Urteil vom Sozialgericht Stralsund (3. Kammer) - S 3 KR 180/14

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2014 verurteilt, an die Klägerin 619,82 € zu zahlen.

2. Die Beklagte ist verpflichtet, die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen, die der Klägerin aufgrund einer auf eigenen Kosten beschafften ambulanten Vorsorgemaßnahme in Tschechien entstanden sind.

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Die am ... Juni 1949 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Mit dem am 7. April 2014 bei der Beklagten eingegangen Formantrag beantragte sie die Gewährung von Leistungen in Form einer ambulanten Vorsorgemaßnahme in einem anerkannten Kurort in dem Zeitraum vom 15. Juni bis 6. Juli 2014 in Frantiskovy Lazne (Franzensbad) in Tschechien unter Vorlage eines Befundberichts des FA für Allgemeinmedizin Dr. ... vom 3. April 2014.

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Nachdem die von der Beklagten befragte Gutachterin des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), Dr. ..., die Gewährung der beantragten Leistung befürwortet hatte, teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 10. April 2014 mit, dass sie sich an den Kosten einer ambulanten Vorsorgemaßnahme in Tschechien wie folgt beteiligen werde:

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- Für die ärztliche Behandlung erhalte sie einen Zuschuss in Höhe der in Deutschland geltenden Pauschalsätze für die tatsächlich durchgeführte Maßnahme
- Kosten für ärztlich verordnete Heilmittel (z.B. Massagen, Bäder etc.) übernehme sie in Höhe der vergleichbaren deutschen Vertragsärzte
- Für die Dauer von bis zu 21 Tagen erhalte sie einen Zuschuss für Unterkunft, Verpflegung und Kurtaxe sowie Fahrkosten in Höhe von 13,00 € je Kalendertag.

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Neben weiteren Verfahrenshinweisen zur Kostenerstattung wies die Beklagte ausdrücklich darauf hin, dass, wenn sie ihren Auslandsaufenthalt als Reisepaket (z.B. über einen Anbieter von Gesundheitsreisen oder ein Hotel) buchen würde, die Kostenerstattung für medizinische Leistungen sowie Unterkunft und Verpflegung, deren Aufwendungen pauschal mit dem Reisepreis abgegolten worden seien, nicht möglich seien. Hier würde der Reisepreis bereits eine bestimmte Anzahl medizinischer Leistungen abdecken, unabhängig davon ob diese medizinisch notwendig seien oder tatsächlich in Anspruch genommen würden.

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Mit Formantrag vom 8. Juli 2014 beantragte die Klägerin eine Kostenbeteiligung der in Franzensbad vom 15. Juni bis 6. Juli 2014 stattgefundenen ambulanten Vorsorgemaßnahme. Diesem Antrag war eine Bestätigung des Sanatoriums ... über die Anerkennung als staatlich anerkannte Kureinrichtung beigefügt. Das Sanatorium bescheinigte, dass die Klägerin in der Zeit vom 15. Juni 2014 bis 6. Juli 2014 einen Kuraufenthalt absolviert und für Unterkunft und Verpflegung 780,00 € gezahlt habe. Außerdem legte die Klägerin eine Verordnung des FA für Allgemeinmedizin Dr. ... vom 12. Juni 2014 über 6 x klassische Massage, 6 x Reizstrom, 10 x Ultraschall, 9 x Kohlensäurebad, 5 x Reflexmassage, 9 x Fango, 8 x Magnettherapie und 6 x Lasertherapie vor. Gleichzeitig legte sie einen Arztbericht des Sanatoriums vom 1. Juli 2014 und eine Bescheinigung des Sanatoriums ... über die im Zeitraum 15. Juni bis 6. Juli 2014 in Anspruch genommenen Kuranwendungen (Ärztliche Eintrittsuntersuchung mit Therapieplanung, 3 x Kontrolluntersuchung, 6 x klassische Teilkörpermassage, 5 x Reflexmassage, 9 x Co² Naturquellgasinjektion, 24 x Elektrotherapie, 9 x Moorpackung, 6 x Lasertherapie, 9 x trockenes Kohlensäurebad) zu einem Preis in Höhe von insgesamt 807,00 € vor. Dem ebenfalls beigefügten Kontoauszug ist zu entnehmen, dass die Klägerin am 15. Mai 2014 einen Betrag in Höhe von 3.074,00 € überwiesen hat.

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Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit, dass der Kontoauszug die Hotelkosten und auch die Kosten für die Heilmittel sowie zusätzlich die Kosten für ihren Ehegatten beinhalten würde, der auf Privatkosten mitgefahren sei. Die Zahlung vor Reisebeginn sei vom Sanatorium so verlangt worden. Die Heilmittel würden dann erst aufgrund ärztlicher Verordnung so angewandt und so durchgeführt, dass der Gesamtpreis nicht überschritten würde. Dem auf Nachfrage vorgelegten Vertrag über Unterkunft und Kurbehandlung, welchen das Sanatorium ... und die Klägerin am 12. Juni 2013 abgeschlossen haben, ist u.a. zu entnehmen, dass der Vertrag einen Kuraufenthalt mit Vollpension in der Zimmerkategorie Doppelzimmer sowie eine Kompakte Heilkur Intensiv zum Gesamtpreis unter Abzug von 10% Rabatt von 1.587,00 € zum Gegenstand hat. Der Internetseite des Sanatoriums ist hierzu weiter zu entnehmen, dass der Gesamtpreis neben Unterkunft und Vollpension eine Ärztliche Eintrittsuntersuchung mit EKG (ausgerichtet auf Erkrankungen des Bewegungsapparates), 21 Kurbehandlungen wöchentlich, spezielle Rehabilitation unter fachkundiger Führung, Kontrolluntersuchung, Ausstellung des Arztberichtes sowie Unterlagen für die Krankenkasse sowie weitere Leistungen wie die Nutzung des Pools oder des Kulturprogramms im Haus beinhaltet. Weiter befindet sich dort eine Aufstellung der möglichen Kurbehandlungen, welche z.B. Mineralbad, Sprudelbäder, Moorbäder, Moorpackungen, Gruppengymnastik, Unterwassermassagen, klassische Massagen etc. umfasst. Schließlich befindet sich auf der Internetseite des Sanatoriums eine Angebots- und Preisliste der Kuranwendungen. Die Klägerin verpflichtete sich weiterhin für den Fall, dass sie aus irgendwelchen Gründen den reservierten Platz nicht antreten kann, zur Zahlung einer Stornogebühr je nach dem Zeitpunkt der Absage beginnend vom 28. Tag vor Antritt in Höhe von 25 bis 100 % des Gesamtpreises. Außerdem vereinbarten die Vertragsbeteiligten die Zahlung des Gesamtpreises bis zum 16. Mai 2014 und enthielt der Vertrag die Empfehlung des Sanatoriums, eine Reiserücktrittsversicherung abzuschließen.

