Gerichtsbescheid vom Sozialgericht Magdeburg (46. Kammer) - S 46 R 190/12

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten im Statusverfahren über das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit des Klägers.

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Der am ... geborene Kläger beantragte am 11. Juli 2011 bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Er sei als geschäftsführender Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft B. e.G. tätig. Er sei weisungsunabhängig und als selbständig zu qualifizieren. Eigenes Kapital habe er nicht eingesetzt.

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Mit Schreiben vom 24. August 2011 hörte die Beklagte den Kläger über die beabsichtigte Feststellung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung an.

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Mit Bescheide vom 24. August 2011 stellte die Beklagte hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen Versicherungspflicht ab dem 1. September 2010 fest. Für eine selbständige Tätigkeit spreche nur, dass der Arbeitsort nicht der Betriebssitz des Arbeitgebers sei. Für eine abhängige Beschäftigung spreche dagegen, dass die Tätigkeit entsprechend der Satzung und der Beschlüsse der Mitglieder ausgeübt werde, er gesetzlicher Vertreter der Genossenschaft sei, er gegenüber dem Aufsichtsrat berichtspflichtig sei, er Leitungsfunktionen, kaufmännische Verwaltung, Steuern und Finanzen übernehme, er verantwortlich für Controlling sowie für Personalverwaltung sei, er ein entsprechendes Entgelt ( § 4 des Anstellungsvertrages) erhalte und er seit Aufnahme der Tätigkeit zur Sozialversicherung angemeldet sei.

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Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2012 zurückgewiesen.

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Der Kläger hat am 16. März 2012 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben.

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Der Kläger ist der Ansicht, dass er selbständig tätig sei. Zwar sehe die Rechtsprechung des BSG eine Versicherungspflicht für Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft vor. Bei Aktiengesellschaften sei dies jedoch anders. Diese Unterscheidung sei nicht länger tragbar. Zur weiteren Untermauerung seiner Ansicht hat er einen Beitrag von Rechtsanwalt Dr. B. an den Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften vom September 2004 vorgelegt.

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Der Kläger beantragt seinem schriftsätzlichen Vorbringen entsprechend, den Bescheid der Beklagten vom 28. September 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16. Februar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine selbständige Beschäftigung festzustellen.

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Die Beklagte beantragt ihrem schriftsätzlichen Vorbringen entsprechend, die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte vertritt auch im Gerichtsverfahren die Ansicht, die sie schon im Verwaltungsverfahren vertreten hat.

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Mit Schreiben vom 3. Dezember 2014 hat das Gericht mitgeteilt, den Rechtsstreit per Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akte und Unterlagen Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab dem 1. März 1998 als Dauerrecht fortgeltenden Gesetzesfassung durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist und auch in rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist. Zudem sind die Beteiligten vor der Entscheidung des Gerichts gehört worden.

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Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

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Der Bescheid der Beklagten vom 28. September 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16. Februar 2012 sind rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Der Kläger ist versicherungspflichtiger Arbeitnehmer der Beigeladenen.

16

Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung gemäß § 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI), Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Die Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Beschäftigungsverhältnis. Arbeitnehmer ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und damit die Unterordnung unter das vor allem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassende Weisungsrecht des Arbeitgebers. Zwar kann das Weisungsrecht erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Es muss eine fremdbestimmte Leistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung eines Betriebes aufgehen. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden, kann der Betreffende seine Tätigkeit also im Wesentlichen frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen, oder fügt er sich nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die regelmäßig durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet ist. Die besondere Bedeutung der Weisungsunterworfenheit und die Eingliederung in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation ergeben sich aus § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Diese Vorschrift ist zwar erst mit Gesetz vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I 2000, S. 2) eingefügt worden. Sie hat jedoch keine Rechtsänderung bewirkt. Vielmehr hat der Gesetzgeber bereits die früher bestehende Rechtsprechung aufgegriffen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Die Kriterien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit sind gegeneinander abzuwägen. Jedes Kriterium hat lediglich indizielle Wirkung. Dabei kommt es für die Frage, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, vorrangig auf die tatsächliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses an, die vertraglich vereinbarte Rechtslage ist demgegenüber nachrangig (BSG a.a.O.). In der vorzunehmenden Gesamtabwägung sprechen hier mehr Gesichtspunkte für als gegen eine abhängige Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen. Die durch die Beklagte vorgenommene Abwägung ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung nicht zu beanstanden und entspricht, wie es auch der Kläger selbst sieht, der Rechtsprechung des BSG.

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Auf sie verweist die Kammer gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.


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