Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 15 Nc 13/22
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
beschlossen:
2Der Antrag wird abgelehnt.
3Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
4Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
5Gründe:
6Das vorläufige Rechtsschutzgesuch hat keinen Erfolg.
7Unbeschadet etwaiger Bedenken gegen seine Zulässigkeit ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung jedenfalls unbegründet.
8Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier jedenfalls schon mangels eines glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs nicht erfüllt (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO).
9A. Hinsichtlich eines außerkapazitären Studienplatzes ist der geltend gemachte Anspruch auf vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 2. Fachsemester, der auf Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Sozialstaatsprinzip beruht, nicht gegeben; die für den Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) bestehende Ausbildungskapazität ist erschöpft.
10Die Wissenschaftsverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen hat die Zahl der Studienplätze für das 2. Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin an der Antragsgegnerin im Sommersemester 2022 – auf der Grundlage der von der Antragsgegnerin für das Studienjahr 2021/2022 durchgeführten Kapazitätsberechnung – durch die Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen in höheren Fachsemestern an den Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen zum Studienjahr 2021/2022 vom 9. August 2021 (GV. NRW. S. 991), geändert durch Verordnung vom 22. Januar 2022 (GV. NRW. S. 52), auf 400 festgesetzt.
11Auf der Basis der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen ergibt sich zwar tatsächlich eine höhere Aufnahmekapazität für das 2. Fachsemester; die vorhandenen Studienplätze sind jedoch sämtlich belegt.
12Der Kapazitätsberechnung für das Studienjahr 2021/2022 für den Studiengang Humanmedizin, dessen Plätze in einem zentralen Vergabeverfahren vergeben werden, hat die Antragsgegnerin gemäß § 12 der Verordnung zur Ermittlung der Aufnahmekapazität an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen für Studiengänge außerhalb des zentralen Vergabeverfahrens (Kapazitätsverordnung NRW 2017) vom 8. Mai 2017 (GV. NRW. S. 591), geändert durch Verordnung vom 15. April 2021 (GV. NRW. S. 440) weiterhin die Vorschriften der zuletzt durch die Verordnung vom 18. August 2021 (GV. NRW. S. 1036) maßgeblich geänderten Fassung der Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen (KapVO) vom 25. August 1994 (GV. NRW. S. 732) zu Grunde gelegt und damit auch die nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 KapVO gemäß den Kapazitätserlassen der Wissenschaftsverwaltung vom 11. Februar 2021 und vom 22. Juni 2021 zum Berechnungsstichtag 1. März 2021 erhobenen und zum 15. September 2021 überprüften Daten.
13Dies begegnet keinen Bedenken. Zwar wird das Medizinstudium an der Antragsgegnerin für Studierende, die sich seit dem Wintersemester 2013/2014 für den Studiengang Humanmedizin mit dem Abschluss Staatsexamen für das 1. Fachsemester eingeschrieben haben bzw. einschreiben, nicht mehr als Regelstudiengang mit der klassischen Aufteilung in vorklinischen und klinischen Studienabschnitt, sondern als Modellstudiengang durchgeführt (§§ 1 ff., 40 der Studien- und Prüfungsordnung für den Modellstudiengang Medizin an der Antragsgegnerin vom 7. Oktober 2013, Amtl. Bekanntmachungen Nr. 24/2013 vom 21. Oktober 2013, in der Fassung der Zweiten Ordnung zur Änderung der Studien- und Prüfungsordnung vom 27. September 2019, Amtl. Bekanntmachungen Nr. 36/2019 vom 27. September 2019, verfügbar auf www.hhu.de). Die Ausbildung im Modellstudiengang unterscheidet sich in Struktur, Ausbildungsinhalten, Ausbildungsformen (Veranstaltungsarten) und Dauer grundlegend vom Regelstudiengang (§ 41 der Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 (BGBl. I S. 2405), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 22. September 2021 (BGBl. I S. 4335), nachfolgend: ÄApprO).
