Beschluss vom Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz - VGH B 55/14, VGH B 58/14
Tenor
Die Verfassungsbeschwerdeverfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Dem Beschwerdeführer wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 1.200,00 EUR auferlegt.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerden betreffen den Regionalen Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe – Teilplan Windenergienutzung – und die aus Sicht des Beschwerdeführers „Willkürliche Begünstigung oder Benachteiligung von Einzelpersonen oder Personengruppen“ bei der „Privilegierung der Windkraft“ unter „Verstoß gegen die Kommunale Selbstverwaltung“.
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1. a) Die Verfassungsbeschwerden sind unzulässig, da sie nicht in einer den Anforderungen des § 45 VerfGHG genügenden Weise begründet sind. Sie können deshalb durch einstimmigen Beschluss des gemäß § 15a Abs. 1 des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof – VerfGHG – gebildeten Ausschusses zurückgewiesen werden.
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Bereits aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers muss sich bei objektiver Betrachtung mit hinreichender Deutlichkeit die Möglichkeit der Verletzung der geltend gemachten Rechte ergeben (VerfGH RP, Beschluss vom 16. August 1994 – VGH B 15/93 –, NJW 1995, 444 [445]). Die bloß verbale Behauptung einer Verfassungsverletzung genügt nicht zur Bejahung der Beschwerdebefugnis (VerfGH RP, Urteil vom 14. November 1966 – VGH 5/66 –, AS 10, 100 [102]; Held, in: Grimm/Caesar, Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2001, Art. 130a Rn. 7). Das Erfordernis hinreichender Begründung verlangt unter anderem, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ohne Beiziehung von Akten oder sonstige Aufklärungsmaßnahmen mit hinreichender Deutlichkeit der entscheidungserhebliche Sachverhalt und die Beschwerdebefugnis ergibt (VerfGH RP, Beschluss vom 9. Juli 2012 – VGH B 12/12 – m.w.N.).
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Diesen Anforderungen genügen die Verfassungsbeschwerden nicht. Die umfangreichen Ausführungen der Verfassungsbeschwerde kreisen um die „Willkürliche Begünstigung oder Benachteiligung von Einzelpersonen oder Personengruppen“ bei der „Privilegierung der Windkraft“. Der Beschwerdeführer macht hierzu allgemeine Ausführungen, legt aber keine eigene Betroffenheit dar. Er wehrt sich im Gegenteil wie bereits in dem Ausgangsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz auch mit seinen Verfassungsbeschwerden dagegen, dass das Prozessrecht eine subjektive Betroffenheit (Klage- bzw. Antragsbefugnis) als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage verlangt. Dies ist auch bei einem Normenkontrollantrag der Fall (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
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Aus dem gleichen Grund vermag der Beschwerdeführer allerdings auch mit seiner Verfassungsbeschwerde nicht durchzudringen. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 124 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – ist auf die Verteidigung subjektiver Rechte begrenzt. Ein Anspruch auf die Bereitstellung der Möglichkeit zur Popularklage kann daher nicht aus Art. 124 LV hergeleitet werden (Brocker, in: ders./Droege/Jutzi Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 124 Rn. 4; vgl. auch entspr. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Mai 2001 – 1 BvR 481/01 –, NVwZ 2001, 1148 [1149]).
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Die Geltendmachung einer Verletzung nur objektiven Verfassungsrechts reicht auch zur Begründung einer rügefähigen Beschwer im Verfassungsbeschwerdeverfahren ebenso wenig aus wie ein bloß reflexhaftes Betroffensein des Beschwerdeführers. Eine Popularbeschwerde ist nach Art. 130a LV nicht vorgesehen (VerfGH RP, AS 29, 207 [209]).
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Auch soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der Regionale Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe – Teilplan Windenergienutzung – verletze das Recht auf kommunale Selbstverwaltung, kann er sich selbst auf diese verfassungsrechtliche Gewährleistung nicht berufen. Auch wenn die Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung in Art. 49 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LV im Grundrechtsteil der Landesverfassung verortet ist, so handelt es sich doch nicht um ein Grundrecht, sondern um eine institutionelle Gewährleistung (VerfGH RP, Urteile vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [80] und vom 17. Dezember 1969 – VGH 10/69 –, DVBl. 1970, 783; vgl. auch Stamm, in: Brocker/Droege/Jutzi Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 49 Rn. 4; Schröder, in: Grimm/Caesar, Verfassung für Rheinland-Pfalz, Art. 49 Rn. 5), die vor allem allein Gemeinden und Gemeindeverbände geltend machen können, nicht aber in Prozessstandschaft der einzelne Bürger (vgl. entspr. Hellermann, in: Epping/Hillgruber, GG, 2. Aufl. 2014, Art. 28 Rn. 37).
