Urteil vom Sozialgericht Neubrandenburg (14. Kammer) - S 14 KR 26/09

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für die Selbstbeschaffung der Therapiesoftware „...“ (beziehbar über www...).

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Der Kläger erlitt im Jahre 2002 eine Hirnblutung. Als Folge verblieb u. a. eine linkseitige Hemianopsie. Hierbei handelt es sich um einen Gesichtsfeldausfall. Der Kläger hielt sich vom 05.01.2009 bis zum 16.02.2009 in der A-Klinik in B zur stationären Rehabilitation auf. Während dieses Aufenthaltes erhielt der Kläger ein hochfrequentes Gesichtsfeldtraining mit der Therapiesoftware „anops impuls“. Es handelt sich hierbei um ein Computerprogramm, welches durch regelmäßiges Training Verbesserungen bei Gesichtsfeldausfällen erreichen soll. Aus dem Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums geht hervor, dass beim Kläger nach dem 5-wöchigen Training bereits eine Zustandsverbesserung in Form einer partiellen Aktivierung des linken Gesichtsfeldes festzustellen war. Diese Verbesserung ist ausweislich des Entlassungsberichtes aus Sicht der behandelnden Ärzte auf das Training mit „...“ zurückzuführen. Die behandelnden Ärzte empfahlen daher den Erwerb der Therapiesoftware und eine zugehörige Kinnstütze für zuhause, da aus ihrer Sicht eine mindestens 6-monatige Nutzung des Programms sinnvoll und notwendig ist. (Entlassungsbericht Bl. 40ff. d. VA)

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Mit Schreiben vom 13.02.2009 beantragte der A im Namen des Klägers die Kostenübernahmeerklärung für die Beschaffung von „...“ durch die Beklagte. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 26.02.2009 (Bl. 7 d. VA) ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass es sich bei der Behandlung mit der Therapiesoftware um eine Methode handele, deren Wirksamkeit nicht belegt sei und die nicht durch den gemeinsamen Bundesausschuss zugelassen ist.

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Mit Schreiben vom 03.03.2009 legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung des Widerspruches wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der Therapiesoftware aus Sicht des Klägers um ein Hilfsmittel und nicht um ein Heilmittel handelt, weshalb es nicht auf Empfehlungen des gemeinsamen Bundesausschusses ankomme. Des weiteren wird ausgeführt, dass eine Nichtaufnahme des Programmes in das Hilfsmittelverzeichnis einer Kostenübernahme durch die Beklagte nicht entgegenstehe, da das Programm zumindestens nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei.

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Am 05.03.2009 bestellte der Kläger die Therapiesoftware. Sie wurde am 09.03.2009 geliefert. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 451, 50 €. (Bl. 34 d. GA)

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Die Beklagte holte sodann im Rahmen der Widerspruchsbearbeitung die Meinung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen (im weiteren MDK) ein. Dieser kam im Gutachten vom 04.05.2009 (Bl. 31ff. d. VA) zu dem Schluss, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht erfüllt sind. Im einzelnen wird ausgeführt, dass es keine Studien gebe, welche sicher belegen könnten, dass speziell entwickelte Therapieprogramme bei Gesichtsausfällen therapeutischen Nutzen haben. Insoweit wird darauf hingewiesen, dass in der Wissenschaft auch die Ansicht vertreten würde, dass positive Effekte im gleichen Maße durch die Benutzung normaler Computerprogramme erzielt werden könnten. So sei es sehr wahrscheinlich, dass die Verbesserungen im Rahmen des Gesichtsfeldes nicht auf neurotinale Restitution zurückzuführen sei, sondern vielmehr auf kompensatorische Augenbewegungsstrategien. Zuletzt wird darauf hingewiesen, dass auch Schadwirkungen nicht auszuschließen seien.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde das oben benannten MDK Gutachten angeführt. Darüber hinaus stellt der Widerspruchsbescheid darauf ab, dass das Gesichtsfeldtraining den neuen Behandlungsmethoden zuzuordnen sei und es keine Empfehlung des gemeinsamen Bundesausschusses gibt. Da Nutzen und Wirksamkeit des Gesichtsfeldtrainings nicht feststünden, scheide eine Kostenübernahme durch die Beklagte aus.

