Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 6 K 4721/21
Tenor
Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 8. Juni 2021 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz (Sprungrevision) wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger, dem am 00.00.2018 eine Fahrerlaubnis erteilt wurde, wendet sich gegen die mit einer Zwangsgeldandrohung von 5.000,- Euro verbundene Anordnung, als Führer von Personenkraftwagen in X. sog. „Posing“ mit Kraftfahrzeugen (§ 30 Abs. 1 StVO) zu unterlassen.
3Nach dem vom EPHK W. erstatteten „Allgemeinen Bericht über Poserverhalten“ vom 29. Mai 2021 seien an diesem Tag gegen 19.10 Uhr der Kläger sowie Herr G. T. C. in X. jeweils mit hoher Geräuschentwicklung auf der I. -I1. -Allee von der U. -L. -Straße in Fahrtrichtung S. Straße gefahren. Auf Höhe der M. -A. -Straße hätten sie an einer roten Ampel angehalten. Das Fahrzeug des Klägers habe sich vor dem des Herrn C. befunden. Als die Ampel auf Grünlicht umgeschaltet habe, seien sie mit heulenden Motoren losgefahren. Beide seien deutlich schneller als der ordnungsgemäß fahrende Fahrzeugverkehr gefahren. Während des Vorgangs sei der unterzeichnende Polizeibeamte mit seinem Dienstmotorrad hinter Herrn C. gefahren. Es habe aufgrund der Temperaturen und der Öffnung der Außengastronomie ein sehr starkes Fußgängeraufkommen geherrscht. Das Verhalten der Fahrzeugführer habe den Eindruck erweckt, dass sie sich mit ihrer Fahrweise die Aufmerksamkeit der Fußgänger erhofft hätten. Gegen den Kläger sei eine Ordnungswidrigkeitenanzeige gefertigt worden. Ein entsprechender Bußgeldbescheid findet sich in der Verwaltungsakte nicht.
4Mit Anhörungsschreiben vom 31. Mai 2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtige, ihm das Verursachen unnötigen Lärms zu untersagen und für jede Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- Euro anzudrohen, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 4. Juni 2021.
5Mit Ordnungsverfügung vom 8. Juni 2021 erließ die Beklagte gegen den Kläger die Anordnung, ab sofort und auch nach etwaiger Erteilung einer Fahrerlaubnis bei dem Benutzen öffentlicher Straßen im Stadtgebiet von X. als Führer von Personenkraftfahrzeugen das Verursachen unnötigen Lärms zu unterlassen, verursacht zum Beispiel durch unsachgemäße Benutzung des Fahrzeugs, Nichtbeachtung technischer Ausführungsvorschriften, Hochjagen des Motors im Leerlauf und beim Fahren in niedrigen Gängen (insbesondere Gasstoß), unnötig schnelles Beschleunigen des Fahrzeugs, namentlich beim Anfahren (Ziffer 1). Daneben ordnete sie die sofortige Vollziehung der Verfügung an (Ziffer 2) und befristete die Verfügung bis zum 30. Juni 2024 (Ziffer 3). Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 der Verfügung drohte sie dem Kläger ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- Euro an (Ziffer 4). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass sie sich Belastungen durch Fahrzeugführer ausgesetzt sehe, die in hochmotorisierten Fahrzeugen um Aufmerksamkeit heischten („Posen“). Die daraus resultierenden Gefahren hätten sich in einem Unfall sowie in erheblichen Störungen durch Lärmbelästigungen manifestiert. Rechtsgrundlage für die Ordnungsverfügung sei § 14 OBG NRW in Verbindung mit § 30 StVO. Das Verhalten des Klägers am 29. Mai 2021 sei eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Nach den Gesamtumständen des Vorgangs sei anzunehmen, dass eine bewusste Missachtung der Straßenverkehrsregeln vorliege und es dem Kläger um verkehrsfremde Zwecke wie das Heischen um Aufmerksamkeit, das Abhalten spontaner Fahrzeugrennen, das Ausprobieren der technischen Möglichkeiten des Fahrzeugs oder das ungehemmte und rücksichtslose Ausleben von Aggressionen gegangen sei. Im Rahmen ihres Ermessens habe sie sich zu der Anordnung entschlossen, um den Kläger in besonderem Maße zur Beachtung der beschriebenen Vorschriften anzuhalten. Es werde eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Verwaltungsvollstreckung geschaffen. Die Erforderlichkeit entfalle nicht durch das gesetzliche Verbot des § 30 Abs. 1 StVO. Die Befristung gebe einerseits dem Kläger die Gelegenheit, sein Verhalten den Normanforderungen anzupassen, und biete andererseits den anderen Verkehrsteilnehmern und der Bevölkerung für eine hinreichende Dauer den zusätzlichen Schutz einer unmittelbaren Vollstreckungsmöglichkeit. Das angedrohte Zwangsgeld solle den Kläger nachhaltig dazu anhalten, der Anordnung Folge zu leisten. Die bestehenden straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionen reichten nicht aus, um ihn zu einem angemessenen Verkehrsverhalten zu bewegen. Bei der Bemessung sei berücksichtigt worden, dass die bestehende Strafandrohung insbesondere eines Bußgelds von bis zu 2.000,- Euro ersichtlich nicht ausgereicht habe, um den Kläger zu einem entsprechenden Verhalten zu motivieren. Die Ordnungsverfügung wurde dem Kläger am 9. Juni 2021 zugestellt.
6Der Kläger hat am 6. Juli 2021 Klage erhoben, die er im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Voraussetzungen des § 14 OBG NRW seien nicht gegeben. Es fehle an einer hinreichend gesicherten Gefahrenprognose. Die Beklagte habe keine Vorfälle aus der jüngeren Vergangenheit benannt, die eine Schadensnähe erkennen ließen. Der pauschale Verweis auf einen Unfall reiche nicht aus. Auch der Verweis auf die Störungen der Anwohner vermöge eine Gefahr nicht zu begründen. Das Fahrzeug des Klägers sei vom U1. O. überprüft und ordnungsgemäß zugelassen worden. Der erzeugte Lärm sei auf Motorengröße und Isolierung des Fahrzeugs zurückzuführen. Darüber hinaus fehle es an hinreichenden Feststellungen zu dem Vorfall aus Mai 2021.