14Gemäß §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 21 KapVO, Art. 6 Abs. 2 Satz 2 des Staatsvertrages über die Hochschulzulassung vom 4. April 2019 (GV. NRW. S. 830), § 41 ÄApprO darf bei der Erprobung eines neuen Studiengangs die Ausbildungskapazität losgelöst von den Regelungen des Zweiten Abschnitts der Kapazitätsverordnung festgesetzt werden. Das danach bestehende Ermessen muss die Wissenschaftsverwaltung unter Berücksichtigung der Grundrechte der Hochschule und der Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 GG, der Grundrechte der Studienbewerber aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und der eingeschriebenen Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie des öffentlichen Interesses an der Reform der ärztlichen Ausbildung ausüben. Hiervon ausgehend ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn in der Umstellungs- und Erprobungsphase des Modellstudiengangs die Kapazität nach dem früheren Regelstudiengang berechnet wird, um dem Orientierungs- und Neuordnungsprozess Zeit zu geben. Etwas anderes müsste nur dann gelten, wenn diese Art der Kapazitätsberechnung die wahre Ausbildungskapazität erkennbar verfehlte. Dafür fehlen aber jegliche Anhaltspunkte; im Gegenteil gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die fiktive Berechnung kapazitätsfreundlich ist.
15Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 12. September 2014 – 13 B 776/14 –, juris, Rdnr. 5, und Beschlüsse vom 31. März 2004 – 13 C 20/04 – und vom 28. Mai 2004 – 13 C 20/04 –, jeweils juris.
16Der Modellstudiengang an der Antragsgegnerin befindet sich nach wie vor in der Erprobungsphase (vgl. §§ 4, 5 Abs. 1 der Studienordnung für den Modellstudiengang Humanmedizin). Er ist mit Verfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 6. Juli 2017 – der Kammer vorgelegt im Verfahren 15 Nc 73/18 – unter der Bedingung laufender wie auch abschließender Evaluation bis zum 30. September 2023 verlängert worden. Eine verfassungswidrige Untätigkeit des nordrhein-westfälischen Verordnungsgebers ist damit aktuell nicht gegeben. Im Übrigen wäre auch in diesem Falle die Kapazität unter Rückgriff auf die vorhandenen, sachlich am nächsten liegenden Berechnungsvorgaben für den Regelstudiengang zu bestimmen.
17VerfGH des Landes Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. September 2020 – 36.20VB-2 u.a. –, juris, Rdnr. 24 ff., 30 ff.
18Nach den Vorschriften der KapVO ist die Ausbildungskapazität der Lehreinheit durch eine Gegenüberstellung von Lehrangebot (I.) und Lehrnachfrage (II.) festzustellen sowie die abschließende Überprüfung des Berechnungsergebnisses nach den Bestimmungen des 3. Abschnitts der Kapazitätsverordnung (III.) vorzunehmen.
19I. Lehrangebot
20Das in Deputatstunden (DS) gemessene (unbereinigte) Lehrangebot einer Lehreinheit ist gemäß §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 9 KapVO anhand der für die ihr zugeordneten Stellen des wissenschaftlichen und künstlerischen Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen jeweils geltenden Regellehrverpflichtungen zu ermitteln.
21Die Kapazitätsverordnung ist damit auf der Lehrangebotsseite geprägt vom sog. Stellenprinzip. Es besagt, dass bei der Ermittlung des Lehrangebots nicht von der tatsächlichen Zahl der Lehrpersonen und ihren jeweiligen individuellen Lehrverpflichtungen auszugehen ist, sondern von der Zahl der Personalstellen und der auf diese Stellen entfallenden (im Einzelfall möglicherweise zu vermindernden) Regellehrverpflichtungen.
22Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1984 – 1 BvR 580/83 u.a. –, juris, Rdnr. 73, und Beschluss vom 3. Juni 1980 – 1 BvR 967/78 –, juris, Rdnr. 48 ff; BVerwG, Urteile vom 20. April 1990 – 7 C 51.87 –, juris, Rdnr. 13, und - 7 C 74.87 -, juris, Rdnr. 5, und Beschluss vom 20. Januar 1988 – 7 B 47.87 –, juris, Rdnr. 3.