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Der Kläger hat am 10.07.2009 Klage erhoben.

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Er ist der Ansicht, dass es sich bei der Therapiesoftware um ein Hilfsmittel handele und es daher nicht auf die Empfehlung des gemeinsamen Bundesausschusses ankommen könne. Vielmehr sei es so, dass die von ihm begehrte Therapiesoftware nicht ausdrücklich im Hilfsmittelverzeichnis ausgeschlossen sei und daher eine Kostenübernahme grundsätzlich in Betracht käme. Darüber hinaus ist der Kläger der Ansicht, dass der therapeutische Nutzen bereits dadurch belegt sei, dass das 5-wöchige Training während seiner Rehabilitation bereits messbare Erfolge gezeitigt habe. Im Übrigen sei, wenn es auf die Empfehlung des gemeinsamen Bundesausschuss ankäme, zumindestens davon auszugehen, dass dem Kläger die Kostenerstattung aus den Gesichtspunkten des Systemversagens zustehen würde, da das Verfahren zur Prüfung der neuropsychologischen Therapie vor dem gemeinsamen Bundesausschuss mehr als acht Jahre in Anspruch genommen habe.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2009 zu verurteilen, die bereits verauslagten Kosten für ein Gesichtsfeldtraining mittels Therapiesoftware mit Telebetreuung in Höhe von 451, 50 € zu erstatten.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Aus Sicht der Beklagten ist der therapeutische Nutzen der Therapiesoftware nicht belegt. Insoweit verweist die Beklagte auf das Gutachten des MDK. Darüber hinaus ist die Beklagte der Ansicht, dass eine Kostenerstattung schon deshalb ausscheidet, weil es für die zugrundeliegende Behandlungsmethode keine positive Empfehlung des gemeinsamen Bundesausschuss gibt.

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Das Gericht hat mit Schreiben vom 10.09.2009 und 11.09.2009 Befundberichte bei den behandelnden Ärzten eingeholt und am 12.12.2012 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Für weitere Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Leistungsakten des Beklagten und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die als sog. kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme der von ihm verauslagten Kosten für die Therapiesoftware „anops impuls“. Gemäß § 13 Abs. 3 SGB V ist Voraussetzung eines solchen Anspruches auf Kostenerstattung zunächst die rechtswidrige Leistungsablehnung eines bestehenden Sachleistungsanspruches durch die Krankenkasse.

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Vorliegend kann dahinstehen bleiben, ob es dem Kläger zuzumuten gewesen wäre einen bestandskräftigen Bescheid – also den Widerspruchsbescheid – der Beklagten abzuwarten, da der Ablehnungsbescheid vom 26.02.2009 rechtmäßig ist. Es bestand zum damaligen Zeitpunkt kein Sachleistungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte. Aus diesem Grunde ist auch der nunmehr geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch ausgeschlossen, da die Therapiesoftware von vornherein nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnet werden konnte.

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Der Kläger hat weder einen Anspruch aus §§ 27, 32 SGB V (Heilmittel), noch aus §§ 27, 33 SGB V (Hilfsmittel) und darüber hinaus auch nicht aus den in höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum Systemversagen. Die Kammer konnte insoweit dahinstehen lassen, ob es sich bei der streitgegenständlichen Software um ein Heilmittel i.S.d. § 32 SGB V oder ein Hilfsmittel i.S.d. § 33 SGB V handelt. Zwar spricht nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 28.06.2001 (B 3 KR 3/00 R zu recherchieren bei juris) einiges dafür, dass es sich bei der Therapiesoftware um ein Hilfsmittel i.S.d. § 33 SGB V handelt. Der Anspruch scheitert daher vorliegend nicht bereits an der fehlenden Verordnung bzw. an der Nichtaufnahme des Programmes in das Hilfsmittelverzeichnis. Ein Ausschluss ist dem Hilfsmittelverzeichnis ebensowenig zu entnehmen.