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Mit Bescheid vom 23. Juli 2014 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenbeteiligung ab, weil die Klägerin ihren Aufenthalt über das Sanatorium ... als kompakte Heilkur gebucht habe.

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Hiergegen erhob die Klägerin am 6. August 2014 Widerspruch. Zur Begründung machte sie u.a. geltend, dass sie mit dem Privatauto angereist sei. Nach der Ankunft hätte sie sich dem Kurarzt vorstellen müssen, dieser habe entschieden, was jeder Patient nach Krankheitsbild und Beschwerden bekommen dürfe. Sie habe die von ihrem Hausarzt sowie vom Kurarzt verordneten Leistungen in Anspruch genommen. Mehr Leistungen seien in dem Kuraufenthalt nicht möglich gewesen. Sie weise ausdrücklich darauf hin, dass sie eine intensive Heilkur und keine Pauschalkur gebucht habe. Sie sei nicht darauf hingewiesen worden, dass sie nicht in Vorkasse gehen dürfe.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück ... Zur Begründung – auf die im Übrigen zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen gemäß §136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen wird – führte die Beklagte aus, dass eine Kostenerstattung nicht in Betracht kommen würde, weil die Klägerin eine Pauschalreise gebucht habe, in deren Preis die Kosten für die medizinischen Leistungen bereits enthalten gewesen seien. Den Reisepreis habe sie vor Antritt der Reise an das Sanatorium ... in Franzensbad gezahlt. Eine gesonderte Rechnung ihres Arztes oder ihres Therapeuten am Kurort habe sie deshalb nicht mehr erhalten. Sie habe lediglich eine Bestätigung über die Anwendungen und die Arztkosten vorgelegt, die darlegen würde, welchen Wert die einzelnen Leistungen hätten. Gezahlt worden seien die dort ausgewiesenen Summen jedoch nicht. Deshalb würde eine Kostenbeteiligung an den Heilmitteln und an den Arztkosten ausscheiden. Gleiches würde für den Zuschuss in Höhe von 13,00 € täglich gelten, da sich aufgrund der gezahlten Pauschale nicht abgrenzen ließe, welche Kosten konkret auf welchen Teil der Reise entfallen seien. Auch die Tatsache, dass die Klägerin vor Beginn der Therapien von einem Arzt untersucht worden sei, würde nichts daran ändern, dass der Umfang der Behandlungen bereits vorher festgestanden hätte und mit einer Pauschale abgegolten worden sei.

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Mit der am 8. Oktober 2014 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Kostenbeteiligungsanspruch weiter. Sie wiederholt, dass sie keine Kur über ein Reisebüro gebucht habe, sondern privat. Es sei dort üblich in Vorkasse zu gehen sowie die Anwendungen vom dortigen Kurarzt zu erhalten. Sie könne nicht verstehen, dass andere Krankenkassen eine vergleichbare Rechnung wie die ihre anerkennen würden, und ihre nicht. Hätte man ihr im Vorfeld gesagt, wie sie die Abrechnung machen solle, dann hätte sie das Geld bei der Abreise gezahlt.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 2014 zu verurteilen, an sie einen Gesamtbetrag in Höhe von 619,82 € zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Nach § 13 Abs. 4 S. 3 SGB V würde ein Kostenanspruch höchstens in Höhe der Vergütung bestehen, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen habe. In Umsetzung des im SGB V geltenden Sachleistungsprinzips hätte sie bei Erbringung der Leistungen in einem anerkannten Kurort im Inland die Kosten für die entsprechende ambulante ärztliche Behandlung sowie Heilmittel durch medizinisches Fachpersonal im Wege einer direkten Kostenerstattung an die einzelnen Leistungserbringer übernommen und an die Klägerin direkt den Zuschuss in Höhe von kalendertäglich 13,00 € gezahlt. Dies würde bedeuten, dass die einzelnen Kostenarten (medizinische und sonstige Leistungen) einer getrennten Betrachtung und Erstattung unterliegen würden. Dies würde gleichzeitig bedeuten, dass die einzelnen Kostenarten zur Umsetzung des § 13 Abs. 4 S. 3 SGB V voneinander abgrenzbar sein müssten. Seien demnach die Kosten für medizinische Leistungen der Höhe nach nicht von den sonstigen Kosten abgrenzbar und umgekehrt, könne sie weder prüfen, ob überhaupt und in welcher Höhe sonstige Kosten in Höhe von 13,00 € kalendertäglich angefallen seien, noch könne sie die Erstattung auf die medizinischen Kosten begrenzen, die sie bei Umsetzung des Sachleistungsanspruchs im Inland gehabt hätte.

