Urteil vom Verwaltungsgericht Freiburg - 2 K 8116/17

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen einen Änderungsbescheid zur Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts für das Veranlagungsjahr 2013, mit dem der Beklagte entgegen dem zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Festsetzungsbescheid keine Ermäßigung für die Grundwasserentnahme gewährt.
Die Klägerin betreibt im Hafen der Stadt ..., Flst.-Nrn. .../... und .../..., Gemarkung ..., - auf einer ... zwischen der ... und dem … Hafenbecken - das einzige …Werk in Baden-Württemberg. Sie besitzt eine bis 2030 befristete wasserrechtliche Erlaubnis zur Grundwasserentnahme.
Das für den Betrieb des … Werks erforderliche Kühlwasser bezog sie aus einem offenen Kühlwasserteilkreislaufsystem. Dabei entnahm die Klägerin Grundwasser aus mehreren auf ihrem Werksgelände befindlichen Brunnen. Für das offene Kühlwasserteilkreislaufsystem benötigte die Klägerin mehr Wasser als bei einer geschlossenen Kreislaufführung, die bereits früher dem Stand der Technik entsprochen hat. Die Wahl der Kühltechnik erfolgte in Abstimmung mit dem Landratsamt ... und dem Regierungspräsidium ... Der Abstimmung lagen wasserwirtschaftliche und ökologische Erwägungen zu Grunde. Unter anderem aus diesen Gründen erhielt die Klägerin seit Anfang der Neunzigerjahre Ermäßigungen auf das anfallende Wasserentnahmeentgelt, in den Veranlagungsjahren 2009 und 2010 zuletzt gemäß § 17d Abs. 2 WG in der Fassung vom 20.01.2005 (GBl. 2005, S. 219 - WG 2005) in Höhe von 50 %.
Mit Schreiben vom 25.03.2013 und 17.03.2014 beantragte die Klägerin eine Ermäßigung von 66 % auf das Wasserentnahmeentgelt für die Veranlagungsjahre 2011, 2012 und für das streitgegenständliche Veranlagungsjahr 2013. Mit Schreiben vom 07.06.2013 bat das Landratsamt ... das Regierungspräsidium ... um fachtechnische Unterstützung bei der Prüfung des Vorliegens der Ermäßigungsvoraussetzungen. Mit Stellungnahme vom 05.12.2013 verwies das Regierungspräsidium ... auf seine Bewertung vom 18.10.2011: Die Beurteilungsgrundlage habe sich zwischenzeitlich nicht geändert. Die Wasserwirtschaft der Klägerin sei unter großer Befürwortung des Regierungspräsidiums entwickelt worden. Eine Entnahme von Wasser aus dem Hafenbecken würde eine große Aufbereitungsanlage erforderlich machen, in der große Mengen an Flockungshilfsmitteln und ggf. Biozide zum Einsatz kommen müssten und große Mengen überwachungsbedürftiger Abfall erzeugt würde.
Mit Bescheid vom 09.07.2014 gewährte das Landratsamt ... für den Zeitraum von 2011 bis 2013 auf der Grundlage von § 107 WG in der Fassung vom 03.12.2013 (GBl. 2013, S. 389 - WG 2013) wegen des Vorliegens eines Härtefalls eine Ermäßigung in Höhe von 50 % auf das Wasserentnahmeentgelt. Die Festsetzung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Zur Begründung verwies das Landratsamt auf die Stellungnahme des Regierungspräsidiums ... und ein Gutachten von Prof. Dr. ..., mit dem die Aussagen eines von der Klägerin zuvor eingereichten Fachgutachtens überprüft wurden. Bei dem - unverändert gebliebenen - Betrieb eines Kühlwasserteilkreislaufsystems werde zwar mehr Wasser als bei einer geschlossenen Kreislaufführung benötigt, dies wirke sich aber günstig auf die Grundwasserbestände aus. Zudem sei die vollständige Schließung des Kühlwasserkreislaufsystems mit erheblichen ökologischen Nachteilen verbunden, wie zum Beispiel dem Einsatz von chemischen Zusatzstoffen, der Steigerung des Kühlenergieverbrauchs, einer hohen Lärmbelästigung sowie einem hohen Schlammanfall. Da die Technik der Wasserbewirtschaftung auf Drängen der Genehmigungsbehörden gewählt worden sei, könne von einem atypischen Einzelfall ausgegangen werden, der in der individuellen Situation der Klägerin begründet liege. Mit einer Ermäßigung in Höhe von 50 % würden der Klägerin die entstandenen Mehrkosten für den hohen Standard der Wasserbewirtschaftung ausgeglichen. Eine darüber hinausgehende Ermäßigung in Höhe der beantragten 66 % sei demgegenüber nicht zu gewähren.