7Der Kläger beantragt,
8die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 8. Juni 2021 aufzuheben.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Gründe der angefochtenen Ordnungsverfügung.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14Die Klage hat Erfolg. Die zulässige Klage ist begründet.
15Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 8. Juni 2021 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
16I. Die in Ziffer 1 der Ordnungsverfügung enthaltene Anordnung, beim Benutzen öffentlicher Straßen in X. als Führer von Personenkraftwagen das durch eine nicht abschließende Aufzählung („zum Beispiel“) näher konkretisierte Verursachen unnötigen Lärms zu unterlassen, ist rechtswidrig. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu beurteilen,
17vgl. BVerwG, Urteile vom 19. September 2013 – 3 C 15.12, BVerwGE 148, 28 Rn. 9, und vom 4. Dezember 2020 – 3 C 5.20, BVerwGE 171, 1 Rn. 11.
18Entgegen der Auffassung der Beklagten findet Ziffer 1 der Ordnungsverfügung ihre Rechtsgrundlage nicht in der ordnungsbehördlichen Generalermächtigung des § 14 Abs. 1 OBG NRW. Das bundesrechtliche Regelungssystem zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche (Verkehrs-)Sicherheit, die von einem Fahrerlaubnisinhaber als Führer eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr ausgehen, der wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstößt, ist abschließend. Zur Abwehr solcher Gefahren kann nicht auf das Landesordnungsrecht zurückgegriffen werden (1.). Die Untersagung von „Imponiergehabe“ mit Personenkraftwagen auf öffentlichen Straßen unter Verstoß gegen § 30 Abs. 1 StVO (Ziffer 1 der Ordnungsverfügung) kann dementsprechend nicht auf § 14 Abs. 1 OBG NRW gestützt werden (2.). Einer Würdigung der konkreten Anwendung der Generalklausel bedarf es daher nicht (3.).
191. Nach § 14 Abs. 1 OBG NRW können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Verstößt ein Fahrerlaubnisinhaber beim Führen eines Kraftfahrzeugs auf einer öffentlichen Straße gegen eine straßenverkehrsrechtliche Vorschrift oder ein verkehrsregelndes Verkehrszeichen, verletzt er die geschriebene Rechtsordnung. Damit gefährdet er die öffentliche Sicherheit im ordnungs- bzw. gefahrenabwehrrechtlichen Sinne. Dies gilt umso mehr, soweit der jeweilige Verstoß – wie das Verursachen unnötigen Lärms nach § 24 Abs. 1 StVG, § 30 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 Nr. 25 StVO – zugleich bußgeldbewehrt ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 OBG NRW, auf den sich die Straßenverkehrsbehörde als Sonderordnungsbehörde (§ 12 OBG NRW i.V.m. § 5 der Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Straßenverkehr und Güterbeförderung, in Kraft getreten am 9. Juli 2016 (GV. NRW. S. 527)) grundsätzlich stützen kann, sind damit nach ihrem Wortlaut erfüllt,
20vgl. so in Bezug auf das „Posing“ und die jeweilige landesordnungsrechtliche Generalklausel VG Hannover, Urteil vom 12. Juli 2021 – 5 A 6628/20, juris Rn. 44 f.; VG Karlsruhe, Urteil vom 17. Dezember 2018 – 1 K 4344/17, juris Rn. 68 ff.; ebenso Lohmeyer, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl. 2022, § 30 Rn. 63; Vahle, DVP 2020, 435 (437).
21Allerdings findet § 14 Abs. 1 OBG NRW von vornherein keine Anwendung auf die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, die dadurch entstehen, dass am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmende Fahrerlaubnisinhaber wiederholt gegen Verkehrsvorschriften verstoßen. Das bundesrechtliche Straßenverkehrsrecht (a) als besonderes Gefahrenabwehrrecht,
22vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2015 – 3 C 15.14, BVerwGE 153, 140 Rn. 15; Gerster, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Rn. 454; Schlanstein, NZV 2015, 105 f.,
23regelt die Abwehr solcher Gefahren abschließend und steht einer ergänzenden Anwendung des allgemeinen Landesordnungsrechts im Wege (b). Dies entspricht der allgemeinen Regelungstechnik des Gefahrenabwehrrechts durch präventive Verbote mit Erlaubnisvorbehalt (c). Die Anwendung des § 14 Abs. 1 OBG NRW ist für Verkehrszuwiderhandlungen von Fahrerlaubnisinhabern als Führer von Kraftfahrzeugen damit gesperrt (d). Die Sperrwirkung entfällt nur, soweit die Gefahr nicht in einem befürchteten künftigen Verkehrsverstoß eines Fahrerlaubnisinhabers besteht, sondern eine andersartige Gefahr vorliegt (e).
24a) aa) Der Bundesgesetzgeber hat im Rahmen der von ihm ausgeübten (konkurrierenden) Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG das potenziell gefährliche Führen von Kraftfahrzeugen in § 2 Abs. 1 Satz 1 StVG unter ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gestellt.
25Vgl. VG Minden, Beschluss vom 23. Dezember 2011 – 9 L 602/11, juris Rn. 21; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 2 StVG Rn. 21.
26Danach bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde), wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt. Die Fahrerlaubnis wird gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG nur erteilt, wenn der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Dabei ist nach dem Umkehrschluss aus § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG (unter anderem) zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, wer erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen hat. Ihm darf keine Fahrerlaubnis erteilt werden.
27Wie die Gefahr für die öffentliche (Verkehrs-)Sicherheit abzuwehren ist, die von einem Fahrerlaubnisinhaber ausgeht, der nach der Fahrerlaubniserteilung erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstößt, ist ebenfalls bundesrechtlich geregelt. § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG stuft ihn als fahrungeeignet ein, so dass ihm gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG die Fahrerlaubnis behördlich zu entziehen ist. Die §§ 2 und 3 StVG stellen jedoch nur allgemeine Grundsätze für den Umgang mit wiederholten Verkehrsverstößen eines Fahrerlaubnisbewerbers oder -inhabers auf. Im Einzelnen regelt hingegen § 4 StVG, wie präventiv mit Gefährdungen durch wiederholte Verkehrsverstöße von Fahrerlaubnisinhabern (Fahranfänger: § 2a StVG) umzugehen ist.