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Sie meint, dass die Klägerin mit der Kureinrichtung keinen Behandlungs- sondern einen Reisevertrag abgeschlossen habe. Nach den vorliegenden Unterlagen sei die Klägerin zur Entrichtung eines Pauschalpreises verpflichtet gewesen. Ausweislich des vom Sanatorium ... vorliegenden Vertrages seien für das Gesamtpaket bestehend aus Unterkunft, Verpflegung, Arztkosten und Heilmittel pauschal 1.587,00 € zu entrichten gewesen. Insofern würde sich nicht einmal ein pauschaler Tagespreis ermitteln lassen. Hieran würde auch nichts an der vom Sanatorium ausgestellten Bescheinigung ändern. Denn insoweit würden lediglich die Kalkulationsgrundlagen des Kurhauses offen gelegt. Die bereits vor Antritt der Reise mit dem Sanatorium verbindlich getroffene Vertragsgestaltung unter Vereinbarung eines Gesamtpauschalpreises würde hierdurch gerade keine Änderung erfahren. Bei den von der Klägerin vorgelegten Bescheinigungen des Sanatoriums würde es sich nicht um Rechnungen, sondern um Bescheinigungen handeln. Die Tatsache, dass die Reise mit dem PKW zurückgelegt worden sei, sei nicht relevant. Auch sei nicht relevant, ob und unter welchen Voraussetzungen andere Krankenkassen sich möglicherweise doch an den Kosten einer Pauschalreise beteiligen würden. Zur weiteren Begründung werde auf den Auszug aus der mündlichen Verhandlung vor dem Sächsischen Landessozialgericht in einem vergleichbaren Fall verwiesen (L 1 KR 223/12). Hier sei die Berufung seitens des Klägers nach entsprechender Erläuterung des Gerichts zurückgenommen worden, weil die Berufung ohne Aussicht auf Erfolg gewesen sei. Auch sei hier weder die Tatsache, dass der Vertrag mit dem Sanatorium rechtzeitig geschlossen werden müsse, um überhaupt ein Zimmer zu erhalten, noch die Tatsache, dass ein Arzt am Kurort erst über die Art der bereits vorher „eingekauften“ Anwendungen entscheiden würde, von Bedeutung. Es würde vielmehr darauf ankommen, dass die Klägerin bereits vor Antritt der Maßnahme ein bestimmtes Kontingent an Heilmittelanwendungen erworben und bezahlt habe. Auch die Angabe von Stornogebühren und die Empfehlung einer Reiserücktrittsversicherung würde die Bewertung als Reisevertrag stützen. Unterstützt würde die Annahme einer Pauschalreise auch dadurch, dass der Reisevertrag ein Jahr im Voraus abgeschlossen worden sei. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und der Festlegung des Reisepreises seien daher die eventuell notwendigen Behandlungen weder bekannt noch abschätzbar gewesen. Die Auffassung des Gerichts, dass unzweifelhaft eine Aufteilung auf die einzelnen Kostenarten, medizinische und sonstige Leistungsarten, möglich sei, könne deshalb nicht geteilt werden.

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Die Kammer hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen und eine Auskunft der Beklagten zur dem Grunde nach möglichen Höhe des Erstattungsanspruchs eingeholt. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung unter ausdrücklichem Bestreiten des Bestehens eines Erstattungsanspruchs mitgeteilt, dass sich ein Zahlungsanspruch in Höhe von 619,82 € errechnen würde. Dieser Anspruch sei errechnet worden unter Berücksichtigung eines 10-prozentigen Abschlags für die gesetzlichen Zuzahlungen bzw. eines 5-prozentigen Abschlags für Verwaltungskosten aufgrund der Einreichung einer ausländischen Privatrechnung. Der vorgenannte Betrag setze sich zusammen aus einem Betrag für Heilmittel und die Kurarztpauschale in Höhe von 346,82 € sowie eines Betrages von 273,00 € für die Kostenerstattung 13,00 € mal 21 Tage. Im Einzelnen setze sich der Erstattungsbetrag für die Heilmittel bzw. für die Kurarztpauschale aus der Kurarztpauschale in Höhe von 47,54 € für die 4-malige ärztliche Untersuchung zusammen. Außerdem seien erstattungsfähig nach deutschem Recht die klassische Teilkörpermassage mit einem Einzelpreis von 10,58 € X 6 = 63,48 €, die Elektrotherapie mit einem Einzelpreis von 4,45 € X 24 = 106,80 €. Darin enthalten sei auch die Moorpackung mit einem Einzelpreis von 8,53 € = 76,77 € insgesamt und für das trockene Kohlensäurebad mit einem Einzelpreis von 13,00 € = Gesamtpreis 117,00 €. Nicht erstattungsfähig nach deutschem Recht sei die Reflexmassage, die CO²-Naturquellgasinjektion und die Lasertherapie.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.

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1. Gegenstand der hier statthaften und auch im Übrigen zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) ist ein von der Klägerin bezifferter Kostenerstattungsanspruch aufgrund der Inanspruchnahme ambulanter medizinischer Vorsorgeleistungen im Sinne des § 23 Abs. 2 S. 1 des Fünften Sozialgesetzbuches – Gesetzlich Krankenversicherung (SGB V) in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union.

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Einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage hierfür ist § 13 Abs. 4 S. 1 SGB V, welcher in Ausnahme zu der ansonsten in § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V geltenden Ruhensregelung für Versicherte, welche sich im Ausland aufhalten, bestimmt, dass Versicherte berechtigt sind, u.a. auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union anstelle des sonst geltenden Sachleistungsgrundsatzes (§§ 2 Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 1 SGB V) im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichtes nicht der Erstattung. Der Anspruch auf Kostenerstattung besteht gemäß § 13 Abs. 4 S. 3 SGB V höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte; wobei die Satzung das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln hat (§ 13 Abs. 4 S. 4 SGB V). Und schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach § 13 Abs. 4 S. 2 SGB V nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden dürfen, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind.