Im Jahr 2015 beauftragte das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (Umweltministerium) das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung mit der Evaluierung unter anderem des Vollzugs der Vorschriften des Wassergesetzes. Dabei fragte das Helmholtz-Zentrum bei dem Landratsamt bestimmte Daten ab. In diesem Rahmen übersandte das Landratsamt ... auch die genannten Ermäßigungsentscheidungen für den Zeitraum von 2011 bis 2013. Hierdurch veranlasst erbat das Umweltministerium mit Schreiben vom 04.07.2016 von dem Regierungspräsidium ... Angaben dazu, inwiefern die Voraussetzungen des § 107 WG 2013 erfüllt seien und in welcher Weise sich das Landratsamt ... mit dem Regierungspräsidium ... abgestimmt habe. Mit Schreiben vom 15.07.2016 übersandte das Regierungspräsidium ... dem Umweltministerium unter anderem seine Stellungnahme vom 05.12.2013 und das Gutachten von Prof. Dr. ....
Mit Schreiben vom 22.07.2016 forderte das Umweltministerium das Regierungspräsidium ... zur Nachholung der erforderlichen Prüfung, zur Erhebung etwaiger Nachforderungen und zum Bericht auf. Es sei fraglich, ob die Ermäßigung zu Recht erfolgt sei. § 17h WG in der Fassung vom 29.07.2010 (GBl. 2010, S. 565 - WG 2010) bzw. § 107 WG 2013 stelle eine echte verfassungsrechtliche Härtefallregelung dar, die für ungewöhnliche, atypische Ausnahmefälle gedacht sei, in denen die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts für den Entgeltpflichtigen unzumutbare (wirtschaftliche) Folgen hätte. Die Vorschrift sei daher restriktiv auszulegen. Ökologische Vor- oder Nachteile, die ökonomische Rentabilität eines Verfahrens oder die Notwendigkeit eines hohen Wasserbedarfs trotz haushälterischem Umgang für die Produktion ebenso wie die Tatsache, dass es sich um ältere Anlagen handelt, könnten jedenfalls keinen Härtefall begründen.
Mit Stellungnahme vom 06.09.2016 betonte das Landratsamt ... gegenüber dem Regierungspräsidium ..., dass die von der Klägerin gewählte teiloffene Kreislaufführung mit den Fachbehörden abgestimmt und die Alternative eines vollständig geschlossenen Kreislaufs ökologisch nicht wünschenswert sei. Aufgrund des überaus großen Grundwasservorkommens am Standort des klägerischen Unternehmens bediene die Klägerin durch die Wasserentnahme ein öffentliches Interesse. Daher und weil die Klägerin Belangen der Wasserwirtschaft und des Umweltschutzes über die gesetzlichen Vorgaben hinaus Rechnung trage, liege ein atypischer Fall im Sinne des § 107 WG 2013 vor. Denn der Regelung sei nicht zu entnehmen, dass die Gewährung einer Ermäßigung zwingend unzumutbare wirtschaftliche Folgen durch die ungekürzte Entgelterhebung voraussetze. Eine Änderung des unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Festsetzungsbescheids vom 09.07.2014 könne aber bis zu dem Ablauf der Festsetzungsfrist am 31.12.2016 erfolgen.