23Das bei der Lehrangebotsberechnung prinzipiell anzuwendende (abstrakte) Stellenprinzip gilt indes nicht ausnahmslos. Es ist etwa dann zu durchbrechen, wenn eine Lehrpersonalstelle, die nach ihrer Gruppenzugehörigkeit mit einer bestimmten (niedrigeren) Regellehrverpflichtung versehen ist, "dauerhaft" mit einer Lehrperson besetzt ist, für die individuell eine höhere Lehrverpflichtung gilt, weil die Stelle durch eine solche Besetzung faktisch einer Stellengruppe zugeordnet wird, für die nach ihrem Amts- bzw. Dienstinhalt eine höhere Regellehrverpflichtung gilt. Übersteigt die persönliche Lehrverpflichtung eines Stelleninhabers das der Stellenkategorie entsprechende Lehrdeputat, so ist die kapazitätserhöhende Differenz zwischen dem Regellehrdeputat und der persönlichen Lehrverpflichtung als das der Lehreinheit zusätzlich zur Verfügung stehende Lehrdeputat auszuweisen.
24OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2022 – 13 B 121/22 –, juris, Rdnr. 15 m.w.N.
25Ausgehend von diesen Grundsätzen kann offen bleiben, ob auf der Basis der Annahmen und Berechnungen der Kammer in den Beschlüssen betreffend die Zulassungsstreitigkeiten zum 1. Fachsemester des Wintersemesters 2021/2022 von einem unbereinigten Lehrdeputat von 383 DS auszugehen ist,
26vgl. Beschluss vom 11. Januar 2022 – 15 Nc 62/21 –, nrwe.de = juris,
27oder ob die Aufnahmekapazität für das 1. Fachsemester des vergangenen Wintersemesters gemäß den Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Juni 2022 im nachgehenden Beschwerdeverfahren,
28– 13 B 121/22 u.a. – und – 13 B 98/22 u.a. –, nrwe.de = juris,
29wegen der Annahme eines zusätzlich aufgrund faktischer Stellenumwandlung zur Verfügung stehenden Lehrangebots von insgesamt 3,5 DS und mangels Annahme einer Verrechungsmöglichkeit im Zusammenhang mit dem für fünf durch das Dekanat ausgewiesene Stellen „Akademische Räte ohne ständige Lehraufgaben“ angesetzten zusätzlichen Deputat von 20 DS auf der Grundlage eines zur Verfügung stehenden unbereinigten (höheren) Lehrdeputats von 386,5 DS zu berechnen ist.
30Denn auch die auf der Basis eines unbereinigten Lehrdeputats von 386,5 DS errechnete jährliche Aufnahmekapazität ist durch die von der Antragsgegnerin für das 2. Fachsmester vorgenommenen Rückmeldungen im Sommersemester 2022 erschöpft.
31Das unbereinigte Lehrdeputat ist mangels berücksichtigungsfähiger Lehrauftragsstunden lediglich zu bereinigen um den sich kapazitätsmindernd auswirkenden Dienstleistungsbedarf nicht der Lehreinheit Vorklinik zugeordneter Studiengänge (§ 11 KapVO).
32Den Dienstleistungsbedarf hat die Wissenschaftsverwaltung gemäß der Formel nach Ziff. I. 2. (2) der Anlage 1 zur KapVO, wonach sich der Aufwand für einen nicht zugeordneten Studiengang (Dienstleistung) je Semester aus der Multiplikation der durch zwei geteilten Studienanfängerzahlen (Aq/2) mit dem Caq, d.h. dem im Rahmen der Quantifizierung eines Studiengangs abgestimmten Curricularanteil der betreffenden Fremdlehreinheit ergibt, wie folgt berechnet:
33Bezeichnung des nicht zugeordneten Studiengangs |
Caq |
Aq/2 |
Caq x Aq/2 |
Medizinische Physik (BA) Lehreinheit Physik |
0,04 |
16,50 |
0,66 |
Pharmazie (Staatsexamen)Lehreinheit Pharmazie |
0,04 |
57,50 |
2,30 |
Zahnmedizin (Staatsexamen)Lehreinheit Zahnmedizin |
0,87 |
23,50 |
20,45 |
Toxikologie (Master) Lehreinheit Klinisch-Theoretische Medizin |
0,07 |
8,50 |
0,60 |
Molekulare Biomedizin (Master)Lehreinheit Klinisch-theoretische Medizin |
0,04 |
20,00 |
0,80 |
Summe |
24,81 |
Rechtliche Bedenken gegen die in die Berechnung der Dienstleistungsexporte für die genannten Studiengänge eingestellten Berechnungsparameter Caq und Aq/2 sind weder dargetan noch nach summarischer Prüfung ersichtlich.