19

Allerdings scheitert der Anspruch daran, dass die zugrundeliegende Behandlungsmethode nicht gemäß § 135 SGB V (bzw. § 138 SGB V) durch den gemeinsamen Bundesausschuss zugelassen war. Bei dem Training mit der Therapiesoftware handelt es sich um eine Behandlungsmethode die der neuropsychologischen Therapie zuzuordnen ist (1.), diese Behandlungsmethode war im Jahre 2009 nicht durch den gemeinsamen Bundesausschuss zugelassen (2.), die Nichtzulassung der Behandlungsmethode schlägt auch auf Heilmittel und Hilfsmittel durch die im Rahmen dieser Behandlungsmethode Anwendung finden (3.). Der Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus einem sogenannten Systemversagen (4.)

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1. Mit Beschluss vom 24.11.2011 hat der gemeinsame Bundesausschuss die neuropsychologische Therapie als Behandlungsmethode zugelassen. (Beschluss zu recherchieren unter www.g-ba.de) In § 4 Abs. 1 dieses Beschlusses sind die Indikationen für besagte Therapie benannt. In § 7 Abs. 5 des Beschlusses sind die Methoden benannt. Die Therapiesoftware „anops impuls“ soll bei Anwendung, durch regelmäßiges Training zu einem Zuwachs an Wahrnehmung an den Grenzzonen des Gesichtsfelddefekts führen. (so Entlassungsbericht der A Klinik, Bl. 40 ff. d. GA) Insoweit soll die Software durch das Setzen von Reizen Aktivierungen im Gehirn befördern und so zu einer Verbesserung der Wahrnehmung führen. Diese Art der Behandlung lässt sich zwanglos unter § 7 Abs. 5 Nr. 1 des Beschlusses subsumieren. Auch hinsichtlich der beim Kläger vorliegenden Diagnosen und den Indikationen gemäß § 4 Abs. 1 des Beschlusses sind Zusammenhänge erkennbar. Auch der Kläger selbst, der MDK und die Beklagte gehen davon aus, dass es sich bei einer Behandlung mit der Therapiesoftware um eine Behandlungsmethode i.S.d. bereits mehrfach zitierten Beschlusses handelt. Das Gericht ist derselben Auffassung und geht davon aus, dass die Zuordnung des Trainings mit „...“ zur neuropsychologischen Therapie keiner weiteren sachverständlichen Prüfung bedarf. (auch in den Befundberichten ist teils ausdrücklich diese Therapieform benannt - A-Klinik – Bl. 67ff d. GA und des C – Bl. 70ff. d. GA)

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2. Für die Behandlungsmethode lag im Jahre 2009 eine positive Empfehlung des gemeinsamen Bundesausschusses noch nicht vor. Wie bereits dargestellt, datiert der Beschluss vom 24.11.2011. Dies hat zur Folge, dass die Behandlungsmethode vor dem 24.11.2011 nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden kann. Insoweit statuiert § 135 SGB V (bzw. § 138 SGB V) ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für sogenannte neue Behandlungsmethoden. (Flint, in Hauck/Noftz SGB V, § 135 Rdnr. 44 und Rdnr. 96) Eine rückwirkende Geltung des Beschlusses scheidet hierbei aus. Insoweit geht es schlichtweg nicht darum, ob sich später herausstellt, dass eine Methode zuzulassen ist. Vielmehr ist Sinn und Zweck des § 135 SGB V vorab bindend den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen festzulegen. (vgl. Flint, in Hauck/Noftz SGB V, § 135 Rdnr. 15)