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Diese Voraussetzungen werden hier allesamt von der Klägerin erfüllt. Die Kammer ist hier nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) davon überzeugt, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der in dem Zeitraum vom 15. Juni 2014 bis zum 6. Juli 2014 in dem Sanatorium ... in Anspruch genommenen ärztlichen und ärztlich verordneten Behandlungsmaßnahmen im Sinne des § 23 Abs. 2 S. 1 SGB V einen Erstattungsanspruch in Höhe von 346,82 € zuzüglich eines Zuschusses im Sinne des § 23 Abs. 2 S. 2 SGB V in Höhe von 273,00 €, mithin auf die Zahlung eines Gesamtbetrages von 619,82 € hat. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

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a) Welche Vergütung die Krankenkasse bei Erbringung der im EU-Ausland in Anspruch genommenen Behandlungsmaßnahme als Sachleistung zu tragen hätte, bestimmt sich nach den Regeln des jeweils betroffenen Leistungserbringerrechts, d.h. hier, weil die Klägerin nach eigenen Angaben in dem Sanatorium ... sog. medizinische Vorsorgeleistungen in Anspruch genommen hat, nach den Vorgaben des § 23 SGB V. Gemäß § 23 Abs. 1 haben Versicherte Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei, Verband-, Heil- und Hilfsmittel, wenn diese u.a. notwendig sind, eine Schwächung der Gesundheit, die an absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen bzw. Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Reichen diese vorgenannten Leistungen nicht aus, kann die Krankenkasse gemäß § 23 Abs. 2 S. 1 SGB V aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten erbringen. Die Satzung der Krankenkasse kann in diesem Falle gemäß § 23 Abs. 2 S. 2 SGB V zu den übrigen Kosten, die Versicherten im Zusammenhang mit dieser Leistung entstehen, einen Zuschuss von bis zu 13 € täglich vorsehen. Hierzu bestimmt § 25 Abs. 2 S. 1 der Satzung der Beklagten, dass sie sich bei der Durchführung ambulanter Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten an den Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Kurtaxe sowie den Fahrkosten mit einem Zuschuss von 13 Euro täglich beteiligt.

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Vorliegend bedarf es unter Berücksichtigung der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme der Gutachterin des MDK, Dr. ... vom 9. April 2014, und im Übrigen des Bewilligungsbescheides vom 10. April 2014 keiner weiteren Darlegungen der Kammer im Hinblick auf die dem Grunde nach bestehende medizinische Notwendigkeit der Inanspruchnahme von medizinischen Vorsorgeleistungen im Sinne einer ambulanten „Vorsorgekur“. Hieraus folgt, dass die Klägerin im Ergebnis einen Anspruch auf eine Erstattung der von ihr in einem anerkannten Kurort bei einem zugelassenen Leistungserbringer im Sinne des § 13 Abs. 4 S. 2 SGB V in Anspruch genommenen ärztlichen Behandlungsleistungen im Sinne des § 28 Abs. 1 SGB V sowie der ärztlich verordneten Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln nach den näheren Vorgaben der §§ 31 – 34 SGB V zuzüglich eines täglichen Zuschusses zu den Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Kurtaxe sowie den Fahrkosten von 13 Euro hat.

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b) Bei dem von der Klägerin als Vertragspartner der medizinischen Behandlungsleistungen in Anspruch genommenen Sanatorium ... handelt es sich ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Bestätigung vom 5. Juli 2014 um eine in der Tschechischen Republik staatlich anerkannte Kureinrichtung und damit um einen im Sinne des § 13 Abs. 4 S. 2 SGB V zugelassenen Leistungserbringer, die Tschechische Republik ist Mitglied der Europäischen Union und die Klägerin zählt nicht zu dem nach § 13 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 („… es sei denn…“) von dem Kostenerstattungsanspruch ausgeschlossenen Personenkreis der sog. „Residenten“ (vgl. hierzu Helbig in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 13, Stand 1. Dezember 2016, Rn. 78).

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Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem von der Klägerin mit dem Sanatorium ... vorgelegten Vertrag vom 12. Juni 2013 nicht um einen mit einem Reiseveranstalter abgeschlossenen („Pauschal“-) Reisevertrag. Gegenstand des Vertrages ist, wie nicht nur die Bezeichnung des Vertrages („Vertrag über Unterkunft und Kurbehandlung“), sondern auch die Beschreibung des Vertragsgegenstandes hinreichend deutlich belegt, die Gewährung eines Gesamtpakets von Leistungen des Sanatoriums in Form eines Kuraufenthalts (Kompakte Heilkur Intensiv) mit Unterkunft und Vollpension in der Zeit vom 15. Juni 2014 bis 6. Juli 2014 zu einem Gesamtpreis von 1587,00 €. Die vereinbarten Kurleistungen in Form einer „Kompakten Heilkur Intensiv“ umfassen ausweislich der auf der Internetseite des Sanatoriums befindlichen Leistungsbeschreibung u.a. neben den Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen auch eine „ärztliche Eintrittsuntersuchung mit EKG (ausgerichtet auf Erkrankungen des Bewegungsapparates), Kontrolluntersuchungen, Ausstellung des Arztberichtes sowie 21 Kurbehandlungen wöchentlich und eine spezielle Rehabilitation unter fachkundiger Führung“. Bei den in den Vertragsgegenstand inkludierten 21 Kurbehandlungen handelt es sich ausweislich der ebenfalls auf der Internetseite enthaltenen Aufzählung in der Mehrzahl um nach dem in der Bundesrepublik geltenden Recht anerkannte Heilmittelbehandlungen im Sinne des § 32 SGB V i.V.m. den vom Gemeinsamen Bundesausschuss auf der Grundlage von § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V erlassenen Heilmittel-Richtlinien wie z.B. klassische Massagen, Moorpackungen, Krankengymnastik oder Elektrotherapie. Der vorliegende Fall unterscheidet sich deshalb in relevanter Weise von der Fallgestaltung, die dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) mit Urteil vom 4. Oktober 2011 (S 27 KR 135/09) vorgelegen hat, denn dort hatte der Kläger mit einem inländischen Reiseanbieter einen Vertrag über einen Kuraufenthalt in der Tschechischen Republik abgeschlossen.