35Vgl. im Einzelnen Beschluss der Kammer vom 11. Januar 2022 – 15 Nc 62/21 –, nrwe.de = juris.
36Damit beträgt das bereinigte Lehrangebot der Lehreinheit Vorklinische Medizin je Semester gemäß Formel 3 der Anlage 1 zur KapVO
37386,5 DS – 24,81 = 361,69 DS.
38II. Lehrnachfrage und Aufnahmekapazität
39Der für die ordnungsgemäße Ausbildung eines Studierenden in dem Studiengang erforderliche und gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KapVO durch den Curricularnormwert (CNW) bestimmte Aufwand aller beteiligten Lehreinheiten ist ebenfalls rechtlich zutreffend in die Kapazitätsberechnung eingeflossen.
40Nach § 13 Satz 2 KapVO sind für den Studiengang Medizin (Vorklinischer Teil) ‑ Abschluss „Staatsexamen“ ‑ bei der Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität allein die in der Anlage 2 zur KapVO aufgeführten Curricularnormwerte (CNW) anzuwenden.
41Für die weitere Berechnung der personellen Aufnahmekapazität ist der CNW des Regelstudiengangs Medizin (Vorklinischer Teil) von 2,42 gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 KapVO auf die am Lehrangebot für den Studiengang beteiligten Lehreinheiten aufzuteilen, wobei der Teil der Lehrnachfrage bzw. des CNW, der auf die Lehreinheit entfällt, welcher der Studiengang zugeordnet ist, als (Curricular-)Eigenanteil (Cap) und der Leistungsanteil anderer Lehreinheiten für den Studiengang als (Curricular-) Fremdanteil (Caq) bezeichnet wird.
42Dies zugrunde gelegt ist der CNW von 2,42 zu mindern um die ihrerseits nach summarischer Prüfung dem Grunde und der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstandenden Curricular(fremd)anteile (Caq) für Dienstleistungsimporte durch die nachfolgend aufgeführten Lehreinheiten,
43Klinisch-theoretische Medizin |
in Höhe von 0,15 Caq |
Klinisch-praktische Medizin |
in Höhe von 0,14 Caq |
Physik |
in Höhe von 0,15 Caq |
Chemie |
in Höhe von 0,15 Caq |
Biologie |
in Höhe von 0,05 Caq |
Zentrale Einrichtungen (KUBUS und USZ) |
in Höhe von 0,01 Caq |
und damit in einer Gesamtsumme um 0,65 Caq.
45Vgl. im Einzelnen Beschluss der Kammer vom 11. Januar 2022 – 15 Nc 62/21 –, nrwe.de = juris; zur Unbedenklichkeit der angesetzten Fremdanteile, die denen des Studienjahres 2013/2014 entsprechen, und zur Unbedenklichkeit der Berechnung des Eigenanteils: Beschlüsse der Kammer vom 9. Dezember 2013 – 15 Nc 31/13 u.a. –, juris, Rdnr. 115.
46Aus dem sich hiernach ergebenden Curriculareigenanteil von 1,77 und dem bereinigten Lehrdeputat von 361,69 DS ergibt sich in Anwendung der in Anlage 1 zur KapVO angeführten Formel 5 eine jährliche Aufnahmekapazität von
47(2 x 361,69 DS) : 1,77 = 408,68927
48bzw. gerundet 409 Studienplätzen.
49III. Überprüfung des Berechnungsergebnisses
50Aufgrund der gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 3 KapVO durchzuführenden Überprüfung des Berechnungsergebnisses erhöht sich gemäß § 16 KapVO (Schwundquote) die Zahl der Studienplätze für das 1. Fachsemester auf 422.
