Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 26 L 2226/20
Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Klage VG Düsseldorf 26 K 6594/20 gegen die Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters der Stadt Düsseldorf vom 3. November 2020 -07-32/1 Corona 11- wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 4. November 2020 bei Gericht anhängig gemachte sinngemäße Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung der Klage VG Düsseldorf 26 K 6594/20 gegen die Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters der Stadt Düsseldorf vom 3. November 2020 -07-32/1 Corona 11- anzuordnen,
4ist zulässig und auch begründet.
5Der Klage des Antragstellers gegen die Allgemeinverfügung zum Schutz der Bevölkerung vor Infektionen mit dem Virus SARS-CoV-2 (sog. >>Corona-Virus<<) des Oberbürgermeisters der Stadt Düsseldorf vom 3. November 2020 war entgegen der gesetzlichen Grundentscheidung in §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 8 InfG, 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO aufschiebende Wirkung zu geben, da die vorzunehmende Interessenabwägung einen Vorrang des Aufschubinteresses des Antragstellers ergibt. Denn die in der Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters der Stadt Düsseldorf getroffene Regelung über die Pflicht zur Tragung einer Alltagsmaske genügt in mehrfacher Hinsicht nicht den Anforderungen, die an die Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes –um einen solchen handelt es sich bei einer Allgemeinverfügung, § 35 S. 2 VwVfG NRW- zu stellen sind.
6Gem. § 37 Abs. 1 VwVfG NRW muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. – Dies ist nur dann der Fall, wenn die getroffene Regelung –ggf. im Zusammenhang mit der Begründung- für den oder die Adressaten vollständig, klar und unzweideutig ist, mithin das abverlangte Verhalten so eindeutig beschrieben ist, dass ein Adressat in der Lage ist zu erkennen, was von ihm genau gefordert wird. Dieses Erfordernis gewinnt an zusätzlichem Gewicht, wenn ein Verstoß gegen die getroffene Anordnung –wie hier- als Ordnungswidrigkeit geahndet und mit einem Bußgeld in erheblicher Höhe geahndet werden kann. - Maßgeblich für die Feststellung, ob eine Regelung diesen Anforderungen genügt, sind letztlich die Umstände des Einzelfalls.
7Vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Auflage 2020, § 37 Rdn. 5, 6, 12 m.w.N..
8Vorliegend ist die getroffene Anordnung in mehrfacher Hinsicht unbestimmt.
9Zweifelhaft ist die Bestimmtheit bereits betreffend die Beschreibung des räumlichen Geltungsbereichs der Verpflichtung zur Tragung einer Alltagsmaske, soweit diese für „im Zusammenhang bebaute Ortsteile“ gelten soll. Mit dieser Formulierung greift die Behörde einen Begriff aus dem Baugesetzbuch (§ 34) auf, der vorliegend zwar für einen Adressaten der Allgemeinverfügung, der sich in der Düsseldorfer Innenstadt oder in dicht bebauten anderen Ortsteilen aufhält, eindeutig sein mag; für größere Baulücken innerhalb Düsseldorfs oder Stadtrandbereiche ist dies aber schon nicht mehr der Fall. Dies zeigen nicht zuletzt auch zahlreiche baurechtliche Verfahren, in denen es um die Frage geht, ob ein Bauvorhaben (noch) in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil verwirklicht werden soll oder ob dies (schon) im sog. Außenbereich liegt. - Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, da die Allgemeinverfügung jedenfalls deshalb unbestimmt ist, weil ein Adressat anhand der dort niedergelegten Vorgaben nicht in der Lage ist zu entscheiden, ob er nun der Maskenpflicht unterliegt oder nicht. Denn alle dort genannten Begriffe –Tageszeit, räumliche Situation, Passantenfrequenz- sind unbestimmt und ohne erläuternde weitere Angaben ist ihr Vorliegen für einen Adressaten auch nicht bestimmbar, zumal sie auch noch kumulativ vorliegen müssen, um von der Maskenpflicht befreit zu sein. Eine Bestimmtheit oder zumindest Bestimmbarkeit der Anforderungen an das Bestehen bzw. Nichtbestehen einer Maskenpflicht ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der unter Punkt 2. der Allgemeinverfügung erfolgten „Klarstellung“ durch Aufzählung von Bereichen, in denen eine Maskenpflicht nicht bestehen soll. Denn diese Aufzählung dient ausweislich der Begründung zu dieser Ziffer dazu, Bürgerinnen und Bürgern die Identifizierung innenstadtnaher Bereiche ohne Maskenpflicht zu erleichtern. Diese Formulierung macht aus sich heraus schon deutlich, dass letztlich nicht durch die Allgemeinverfügung selbst die Verpflichtung zum Tragen einer Maske geregelt wird, sondern vielmehr die Adressaten anhand von unbestimmten Vorgaben –Tageszeit (welche?), räumliche Situation (welche?), Passantenfrequenz (welche?)- selbst über das Vorliegen einer Situation entscheiden müssen, in der es „objektiv ausgeschlossen ist, dass es zu Begegnungen mit anderen Personen kommen kann“.
10Lediglich angemerkt sei, dass es auch nicht ersichtlich ist, aufgrund welcher Erkenntnis in der Allgemeinverfügung festgelegt ist, dass ein Abstand von fünf Metern nicht unterschritten werden darf. Nach der auf Hinweisen des RKI beruhende Regelung in der aktuellen Coronaschutzverordnung vom 30. Oktober 2020 –dort § 2 Abs. 1- ist jedenfalls ein Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten.
11Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
12Die Streitwertfestsetzung ist nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG erfolgt.
13Rechtsmittelbelehrung:
14(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
15Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden.
16Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
17Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
18Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
19Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
20(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
21Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
22Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
23Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
24Die Beschwerdeschrift soll möglichst 3-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
25War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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Referenzen
- 26 K 6594/20 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 67 1x
- VwVfG § 35 Begriff des Verwaltungsaktes 1x
- VwGO § 80 1x
- VwVfG § 37 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes; Rechtsbehelfsbelehrung 1x
- §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 8 InfG, 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO 2x (nicht zugeordnet)