Mit Stellungnahme vom 16.09.2016 teilte das Regierungspräsidium ... dem Umweltministerium mit, dass auch nach Auffassung des Regierungspräsidiums ein atypischer Einzelfall gemäß § 107 WG 2013 vorliege. Den Vortrag des Landratsamts ... ergänzend führte es zum einen aus, dass die Stadt ... aufgrund von … Rückstaumaßnahmen einen großen Aufwand betreibe, um den Grundwasserspiegel niedrig zu halten. Entlang der ... gäbe es eine Vielzahl von notwendigen Grundwasserabsenkungen. Allein die Stadt ... pumpe jährlich circa 33 Millionen m³ Wasser ab. Vor diesem Hintergrund sei eine Kühltechnik gewählt worden, die eine Absenkung des Grundwassersspiegels unterstütze. Aufgrund der abgestimmten Wasserkonzeption seien im Einvernehmen mit der Klägerin für das Einleiten der Abwässer extrem niedrige, zum Teil unterhalb des nach der einschlägigen Verordnung zulässigen Niveaus liegende Grenzwerte festgesetzt worden. Zum anderen liege die Wasserentnahme nicht final in der Nutzung des Wassers, sondern in dessen Beseitigung, weil die Klägerin andernfalls von einer wasserintensiven Durchlaufkühlung auf eine wassersparsamere genehmigungsfähige Kreislaufkühlung umgestellt hätte. Insofern ähnele vorliegender Sachverhalt dem vom VG Stuttgart entschiedenen Fall (Urteil vom 27.11.2015 - 1 K 5219/14 - BeckRS 2016, 48751), in dem die Wasserentnahme nicht der Nutzung des Wassers, sondern dessen Beseitigung diente, obwohl das Wasser später anderenorts zur Kühlung verwendet wurde. Schließlich bedinge die gewählte Anlagetechnik keine Abschlämmung von Kühlwasser, das mit Chemikalien (Härtestabilisatoren, Biozide, Korrosionsinhibitoren, Dispergiermitteln) versetzt sowie mit Schmutzpartikeln und Bakterien (bspw. Legionellen) belastet ist. Insofern diene sie dem in § 1 Abs. 2 Nr. 2 WG 2013 niedergelegten Grundsatz des Schutzes der Gewässer vor stofflicher Belastung. Dagegen komme dem in § 1 Abs. 2 Nr. 1 WG 2013 enthaltenen Grundsatz des sparsamen und effizienten Umgangs mit Wasser, wie er auch vom Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 - juris) hervorgehoben wurde, vorliegend keine Bedeutung zu. Es sei nicht ersichtlich, warum diese ökologischen Vorteile im Rahmen der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 107 WG 2013 nicht berücksichtigt werden könnten. Der Wortlaut („insbesondere“) lege nahe, dass unzumutbare wirtschaftliche Folgen nur ein Grund für eine Ermäßigung seien.
10 
Mit Schreiben vom 14.11.2016 teilte das Umweltministerium dem Regierungspräsidium ... mit, dass die Gewährung der Ermäßigung unter anderem für das Veranlagungsjahr 2013 rechtswidrig gewesen sei. Neben dem Umstand, dass mehrfach und ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, § 107 WG 2013 restriktiv auszulegen, bleibe für Billigkeitserwägungen unterhalb der Schwelle verfassungsrechtlicher Härten kein Raum. Zu den Tatbestandsmerkmalen des § 107 WG 2013 gehöre weder eine ökologische Lenkungswirkung noch der Nutzen für Dritte. Die durch die Durchlaufkühlung verursachte Grundwasserabsenkung sei lediglich ein der Stadt ... willkommener Nebeneffekt. § 107 WG 2013 sei für vom Gesetzgeber nicht vorhersehbare Fälle geschaffen. Der vorliegende Fall sei jedoch im Rahmen der Novellierung bekannt gewesen. Es handele sich um einen der Fälle, die bewusst beendet werden sollten. Die Nachforderung für das Veranlagungsjahr 2013 sei nach alledem rechtzeitig vor dem Ablauf der Frist zu veranlassen.
11 
Mit Schreiben vom 22.11.2016 wies das Regierungspräsidium ... das Landratsamt ... - klargestellt durch Schreiben vom 05.12.2016 - fachaufsichtlich unter anderem an, unter Beachtung der im Schreiben des Umweltministeriums vom 14.11.2016 dargelegten Rechtsauffassung das Wasserentnahmeentgelt für das Veranlagungsjahr 2013 neu festzusetzen und die Nachforderung der zu Unrecht gewährten Ermäßigung zu veranlassen.
12 
Mit Schreiben vom 02.12.2016 hörte das Landratsamt ... die Klägerin zu dem Erlass eines Änderungsbescheids unter anderem für das Veranlagungsjahr 2013 an. Hierzu setzte es Stellungnahmefrist bis zum 14.12.2016.
13 
Mit streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 20.12.2016 setzte das Landratsamt ... das Wasserentnahmeentgelt für das Veranlagungsjahr 2013 neu fest. Eine Ermäßigung gewährte es nicht. Für das fragliche Veranlagungsjahr wurde eine Nachforderung in Höhe von 284.680,62 EUR festgesetzt. Zur Begründung stellte das Landratsamt ... im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Umweltministeriums dar.
14 
Mit Schreiben vom 05.01.2017 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Änderungsbescheid ein. Mit Schreiben vom 25.04.2017 begründete sie den Widerspruch unter Hinweis auf das von ihr in Auftrag gegebene Fachgutachten, das Gutachten von Prof. Dr. ... und die Stellungnahmen von Landratsamt und Regierungspräsidium. Zum einen liege bereits keine entgeltpflichtige Grundwasserentnahme vor. Zum anderen sei eine atypische Belastung im Sinne des § 107 WG 2013 gegeben. Ferner verstoße der Erlass eines Änderungsbescheids gegen Treu und Glauben.