51Der mit 1/0,97 in die Überprüfung eingestellte und von Antragstellerseite nicht substantiiert angegriffene Schwundausgleichsfaktor ist nach Überprüfung auch ohne weitere Sachaufklärung rechtlich nicht zu beanstanden.
52Vgl. im Einzelnen Beschluss der Kammer vom 11. Januar 2022 – 15 Nc 62/21 –, nrwe.de = juris.
53Bei Multiplikation mit dem Schwundausgleichsfaktor von 1/0,97 ergibt sich eine personalbezogene Jahresaufnahmekapazität für Studienanfänger (1.Fachsemester) von
54409 x (1/0,97) = 421,64948 Studienplätzen,
55gerundet 422 Studienplätzen.
56Bei einer dem Schwundausgleichsfaktor von 0,97 entsprechenden durchschnittlichen semesterlichen Verbleibequote von 97,97 % entfallen auf das 2. Fachsemester
57422 x 0,9797 = 413,4334
58gerundet 413 Studienplätze.
59IV. Besetzung
60Ausweislich der dienstlichen Erklärung der Antragsgegnerin vom 13. April 2022 waren am 13. April 2022 allein aufgrund der Rückmeldungen von im Wintersemester 2021/2022 in das 1. Fachsemester eingeschriebenen Studierenden 409 Studienplätze besetzt. Gemäß dem Schriftsatz vom 29. Juli 2022 sind durch Rückmeldung zu diesem Zeitpunkt zudem weitere 4 Studienplätze im 2. Fachsemester, insgesamt also 413 Studienplätze besetzt gewesen.
61Die Belegung dieser vier weiteren Studienplätze durch Rückmeldung im Laufe des hiesigen gerichtlichen Verfahrens ist rechtlich nicht zu beanstanden und damit kapazitätswirksam. Sie beruht auf der in den eingangs zitierten Beschwerdeentscheidungen des OVG NRW ausgesprochenen Verpflichtung der Antragsgegnerin, vier weitere Studienbewerber aus dem Kreis der Beschwerdeführer des Wintersemesters 2021/2022 vorläufig zum Studium der Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2021/2022 im 1. Fachsemester zuzulassen. Dem entsprechend sind nach Durchführung eines Losverfahrens vier Studierende rückwirkend zum Wintersemester 2021/2022 vorläufig eingeschrieben worden. Alle vier Studierenden haben sich zwischenzeitlich für das Sommersemester 2022 zurückgemeldet.
62Keinen Bedenken begegnet auch, dass die Antragsgegnerin die zunächst nur vorläufigen Zulassungen und Einschreibungen der vier erfolgreichen Antragsteller des Wintersemesters nunmehr in endgültige umgewandelt hat. Studienbewerber, die im Sommersemester 2022 ihre Zulassung in ein höheres Fachsemester begehren, werden dadurch nicht in ihren Rechten verletzt. Anhaltspunkte dafür, dass die Umwandlung willkürlich erfolgt ist, bestehen nicht. Angesichts der einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren entsprechenden Begründung der Beschlüsse des OVG NRW vom 24. Juni 2022 ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, in Abwägung von Kosten und Nutzen das Risiko eines Unterliegens in den – durch die sämtlich schon in erster Instanz anwaltlich vertretenen Studienbewerber – zu erwartenden Hauptsacheverfahren nicht einzugehen und damit auf eine endgültige Klärung der Rechtslage im Klageverfahren zu verzichten, als sachlich veranlasst rechtlich zu billigen.
63Auf die Frage, ob eine weitere – wohl verspätet erfolgte – Rückmeldung in das zweite Fachsemester (Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 18. August 2022) kapazitätsdeckende Wirkung hat, kommt es damit nicht an.