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Der mit dem Sanatorium ... abgeschlossene Vertrag über die Gewährung von medizinischen Behandlungsleistungen verliert nach Auffassung der Kammer seinen Charakter nicht dadurch, dass daneben von den Vertragsbeteiligten auch die Gewährung von Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen sowie weitere Leistungsangebote wie die Nutzung des Pools oder des Kulturprogramms im Haus vereinbart worden ist. Abgesehen davon, dass die Kammer unter Berücksichtigung der in der von der Beklagten vorgelegten Niederschrift über die mündliche Verhandlung des 1. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts vom 30. April 2013 (L 1 KR 223/12) spärlich enthaltenen Tatsachenangaben nicht feststellen kann, ob die dem Sächsischen LSG damals vorgelegene Fallgestaltung überhaupt in Gänze mit dem vorliegenden Fall vergleichbar ist, teilt die Kammer auch nicht die von der Beklagten unter Bezugnahme auf die Hinweise des 1. Senats vertretene Auffassung, dass die Tatsache, dass die Klägerin auch in dem vorliegenden Fall den Gesamtpreis für das vereinbarte Leistungspaket bestehend aus Kur-, Unterkunfts-, Verpflegungs- und sonstigen Leistungen des Sanatoriums im Voraus entrichten musste, einen Frühbucherrabatt erhalten hat und im Falle eines Nichtantritts des reservierten Platzes in Abhängigkeit von dem Zeitpunkt der Absage des Kuraufenthalts Stornogebühren in unterschiedlicher Höhe bis zu 100% des Gesamtpreises hätte zahlen müssen, bzw., dass deswegen seitens des Sanatoriums die Empfehlung des Abschlusses einer Reiserücktrittsversicherung erfolgte, die Annahme eines Reisevertrages rechtfertigt, mit der Folge, dass eine Kostenerstattung bzw. die Gewährung eines Zuschusses im Sinne des § 23 Abs. 2 SGB V ausgeschlossen wäre.

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Hierfür könnte zwar sprechen, dass die Bewilligung einer „ambulanten Vorsorgeleistung in anerkannten Kurorten“ im Sinne des § 23 Abs. 2 SGB V im Inland regelmäßig zur Folge hat, dass sich der Versicherte die Unterkunft und Verpflegung an einem Kurort, der für die bewilligten Vorsorgemaßnahmen indiziert ist, selbst besorgt und ambulant die Heilmittel des Kurortes in Anspruch nimmt (Peters in: Handbuch der Krankenversicherung, Teil II Sozialgesetzbuch V, Band 1, Stand Januar 2016, § 23 Rn. 18). Dagegen ist hier festzustellen, dass die von der Klägerin tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen des Sanatoriums ... vielmehr dem Grunde nach der Inanspruchnahme von stationären Vorsorgeleistungen im Sinne des § 23 Abs. 4 SGB V entsprochen haben, welche neben der ärztlichen Behandlung, zu der u.a. auch die Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln gehört, auch die Gewährung von Unterkunft und Behandlung durch die Vorsorgeeinrichtung umfasst.

29

Es ist aber für die Kammer kein Grund ersichtlich, warum die Tatsache, dass ein Versicherter mit einem dem Grunde nach für die Erbringung von ambulanten Vorsorgeleistungen im Sinne des § 23 Abs. 2 SGB V in Verbindung mit § 13 Abs. 4 S. 2 SGB V im EU-Ausland zugelassenen Leistungserbringer (vgl. hierzu Noftz in: Hauck/Noftz, Gesamtkommentar Sozialgesetzbuch, SGB V, Stand 06/16, K § 23 Rn. 43 – 43c) über die eigentliche Inanspruchnahme von medizinischen Behandlungsleistungen hinaus zusätzlich auch eine Nutzung von Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen vereinbart, für sich genommen bereits zu einem Ausschluss des nach § 13 Abs. 4 S. 1 – 5 SGB V vorgesehenen Kostenerstattungsanspruchs führt. Denn im Gegensatz zu den Verhältnissen im Inland, welche u.a. dadurch gekennzeichnet sind, dass die gemäß § 23 Abs. 2 S. 1 SGB V geschuldeten ambulanten ärztlichen und ärztlich verordneten Vorsorgeleistungen dem Versicherten regelmäßig als sog. Naturalleistung zur Verfügung gestellt werden (zur Zulassung der Leistungserbringer im Inland vgl. Noftz, a.a.O., § 23 Rn. 36a bzw. Schütze in: jurisPK-SGB V, a.a.O., § 23 Rn. 28 m.w.N.), setzt der Kostenerstattungsanspruch bei Inanspruchnahme von ambulanten Vorsorgeleistungen im EU-Ausland lediglich voraus, dass der Versicherte mit einem nach den Vorgaben des § 13 Abs. 4 S, 2 SGB V zugelassenen Leistungserbringer einen Vertrag über die Gewährung von solchen medizinischen Behandlungsleistungen im Sinne des § 23 Abs. 2 S. 1 SGB V schließt. Ebenso wenig wie auch die Tatsache, dass die Gewährung von Leistungen einer inländischen stationären Vorsorgeeinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 a SGB V besteht, welche auf Kosten der Krankenkasse neben den komplexen Vorsorgeleistungen auch Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen erbringt, dadurch nicht den grundsätzlichen Charakter als medizinische Vorsorgeleistung im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 SGB V verliert, dürfte dies auch für die vorliegende vertragliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Sanatorium ... gelten. Die von der Kammer vertretene Auffassung ist sowohl mit dem Wortlaut des § 13 Abs. 4 S. 1 – 5 SGB V als auch des § 23 SGB V vereinbar, und widerspricht auch nicht dem Sinn und Zweck der beiden vorgenannten Regelungen, nämlich die nach § 13 Abs. 4 S. 1 – 5 SGB V vorgesehene Kostenerstattung auf die Höhe der geschuldeten Vergütung nach den Regeln des inländischen Leistungserbringerrecht zu beschränken. Vielmehr setzt dies – wie nachfolgend noch näher ausgeführt wird – lediglich voraus, dass die Kosten für die ärztlichen bzw. ärztlich verordneten Leistungen im Sinne des § 23 Abs. 2 S. 1 SGB V nach Art, Umfang und Preis hinreichend von den geschuldeten Kosten für die Unterkunfts-, Verpflegungs- und sonstigen Leistungen des Leistungserbringers abgrenzbar sind. Bei den angeführten Vereinbarungen zur vorherigen Zahlung der vereinbarten Vergütung, zur Einräumung eines sog. Frühbucherrabatts sowie der vereinbarten Stornogebühren handelt es sich dagegen um den eigentlichen Vertragsgegenstand nicht prägende Nebenabreden, die lediglich die Vertragsabwicklung betreffen und den eigentlichen Vertragsgegenstand nicht beeinflussen.