15 
Zunächst dränge sich die bereits von dem Regierungspräsidium ... in seiner Stellungnahme vom 16.09.2016 angeführte Parallele zu dem Urteil des VG Stuttgart (a. a. O.) auf, da die Grundwasserentnahme „nicht der Wasserversorgung diene“. Hätte die Klägerin die Grundwasserentnahme nur für die Sicherung ihrer Betriebsanlagen beantragt und würde das dabei zu Tage geförderte Grundwasser anschließend zu Kühlungszwecken nutzen, läge exakt der vom VG Stuttgart entschiedene Fall vor. Dass vorliegend lediglich „andersherum“ argumentiert werde, vermag einen wesentlichen Unterschied nicht zu begründen.
16 
Zum Vorliegen einer Atypik führte die Klägerin sodann im Einzelnen aus, dass weder dem Wortlaut noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen sei, dass die Gewährung einer Ermäßigung nach § 107 WG 2013 zwingend eine „unzumutbare Belastung für das Unternehmen“ durch die ungekürzte Erhebung des Entgelts voraussetze. Im Gegenteil stelle § 107 WG 2013 allein auf die sachliche Unzumutbarkeit ab und eröffne gerade keine Betrachtungsmöglichkeit für persönliche Gründe. Maßgeblich sei allein, ob eine nach dem Regelungswillen des Gesetzgebers so weder vorausgesehene noch gewollte Belastung des Entgeltpflichtigen erfolge. Der Gesetzgeber habe bei der Schaffung der Härtefallregelung in § 17h WG 2010 bzw. § 107 WG 2013 die besondere Situation der Klägerin offensichtlich übersehen. Insofern sei einerseits zu berücksichtigen, dass die Klägerin das einzige … Werk in Baden-Württemberg betreibe und der Gesetzgeber trotz der allgemein bekannten Tatsache, dass solche Betriebe einen außerordentlich hohen Wasserbedarf hätten, keine Regelung zu dieser Frage getroffen habe. Andererseits liege ein Fall sogenannter „nützlicher Grundwasserabsenkung“ vor. Das vorhandene Kühlwassersystem sei nicht wirtschaftlichen Erwägungen folgend gewählt worden, sondern auf Anraten der Genehmigungs- und Überwachungsbehörden. Es verfolge eine nahezu doppelte Zielerfüllung, indem es sowohl die Gewässerreinhaltung durch den weitestgehenden Verzicht auf den Einsatz von Chemikalien begünstige als auch der Schonung öffentlicher Haushalte diene, da das Land ohne die Grundwasserentnahme durch die Klägerin weitere Maßnahmen zur Grundwasserabsenkung im Bereich der Stadt ... treffen müsste. Dieser bereits im Gesetzgebungsverfahren von Wirtschaftsverbänden angesprochene Fall sei nicht vom Lenkungszweck des Wasserentnahmeentgelts gedeckt.
17 
Den Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sieht die Klägerin darin begründet, dass sich der bestandskräftige Vorbehalt der Nachprüfung ausnahmsweise nicht auf den vollständigen Bescheid erstrecke. Denn die gewählte Technik und die Frage der Ermäßigung sei mehrfach intensiv mit den Genehmigungsbehörden erörtert und zwischen dem Landratsamt ... und dem Regierungspräsidium abgestimmt worden. Es seien keine Fragen offen geblieben, die Anlass gegeben hätten, einen Vorbehalt der Nachprüfung in den Ausgangsbescheid aufzunehmen. Der Vorbehalt könne daher nur die einzige zum Zeitpunkt des Erlasses nicht nachgeprüfte Frage nach dem tatsächlichen Wasserverbrauch betreffen. Werde gleichwohl aufgrund einer geänderten Rechtsauffassung des Umweltministeriums auf dessen nachträgliche Weisung ein Änderungsbescheid erlassen, verstoße dies gegen Treu und Glauben.
18 
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2017 wies das Regierungspräsidium ... den Widerspruch zurück. Zur Begründung wiederholte es die im Änderungsbescheid genannten Erwägungen. Zudem verwies das Regierungspräsidium darauf, dass eine „nützliche Grundwasserabsenkung“ im Gesetz gerade nicht privilegiert werden sollte und ein Nebeneinander verschiedener Zwecke keine Atypik begründe. Ferner bestünde aufgrund des wirksamen unbeschränkten Vorbehalts der Nachprüfung bis zum Ende der Festsetzungsfrist kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in den Bestand der Entscheidung. Davon abweichende besondere Umstände seien nicht ersichtlich.
