiligten aus, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will. Während denjenigen, der sich eines Anspruchs berühmt, die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trifft, ist derjenige, der einen geltend gemachten Anspruch qualifiziert bestreitet, für die rechtsvernichtenden, rechtshindernden oder rechtshemmenden Tatsachen beweispflichtig. Die Verteilung der Beweislast bestimmt sich dabei nach der für den Rechtsstreit maßgeblichen materiell-rechtlichen Norm (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.12.2013, Az.: L 18 KN 362/10 m.w.N.). Bezogen auf den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Witwerrente bedeutet dies, dass – nachdem die Ermittlungen des Gerichts keine entsprechenden Anhaltspunkte ergeben haben – den Kläger die objektive Beweislast dafür trifft, dass die Versicherten vor dem 18.12.2012 verstorben ist.
26Da die Kammer keinerlei Anhaltspunkte für die bloße Behauptung des Klägers, die Versicherte sei vor dem 18.12.2012 verstorben, hat, hat es auch von einer persönlichen Vernehmung der Mutter und der Schwester der Versicherten abgesehen. Für die Ablehnung der Witwerrente ist es ohne Bedeutung, ob die Versicherte am 18.12.2012 (vgl. Sterbeurkunden vom 08.01.2013 und 28.01.2013) oder am 22.12.2012 (vgl. Sterbeurkunde vom 19.03.2013) verstorben ist.
27Ein Anspruch auf Witwerrente für Geschiedene besteht ebenfalls nicht, da § 243 SGB VI eine solche Hinterbliebenenrente nur für vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten vorsieht. § 243 SGB VI ist auch nicht entsprechend auf Fälle anzuwenden, in denen die Ehe nach dem 30.06.1977 geschieden wurde, ohne dass – wie vorliegend – ein Versorgungsausgleich stattfand. Voraussetzung für eine analoge Anwendung wäre eine planwidrige Regelungslücke, an der es vorliegend fehlt. Mit der Regelung des 243 SGB VI bzw. den insoweit inhaltsgleichen Vorgängervorschriften beabsichtigte der Gesetzgeber das Gesamtsystem der Geschiedenenwitwenrente durch das des Versorgungsausgleichs zu ersetzen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13.05.1986, Az.: 1 BvL 55/83; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.11.2011, Az.: L 18 KN 40/11). Der Ausschluss der Geschiedenenwitwenrente für nach dem 30.06.1977 Geschiedene, bei denen ein Versorgungsausgleich nicht durchgeführt wurde, wurde vom Gesetzgeber in Kauf genommen (siehe hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.09.2010, Az.: L 3 R 150/10). Die Kammer hat auch keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regelung. Das BVerfG, dessen Ausführungen sich die erkennende Kammer nach eigener Prüfung der Rechtslage inhaltlich anschließt, hat festgestellt, dass der Fortfall der Geschiedenenwitwenrente für Frauen, die nach dem 30.06.1977 geschieden worden sind, durch § 42 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) – eine Vorgängerregelung des § 243 SGB VI –, auch in solchen Fällen mit dem Grundgesetz vereinbar ist, in denen kein Versorgungsausgleich stattgefunden hat (BVerfG a.a.O.; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O.).
28Damit war die Klage mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
29Die Klage wird abgewiesen.
30Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
31Tatbestand:
32Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Witwerrente.
33Der Kläger heiratete am 15.05.1996 die am 00.00.1958 geborenen Frau B C1 I1, geb. L (im Folgenden: Versicherte). Mit Beschluss des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 08.11.2012 wurde die Ehe geschieden. Der Beschluss ist seit dem 18.12.2012 rechtskräftig. Am 03.01.2013 wurde die Versicherte tot aufgefunden. Aus dem Ermittlungsbericht der Polizeidirektion G vom 03.01.2013 folgt eine Todeszeit "zwischen dem 18.12.2012, 19:00 Uhr, und dem 03.01.2013, 15:52 Uhr". Eine Befragung der Angehörigen (anwesend: Mutter und Schwester der Versicherten, Ehemann der Schwester) habe ergeben, dass die Versicherte zuletzt am 18.12.2012 gegen 19:00 Uhr von ihrer Mutter lebend gesehen worden sei. Da die Versicherte an Depressionen gelitten habe und sich öfter für längere Zeiträume in ihrer Wohnung zurückgezogen habe, sei es nicht ungewöhnlich gewesen, dass sie einige Tage nicht gesehen worden sei.
34Das Standesamt I2 erstellte jeweils am 08.01.2013 und am 28.01.2013 eine Sterbeurkunde, aus der als Zeitpunkt des Todes der Versicherten die Zeit "zwischen dem 18.12.2012, 19:00 Uhr, und dem 03.01.2013, 15:52 Uhr" folgt.