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c) Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem geltend gemachten Anspruch auch nicht entgegen, dass die Vertragsbeteiligten bereits ein Jahr vor Inanspruchnahme der vereinbarten Leistungen einen Vertrag zu einem Gesamtpreis in Höhe von 1587,00 € geschlossen haben, ohne dass zu diesem Zeitpunkt die medizinisch notwendigen Vorsorgeleistungen bekannt bzw. bestimmt gewesen sind. Vielmehr vertritt die Kammer die Auffassung, dass die Vereinbarung eines Gesamtpreises mit einem Leistungserbringer im Sinne des § 13 Abs. 4 S. 2 SGB V für die Inanspruchnahme von medizinischen Behandlungsmaßnahmen einschließlich Unterkunft, Verpflegung und sonstigen Leistungen jedenfalls dann nicht einer Kostenerstattung nach Maßgabe der §§ 13 Abs. 4 S. 1 - 5, 23 Abs. 2 S. 1 und 2 i.V.m. den einschlägigen Regelungen der Satzung der Krankenkasse entgegen steht, wenn von dem Versicherten – wie hier - Art, Umfang und Kosten der jeweils tatsächlich in Anspruch genommene Leistungen ggf. durch eine nachträgliche Erklärung des Leistungserbringers nachgewiesen wird. Hier ist nämlich festzustellen, dass die Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten mit Hilfe des vorgelegten Arztberichtes des MU Dr. ... vom 1. Juli 2014 und der Bescheinigung des Sanatoriums ... vom 3. Juli 2014 über in Anspruch genommene medizinische Behandlungsleistungen in Höhe von 807,00 € einschließlich der jeweils handschriftlich abgezeichneten Prozeduren und der Bestätigung des Sanatoriums ... vom 5. Juli 2014 über die Inanspruchnahme von Leistungen der Unterkunft und Verpflegung vom 15. Juni bis 6. Juli 2014 (21 Tage) zu einem Preis von 780,00 € sowohl Art, Umfang und Kosten der in Anspruch genommenen Hauptleistung (d.h. die ärztlichen bzw. ärztlich verordneten Leistungen) und als auch die zuschussfähigen täglichen Nebenleistungen (d.h. Unterkunft, Verpflegung) entsprechend den Vorgaben von § 13 Abs. 4 S. 4 SGB V i.V.m. § 23 Abs. 2 S. 1 – 3 und Abs. 4 S. 1 der Satzung mit der hier erforderlichen – an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit - nachgewiesen hat.

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Maßgebend hierfür ist, dass gemäß § 13 Abs. 4 S. 3 SGB V der dem Grunde nach der Klägerin zustehende Kostenerstattungsanspruch höchstens in Höhe der Vergütung besteht, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Liegen die tatsächlich entstandenen Kosten niedriger, werden nur diese erstattet. Dies setzt – worauf die Beklagte zu Recht hinweist – voraus, dass die einzelnen Kostenarten, d.h. die medizinischen und sonstigen Leistungen im Sinne des § 23 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB V, nach Art, Umfang und Kosten voneinander abgrenzbar sind. Dies ist deshalb notwendig, um zum einen zu prüfen, ob die tatsächlich im EU-Ausland in Anspruch genommenen Behandlungsleistungen dem Grunde nach als Sachleistungen im Sinne des § 23 Abs. 2 S. 1 SGB V im Inland vorgesehen sind und im konkreten Einzelfall medizinisch erforderlich waren. Zum anderen sind diese Angaben notwendig, um die konkrete Höhe des möglichen Erstattungsbetrages im Sinne der Regelung des § 23 Abs. 2 S. 1 SGB V und des Zuschussbetrages im Sinne des § 23 Abs. 2 S. 2 SGB V i.V.m. der Satzung unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Abschläge und Zuzahlungen festzusetzen. Denn die Krankenkasse hat im Rahmen der Prüfung des Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs. 4 S. 5 SGB V ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen.