28Vgl. zum präventiven Charakter von § 4 StVG: BT-Drucks. 13/6914 S. 49, 17/12636 S. 38; VGH BW, Beschluss vom 19. Oktober 2015 – 10 S 1689/15, NJW 2016, 1259 Rn. 15.
29Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 4 Abs. 1 Satz 1 StVG. Danach hat die nach Landesrecht zuständige Behörde zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, die in § 4 Abs. 5 StVG genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen.
30Das Fahreignungs-Bewertungssystem wird dabei durch eine Rechtsverordnung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b StVG (siehe § 40 i.V.m. Anlage 13 zur FeV) näher ausgestaltet, die zahlreiche, genau bestimmte Verkehrsverstöße (Straftaten und Ordnungswidrigkeiten) mit einem bis drei Punkten bewertet (vgl. auch § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 StVG). Wird ein Fahrerlaubnisinhaber wegen eines in der Verordnung aufgeführten Verkehrsverstoßes verurteilt oder ergeht ein Bußgeldbescheid gegen ihn, werden die der Zuwiderhandlung zugeordneten Punkte in das Fahreignungsregister (§§ 28 ff. StVG) eingetragen, das zentral vom Kraftfahrt-Bundesamt geführt wird. Um der Gefahr weiterer, also wiederholter Verstöße gegen Verkehrsvorschriften durch den Fahrerlaubnisinhaber zu begegnen, sieht § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG drei gestufte Maßnahmen vor: die schriftliche Ermahnung beim Erreichen von vier oder fünf Punkten (Nr. 1), die schriftliche Verwarnung beim Erreichen von sechs oder sieben Punkten (Nr. 2) und die Entziehung der Fahrerlaubnis beim Erreichen von acht oder mehr Punkten (Nr. 3).
31Dieses Fahreignungs-Bewertungssystem ist für das präventive Vorgehen gegen Wiederholungstäter unter den Fahrerlaubnisinhabern im Grundsatz abschließend. Das folgt systematisch aus § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG. Die Norm erlaubt lediglich im Ausnahmefall, das Fahreignungs-Bewertungssystem nicht anzuwenden. Zwar sieht sie ausdrücklich vor, dass das Fahreignungs-Bewertungssystem nicht anzuwenden ist, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 StVG oder einer auf Grund § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StVG erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Damit sind in erster Linie, aber nicht nur, Maßnahmen zur Aufklärung von Zweifeln an der Fahreignung nach §§ 11 ff. FeV (z.B. Sehvermögen, Alkohol- und Drogenkonsum, Medikamenteneinnahme) gemeint. Ebenso ist der sofortige Entzug der Fahrerlaubnis (§ 46 FeV) erfasst, wenn die Fahrungeeignetheit aus anderen Gründen bereits endgültig feststeht. Insbesondere kommt eine Fahrerlaubnisentziehung mangels Eignung aufgrund von erheblichen oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV und damit abseits des Fahreignungs-Bewertungssystems nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht. Mit dem Fahreignungs-Bewertungssystem des § 4 StVG akzeptiert der Bundesgesetzgeber, dass Fahrerlaubnisinhaber weiter am Straßenverkehr teilnehmen, obwohl sie wiederholt gegen Verkehrsvorschriften verstoßen haben. Er erlaubt ihre Ausschließung erst, wenn sie die dritte Stufe (Fahrerlaubnisentziehung) erreicht haben. Der Bundesgesetzgeber nimmt damit zwangsläufig und bewusst Verkehrsverstöße des Fahrerlaubnisinhabers, also im ordnungsrechtlichen Sinne gefährliches Verhalten, in einem gewissen Umfang in Kauf.
32Vom Fahreignungs-Bewertungssystem darf die Fahrerlaubnisbehörde deshalb nur abweichen, wenn ein vollständiges Durchlaufen des Stufensystems die Verkehrssicherheit ausnahmsweise unvertretbar gefährden würde, § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG.
33Vgl. BT-Drucks. 17/12636, S. 38; Bay. VGH, Beschluss vom 29. Juli 2021 – 11 CS 21.1504, juris Rn. 15 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2010 – 16 B 1392/10, NJW 2011, 1242; VG Braunschweig, Beschluss vom 28. Januar 2020 – 6 B 256/19, juris Rn. 10; VG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 8. Januar 2019 – 5 K 6324/18, juris Rn. 9; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 21. März 2017 – 3 L 293/17.NW; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 4 StVG Rn. 33.
34Aber selbst für diesen Ausnahmefall verweist § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG nur auf die Anwendung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften des Bundesrechts, und lässt für landesrechtliche Normen, etwa des allgemeinen Ordnungsrechts, keinen Raum.
35Der Zweck des Fahreignungs-Bewertungssystems des § 4 StVG besteht dabei gerade darin, bundesrechtlich sicherzustellen, dass gleichartige Verkehrsverstöße, durch die Fahrerlaubnisinhaber als Wiederholungstäter die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährden („Mehrfachtätersystem“), bundesweit einheitlich präventiv bekämpft werden.
36Vgl. auch BT-Drucks. 13/6914 S. 49, 17/12636 S. 38; OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2010 – 16 B 1392/10, NJW 2011, 1242.
37Daneben gewährleistet das Fahreignungs-Bewertungssystem die Gleichbehandlung der betroffenen Fahrerlaubnisinhaber.
38BT-Drucks. 17/12636 S. 38.
39Es setzt damit auf einfachgesetzlicher Ebene das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot um, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln.
40Vgl. implizit auch VG Berlin, Urteil vom 4. August 2017 – 4 K 499.16, juris Rn. 27; zum Inhalt von Art. 3 Abs. 1 GG etwa BVerfG, Beschluss vom 28. April 2022 – 1 BvL 12/20, NJW 2022, 2465 Rn. 9; zur Vereinbarkeit der konkreten Ausgestaltung des Fahreignungs-Bewertungssystems mit Art. 3 Abs. 1 GG BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2017 – 3 C 21.15, BVerwGE 157, 235 Rn. 37 ff.