19 
Am 20.09.2017 hat die Klägerin Klage erhoben und unter Wiederholung der Ausführungen im Widerspruchsschreiben ergänzend zum einen ausgeführt, dass ein nicht ermäßigtes Wasserentnahmeentgelt widersprüchliche Konsequenzen zeitigen würde. Denn ohne eine Ermäßigung wäre die Klägerin aus wirtschaftlichen Gründen gehalten, die Grundwasserentnahme zu Kühlungszwecken zu minimieren. Gleichzeitig müssten das Land Baden-Württemberg und insbesondere die Stadt ... jedoch unter Aufwendung eigener Mittel Maßnahmen ergreifen, um die dann zu gegenwärtigende Erhöhung des Grundwasserspiegels auszugleichen. Da diese Grundwasserentnahme entgeltfrei wäre, läge in der nicht ermäßigten Erhebung des Wasserentnahmeentgelts ein Wertungswiderspruch begründet. Zum anderen ist die Klägerin der Ansicht, durch die mit den zuständigen Behörden abgestimmte Wasserwirtschaft ohne das Bestehen einer Rechtspflicht eine Gemeinwohlaufgabe wahrgenommen zu haben. Denn der Betrieb eines Teilkühlkreislaufsystems habe die öffentlichen Haushalte entlastet und der Klägerin ein Sonderopfer auferlegt. Schließlich stünde der Abänderungsentscheidung die Bindungswirkung früherer Entscheidungen entgegen. Zweck der Rechtsgrundlage für die Vorbehaltsfestsetzung gemäß § 164 AO sei es, eine rasche erste Steuerfestsetzung ohne besondere Prüfung dadurch zu ermöglichen, dass die Steuer allein aufgrund der Angaben des Steuerpflichtigen festgesetzt werde. § 164 AO solle dagegen nicht eine Verzögerung der Entscheidung oder eine erneute Überprüfung der eigenen rechtlichen Würdigung ermöglichen. Der Vorbehalt eröffne eine abschließende Prüfung, aber keine mehrfache Überprüfung des Abgabenfalls. Ein Wiederaufrollen des gesamten Steuerfalls sei unzulässig. Zudem könne sich im Bereich der Abgabenverwaltung aufgrund einer tatsächlichen Verständigung mit dem Abgabenpflichtigen eine Bindungswirkung im Sinne des Grundsatzes von Treu und Glauben ergeben. Auch die Zusicherung, einen Fall bei zweifelhafter Rechtslage in einem bestimmten Sinne zu beurteilen, verpflichte das Finanzamt bei einer späteren Veranlagung entsprechend der Zusicherung zu handeln. Einer tatsächlichen Verständigung komme die vorliegende Handhabung des Abgabenfalles schon sehr nahe. Jedenfalls aber sei der Beklagte an der Ausnutzung des Nachprüfungsvorbehalts deshalb gehindert, weil er im Zusammenhang mit dem Vorbehaltsbescheid die Absicht einer bestimmten, endgültigen Sachbehandlung ausdrücklich geäußert habe. Denn mit der dezidiert dargestellten Prüfung der Ermäßigung wie auch der rechtlichen und sachlichen Behandlung des Abgabenfalls im Außenverhältnis und im Rahmen der internen Diskussionen zwischen Landratsamt ... und Regierungspräsidium ... sei die Absicht künftiger endgültiger Sachbehandlung kundgetan worden. Das Vertrauen in diese klar geäußerte Rechtsauffassung sei schutzwürdig.
20 
Die Klägerin beantragt,
21 
den Änderungsbescheid des beklagten Landes vom 20.12.2016 zur Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts für das Veranlagungsjahr 2013 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums ... vom 29.08.2017 aufzuheben;
22 
die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
23 
Der Beklagte beantragt,
24 
die Klage abzuweisen.