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In Ausfüllung der Regelung des § 13 Abs. 4 S. 4 SGB V, wonach die Satzung das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln hat, bestimmt § 23 Abs. 2 der Satzung der Beklagten, dass zur Erstattung der Kasse die Rechnungen der Leistungserbringer und die Verordnungen vorzulegen sind. Die Rechnungen müssen nach Art und Zeit der Leistungen aufgegliedert sein. Arzt- und Zahnarztrechnungen müssen die Diagnose oder den Befund enthalten. Auf Verlangen der Kasse hat der Versicherte die Bezahlung der Rechnung nachzuweisen. Erstattet werden die Rechnungsbeträge höchstens in Höhe der Vergütung, die die Kasse bei Erbringung der Sach- oder Dienstleistung im Inland zu tragen hätte, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten. Die Kasse kann die Ermittlung der Erstattungsbeträge vereinfachen. Der Erstattungsbetrag wird um einen Abschlag für Verwaltungskosten in Höhe von 5 vom Hundert, höchstens um 50 Euro je Rechnung und bei mehreren Rechnungen insgesamt höchstens um 300 Euro je Kalenderjahr, gekürzt. Maßgeblich für die Zuordnung zu einem Kalenderjahr ist der Tag des Rechnungseingangs bei der Kasse. Die vorgesehenen Zuzahlungen werden in Abzug gebracht. Ergänzend wird im Übrigen in § 23 Abs. 4 S. 1 der Satzung geregelt, dass im hier vorliegenden Fall der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 4 und 5 SGB V der vorgenannte Absatz 2 entsprechend mit den Maßgaben gilt, dass der Versicherte Art und Umfang der erhaltenen Leistungen auch in anderer geeigneter Form belegen kann, wenn vom Leistungserbringer keine entsprechend spezifizierte Rechnung zu erhalten ist, und dass ein Abschlag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen in Höhe von 12 vom Hundert erhoben wird, wobei der Abschlag mindestens 6 Euro und höchstens 60 Euro beträgt. Der Abschlag wird nicht auf 300 Euro je Kalenderjahr begrenzt.

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aa) Unter Berücksichtigung der vorgenannten gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorgaben ist hier zunächst festzustellen, dass von der Beklagten nicht die medizinische Notwendigkeit bzw. Sinnhaftigkeit der tatsächlich von der Klägerin in Anspruch genommenen ärztlichen bzw. ärztlich verordneten Leistungen in Zweifel gezogen wird, sodass auch insoweit für die Kammer kein Anlass für eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung bestanden hat. Es kommt daher vorliegend auch nicht darauf an, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 12. Juni 2013 lediglich die Höchstanzahl der im Gesamtpreis mitenthaltenen 21 Kuranwendungen je Woche bestimmt war, sondern deren Konkretisierung erst nach Vorliegen einer Privatverordnung über Heilmittel des behandelnden FA für Allgemeinmedizin am 12. Juni 2014 bzw. nach den Angaben der Klägerin erst durch den Arzt des Sanatoriums, MU Dr. ... nach der Eingangsuntersuchung erfolgte. Entscheidend ist allein die medizinische Notwendigkeit der tatsächlich in Anspruch genommenen Vorsorgemaßnahmen, was von der Beklagten nicht bestritten wird. Der Einwand der Beklagten aus dem Ablehnungsbescheid, wonach die von der Klägerin „gebuchte Reise“ Leistungen umfasst habe, unabhängig davon, ob diese medizinisch notwendig gewesen seien oder tatsächlich von ihr in Anspruch genommen seien, geht daher ins Leere.

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Im Übrigen bestehen unter Berücksichtigung der auf Veranlassung des Kammervorsitzenden erfolgten ergänzenden Darlegungen der Beklagten auch keinerlei Zweifel daran, dass es sich bei den tatsächlich in Anspruch genommenen Heilmittelleistungen in Form der Teilkörpermassage, Elektrotherapie, Moorpackungen und trockenes Kohlensäurebad um Sachleistungen handelt, die nach dem Recht des Inlands dem Grunde nach als ambulante Vorsorgemaßnahme in anerkannten Kurorten erstattungsfähig sind. Soweit die Beklagte dagegen die Reflexmassage, die Co²-Naturquellgasinjektion und die Lasertherapie dem Grunde nach nicht als erstattungsfähige Leistungen angesehen hat, hat die Klägerin diese Auffassung nicht in Frage gestellt, sodass auch insoweit seitens der Kammer aufgrund der von der Klägerin vorgenommenen Beschränkung des Leistungsantrages keine weitere Sachaufklärung für notwendig erachtet worden ist. Dies gilt schließlich auch im Hinblick auf die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Aufstellung der gemäß § 13 Abs. 4 S. 5 SGB V i.V.m. §§ 23 Abs. 2 und 4 der Satzung dem Grunde nach möglichen einzelnen Erstattungsbeträge. Auch insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin den in der mündlichen Verhandlung gestellten Leistungsantrag einvernehmlich u.a. auf den von der Beklagten im Wege einer Auskunft errechneten Erstattungsanspruch für die Inanspruchnahme der ärztlichen bzw. ärztlich verordneten Leistungen beschränkt hat.