41bb) Das gilt auch, soweit ein Verkehrsverstoß – wie auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts der gegen § 30 Abs. 1 StVO – bundesrechtlich nicht in der Anlage 13 zur FeV mit Punkten bewehrt ist.
42Alle Gefahren, die sich aus wiederholten Verstößen von Fahrerlaubnisinhabern gegen Verkehrsvorschriften ergeben, wehrt das StVG – im Grundsatz – präventiv durch das Fahreignungs-Bewertungssystem mit seinen ausdrücklich normierten Eingriffsstufen ab.
43Vgl. auch BT-Drucks. 17/12636 S. 38; OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2010 – 16 B 1392/10, NJW 2011, 1242; OVG RP, Beschluss vom 27. Mai 2009 – 10 B 10387/09, juris Rn. 5 (zur alten Rechtslage); VG Braunschweig, Beschluss vom 28. Januar 2020 – 6 B 256/19, juris Rn. 10; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 4 StVG Rn. 33.
44Aus der fehlenden Punktebewehrung eines Verkehrsverstoßes kann nicht geschlossen werden, dass er vom StVG bzw. der FeV nicht erfasst wird und eine Regelungslücke eröffnet, die einen Rückgriff auf die Vorschriften des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts ermöglicht. Ist eine Zuwiderhandlung nicht mit Punkten bewehrt, folgt daraus im Gegenteil, dass der Bundesgesetzgeber sie als unbedeutender für die Teilnahme am erlaubnispflichtigen Kraftverkehr und damit als die Verkehrssicherheit weniger gefährdend einordnet. Diese gesetzgeberische Wertung würde in ihr Gegenteil verkehrt, wenn bei nicht punktebewehrten Taten weitreichendere gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen unter geringeren Voraussetzungen möglich wären, als § 4 StVG sie für schwerwiegendere Verkehrsverstöße vorsieht. Das ist unbedenklich, weil es nicht bedeutet, dass Verstöße gegen nicht punktebewehrte Verkehrsvorschriften dauerhaft hinzunehmen sind, ohne gefahrenabwehrend darauf reagieren zu können. Bei einer fehlenden Punktebewertung kann die Tat zwar nicht zu einer Ermahnung, Verwarnung oder Fahrerlaubnisentziehung nach § 4 Abs. 5 StVG führen. Aber § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG lässt – wie oben dargelegt – auch bei nicht punktebewehrten Verkehrsverstößen im Einzelfall „andere Maßnahmen“ nach § 3 StVG bzw. nach der FeV durchaus zu.
45Vgl. allgemein auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. Dezember 1999 – 12 M 4307/99, NJW 2000, 685.
46Dass auch nicht punktebewehrte Verkehrsverstöße Zweifel an der Fahreignung begründen und damit zum Ergreifen „anderer Maßnahmen“ führen können, bestätigt § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 bis 7 FeV. Danach können u.a. Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften unabhängig von ihrer Punktebewehrung die Fahrerlaubnisbehörde berechtigen, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen.
47cc) Flankiert wird das der Abwehr wiederholter Verkehrsverstöße dienende (gefahrenabwehrrechtliche) Fahreignungs-Bewertungssystem schließlich durch die (repressive) Bußgeldvorschrift des § 24 StVG insbesondere in Verbindung mit § 49 StVO. Danach werden Verstöße gegen eine Vielzahl straßenverkehrsrechtlicher Ge- und Verbote als Ordnungswidrigkeiten eingestuft. Es erfolgt eine Sanktionierung einzelner Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr, die nach Maßgabe von § 4 Abs. 2 StVG in Verbindung mit § 40 und Anlage 13 zur FeV ggf. wiederum im Rahmen des gefahrenabwehrrechtlichen Fahreignungs-Bewertungssystems heranzuziehen sind, aber auch solcher Zuwiderhandlungen, die die Punkteschwelle nicht überschreiten,
48vgl. auch BT-Plenarprotokoll 19/229, S. 28677 (C).
49dd) Insgesamt wehrt das Regelungsgefüge des bundesrechtlichen Straßenverkehrsrechts die Gefahren, die der Sicherheit des Straßenverkehrs von Fahrerlaubnisinhabern durch die verkehrswidrige Teilnahme am Straßenverkehr drohen, durch ein Zusammenwirken von repressiven und präventiven Maßnahmen ab. Verstöße gegen Verkehrsregeln werden repressiv durch Strafurteile oder Bußgeldbescheide geahndet. Aus den ergriffenen repressiven Maßnahmen schließt das Straßenverkehrsgesetz auf die Gefährlichkeit des Fahrerlaubnisinhabers, was wiederum zu präventiven Gefahrenabwehrmaßnahmen führt. Durch dieses Zusammenwirken von repressiven und präventiven staatlichen Reaktionen zeigt der Bundesgesetzgeber einerseits, dass er mit wiederholten Verstößen von Fahrerlaubnisinhabern gegen Verkehrsregeln rechnet und diese (gefahrenabwehrrechtlich) in gewissem Umfang hinnimmt,
50vgl. BT-Drucks. 17/12636 S. 38; Bay. VGH, Beschluss vom 29. Juli 2021 – 11 CS 21.1504, juris Rn. 15; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 4 StVG Rn. 33.
51Andererseits gibt er vor, wie bei einer bestimmten Anzahl bzw. Schwere von Wiederholungstaten gefahrenabwehrend zu reagieren ist. Daraus folgt zugleich: Ist keine Maßnahmenstufe nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem zu ergreifen und liegt kein atypischer Fall i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG vor, hat es mit der repressiven Sanktion eines Verkehrsverstoßes sein Bewenden. Weitergehende präventive Maßnahmen sind bundesrechtlich in Bezug auf Fahrerlaubnisinhaber, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, nicht vorgesehen.
52b) Dieses in sich geschlossene bundesrechtliche Regelungsregime der fahrerlaubnispflichtigen Straßenverkehrsteilnahme sperrt das landesrechtliche allgemeine Ordnungsrecht. Gefahren für die öffentliche (Verkehrs-)Sicherheit, die von einem Fahrerlaubnisinhaber ausgehen, der nach der Fahrerlaubniserteilung gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen hat und bei dem eine Wiederholung zu erwarten steht, kann die Straßenverkehrsbehörde nicht unter Rückgriff auf das landesrechtliche Ordnungsrecht abwehren.