25 
Zur Begründung verweist er auf die rechtliche Bewertung des Umweltministeriums, die Begründung des Änderungsbescheids sowie des Widerspruchsbescheids. Ergänzend meint der Beklagte, dass nach der Gesetzesbegründung gerade keine ganzen Branchen von der Entgeltverpflichtung ausgenommen werden sollten. Insofern könne der Umstand, dass es sich bei der … Produktion um eine wasserintensive Branche handele, keine Atypik begründen. Auch habe sich der Gesetzgeber bewusst gegen die Befreiung bei einer nützlichen Grundwasserabsenkung entschieden. Das Wasserentnahmeentgelt knüpfe an die Entnahme an, ohne dass die Frage bedeutsam sei, ob und wofür das in Anspruch genommene Grundwasser im Einzelnen gebraucht werde. Zudem bestünden Zweifel an der Systemgerechtigkeit eines solchen Privilegierungstatbestands, da er gerade Unternehmen mit einem hohen Wasserverbrauch zu Gute käme.
26 
Der Beklagte hat zwischenzeitlich einen Änderungsbescheid zur Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts für das Veranlagungsjahr 2011 erlassen. Danach erhält die Klägerin auch für dieses Jahr entgegen dem zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Festsetzungsbescheid keine Ermäßigung für die Grundwasserentnahme. Der Beklagte hat eine Nachforderung in Höhe von circa 300.000,-- EUR festgesetzt. Das insofern anhängige Widerspruchsverfahren haben die Beteiligten ruhend gestellt.
27 
Dem Gericht haben die einschlägigen Verwaltungsakten des Beklagten (zwei Hefte) und des Regierungspräsidiums (drei Hefte) vorgelegen. Hierauf sowie auf die Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
29 
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß §§ 42, 68 ff., 81 VwGO ohne Weiteres zulässig.
II.
30 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Änderungsbescheid des Beklagten vom 20.12.2016 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums ... vom 29.08.2017 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1. Ermächtigungsgrundlage des Änderungsbescheids ist § 17c Satz 1 Nr. 2, § 17i Abs. 2 Satz 1, § 17n Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 WG 2010 i. V. m. § 164 Abs. 2 Satz 1 AO. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtslage sind die für das Erhebungsjahr geltenden Normen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.08.1975 - IV C 11.73 - juris, Rn. 30; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.09.2015 - 4 LB 39.14 - juris, Rn. 44 ff.; VG Stuttgart, a. a. O.). Dass diese von dem Beklagten zum Teil falsch bezeichnet wurden, ist unerheblich. Denn die hier in Rede stehenden Vorschriften entsprechen inhaltlich der im Erhebungsjahr jeweils gültigen Vorgängerfassung. Insofern hat sich zwischenzeitlich allein die Nummerierung der Paragraphen geändert. Es liegt lediglich eine unschädliche Falschbezeichnung vor (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.1995 - 3 S 3203/94 - juris, Rn. 38, 40).
32 
2. Der Änderungsbescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist das Landratsamt ... gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 3, § 96 Abs. 1 WG 2010 i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 VwG als untere Wasserbehörde für die Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts und damit auch für den Erlass des Änderungsbescheids zuständig (vgl. rechtsgedanklich § 17n Abs. 2 WG 2010 i. V. m. § 48 Abs. 5 LVwVfG). Auch das Verfahren ist nicht zu beanstanden. Dass der Klägerin trotz des Vorliegens eines komplexen Sachverhalts lediglich eine Stellungnahmefrist von zwölf Tagen gewährt wurde, ist hier unbehelflich. Ein hierin etwaig begründeter Verfahrensfehler wäre jedenfalls gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG geheilt. Denn die erforderliche Anhörung der Klägerin wurde im Vorverfahren nachgeholt. Die Klägerin hat dort unter Gewährung einer antragsgemäß verlängerten Frist umfassend Stellung genommen.
33 
3. Der Änderungsbescheid ist auch materiell rechtmäßig.
34 
a. Die Änderung der Festsetzung war nach § 17n Abs. 1 Nr. 8 WG 2010 i. V. m. § 164 Abs. 2 Satz 1 AO möglich, weil der ursprüngliche Festsetzungsbescheid vom 09.07.2014 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging. Gemäß § 17n Abs. 1 Nr. 8 WG 2010 ist bei dem Vollzug der §§ 17a bis 17o WG 2010 die Steuerfestsetzung unter Vorbehalt nach § 164 Abs. 1 bis 4 Satz 1 AO anzuwenden. Gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 AO kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden, solange der Vorbehalt wirksam ist. Der Bescheid vom 09.07.2014 enthielt den ausdrücklichen Vermerk, dass „das Landratsamt ... unter dem Vorbehalt der Nachprüfung folgenden Bescheid [...]“ erlässt. Er stellt mithin einen Vorbehaltsbescheid im genannten Sinne dar. Dabei erfasst der Vorbehalt auch die Härtefallentscheidung (aa.) und ist weder unwirksam (bb.) noch entfallen (cc.).
