Urteil vom Sozialgericht Stralsund (7. Kammer) - S 7 AS 441/13

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Kosten werden nicht erstattet.

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt als Auszubildende die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Monat September 2012, hilfsweise einen höheren Zuschuss zu den ungedeckten Unterkunftskosten.

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Die 1989 geborene Klägerin trat im September 2008 eine - nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähige - Berufsausbildung zur staatlich anerkannten Physiotherapeutin an einer staatlich anerkannten privaten beruflichen Schule in A-Stadt auf Rügen an und schloss im weiteren Verlauf der Ausbildung mit der Wohnungsgenossenschaft „Rugard“ in A-Stadt einen Vertrag über die Nutzung einer Wohnung mit einer Wohnfläche von 51 m², wofür die Klägerin eine monatliche Bruttokaltmiete in Höhe von 303 EUR nebst Heizkosten in Höhe von monatlich 59 EUR zu entrichten hatte. Die Ausbildung wurde bis zum 31. Dezember 2012 verlängert. Die Klägerin erzielte im September 2012 aus einer geringfügigen Beschäftigung Erwerbseinkommen in Höhe von 258,84 EUR. Mit Bescheid vom 26. Oktober 2012 bewilligte die zuständige Landrätin des Landkreises Vorpommern-Greifswald der Klägerin für die Zeit vom 01. September 2012 bis 31. Dezember 2012 Leistungen zur Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 465 EUR unter Berücksichtigung des Grundbedarfs gemäß §§ 12-14 BAföG.

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Mit Bescheid vom 09. November 2012 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung eins Zuschusses zu den ungedeckten Unterkunftskosten vom 18. September 2012 ab, da die Klägerin mit dem nachgewiesenen Einkommen den Bedarf decken könne. Dagegen erhob die Klägerin am 07. Dezember 2012 Widerspruch und machte nunmehr einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II für September 2012 geltend, da sie in diesem Monat keine Leistungen nach dem BaföG erhalten habe.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 2013 änderte der Beklagte den angefochtenen Bescheid ab und bewilligte der Klägerin für den Monat September 2012 einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 200,60 EUR. Im Übrigen wies er den Widerspruch als unbegründet zurück und erklärte sich bereit, 43 % der notwendigen Aufwendungen der Klägerin im Widerspruchsverfahren zu erstatten. Der angemessene Bedarf für eine Unterkunft betrage nach der Richtlinie des Landkreises Vorpommern-Rügen für einen Einpersonenhaushalt in A-Stadt auf Rügen monatlich 273,60 EUR. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Heizkosten sei daher ein Gesamtbedarf für Unterkunft und Heizung von monatlich 332,60 EUR angemessen. Da in den Leistungen nach dem BAföG bereits ein Unterkunftsanteil von 132 EUR enthalten sei, käme ein Zuschuss in Höhe von maximal 200,60 EUR in Betracht. Der fiktive Gesamtbedarf der Klägerin von monatlich 706,60 EUR werde nicht annähernd vom bereinigten Einkommen der Klägerin in Höhe von 127,07 EUR gedeckt, so dass der Klägerin ein Zuschuss in Höhe von 200,60 EUR zu bewilligen war. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II sei hingegen gemäß § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen.

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Dagegen hat die Klägerin am 20. Juni 2013 die vorliegende Klage erhoben und begehrt die Gewährung von Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 332,60 EUR, da der Klägerin im September 2012 keine Leistungen nach dem BAföG zugeflossen seien. Hilfsweise sei der Zuschuss um 132 EUR zu erhöhen, da ein Unterkunftskostenanteil im Grundbedarf nach dem BAföG nicht zu erkennen sei.

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Die Klägerin beantragt,

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den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 09. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2013 zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld II in Höhe von 579,53 EUR, hilfsweise den ungedeckten Wohnbedarf in Höhe von 332,60 EUR zu gewähren und den Differenzbetrag nachzuzahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II für den Monat September 2012. Sie ist gemäß § 7 Abs. 5 SGB II als Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, von Leistungen nach dem SGB II – mit Ausnahme der Leistungen nach § 27 SGB II – ausgeschlossen. Auf den tatsächlichen Bezug von Leistungen nach dem BAföG – was hier sogar der Fall ist – oder auf den tatsächlichen Zufluss dieser Leistungen im entsprechenden Monat kommt es nicht an. Die abstrakte Förderfähigkeit der Ausbildung der Klägerin begründet (auch im vorliegenden Fall) den Leistungsausschluss der Klägerin nach § 7 Abs. 5 SGB II (stRspr seit BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr. 6, Rz. 16 m.w.N.). Die Rechtsprechung des BSG zur Zuflusstheorie bei der Ermittlung und Berücksichtigung von Einkommen kommt hier entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zum Tragen. Die Voraussetzungen der Rückausnahmeregelung in § 7 Abs. 6 SGB II liegen nicht vor.

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Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung eines höheren Zuschusses zu den ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Unstreitig waren für September 2012 als angemessene Aufwendungen für Unterkunft und Heizung 332,60 EUR zu berücksichtigen. Hiervon sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Kammer anschließt, die in den Leistungen nach dem BAföG bereits enthaltenen Unterkunftsanteile in Abzug zu bringen (BSG Urteil vom 22. März 2010, Az.: B 4 AS 69/09 R).

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Im monatlichen Bedarf für Auszubildende - die wie die Klägerin nicht bei ihren Eltern wohnen – in Höhe von 465 EUR gemäß § 12 Abs. 2 BAföG ist ein Anteil für die Unterkunftskosten in Höhe von 132 EUR enthalten. Vor Inkrafttreten der 23. BAföG-Novelle (Neufassung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 07. Dezember 2010, Bundesgesetzblatt 2010 Teil I Nr. 64, S. 1952 ff.) sah das Gesetz noch einen Zuschuss zu den Unterkunftskosten von monatlich 72 EUR vor, so dass einschließlich der Bagatellgrenze von 57 EUR Leistungen für die Unterkunft in Höhe von höchstens 129 EUR bewilligt werden konnten. Seit der 23. BAföG-Novelle ist der ursprüngliche, nachweisabhängige Wohnkostenzuschlag von maximal 72 EUR in zugleich angehobener Höhe voll in den Bedarfssatz nach § 12 Absatz 2 BAföG aus Verwaltungsvereinfachungsgründen einbezogen worden (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Dreiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (23. BAföGÄndG) vom 04. Mai 2010, BT-Drucksache 17/1551, S. 27). Bei der Ermittlung des erhöhten Gesamtbedarfs von monatlich 465 EUR berücksichtigte der Gesetzgeber eine Erhöhung der Bedarfssätze um 2% (BT-Drucksache 17/1551, S. 1, 14, 26), was bei einem ursprünglich gesondert geregelten Unterkunftsanteil von 129 EUR nach alter Rechtslage nunmehr einen Anteil des Unterkunftsbedarfs am Gesamtbedarf von gerundet 132 EUR (131,58 EUR) ausmacht.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

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Die Berufung war nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe ersichtlich sind (§ 144 Abs. 144 Abs. 2 SGG).

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