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bb) Die von der Klägerin vorgelegten Bestätigungen bzw. medizinischen Unterlagen enthalten ärztliche Befund- und Diagnoseangaben und sind unter zusätzlicher Berücksichtigung der handschriftlich abgezeichneten Prozeduren auch hinreichend nach Art, Umfang und Zeit aufgegliedert. Mit Hilfe der in der Bescheinigung des Sanatoriums über die verabreichten Kuranwendungen vom 3. Juli 2014 enthaltenen Angaben des Sanatoriums können – wie die in der mündlichen Verhandlung auf Veranlassung des Kammervorsitzenden ergänzend erfolgte Auskunft der Beklagten offenkundig belegt – die erstattungsfähigen Leistungen nach Art, Umfang und Kosten vollständig bestimmt und so der Erstattungs- bzw. des Zuschussanspruchs unter hinreichender Differenzierung nach den möglichen Anspruchsgrundlagen des § 23 Abs. 2 S. 1 und S. 2 SGB V mit der erforderlichen Gewissheit berechnet werden. Der aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ersichtlichen Aufstellung der Beklagten ist insoweit aus der Sicht der Kammer nichts hinzuzufügen. Der nach wie vor in der mündlichen Verhandlung aufrecht erhaltene Einwand, dass sich ein Einzelpreis für die medizinischen Leistungen sowie für die Unterkunft und Verpflegung (kalendertäglich) nicht ermitteln lassen würde, kann deshalb nicht nachvollzogen werden.

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Auch der Einwand der Beklagten, dass es sich bei den vorgelegten Bescheinigungen des Sanatoriums nicht um Rechnungen, sondern lediglich um offengelegte Kalkulationsgrundlagen der Einrichtung handeln würde, steht nicht dem klägerischen Anspruch entgegen. Abgesehen davon, dass dieser Einwand unzutreffend ist, weil die in der Bescheinigung des Sanatoriums über die verabreichten Kuranwendungen vom 3. Juli 2014 genannten Einzelpreise mit der auf der Internetseite des Sanatoriums befindlichen Angebots- und Preisliste der Kuranwendungen korrespondieren und zudem von Anfang an bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestimmt waren, geht dieser Einwand schon deshalb ins Leere, weil § 23 Abs. 4 S. 1 der Satzung den Versicherten in dem hier vorliegenden Fall der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 4 und 5 SGB V gestattet, Art und Umfang der erhaltenen Leistungen auch in anderer geeigneter Form als mit Hilfe einer spezifizierten Rechnung zu belegen. Es ist deshalb seitens der Kammer schwerlich nachvollziehbar, warum die von der Klägerin vorgelegten Bescheinigungen des Sanatoriums ... von der Beklagten nicht für ausreichend erachtet werden. Es gibt für die Kammer keine Veranlassung, an der Richtigkeit der von dem Sanatorium ... in den von der Klägerin vorgelegten Bescheinigungen über Art, Umfang, Zeit und Kosten der jeweils in Anspruch genommenen Leistungen zu zweifeln; zumal jedenfalls auch die Einzelpreise der jeweiligen Kuranwendungen bereits bei Vertragsabschluss von dem Sanatorium offengelegt waren. Der vorliegende Sachverhalt dürfte sich gerade in diesem Punkt von dem mitgeteilten Sachverhalt der Niederschrift des Berufungsverfahrens vor dem Sächsischen LSG unterscheiden, denn den dortigen Sachverhaltsangaben kann im Unterschied zu dem vorliegenden Sachverhalt nicht entnommen werden, ob die tatsächlichen Kosten für die vereinbarten 23 Kuranwendungen wöchentlich wie hier bestimmbar waren; vielmehr kann den Sachverhaltsangaben nur entnommen werden, dass von der dortigen Klägerin ein Pauschalpreis von 60 € täglich für Unterkunft, Verpflegung und bis zu 23 Kuranwendungen wöchentlich vereinbart war.

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cc) Die von der Beklagten vertretene Auffassung, dass die Vereinbarung eines Gesamt- bzw. eines Pauschalpreises auch dann dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch entgegensteht, wenn wie hier Art, Umfang und Preis der in Anspruch genommenen ambulanten Vorsorgemaßnahmen hinreichend bestimmbar ist, ist schließlich weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck der Regelung des § 13 Abs. 4 S. 1 - 5 i.V.m. einschlägigen Satzungsregelungen vereinbar. Mit dieser Regelung wird nämlich den Versicherten in Anpassung des deutschen Krankenversicherungsrechts an europarechtliche Vorgaben das Recht eingeräumt, unter näher bestimmten Voraussetzungen Leistungserbringer in allen EU- und EWR-Staaten in Anspruch zu nehmen; wobei dies mangels Integration der ausländischen Leistungserbringer in das deutsche Leistungserbringungssystem grundsätzlich im Wege der Kostenerstattung geschieht (Helbig, a.a.O., § 13 Rn. 77). Da der Kostenerstattungsanspruch, wie bereits oben ausgeführt worden ist, auf die Höhe der Vergütung begrenzt ist, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte, erfordert die der Krankenkasse obliegende Anspruchsprüfung lediglich eine (ggf. nachträgliche) Bestimmung von Art, Umfang und Preis der im EU-Ausland in Anspruch genommenen Leistungen, weil mit Hilfe dieser Angaben nicht nur die medizinische Notwendigkeit sowie die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der in Anspruch genommenen Leistungen, sondern auch die dem Versicherten durch deren Inanspruchnahme konkret entstandenen Kosten ermittelt werden können. Dagegen ist die Tatsache, ob die Beteiligten bei Vertragsabschluss einen Gesamtpreis vereinbart haben ebenso für die Anspruchsprüfung unerheblich (a. A. SG Frankfurt (Oder), a.a.O., Rn. 23, zitiert nach juris) wie die Tatsache, ob dem Versicherten bei Vertragsschluss ein Frühbucherrabatt eingeräumt worden ist, bzw. der Zeitpunkt der Fälligkeit der vereinbarten Vergütung.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie entspricht dem Ergebnis der Hauptsache. Das Rechtsmittel der Berufung bedurfte hier gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG einer ausdrücklichen Zulassung durch das Sozialgericht, weil die Klage auf die Gewährung von Leistungen unterhalb der Berufungsgrenze von 750,00 € gerichtet ist und auch keine laufenden Leistungen von mehr als einem Jahr im Streit sind. Die Kammer hat das Rechtsmittel der Berufung antragsgemäß wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

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