35 
aa. Der Vorbehalt der Nachprüfung erfasst die Entscheidung über das Vorliegen eines Härtefalls im Sinne des § 17h WG 2010. Denn das Wasserentnahmeentgelt für das Veranlagungsjahr 2013 wird unter Ziff. 3 des Bescheids in ermäßigter Höhe festgesetzt und der gesamte Bescheid grammatisch unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt.
36 
Nichts anderes ergibt sich aus der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 14.05.2004 - 8 S 995/03 - juris). Hiernach soll der Vorbehalt der Nachprüfung lediglich für die eigentliche Steuerfestsetzung gelten. Er erstrecke sich dagegen generell nicht auf Billigkeitsmaßnahmen, zu denen die Ermäßigungsentscheidung gemäß § 17d WG 2005 zu zählen sei. Dies folge aus dem klaren Wortlaut des § 164 Abs. 2 Satz 1 AO, demnach die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden kann (VGH Baden-Württemberg, a. a. O., Rn. 18 m. w. N.). Sofern und soweit von der Festsetzung aus Billigkeitsgründen abgesehen worden sei, könne diese Änderung im Sinne einer vollen Entgelterhebung nicht auf den Vorbehalt gestützt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, a. a. O., Rn. 20).
37 
Diese Rechtsprechung ist auf die Härtefallentscheidung nach § 17h WG 2010 nicht übertragbar. Denn sie findet ihre Begründung in Überlegungen zur Abgabenordnung einerseits und zum Wassergesetz in der Fassung vom 20.01.2005 andererseits.
38 
Im Anwendungsbereich der Abgabenordnung wird die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme (§ 163 AO) durch Verwaltungsakt getroffen. Auch wenn dieser Verwaltungsakt gemäß § 163 Abs. 2 AO mit der Steuerfestsetzung verbunden wird, ändert dies nichts daran, dass es sich hierbei um eine von der eigentlichen Steuerfestsetzung gesonderte Entscheidung handelt. Der Steuerpflichtige muss aus einer solchen Koppelung nicht schließen, es sei noch keine endgültige Billigkeitsentscheidung getroffen worden (vgl. BFH, Beschluss vom 12.07.2012 - I R 32/11 - juris, Rn. 15; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 164 Rn. 6). Denn die selbstständige Billigkeitsentscheidung ist nicht Steuerfestsetzung im Sinne des § 164 Abs. 2 Satz 1 AO (vgl. Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, § 164 Rn. 8). Der Vorbehaltsvermerk des § 164 Abs. 1 AO erstreckt sich auf sie weder unmittelbar noch mittelbar (BFH, a. a. O., Rn. 18).
39 
Entgegen der Gesetzesfassung vom 20.01.2005 fehlt dem Wassergesetz vom 29.07.2010 jedoch eine umfassende Verweisung auf die Abgabenordnung und insbesondere auf die Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO. Zum einen stellt die Härtefallentscheidung gemäß § 17h WG 2010 eine abschließende Regelung dar. Anders als im Rahmen der früheren Ermäßigungsentscheidung nach § 17d WG 2005 können neben § 17h WG 2010 keine weiteren Billigkeitsentscheidungen gemäß §§ 163 und 227 AO getroffen werden (vgl. zu § 17d WG 2005 VGH Baden-Württemberg, a. a. O., Rn. 17; zu § 17h WG 2010 Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., 50. Lfg. zur 3. Aufl. Juli 2017, § 107 Rn. 5). Ein Nebeneinander verschiedener Rücknahmeregime ist mithin nicht zu gegenwärtigen (vgl. zu entsprechenden materiell-rechtlichen Bedenken VGH Baden-Württemberg, a. a. O.). Zum anderen ergibt sich aus einer Gesamtschau der Bestimmungen in § 17i Abs. 1 Satz 1, 2, 7, 9, Abs. 2 Satz 1, 2 WG 2010, dass die Härtefallentscheidung integraler Verfahrensbestandteil der Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts ist, weswegen die Vorbehaltswirkung auch diese Entscheidung erfasst. So hat der Entgeltpflichtige für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum gemäß § 17i Abs. 1 Satz 1, 2 WG 2010 eine Entgelterklärung abzugeben, die zwingend auch Anträge nach § 17h WG 2010 enthalten muss. Das gesonderte Nachreichen entsprechender Anträge ist gemäß § 17i Abs. 1 Satz 9 WG 2010 ausgeschlossen. Eine Fristverlängerung wird gemäß § 17i Abs. 1 Satz 7 WG 2010 (nur) hinsichtlich der gesamten Entgelterklärung gewährt. Der Festsetzungsbescheid ergeht sodann gemäß § 17i Abs. 2 Satz 1 WG 2010 zwingend unter Berücksichtigung von Härtefallanträgen. Schließlich ist der Verweis auf die Abgabenordnung in § 17n Abs. 1 Nr. 8 WG 2010 („über die Steuerfestsetzung unter Vorbehalt“) wesentlich enger gefasst, als in seiner Vorgängervorschrift § 117a Abs. 1 WG 2005 (unter anderem „über die Steuerfestsetzung“). In der hier anwendbaren Verweisungsnorm werden nur diejenigen Bestimmungen der Abgabenordnung aufgezählt, die für die Festsetzung des Entgelts unbedingt erforderlich sind (vgl. LT-Drs. 14/6491, S. 42). Die Abgabenordnung findet mithin nur noch punktuell Anwendung. Abgabenrechtliche Erwägungen - hinsichtlich der Selbstständigkeit von Billigkeitsentscheidungen - sind demnach gerade nicht heranzuziehen.