53Das Grundgesetz hat dem Bund in Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG die (konkurrierende) Gesetzgebungszuständigkeit für den Straßenverkehr zugewiesen, ohne diesbezüglich in Art. 72 Abs. 3 GG eine Abweichungskompetenz für die Länder vorzusehen. Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG betrifft dabei das Straßenverkehrsrecht als sachlich begrenztes Ordnungsrecht, für das dem Bund – abweichend vom sonstigen Polizei- und Ordnungsrecht – die Gesetzgebungskompetenz zusteht. Es regelt in diesem Rahmen die (polizeilichen) Anforderungen, die an den Verkehr und an die Verkehrsteilnehmer gestellt werden, um Gefahren von anderen Verkehrsteilnehmern oder Dritten abzuwenden und den optimalen Ablauf des Verkehrs zu gewährleisten.
54BVerfG, Beschlüsse vom 10. Dezember 1975 – 1 BvR 118/71, BVerfGE 40, 371 (380), und vom 18. Dezember 2018 – 1 BvR 142/15, BVerfGE 150, 244 Rn. 60; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – 3 C 6.13, BVerwGE 151, 129 Rn. 27.
55Die damit prinzipiell verfassungsrechtlich vorgesehene und aus der Natur der Sache gebotene Bundeseinheitlichkeit der Regelung des Straßenverkehrs sowie die vom Gesetzgeber angestrebte Gleichbehandlung aller Fahrerlaubnisinhaber würde konterkariert, wenn jede Straßenverkehrsbehörde auf wiederholte Verkehrsverstöße in ihrem Zuständigkeitsbereich auf der Grundlage des allgemeinen landesrechtlichen Gefahrenabwehrrechts nach lokalen Maßstäben reagieren könnte.
56Untersagungsverfügungen wie die hier streitgegenständliche verfolgen zwar auch den gefahrenabwehrenden Zweck, den Adressaten zu verkehrsgerechtem Verhalten anzuhalten. Ihr eigentlicher Schwerpunkt und Anlass liegt jedoch darin, über den als zu niedrig empfundenen Bußgeldrahmen des Bundesrechts hinauszugehen („örtliche Ersatzsanktion“). Die örtliche Straßenverkehrsbehörde hält das bundesrechtlich vorgesehene Bußgeld für zu niedrig und meint, dass sie den Verkehrsverstößen weder mittels des Ordnungswidrigkeitenrechts noch mit den bundesrechtlich vorgesehenen Maßnahmen des Fahreignungs-Bewertungssystems wirksam genug begegnen kann. Dies kam auch im Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck, dass insbesondere der Bußgeldkatalog auch unter Berücksichtigung der Handhabung durch die ordentlichen Gerichte als Mittel zur „Abschreckung“ nicht geeignet sei.
57Ihren eigentlichen Sinn bezieht die Untersagungsverfügung – wie auch in der Begründung der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung ausdrücklich offengelegt – mithin daraus, als Vollstreckungsgrundlage für das angedrohte Zwangsgeld zu dienen, das erheblich über dem von der BKatV vorgesehenen und bei einem erneuten Verstoß zu verhängenden Bußgeld liegt. Dessen Regelsatz beträgt nach der BKatV 80,- bis 100,- Euro (Nr. 117 und 118). Selbst wenn der im Ausnahmefall grundsätzlich mögliche Höchstsatz nach § 17 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 24 Abs. 3 Nr. 5 StVG bei 2.000,- Euro liegt, bleibt er deutlich hinter dem angedrohten Zwangsgeld von 5.000,- Euro zurück.
58Die Ordnungsverfügung mit Zwangsgeldandrohung entfaltet – zumindest unter Geltung des VwVG NRW – im Ergebnis die gleichen Wirkungen wie ein Bußgeld. Denn das Zwangsgeld kann nicht nur zur Verhinderung eines unmittelbar bevorstehenden oder laufenden Verstoßes gegen die Untersagungsverfügung, sondern – wie ein Bußgeld – auch nach einem vollständig beendeten Verstoß gegen sie festgesetzt und beigetrieben werden. Das folgt aus § 60 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW, nach dem ein angedrohtes Zwangsgeld (auch dann) beizutreiben ist, wenn einer Unterlassungspflicht (während ihres Geltungszeitraums) zuwidergehandelt worden ist, deren Erfüllung durch die Androhung des Zwangsgelds erreicht werden sollte. Diese Beitreibung ist unabhängig davon möglich, ob ein weiterer Verstoß zu befürchten steht oder ausgeschlossen ist, und zwar sogar dann, wenn eine weitere Zuwiderhandlung wegen Fristablaufs oder Erledigung der Verfügung nicht mehr möglich ist.
59Vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 22. März 2019 – 4 B 71/19, juris Rn. 3 ff., vom 13. Februar 2020 – 10 B 75/20, juris Rn. 4, und vom 21. Juli 2022 – 7 A 1154/21, juris Rn. 8.
60Auf diese Weise unterläuft eine so ausgestaltete Untersagungsverfügung zumindest faktisch für ihren Geltungszeitraum den rein präventiven Charakter des Zwangsgeldes, das nicht sanktionierend für vergangenes Unrecht, sondern lediglich als präventive Beugemaßnahme eingesetzt werden darf.
61Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2021 – 6 C 6.20, NVwZ-RR 2021, 705; Nds. OVG, Beschluss vom 23. April 2009 – 11 ME 478/08, NdsVBl. 2009, 345 (346); OVG Berl.-Brand., Urteil vom 19. Mai 2011 – OVG 10 B 7.10, juris Rn. 20; Thür. OVG, Beschluss vom 5. Juni 2012 – 1 EO 284/12, NVwZ-RR 2013, 6 f.; Sadler/Tillmanns, VwVG, 10. Aufl. 2020, § 15 Rn. 21; Dünchheim NWVBl. 2004, 202 (205).