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3. Aus der Tatsache, dass die neuropsychologische Therapie zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Bescheides – Anfang 2009 – noch nicht durch den gemeinsamen Bundesausschuss zugelassen war folgt zwingend, dass Hilfsmittel oder Heilmittel, welche dieser Behandlungsmethode zuzuordnen sind, ebenfalls nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse erbracht werden können. Die Kammer geht davon aus, dass ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Verordnungsfähigkeit eines Therapiehilfsmittels und zugrundeliegenden Behandlungsmethode besteht. Dies dahingehend, als dass das Leistungsverbot des § 135 SGB V (bzw. § 138 SGB V) auf die Hilfsmittelversorgung insofern durchschlagen muss, als dass nur solche Therapiehilfsmittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden können, die der Unterstützung von Behandlungen dienen, welche durch den gemeinsamen Bundesausschuss zugelassen sind. (ebenso Flint, in Hauck/Noftz SGB V, § 135 Rdnr. 48) Es wäre schlichtweg systemwidrig, im Rahmen der Prüfung, ob ein Hilfsmittel tatsächlichen therapeutischen Nutzen erzielt und damit notwendig ist, die Prüfung des gemeinsamen Bundesausschuss außer acht zu lassen, ob die zugrundeliegende Behandlungsmethode diagnostischen oder therapeutischen Nutzen hat. (vgl. für den Zusammenhang zwischen Hilfsmittel und zugrunde liegendender Therapie BSG vom 12.08.2009 - B 3 KR 10/07 R, dass offensichtlich davon ausgeht, dass Hilfsmittel nur dann ins Hilfsmittelverzeichnis eintragungsfähig sind, wenn die zugrunde liegende Behandlungsmethode zugelassen ist)

23

4. Zuletzt war festzustellen, dass sich der Anspruch des Klägers auch nicht aus den Grundsätzen des Systemversagens herleiten lässt. Ein solches Systemversagen hätte zur Folge, dass ein Anspruch des Klägers zu Lasten der Beklagten ausnahmsweise auch trotz fehlender Methodenanerkennung durch den gemeinsamen Bundesausschuss in Betracht kommen könnte. (Flint, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 135 Rdnr. 101).

24

Hierzu führt das BSG mit Urteil vom 26.09.2006 – B 1 KR 3/06 R aus:

25

Ungeachtet der in §§ 135 , 138 SGB V statuierten Verbote mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des Senats eine Leistungspflicht der KK ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). In Fällen, in denen die im Gesetz vorausgesetzte Aktualisierung der RL rechtswidrig unterblieben ist, muss nämlich die Möglichkeit bestehen, das Anwendungsverbot auf andere Weise zu überwinden ( vgl BSGE 81, 54, 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 21; SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 70). Ein solcher Systemmangel kann vorliegen, wenn das Verfahren vor dem Bundesausschuss von den antragsberechtigten Stellen bzw dem Bundesausschuss selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben wurde und dies auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit bzw Verfahrensverzögerung zurückzuführen ist ( vgl BSGE 81, 54, 65 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 - immunbiologische Therapie; BSGE 88, 51, 61 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 - ICSI; BSG SozR 3-2500 § 138 Nr 2 S 31 - Hippotherapie, jeweils mwN ).

26

Zunächst ist festzustellen, dass aufgrund des obigen Urteils des BSG feststeht, dass kein Systemversagen in der Tatsache zu sehen ist, dass sich der gemeinsame Bundesausschuss erst seid 2003 mit der neuropsychologischen Therapie auseinandergesetzt hat. (B 1 KR 24/06 R, insbesondere Rdnr. 32 - zu recherchieren bei juris)

27

Hinsichtlich der Frage, ob das weitere Verfahren des gemeinsamen Bundesausschuss bis zum Beschluss Ende 2011 den vom BSG gestellten Anforderungen entspricht kann auf ein Urteil des LSG Hamburg verwiesen werden. Hierzu führt das LSG Hamburg im Urteil vom 17.12.2010 - L 1 KR 12/09 bezogen auf die neuropsychologische Therapie – bezogen auf das Jahr 2007 – wie folgt aus:

28

Doch dass dies in dem hier streitbefangenen Jahr 2008 bereits der Fall gewesen sein könnte, ist für den Senat nicht ersichtlich. Denn mit der Bekanntmachung des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 1. Februar 2005 wurde entsprechend der Festsetzung des zuständigen Unterausschusses vom selben Tag als neues Beratungsthema, das aktuell zur Überprüfung anstehe, die "Ambulante Neuropsychologie" veröffentlicht. In seinem Newsletter Februar 2007 informierte der Gemeinsame Bundesausschuss über die geplanten weiteren Arbeitsschritte für das Jahr 2007 und teilte mit, eine Themengruppe bewerte auf den 2003 gestellten und 2004 aktualisierten Antrag auf der Grundlage der internationalen Literatur den Nutzen der ambulanten Neuropsychologie. Und in seinem Newsletter August 2007 informierte der Gemeinsame Bundesausschuss über die weiteren Arbeitsschritte für das Jahr 2007 und teilte mit, die Themengruppe Ambulante Neuropsychologie (Nutzenbewertung) bewerte auf Grundlage der internationalen Literatur den Nutzen der ambulanten neuropsychologischen Therapie (Ambulante Neuropsychologie). Diese Nutzenbewertung werde voraussichtlich Anfang kommenden Jahres abgeschlossen werden können. Dass und warum es dazu nicht gekommen ist, ist durch die Stellungnahmen des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 12. Dezember 2008, 19. Oktober 2009 und 13. Dezember 2010 ausführlich und nachvollziehbar dargelegt worden. Plausibilisiert worden ist insbesondere, warum es bis zum 23. April 2008 gedauert hat, dass der Entwurf eines Abschlussberichts der Themengruppe vorlag, und warum noch einmal bis zum 2. April 2009, als der Unterausschuss den Bericht der Themengruppe zustimmend zur Kenntnis nahm. Nach diesen Darlegungen und aus den bekannten Arbeitsabläufen des Gemeinsamen Bundesausschusses lassen sich für den Senat keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür gewinnen, zu der Überzeugung zu gelangen, es habe zur Zeit der Leistungsinanspruchnahme durch den Kläger eine rechtswidrige, d. h. willkürliche oder sachfremde Untätigkeit bzw. Verfahrensverzögerung des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgelegen. Vielmehr ist festzustellen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss in dem streitbefangenen Jahr 2008 an der Methodenbewertung der ambulanten neuropsychologischen Therapie arbeitete. Die Mühlen mahlten, wenn auch langsam. Dass es entgegen den zwischenzeitlichen Planungen des Gemeinsamen Bundesausschusses noch nicht zum Abschluss des Verfahrens gekommen ist, ist ein Problem und wird vom Senat nicht verkannt. Dies begründet für den Kläger jedoch keinen Anspruch auf die hier streitbefangene Kostenerstattung für in dem Jahr 2008 in Anspruch genommene Leistungen der ambulanten neuropsychologischen Therapie.

29

Die Kammer schließt sich dieser Begründung vollumfänglich an. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch das weitere Verfahren – von 2008 bis zur Beschlussfassung in 2011 – keine Anhaltspunkte für eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit des gemeinsamen Bundesausschuss bietet. So ist aus dem unter www.g-ba.de einzusehenden Verfahrenslauf erkennbar, dass in den Jahren 2009 und 2010 die Beratungen erheblichen Fortgang erfuhren. Es deutet jedenfalls nichts darauf hin, dass hier das Verfahren willkürlich in die Länge gezogen wurde.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

31

Die Unzulässigkeit der Berufung folgt aus der Tatsache, dass die weder durch das Gericht zugelassen worden ist, noch der Beschwerdewert i.H.v. 750, 00 € erreicht ist (§ 144 SGG).

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