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Im Übrigen erschöpft sich das Vorbringen des Beschwerdeführers in pauschalen Einwänden und Vorwürfen und ist in hohem Maße unübersichtlich. Es ist allerdings nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, den Streitstoff für die Begründung einer Grundrechtsverletzung selbst zusammen zu tragen.
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b) Die Verfassungsbeschwerden sind darüber hinaus auch deshalb unzulässig, weil der Beschwerdeführer den Rechtsweg entgegen § 44 Abs. 3 Satz 1 VerfGHG nicht erschöpft hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 21. Mai 2014 – VGH B 40/14 – Bezug genommen.
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c) Die Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren VGH B 58/14 ist außerdem verfristet (§ 46 Abs. 1 VerfGHG).
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2. Die Entscheidung über die Festsetzung der Missbrauchsgebühr beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG. Hiernach kann der Verfassungsgerichtshof für den Fall der Unzulässigkeit oder offensichtlichen Unbegründetheit der Verfassungsbeschwerde dem Beschwerdeführer eine Gebühr bis zu 500,00 EUR auferlegen; stellt die Einlegung einen Missbrauch dar, so kann die Gebühr bis auf 2.500,00 EUR erhöht werden.
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Eine missbräuchliche Inanspruchnahme liegt in der Regel vor, wenn die Verfassungsbeschwerde – wie vorliegend – offensichtlich unzulässig ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (VerfGH RP, Beschluss vom 29. Mai 2012 – VGH B 7/12 –), etwa bei einer völlig substanzlosen Verfassungsbeschwerde oder wenn es sich um eine lediglich in ein neues Gewand gekleidete Wiederholung einer bereits abgelehnten Verfassungsbeschwerde handelt (vgl. entspr. BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. April 2012 – 2 BvR 24/11 –, juris m.w.N.).
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So verhält es sich hier. Der Beschwerdeführer wendet sich trotz eindeutigen richterlichen Hinweises (vgl. Bl. 9 d. GA) mit seinen Verfassungsbeschwerden erneut gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 3. April 2014 – 1 C 10586/13.OVG – sowie gegen den ihn darüber hinaus selbst nicht betreffenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. April 2014 – 1 C 10676/13.OVG – in einem Parallelverfahren. Die jetzigen Begründungsausführungen lassen keine substantiellen Unterschiede zu jener Verfassungsbeschwerde (VGH B 40/14) erkennen, mit der der Beschwerdeführer schon einmal gegen den angegriffenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vorgegangen ist, obwohl die Verfahren hinsichtlich Vorgeschichte und der vorgebrachten Rügen, insbesondere die „Willkürliche Begünstigung oder Benachteiligung von Einzelpersonen oder Personengruppen“ bei der „Privilegierung der Windkraft“ im Wesentlichen identisch sind. Der Verfassungsgerichtshof muss es allerdings nicht hinnehmen, an der Erfüllung seiner Aufgaben durch für jedermann erkennbar substanzlose Verfassungsbeschwerden gehindert zu werden, wodurch anderen Bürgern der ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur verzögert gewährt werden kann (vgl. entspr. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Mai 2010 – 1 BvR 690/10 u.a. –, juris). Erschwerend kommt hinzu, dass die schlicht erneut eingelegten Verfassungsbeschwerden dem Beschwerdeführer im Wesentlichen als formaler Vorwand zur Kommentierung des rechtskräftigen Beschlusses des Verfassungsgerichtshofs vom 21. Mai 2014 (VGH B 40/14) dienen und damit die Rechtskraft dieses Beschlusses und die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde in eklatanter Weise missachten (vgl. entspr. BbgVerfG, Beschluss vom 29. August 2014 – VfGBbg 67/13 –, BeckRS 2014, 56407).
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Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr in Höhe von 1.200,00 EUR (600,00 EUR je Verfassungsbeschwerde) angemessen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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Referenzen
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- VwGO § 47 1x
- § 44 Abs. 3 Satz 1 VerfGHG 1x (nicht zugeordnet)
- § 46 Abs. 1 VerfGHG 1x (nicht zugeordnet)
- § 21 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 481/01 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 24/11 1x (nicht zugeordnet)
- 1 C 10586/13 1x (nicht zugeordnet)
- 1 C 10676/13 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 690/10 1x (nicht zugeordnet)