62Käme allen örtlichen Straßenverkehrsbehörden die Befugnis zu, derartige „Ersatzsanktionen“ über den Umweg des landesrechtlichen Ordnungsrechts zu verhängen, könnten sie – etwa nach Auswertung des ihnen zugänglichen Fahreignungs-Registers – gegen alle Fahrerlaubnisinhaber, die in ihrem Zuständigkeitsgebiet mehrmals Verkehrszuwiderhandlungen begangen haben (z.B. die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten haben), wegen drohender Wiederholungsgefahr vergleichbare Untersagungsverfügungen mit ähnlich hohen Zwangsgeldandrohungen erlassen. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass dies die vom Bundesgesetzgeber vorgesehene bundeseinheitliche Regelung des Straßenverkehrs ad absurdum führen würde.
63c) Konzeptionell stimmt die so verstandene bundesrechtliche Abwehr von Gefahren, die von sich wiederholt verkehrswidrig verhaltenden Fahrerlaubnisinhabern für die Sicherheit des Straßenverkehrs ausgehen, mit der allgemeinen Regelungstechnik des Gefahrenabwehrrechts überein, das präventive Verbote mit Erlaubnisvorbehalt vorsieht. Verstößt der Inhaber einer solchen Erlaubnis gegen Vorschriften, die Rückschlüsse darauf zulassen, dass er die erlaubnispflichtige Tätigkeit künftig nicht rechtskonform ausübt, kann der einzelne Verstoß zwar ggf. mit einer repressiven Sanktion belegt werden (z.B. einem Bußgeld). Dem Erlaubnisinhaber kann aber grundsätzlich nicht die einzelne zwar rechtswidrige, aber durch seine Erlaubnis grundsätzlich gedeckte Handlung mithilfe des allgemeinen Ordnungsrechts vorbeugend verboten werden. Vielmehr verliert er – ggf. nach spezialgesetzlich vorgesehenen milderen Maßnahmen – die erteilte Erlaubnis. Dieser Regelungsmechanismus beruht auf der Legalisierungswirkung, die von einem Erlaubnisverwaltungsakt ausgeht und die den Erlaubnisinhaber vor Eingriffen in die erlaubte Tätigkeit schützt.
64Grundlegend: BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 1977 – IV C 75.75, BVerwGE 55, 118 (120 ff.); vgl. allgemein auch BVerwG, Beschluss vom 16. März 2015 – 6 B 63.14, juris Rn. 6; OVG NRW, Urteile vom 9. Februar 2012 – 5 A 2382/10, NWVBl 2012, 431 (432), und vom 22. April 2015 – 2 L 47/13, juris Rn. 63; VGH BW, Urteil vom 29. März 2000 – 1 S 1245/99, NVwZ-RR 2000, 589 (590).
65Erst wenn die Legalisierungswirkung durch die Aufhebung der präventiven Erlaubnis endet, kann nach allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen eingeschritten werden.
66Siehe zum Gewerbe- und Immissionsschutzrecht die vorgenannten Nachweise sowie BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 – 7 C 48.07, BVerwGE 132, 224 Rn. 27; Nds. OVG, Urteil vom 13. März 2019 – 12 LB 125/18, UPR 2020, 20 Rn. 40; VG Würzburg, Urteil vom 22. Januar 2019 – W 4 K 17.987, juris Rn. 43; vgl. zum Gaststättenrecht VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Oktober 2020 – 24 L 1828/20, juris Rn. 34 ff.; vgl. zum Baurecht VG Ansbach, Beschluss vom 24. November 2021 – An 17 S 21.01776, juris Rn. 71.
67Vergleichbares gilt – im Umfang der obigen Maßgabe – auch im Hinblick auf die Fahrerlaubnis.
68Ausdrücklich für die Legalisierungswirkung einer Fahrerlaubnis Seel, MDR 2014, 812 (815).
69d) Vor diesem Hintergrund ist die Kammer überzeugt, dass das bundesrechtliche Regelungssystem der §§ 2 ff., 24a StVG hinsichtlich der Gefahren durch wiederholte Verkehrsverstöße von Fahrerlaubnisinhabern abschließend und § 14 Abs. 1 OBG NRW insoweit unanwendbar ist. Der Bundesgesetzgeber hat die Abwehr von Gefahren durch wiederholte Verkehrsverstöße von Fahrerlaubnisinhabern unter (gefahrenabwehrrechtlich) bewusster Inkaufnahme einzelner Zuwiderhandlungen dem Fahreignungs-Bewertungssystem des § 4 StVG im Zusammenwirken mit repressiven Bußgeldern abschließend geregelt.
70Allgemein zum Verhältnis von Spezialgesetzen ohne eigenständige Ermächtigungsgrundlage zur ordnungsrechtlichen Generalermächtigung: Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 167; Götz/Geis, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 17. Aufl. 2022, § 21 Rn. 7 f.
71Die Kammer setzt sich damit nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hat – soweit ersichtlich – bisher lediglich entschieden, dass gegen Verkehrshindernisse i.S.d. § 32 StVO auf der Grundlage der Generalermächtigung des landesrechtlichen Ordnungsgesetzes vorgegangen werden kann. Diese Rechtsprechung ist auf die hiesige Fallgestaltung nicht übertragbar. Denn es ging in der damaligen Entscheidung nicht um die Abwehr von Gefahren durch die Verkehrsteilnahme eines Fahrerlaubnisinhabers, sondern um einen verkehrsfremden Eingriff in den Straßenverkehr von außen.
72BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2015 – 3 C 15.14, BVerwGE 153, 140 Rn. 15, zum Aufstellen einer Warnbake auf der Fahrbahn.
73Nur erstere regelt das StVG abschließend.
74e) Soweit die Gefahr nicht in einem befürchteten künftigen Verkehrsverstoß eines Fahrerlaubnisinhabers besteht, entfaltet das bundesrechtliche Straßenverkehrsrecht keine Sperrwirkung. Bei andersartigen Gefahren kann die zuständige Behörde auf der Grundlage des landesrechtlichen Ordnungsrechts bei Verstößen gegen das Straßenverkehrsrecht einschreiten,
75vgl. allgemein BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2015 – 3 C 15.14, BVerwGE 153, 140 Rn. 15; Bay. VGH, Beschluss vom 15. April 2021 – 10 NE 20.2831, BayVBl 2021, 751 Rn. 48; VGH BW, Urteil vom 15. September 2014 – 1 S 1010/13, juris Rn. 22 m.w.N.; VG Dresden, Urteil vom 10. April 2002 – 14 K 1966/00, juris Rn. 27; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 167; Gerster, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Rn. 455; Götz/Geis, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 17. Aufl. 2022, § 21 Rn. 7 ff., 18 f.; Schlanstein, NZV 2015, 105 (111),
76soweit nicht andere gesetzliche Regelungen, bspw. § 36 Abs. 5 Satz 1 und 4, § 44 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 1 StVO, ihrerseits abschließende Rechtsgrundlagen für ein Tätigwerden der Polizei bilden.
