Beschluss vom Sozialgericht Karlsruhe - S 1 SF 3222/15 E

Tenor

Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 23. Juli 2015 im Verfahren S 4 SV .../15 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Erinnerungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Mit Schriftsatz vom 03.05.2015, beim Sozialgericht Karlsruhe am 09.03.2015 eingegangen, machte der Kläger des Hauptsacheverfahrens S 4 SV .../15 gegen den Erinnerungsführer einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem Wohngeldgesetz geltend. Nachdem das Sozialgericht Karlsruhe durch Beschluss vom 01.04.2015 den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen hatte, nahm der Kläger noch vor Zustellung des Verweisungsbeschlusses an ihn am 08.04.2015 mit Schriftsatz vom 01.04.2015 die Klage zurück. Durch Beschluss vom 23.07.2015 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle gegen die Erinnerungsführerin eine Pauschgebühr i.H.v. 75,00 EUR fest, die die Landesoberkasse Baden-Württemberg nachfolgend bei der Erinnerungsführerin zur Zahlung anforderte (Schreiben vom 14.08.2015).
Hiergegen richtet sich die am 24.09.2015 beim erkennenden Gericht eingegangene Erinnerung der Erinnerungsführerin. Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Kläger des Hauptsacheverfahrens habe für den streitgegenständlichen Anspruch irrtümlicherweise zunächst das Sozialgericht Karlsruhe angerufen. Für dieses Verfahren könne sie kostenrechtlich nicht in Anspruch genommen werden. Die bereits gezahlte Pauschgebühr sei deshalb zu erstatten.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 07.10.2015) und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß § 189 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle gegen die Erinnerungsführerin im Verfahren S 4 SV .../15 eine (hälftige; § 184 Abs. 2 i.V.m. § 186 Satz 1 SGG) Pauschgebühr i.H.v. 75,00 EUR festgesetzt.
Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, für die Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei sind, haben für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten (§ 184 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Gebühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen (§ 184 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Höhe der Gebühr wird für das Verfahren vor den Sozialgerichten auf 150,00 EUR festgesetzt (§ 184 Abs. 2 SGG). Wird eine Sache nicht durch Urteil erledigt, so ermäßigt sich die Gebühr auf die Hälfte (§ 186 Satz 1 SGG). Die Gebühr wird nach § 185 SGG fällig, sobald die Streitsache unter anderem durch Rücknahme des Rechtsbehelfs erledigt ist. Die Gebühren für die Streitsachen werden nach § 189 Abs. 1 Satz 1 in einem Verzeichnis zusammengestellt. Die Mitteilung eines Auszuges aus diesem Verzeichnis an die nach § 184 Abs. 1 SGG Gebührenpflichtigen gilt als Feststellung der Gebührenschuld und als Aufforderung, den Gebührenbetrag binnen eines Monats an die in der Mitteilung angegebene Stelle zu zahlen (§ 189 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Feststellung erfolgt nach Abs. 2 Satz 1 der genannten Bestimmung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle.
Gemessen an diesen rechtlichen Bestimmungen sind der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 23.07.2015 und die darauf beruhende Zahlungsaufforderung der Landesoberkasse Baden-Württemberg vom 14.08.2015 weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. An dem Verfahren S 4 SV .../15 war die Erinnerungsführerin als Beklagter im Sinne des § 184 Abs. 1 Satz 1 SGG beteiligt. Sie gehörte auch nicht zu dem kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG, denn diese Kostenfreiheit gilt nur für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Rechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch oder Personen, die im Fall des Obsiegens zu diesen Personen gehören würden (§ 183 Sätze 1 und 3 SGG).
Das Verfahren S 4 SV .../15 endete hier nicht durch Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht Karlsruhe, was zum Entfallen der Pauschgebühr aus § 184 SGG geführt hätte (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 184, Rn. 9 m.w.N. und Krauß in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl. 2014, § 184, Rn. 33), weil sich bei der Verweisung eines Rechtsstreits durch ein Gericht an ein Gericht eines anderen Gerichtszweiges das Kostenrecht nach dem Recht des Gerichts richtet, an das verwiesen wird (§ 4 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes) und die Verwaltungsgerichtsordnung eine dem § 184 SGG entsprechende Bestimmung nicht enthält. Vielmehr endete das Verfahren S 4 SV .../15 durch die am 01.04.2015 beim Sozialgericht Karlsruhe eingegangene Klagerücknahme des Klägers. Der am selben Tag bereits erlassene Verweisungsbeschluss entfaltete damit keine Wirkung mehr.
Da außerdem das Klageverfahren nicht durch Urteil, sondern aufgrund Klagerücknahme endete, war die Pauschgebühr (nur) in Höhe von 75,00 EUR festzusetzen (§ 186 Satz 1 SGG).
Für die Gebührenverpflichtung ist es - entgegen der Ansicht der Erinnerungsführerin - unerheblich, ob die Klage zulässig oder/und begründet war (vgl. BSG SozR Nrn. 1 und 2 zu § 184 SGG). Sie entfällt auch nicht durch eine sofort nach Klageerhebung eingereichte Klagerücknahme (vgl. Groß in Hk-SGG, 4. Auflage 2012, § 184, Rn. 6). Abzustellen ist vielmehr allein auf das Rubrum, d.h. die formelle Beteiligtenstellung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 184, Rn. 5; Groß in Hk-SGG, a.a.O. sowie Krauß in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl. 2014, § 184, Rn. 8). Die Pauschgebühr ist mit anderen Worten - entsprechend der typischen sozialen Lage der Beteiligten - unabhängig von den Erfolgsaussichten, d.h. dem Anlass zur Klageerhebung, und dem Ausgang des Verfahrens (vgl. Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage 2014, § 184, Rn. 5). Sie trifft deshalb auch obsiegende Beteiligte. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 76, 139).
10 
Eine Gebührenbefreiung ergibt sich vorliegend auch nicht aus § 64 Abs. 3 Satz 2 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X), weil die Erinnerungsführerin als Wohngeldstelle nicht zu den dort abschließend genannten Leistungsträgern gehört.
11 
Die Erinnerungsführerin gehört schließlich auch nicht zu den gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. § 184 Abs. 3 SGG von der Zahlung von Kosten befreiten öffentlichen Anstalten, denn sie wird nicht nach Haushaltsplänen des Bundes oder des Landes Baden-Württemberg verwaltet.
12 
Aus eben diesen Gründen war der Erinnerung nicht statt zu geben.
13 
Diese Entscheidung ergeht endgültig (§ 189 Abs. 2 Satz 2 SGG).

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