Beschluss vom Niedersächsischer Staatsgerichtshof - 2/07

Tenor

Der von dem Mitglied des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs Dr. Peter Götz von Olenhusen mit dienstlicher Erklärung vom 17. Dezember 2007 angezeigte Sachverhalt hindert ihn nicht an der Ausübung des Richteramtes.

Gründe

I.

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1. Gegenstand des seit dem 22. November 2007 anhängigen Normenkontrollverfahrens sind Änderungen des Niedersächsischen Maßregelvollzugsgesetzes, des Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und des Niedersächsischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke, die im Zusammenhang mit der Aufgabe der Trägerschaft des Landes Niedersachsen an den Landeskrankenhäusern ergangen sind. Die Antragsteller rügen insbesondere einen Verstoß gegen Art. 60 S. 1 der Niedersächsischen Verfassung.

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2. Mit dienstlicher Erklärung vom 17. Dezember 2007 hat das Mitglied des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs Dr. Peter Götz von Olenhusen erklärt, dass er in seiner früheren Funktion als Abteilungsleiter II im Niedersächsischen Justizministerium mit der Aufgabe der Trägerschaft des Landes Niedersachsen an den Landeskrankenhäusern befasst gewesen sei. Im Zeitraum September 2005 bis März 2006 habe er dem Lenkungsausschuss angehört, der unter Leitung des Staatssekretärs bzw. der Staatssekretärin des Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit die Aufgabe der Trägerschaft an den Landeskrankenhäusern vorbereitet habe. Zwei Beschlüsse des Lenkungsausschusses fänden sich in Anlage 5 zur Antragsschrift StGH 2/07. Neben der Vorbereitung des Gesetzentwurfs, dessen Ausarbeitung im Einzelnen der Projektgruppe „Vorbereitung der gesetzlichen Grundlagen für die Veränderung der Trägerschaft der Niedersächsischen Landeskrankenhäuser“ obgelegen habe, sei es um die Vorbereitung des Vergabeverfahrens gegangen. An den weiteren Sitzungen des Lenkungsausschusses nach dem 28. März 2006 habe er aufgrund seines Ausscheidens aus dem Niedersächsischen Justizministerium nicht mehr teilgenommen und sei mit dem Thema nicht mehr befasst gewesen. Das Mitglied des Staatsgerichtshofs Götz von Olenhusen hält sich nicht für befangen.

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Den Antragstellern und der Niedersächsischen Landesregierung ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

II.

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1. Nach § 18 Abs. 1 BVerfGG, der gemäß § 12 Abs. 1 NStGHG auf das Verfahren vor dem Staatsgerichtshof entsprechend anzuwenden ist, ist ein Richter von der Ausübung seines Richteramts ausgeschlossen, wenn er

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1. an der Sache beteiligt oder mit einem Beteiligten verheiratet ist oder war, eine Lebenspartnerschaft führt oder führte, in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder

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2. in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen ist.

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Für das Mitglied des Staatsgerichtshofs Götz von Olenhusen käme nur ein Ausschluss von der Ausübung des Richteramts nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG i.V.m. § 12 Abs. 1 NStGHG in Betracht, weil die in Ziffer 1 genannten Voraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen. Dass das Mitglied Götz von Olenhusen bei der von ihm dargelegten Tätigkeit „von Amts oder Berufs wegen“ tätig gewesen ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Fraglich ist deshalb nur, ob es sich um „dieselbe Sache“ im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG handelt. Einer näheren Prüfung eines Ausschlussgrundes bedarf es indes nicht, weil gemäß § 18 Abs. 3 Nr. 1 BVerfGG eine Tätigkeit im Gesetzgebungsverfahren nicht als Tätigkeit im Sinne des genannten § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG gilt.

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Das Bundesverfassungsgericht hat in einer frühen Entscheidung die gutachtliche Tätigkeit eines Beamten für den Bundespräsidenten den Gesetzgebungsverfahren zugeordnet und einen Ausschluss vom Richteramt verneint (so BVerfGE 1, 66 [67]). Das Bundesverfassungsgericht hat dies mit der Erwägung begründet, dass wenn schon nicht die Abgeordneten des Bundestages, die an einem Gesetzgebungsverfahren beteiligt waren, von einer späteren Ausübung des Richteramts ausgeschlossen seien, dies umso mehr für einen Beamten gelte, der nicht an entscheidender Stelle tätig geworden sei (so BVerfGE 1, 66 [67]). Zwar ist das Mitglied Götz von Olenhusen in seiner Eigenschaft als Leiter der Gesetzgebungsabteilung des Justizministeriums im Lenkungsausschuss vertreten gewesen. Gleichwohl kann nicht von einer Tätigkeit „an entscheidender Stelle“, wie es das Bundesverfassungsgericht a.a.O. als Ausschlussgrund genannt hat, ausgegangen werden.

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Es kann dahingestellt bleiben, ob bei diesem Gesetzgebungsvorhaben und in diesem Gremium nicht eher die Ressortvertreter des MS und des MF eine federführende Funktion innehatten. Jedenfalls ist das Mitglied Götz von Olenhusen aber ausweislich seiner dienstlichen Erklärung nur zeitweise Mitglied des Lenkungsausschusses gewesen. An den zeitlich nach seinem Ausscheiden aus dem MJ am 28.03.2006 liegenden Sitzungen, die dann näher an dem Erarbeiten des endgültigen Gesetzentwurfs lagen, hat er nicht mehr teilgenommen. Ein gesetzlicher Ausschlussgrund liegt deshalb nicht vor.

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2. Die dienstliche Erklärung vom 17. Dezember 2007 begründet auch nicht die Besorgnis der Befangenheit nach § 19 BVerfGG i.V.m. § 12 Abs. 1 StGHG. Das Bundesverfassungsgericht vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 19 BVerfGG nicht aus den allgemeinen Gründen hergeleitet werden kann, die nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 18 BVerfGG einen Ausschluss von der Ausübung des Richteramts nicht rechtfertigen, weil es einen Wertungswiderspruch bedeuten würde, könnte gerade wegen dieser Gründe ein Richter von der Mitwirkung über eine Befangenheitsablehnung ausgeschlossen werden (BVerfGE 2, 295 [297]; 82, 30 [38]). Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts muss vielmehr etwas Zusätzliches gegeben sein, das über die Mitwirkung am Gesetzgebungsverfahren hinausgeht, damit eine Besorgnis der Befangenheit als begründet erscheinen kann (so BVerfGE 82, 30 [38]).

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Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen und entschieden, dass die Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn ein am Verfahren Unbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln (so NStGH, Beschl. v. 25.01.2007 - StGH 1/06 -, S. 6).

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Ein über die obigen Ausführungen zur Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren hinausgehender, zusätzlicher Grund, der bei objektiver Betrachtung die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen könnte, ist auch insofern nicht gegeben. Anhaltspunkte, die über die bloße Teilnahme an den Sitzungen des Lenkungsausschusses hinaus eine Festlegung in der Sache oder gar eine öffentliche Positionierung in der Gesetzgebungsthematik zum Ausdruck brächten, sind nicht ersichtlich.

 


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