77Vgl. hierzu etwa Sächs. OVG, Beschluss vom 23. Dezember 2021 – 6 A 680/19, juris Rn. 20; Gerster, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl. 2021, Rn. 470; Hühnermann, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl. 2022, § 36 Rn. 12.
78Liegt die abzuwehrende Gefahr nicht in einem befürchteten künftigen Verkehrsverstoß eines Fahrerlaubnisinhabers, sondern besteht sie gegenwärtig oder geht sie unmittelbar von dem Fahrzeug selbst aus (z.B. verkehrswidriges Parken, alkoholisierter Fahrer setzt sich ans Steuer, verkehrsunsicheres Fahrzeug) kann die Straßenverkehrsbehörde auf das allgemeine Ordnungsrecht zurückgreifen, weil die §§ 2 ff. StVG, insbesondere § 4 StVG, die Abwehr solcher Gefahren nicht regeln.
79Das allgemeine Ordnungsrecht steht der zuständigen Sonderordnungsbehörde darüber hinaus offen, wenn sie nicht eingreift, um straßenverkehrsrechtliche, sondern sonstige ordnungsrechtliche Zwecke zu verfolgen, die über die Gefahren hinausgehen, die mit der (verkehrsrechtswidrigen) Verkehrsteilnahme einhergehen.
80Vgl. BGH, Beschluss vom 18. April 1991 – 4 StR 518/90, NJW 1991, 1691 (1692); siehe allgemein auch Bay. VGH, Beschluss vom 15. April 2021 – 10 NE 20.2831, BayVBl 2021, 751 Rn. 48.
81Der Wille, das bloße Motiv des Verkehrsverstoßes – bei § 30 StVO etwa das Heischen um Aufmerksamkeit – zu bekämpfen, genügt dafür noch nicht.
82Das allgemeine Ordnungsrecht kann darüber hinaus auch zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs herangezogen werden, wenn die Gefahr nicht daher rührt, dass ein Fahrerlaubnisinhaber am Straßenverkehr teilnimmt, sondern von einer anderen Gefahrenquelle.
83BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2015 – 3 C 15.14, BVerwGE 153, 140 Rn. 15 m.w.N. (Warnbaken); vgl. implizit wohl OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2021 – 8 B 994/21, juris Rn. 3 ff.; siehe auch VGH BW, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 5 S 2625/01, NZV 2003, 301 (302), dort – ggf. – sogar weitergehend als hier.
842. Dies zugrunde gelegt, vermag die landesordnungsrechtliche Generalklausel des § 14 Abs. 1 OBG NRW die Ziffer 1 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung vom 8. Juni 2021 nicht zu tragen.
85a) Ausweislich des Tenors und der Begründung soll mit der Anordnung in Ziffer 1 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung die Begehung von Verstößen gegen das Verbot aus § 30 Abs. 1 Satz 1 StVO, nach dem bei der Benutzung von Fahrzeugen unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten sind, verhindert und damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Gestalt der geschriebenen Rechtsordnung abgewehrt werden. Gegenwärtig bestehende Gefahren in Gestalt derartiger Zuwiderhandlungen als solche liegen dabei nicht vor. Vielmehr geht es um die dauerhafte Abwehr künftiger bzw. wiederholter, noch nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit konkret absehbarer Verkehrszuwiderhandlungen. Das untersagte Verhalten („Posing“) erfolgt während der Verkehrsteilnahme, wie es auch der hierfür einschlägige und von der Beklagten selbst ergänzend herangezogene § 30 Abs. 1 Satz 1 StVO als ein innerverkehrliches Verhalten regelnde Vorschrift nahelegt. Der Unterlassungsverpflichtete wirkt hierdurch gerade nicht von außen auf den Straßenverkehr ein. Auch liegt kein Verhalten vor, das sich als „verkehrsfremder Inneneingriff“ darstellt,
86vgl. zu dieser originär strafrechtlichen Figur nur BGH, Beschluss vom 21. Juni 2016 – 4 StR 1/16, NZV 2016, 533 Rn. 6; Pegel, in: Erb/Schäfer, Münchener Kommentar zum StGB, 3. Aufl. 2019, § 315b Rn. 14.
87Dass das Motiv des „Posens“, wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, auch außerverkehrlichen Zwecken („Imponieren“, „Brautschau“) dient, reicht hierfür allein nicht aus, wenn es sich selbst als Verkehrsteilnahme darstellt.
88Die Ordnungsverfügung soll damit aber gerade der Gefahr entgegenwirken, die mit der (Art der) Verkehrsteilnahme durch Fahrerlaubnisinhaber verbunden ist. Wie aus der Begründung zur Ordnungsverfügung ersichtlich, soll sie präventiv verhindern, dass der Kläger als Fahrerlaubnisinhaber seine verkehrswidrige Art der Teilnahme am Straßenverkehr künftig wiederholt. Insoweit greift aber die dargelegte Sperrwirkung des bundesrechtlichen Regelungssystems der §§ 2 ff. StVG, die einem Rückgriff auf die landesordnungsrechtliche Generalklausel entgegensteht.
89Der im Ergebnis anderslautenden erstinstanzlichen Rechtsprechung, die vergleichbare Untersagungsverfügungen gegenüber einem sogenannten „Posing“-Verhalten gebilligt hat, kann die Kammer nicht beitreten. Eine weitere Auseinandersetzung mit ihr erscheint entbehrlich, weil sie sich mit dem Verhältnis des Regelungssystems der §§ 2 ff., 24a StVG zum allgemeinen landesrechtlichen Ordnungsrecht nicht befasst, sondern nur auf das Verhältnis der – ihrer Ansicht nach nicht gesperrten – landesrechtlichen Generalklausel zu anderen Regelungen der StVO und des BImSchG eingeht,
90siehe VG Karlsruhe, Urteil vom 17. Dezember 2018 – 1 K 4344/17, juris Rn. 36 ff.; vgl. gänzlich ohne weitere Erörterung VG Hannover, Urteil vom 12. Juli 2021 – 5 A 6628/20, juris Rn. 28.