35Mit Schreiben vom 28.01.2013 teilte die Schwester der Versicherten, Frau C2 X, der Staatsanwaltschaft Freiburg mit, dass die Sterbeurkunde hinsichtlich des Sterbezeitraumes fehlerhaft sei. Ausweislich eines Kontoauszuges habe die Versicherte noch am 21.12.2012 getankt und mit EC-Karte (unter Nutzung der PIN) bezahlt. Am 22.12.2012 habe sie den Nachmittag und Abend bei ihrer Mutter verbracht, der sie erzählt habe, das Benzin sei günstig und sie solle auch tanken. Es sei somit unmöglich, dass die Versicherte bereits am 18.12.2012 verstorben sei. Sie bitte, den Fehler zu korrigieren. Da für die Staatsanwaltschaft Freiburg die Frage des genauen Todeszeitpunktes ohne Bedeutung gewesen ist, ging diese den Ausführungen der Schwester der Versicherten nicht weiter nach (vgl. Schreiben der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 23.07.2014). Mit Schreiben vom 07.03.2013 stellte dann die Mutter der Versicherten, Frau I3 L, beim Standesamt I2 einen Antrag auf Berichtigung der Sterbeurkunde. Sie führte aus, dass der darin ausgewiesene Todeszeitraum falsch sei und frühester Todeszeitpunkt der 23.12.2012 sei. Sie versichere an Eides statt, dass die Versicherte am 22.12.2013 bis etwa 23:00 Uhr bei ihr in der Wohnung gewesen sei. Auch am 23.12.2013 habe sie sie noch lebend gesehen, als sie vom Einkaufen gekommen sei. Mit einem Schreiben aus Februar 2013 versicherte Herr S U, dass er die Versicherte am 22.12.2012, als er eine Wasserhahnreparatur im Hause ihrer Mutter durchgeführt habe, beim Eintreffen an der Baustelle, am Fenster habe stehen sehen.
36Mit Sterbeurkunde vom 19.03.2013 grenzte das Standesamt I2 den Zeitpunkt des Todes auf die Zeit "zwischen dem 22.12.2012, 19:00 Uhr, und dem 03.01.2013, 15:52 Uhr" ein. Auf Nachfrage des Klägers teilte ihm das Standesamt I2 mit Schreiben vom 20.06.2013 mit, dass der Sterbezeitraum aufgrund eidesstattlicher Angaben der Angehörigen und beigebrachter Nachweise habe eingegrenzt werden können. Die Änderung des Sterbezeitraumes sei in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft und der Rechtsaufsicht erfolgt.
37Im Juli 2013 stellte der Kläger bei der Beklagten einen formlosen Antrag auf Bewilligung einer Witwerrente, den die Beklagte mit Bescheid vom 06.09.2013 abgelehnt hat. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Todes der Versicherten nicht mehr rechtskräftig mit dieser verheiratet gewesen sei. Die Ehe sei bereits geschieden gewesen. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Er teilte mit, dass die Versicherte bereits am 16.12.2012 verstorben sei, so dass er zum Zeitpunkt ihres Todes noch mit ihr rechtskräftig verheiratet gewesen sei. Der Scheidungsbeschluss sei erst am 18.12.2012 rechtskräftig geworden. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie teilte mit, dass Voraussetzung für den Anspruch auf die Hinterbliebenenrente das Bestehen einer gültigen Ehe zur Zeit des Todes der Versicherten sei. Ausweislich der Sterbeurkunde vom 28.01.2013 sei die Versicherte zum Zeitpunkt ihres Todes bereits geschieden gewesen, so dass keine gültige Ehe mehr bestanden habe.
38Der Kläger hat am 03.03.2014 Klage erhoben.
39Er trägt vor, dass der Todeszeitpunkt der Versicherten nicht feststünde. Er bestreite aber, dass die Versicherte nach dem 17.12.2013 verstorben sei.
40Der Kläger beantragt,
41die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2014 zu verurteilen, ihm eine Witwerrente nach B C1 I1 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
42Die Beklagte beantragt
43die Klage abzuweisen.
44Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 25.02.2014.
45Das Gericht hat sowohl von der Mutter als auch von der Schwester der Versicherten schriftliche Auskünfte eingeholt. Auf die entsprechenden Schriftsätze dieser Personen wird verwiesen.
46Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben.
47Entscheidungsgründe:
48Das Gericht kann ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid über die Streitsache entscheiden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligen sind vorher nach § 105 Abs. 1 S. 2 SGG angehört worden.
49Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
50Der Bescheid vom 06.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Witwerrente nach der verstorbenen Versicherten.
51Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Witwerrente ist § 46 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) – Gesetzliche Rentenversicherung. Anspruchsberechtigt für eine solche Hinterbliebenenrente ist der überlebende Ehegatte, der bis zum Tode des Versicherten mit diesem in rechtsgültiger Ehe verheiratet gewesen ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 13.01.1999, Az.: B 13 RJ 17/98 R; von Koch/Dankelmann in Kreikebohm, SGB VI, 4. Auflage 2013, § 46 Rn. 4; Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 83. EL 2014; § 46 SGB VI Rn. 4; Kreikebohm/Jassat in Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01.09.2014, § 46 SGB VI Rn. 3 und 8). Ob eine gültige Ehe zum Todeszeitpunkt noch bestanden hat, ist anhand der gesetzlichen Regelungen des Familien- und Personenstandsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu klären (Bohlken in jurisPK-SGB VI, 2. Auflage 2013, § 46 Rn. 39; Kreikebohm/Jassat a.a.O. Rn. 8). Ist ein Scheidungsurteil zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten noch nicht rechtskräftig, hat die Ehe noch bestanden, so dass der hinterbliebene Ehegatte anspruchsberechtigt sein kann (Bohlken a.a.O., Rn. 40; Gürtner a.a.O. Rn. 11).
52In Fällen, in denen keine familiengerichtliche Entscheidung über das Bestehen einer wirksamen Ehe vorliegt (vgl. § 121 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – FamFG), kann die Witwer- /Witweneigenschaft als Vorfrage bei der Prüfung des Anspruchs auf Witwer-/ Witwenrente geklärt werden (BSG a.a.O.). Da das Sozialversicherungsrecht keinen eigenen Ehebegriff kennt, ist grundsätzlich an die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen anzuknüpfen (BSG a.a.O.).
53Die Ehe des Klägers mit der verstorbenen Versicherten ist seit dem 18.12.2012 rechtskräftig geschieden. Ein Anspruch auf Gewährung einer Witwerrente könnte sich daher nur ergeben, wenn feststehen würde, dass die Versicherte vor dem 18.12.2012 verstorben wäre. Dies ist zur Überzeugung der Kammer aber nicht der Fall.
54Ausweislich der Sterbeurkunde vom 19.03.2013 ist die Versicherte zwischen dem 22.12.2012 und dem 03.01.2013 verstorben. Sowohl die Mutter als auch die Schwester der Versicherten haben bestätigt, dass die Versicherte am 22.12.2012 noch gelebt hat. So hat die Mutter der Versicherten dargestellt, dass sie gemeinsam mit dieser noch am 22.12.2012 den Abend verbracht und am 23.12.2012 gesehen habe, wie die Versicherte vom Einkaufen gekommen sei. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, um an diesen Ausführungen zu zweifeln. So hat die Schwester der Versicherten, die diese zwar im Dezember 2012 nicht gesehen hat, mitgeteilt, dass ihre Mutter ihr bereits am 25.12.2012 berichtet habe, dass sie am 22.12.2012 den Nachmittag und Abend mit der Versicherten verbracht und am 23.12.2012 gesehen habe, wie diese vom Einkaufen gekommen sei. Dem Ermittlungsbericht der Polizeidirektion Freiburg vom 03.01.2013 ist zwar zu entnehmen, dass die damals anwesenden Angehörigen zunächst angegeben hatten, die Versicherte sei von ihrer Mutter zuletzt am 18.12.2012 gegen 19:00 Uhr gesehen worden, doch hat die Mutter der Versicherten nachvollziehbar dargelegt, dass es sich hierbei um einen Fehler gehandelt habe. Sie hat glaubhaft ausgeführt, dass sie sich an den 22.12.2012 noch gut erinnern könne und diesen gemeinsamen Abend mit ihrer Tochter zwei Tage vor Weihnachten wohl nicht vergessen werde. Man habe Weihnachten zusammen feiern wollen und am 22.12.2012 die Einzelheiten besprochen sowie ferngesehen. Aus welchen Gründen zunächst der 18.12.2012 als letztes gemeinsames Treffen angegeben worden war, ist für die Kammer nicht erkennbar. Insbesondere ergeben sich aus dem Ermittlungsbericht keine Angaben, aus denen sich dieses Datum näher ableiten ließe. Im Übrigen hat die Mutter der Versicherten eingewandt, von der Todesnachricht schwer getroffen worden zu sein, so dass für die Kammer nachvollziehbar ist, dass erst im Nachgang konkrete Angaben zum letzten Zusammentreffen mit der Versicherten haben gemacht werden können. Darüber hinaus ist der eidesstattlichen Versicherung des Herrn S U zu entnehmen, dass auch dieser die Versicherte noch am 22.12.2012 gesehen hat. Soweit ausweislich des Kontoauszuges am 19.12.2012 noch eine Benutzung der Girokarte der Versicherten unter Verwendung der PIN erfolgt ist, kann daraus zwar nicht gefolgert werden, dass diese EC-Zahlung von der Versicherten vorgenommen worden ist, doch hat die Kammer im Hinblick auf die überzeugenden Ausführungen der Mutter der Versicherten keine Zweifel daran, dass die Versicherte am 18.12.2012 (und sogar am 22.12.2012 bzw. 23.12.2012 noch) gelebt hat.