64Im Übrigen stünden auch dann keine Studienplätze im 2. Fachsemester für die Vergabe zur Verfügung, wenn man die vier nachträglichen Rückmeldungen als kapazitätsrechtlich unwirksam ansähe. Ausweislich der dienstlichen Erklärung der Antragsgegnerin vom 13. April 2022 waren an diesem Tage im 4. Fachsemester 403 Studierende eingeschrieben. Bei einer jährlichen Aufnahmekapazität von 422 Studierenden im 1. Fachsemester beläuft sich die Kapazität im 4. Fachsemester lediglich auf (422 x 0,9797 x 0,9797 x 0,9797 =) 396,81838, gerundet 397 Studienplätze. In entsprechender Anwendung von § 34 Abs. 3 der Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen in Nordrhein-Westfalen (VergabeVO NRW) vom 13. November 2020 (GV. NRW. S. 1060), zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. Mai 2022 (GV. NRW. S. 739), verringert sich die Zulassungszahl für das 2. Fachsemester damit um (403 – 397 =) 6 auf (413 – 6 =) 407 Studienplätze. Diese 407 Studienplätze waren bereits am 13. April 2022 durch reguläre Rückmelder belegt. Eine Belegung sämtlicher im 2. Fachsemester vorhandener Studienplätze ergibt sich auch in dem Fall, dass die – mit Schriftsatz vom 18. August 2022 mitgeteilte – im Laufe des Semesters erfolgte Beurlaubung eines/r Studierenden zu berücksichtigen wäre. Denn auch eine um (402 – 397 =) 5 verringerte Zahl an Studienplätzen im 2. Fachsemester (413 – 5 = 408) ist seit dem 13. April 2022 durchgehend belegt.
65B. Soweit hilfsweise die Zulassung zum Studium innerhalb der festgesetzten Ausbildungskapazität begehrt wird, folgt aus den genannten Belegungszahlen, dass auch dort keine unbesetzten Studienplätze für die gerichtliche Vergabe vorhanden sind. Da sämtliche 413 Studienplätze durch Rückmeldung vergeben worden sind, stehen Studienplätze für die innerkapazitäre Zulassung von neu durch die Antragsgegnerin aufzunehmenden Bewerbern nicht zur Verfügung. Denn nach § 34 Abs. 2 VergabeVO wird die Zahl der an einer Hochschule in ein höheres Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber (Zulassungszahl) auf den Unterschied zwischen der festgesetzten Zahl von Studienplätzen (Auffüllgrenze) und der Zahl der Studierenden, die sich innerhalb einer von der Hochschule zu bestimmenden Frist zur Fortsetzung ihres Studiums zurückgemeldet haben (Rückmeldungen), festgesetzt. Unerheblich ist, dass die Festsetzung der Studienplatzzahl im 2. Fachsemester für das Sommersemester 2022 (400) durch die Anlage 6 zur Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienplätzen in höheren Fachsemestern an den Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen zum Studienjahr 2021/2022 vom 9. August 2021 i.d.F. vom 22. Januar 2022 bislang nicht geändert und an die tatsächliche Kapazität an Studienplätzen (413) angepasst worden ist. Denn der Entscheidung in Kapazitätsstreitigkeiten sind wegen des Verordnungscharakters der insoweit anzuwendenden Bestimmungen die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden und nicht die normativ festgelegten Zulassungszahlen zu Grunde zu legen. Das Fehlen einer den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden verordnungsrechtlichen Festsetzung allein begründet demnach keinen inner- oder außerkapazitären Zulassungsanspruch von Studienbewerbern.
66C. Die – weiter hilfsweise beantragte – Zulassung in ein niedrigeres, mithin das 1. Fachsemesters scheidet schon deshalb aus, weil angesichts des Jahreszulassungsbetriebs der Antragsgegnerin zum Sommersemester keine Studienplätze im 1. Fachsemester vergeben werden.
67D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und berücksichtigt die Streitwertpraxis des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, nach der auch in vorläufigen Rechtsschutzverfahren betreffend die Zulassung zum Studium, deren Ziel sich selbst bei einer (nur) angestrebten Beteiligung an einem Losverfahren weitestgehend auf die Vorwegnahme der Hauptsache richtet, der für das Hauptsacheverfahren maßgebliche Streitwertbetrag von 5.000,00 Euro anzusetzen ist.
68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2017 – 13 C 14/17 –, juris, Rdnr. 33, und Beschluss vom 13. November 2019 – 13 E 951/19.
69Rechtsmittelbelehrung:
70(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
71Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
72Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
73Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
74Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
75Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
76(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
77Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
78Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
79Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
80Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
81War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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