91Auch die – soweit ersichtlich – einzige obergerichtliche Entscheidung äußert sich zu den hier maßgeblichen Rechtsfragen nicht. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg stützt die dortige Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung tragend lediglich auf die unzureichende Darlegung der Zulassungsgründe.
92VGH BW, Beschluss vom 4. Juni 2019 – VGH 1 S 500/19, n.v.
93b) Eine andere gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, um das „Imponiergehabe“ unter Verstoß gegen § 30 Abs. 1 StVO zu unterbinden, insbesondere aus dem Bundesrecht, existiert nicht.
943. Offenlassen kann die Kammer daher, ob Ziffer 1 der Ordnungsverfügung daneben insbesondere im Hinblick auf die von § 37 Abs. 1 VwVfG NRW geforderte Bestimmtheit,
95siehe zu den Anforderungen OVG NRW, Beschluss vom 23. November 2020 – 10 A 2316/20, juris Rn. 6 m.w.N.,
96oder die Ermessensausübung, bei der jedenfalls das obengenannte Regelungssystem zu berücksichtigen sein dürfte, rechtlichen Bedenken begegnet.
97II. Die auflösende Befristung in Ziffer 3 teilt als echte Nebenbestimmung i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW das Schicksal des Hauptverwaltungsaktes und „steht und fällt mit diesem“. Vor diesem Hintergrund wird sie mit der Unwirksamkeit der Ziffer 1 gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG NRW („anderweitige Aufhebung“) aufgrund der gerichtlichen Kassation nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unwirksam,
98vgl. insgesamt Schröder, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht (Stand: Juli 2020), § 36 Rn. 133,
99und ist aus Klarstellungsgründen ebenfalls aufzuheben.
100III. Mangels wirksamer Grundverfügung ist auch die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 der angegriffenen Ordnungsverfügung i.S.d. §§ 55, 60, 63 VwVG NRW für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 rechtswidrig und aufzuheben. Infolgedessen kann die Kammer offenlassen, ob die Androhung unbegrenzt wiederholbarer Zwangsgelder, die der Höhe nach um den Faktor 62,5 (5.000,- Euro) über dem Regelsatz der BKatV liegen, selbst bei einer rechtmäßigen Grundverfügung deutlich übersetzt und damit unverhältnismäßig wäre.
101IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.
102V. Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
103Darüber hinaus lässt die Kammer auch die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz (Sprungrevision) nach § 134 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Denn die Rechtsfrage betrifft mit der Reichweite der §§ 2 ff. StVG Bundesrecht nach § 137 Abs. 1 Satz 1 VwGO revisibles Recht, auch wenn die streitgegenständliche Verfügung auf eine nicht revisible landesrechtliche Norm gestützt ist.
104Vgl. hierzu nur BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 – 6 C 19.06, BVerwGE 126, 149 Rn. 34 f.
105Rechtsmittelbelehrung:
106(1) Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
107Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
108Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
109Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).
110Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
111Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
112(2) Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu. Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich einzulegen.
113Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
114Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht (Simsonplatz 1, 04107 Leipzig) schriftlich eingelegt wird.
115Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
116Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht (Simsonplatz 1, 04107 Leipzig) schriftlich einzureichen.
117Im Revisionsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 und 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
118Die Revision und die Revisionsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.Beschluss
119Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,- Euro festgesetzt.
120Rechtsmittelbelehrung:
121Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
122Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
123Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
124Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
125Die Beschwerdeschrift soll möglichst einfach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
126War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- 8 B 994/21 1x (nicht zugeordnet)
- 14 K 1966/00 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 132 1x
- 4 StR 1/16 1x (nicht zugeordnet)
- 10 A 2316/20 1x (nicht zugeordnet)
- 24 L 1828/20 1x (nicht zugeordnet)
- 1 S 1010/13 1x (nicht zugeordnet)
- § 12 OBG 1x (nicht zugeordnet)
- 4 B 71/19 1x (nicht zugeordnet)
- 1 K 4344/17 2x (nicht zugeordnet)
- 10 S 1689/15 1x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Verwaltungsgericht Minden - 9 L 602/11 1x
- 1 EO 284/12 1x (nicht zugeordnet)
- 5 S 2625/01 1x (nicht zugeordnet)
- 7 A 1154/21 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 118/71 1x (nicht zugeordnet)
- 11 ME 478/08 1x (nicht zugeordnet)
- 1 S 500/19 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvL 12/20 1x (nicht zugeordnet)
- 16 B 1392/10 3x (nicht zugeordnet)
- 10 B 75/20 1x (nicht zugeordnet)
- 5 A 2382/10 1x (nicht zugeordnet)
- 5 K 6324/18 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 142/15 1x (nicht zugeordnet)
- § 30 Abs. 1 StVO 3x (nicht zugeordnet)
- 6 A 680/19 1x (nicht zugeordnet)
- 12 M 4307/99 1x (nicht zugeordnet)
- 3 L 293/17 1x (nicht zugeordnet)
- 4 StR 518/90 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 28 ff. StVG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 67 2x
- § 14 Abs. 1 OBG 2x (nicht zugeordnet)
- StVG § 2a Fahrerlaubnis auf Probe 1x
- StVG § 4 Fahreignungs-Bewertungssystem 2x
- 12 LB 125/18 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 2 ff. StVG 2x (nicht zugeordnet)
- 1 S 1245/99 1x (nicht zugeordnet)
- 10 B 10387/09 1x (nicht zugeordnet)
- 5 A 6628/20 2x (nicht zugeordnet)
- § 32 StVO 1x (nicht zugeordnet)
- 6 B 256/19 2x (nicht zugeordnet)
- 2 L 47/13 1x (nicht zugeordnet)
- § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 bis 7 FeV 1x (nicht zugeordnet)