55Der Kläger hat lediglich behauptet, dass die Versicherte vor dem 18.12.2012 und damit vor Rechtskraft der Scheidung verstorben sei. Anhaltspunkte oder Nachweise, die diese Behauptung – entgegen der Ausführungen der Mutter der Versicherten – bestätigen könnten, hat er nicht benannt. Ein substantiiertes Bestreiten des in der Sterbeurkunde vom 19.03.2013 benannten frühesten Todeszeitpunktes liegt damit nicht vor. Die objektive Beweislast dafür, dass die Versicherte vor dem 18.12.2012 verstorben ist, trägt der Kläger. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast wirkt sich die Nichterweislichkeit einer Tatsache grundsätzlich zu Lasten desjenigen Beteiligten aus, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will. Während denjenigen, der sich eines Anspruchs berühmt, die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trifft, ist derjenige, der einen geltend gemachten Anspruch qualifiziert bestreitet, für die rechtsvernichtenden, rechtshindernden oder rechtshemmenden Tatsachen beweispflichtig. Die Verteilung der Beweislast bestimmt sich dabei nach der für den Rechtsstreit maßgeblichen materiell-rechtlichen Norm (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.12.2013, Az.: L 18 KN 362/10 m.w.N.). Bezogen auf den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Witwerrente bedeutet dies, dass – nachdem die Ermittlungen des Gerichts keine entsprechenden Anhaltspunkte ergeben haben – den Kläger die objektive Beweislast dafür trifft, dass die Versicherten vor dem 18.12.2012 verstorben ist.
56Da die Kammer keinerlei Anhaltspunkte für die bloße Behauptung des Klägers, die Versicherte sei vor dem 18.12.2012 verstorben, hat, hat es auch von einer persönlichen Vernehmung der Mutter und der Schwester der Versicherten abgesehen. Für die Ablehnung der Witwerrente ist es ohne Bedeutung, ob die Versicherte am 18.12.2012 (vgl. Sterbeurkunden vom 08.01.2013 und 28.01.2013) oder am 22.12.2012 (vgl. Sterbeurkunde vom 19.03.2013) verstorben ist.
57Ein Anspruch auf Witwerrente für Geschiedene besteht ebenfalls nicht, da § 243 SGB VI eine solche Hinterbliebenenrente nur für vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten vorsieht. § 243 SGB VI ist auch nicht entsprechend auf Fälle anzuwenden, in denen die Ehe nach dem 30.06.1977 geschieden wurde, ohne dass – wie vorliegend – ein Versorgungsausgleich stattfand. Voraussetzung für eine analoge Anwendung wäre eine planwidrige Regelungslücke, an der es vorliegend fehlt. Mit der Regelung des 243 SGB VI bzw. den insoweit inhaltsgleichen Vorgängervorschriften beabsichtigte der Gesetzgeber das Gesamtsystem der Geschiedenenwitwenrente durch das des Versorgungsausgleichs zu ersetzen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13.05.1986, Az.: 1 BvL 55/83; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.11.2011, Az.: L 18 KN 40/11). Der Ausschluss der Geschiedenenwitwenrente für nach dem 30.06.1977 Geschiedene, bei denen ein Versorgungsausgleich nicht durchgeführt wurde, wurde vom Gesetzgeber in Kauf genommen (siehe hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.09.2010, Az.: L 3 R 150/10). Die Kammer hat auch keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regelung. Das BVerfG, dessen Ausführungen sich die erkennende Kammer nach eigener Prüfung der Rechtslage inhaltlich anschließt, hat festgestellt, dass der Fortfall der Geschiedenenwitwenrente für Frauen, die nach dem 30.06.1977 geschieden worden sind, durch § 42 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) – eine Vorgängerregelung des § 243 SGB VI –, auch in solchen Fällen mit dem Grundgesetz vereinbar ist, in denen kein Versorgungsausgleich stattgefunden hat (BVerfG a.a.O.; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O.).
58Damit war die Klage mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
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Referenzen
- SGG § 54 2x
- 18 KN 40/11 2x (nicht zugeordnet)
- § 46 SGB VI 4x (nicht zugeordnet)
- 13 RJ 17/98 2x (nicht zugeordnet)
- SGG § 193 2x
- SGG § 105 2x
- 18 KN 362/10 2x (nicht zugeordnet)
- § 243 SGB VI 6x (nicht zugeordnet)
- 3 R 150/10 2x (nicht zugeordnet)
- 1 BvL 55/83 2x (nicht zugeordnet)