40 
Dieses Verständnis der Härtefallentscheidung als integralem Bestandteil des Festsetzungsverfahrens findet in der Entstehungsgeschichte des Wassergesetzes vom 29.07.2010 ausdrücklich Bestätigung (vgl. dagegen zu § 17d WG 2005 LT-Drs. 9/4237, S. 17). Entgegen § 17d WG 2005 sei die ihr nachfolgende - enger gefasste - Härtefallregelung des § 17h WG 2010 keine selbstständige Entscheidung. Sie stelle „einen integralen Verfahrensbestandteil des Festsetzungsverfahrens dar, ohne den ein Festsetzungsbescheid für das betroffene Veranlagungsjahr nicht erlassen werden kann“ (LT-Drs. 14/6491, S. 37, s. auch S. 2, 18). „Herbei [sic!] handelt es sich um entscheidungserhebliche und ermittlungserhebliche Sachverhalte, die [...] für die Festsetzung des konkreten Wasserentnahmeentgelts Bedeutung haben“ (LT-Drs. 14/6491, S. 38). Durch die Einbindung etwaiger Ermäßigungs- und Härtefallanträge in das Festsetzungsverfahren einschließlich Festsetzungsbescheid unterscheiden sie sich „sowohl von der Aufrechnung nach § 226 AO, die Teil des Erhebungsverfahrens ist, als auch von Billigkeitsverfahren nach § 163 AO, bei denen es sich um selbstständige Verfahren mit eigenen Rechtsschutzmöglichkeiten im Rahmen der Festsetzung handelt“ (LT-Drs. 14/6491, S. 39).
41 
Im Übrigen dürfte auch der Beklagte - der Klägerin erkenntlich - hiervon ausgegangen sein, als er mit Schreiben vom 31.05.2013 die Klägerin aufforderte, 140.193,68 EUR als Vorauszahlung zu leisten, was gemäß § 17i Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 WG 2010 der Hälfte des zuletzt festgesetzten Jahresbetrags inklusive der gewährten Ermäßigung entsprach. Da sich der Vorbehalt mithin auf den ganzen Bescheid erstreckt (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., 50. Lfg. zur 3. Aufl. Juli 2017, § 108 Rn. 23), konnte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 20.12.2016 grundsätzlich eine verbindliche Entscheidung des Inhalts treffen, dass von einer Ermäßigung aufgrund von Härte abgesehen und das Wasserentnahmeentgelt stattdessen in nicht reduzierter Höhe festgesetzt wird.
42 
bb. Dem Ausnutzen der Vorbehaltswirkung stand auch nicht eine etwaige Unwirksamkeit des Vorbehalts entgegen. Denn der Vorbehalt war im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids wirksam. Er war bestandskräftig und nicht gemäß § 17n Abs. 2 WG 2010 i. V. m. § 44 LVwVfG nichtig. Insoweit ist ohne Belang, ob die einzige Tatbestandsvoraussetzung für die Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 17n Abs. 1 Nr. 8 WG 2010 i. V. m. § 164 Abs. 1 Satz 1 AO vorgelegen hat - keine abschließende Prüfung des Entgeltfalls. Denn ein trotz abschließender Prüfung unter Vorbehalt ergangener Festsetzungsbescheid ist nicht nichtig, sondern bloß anfechtbar. Wird er bestandskräftig, kann die zuständige Behörde ihn unter Ausnutzung des Vorbehalts ändern (vgl. BFH, Urteil vom 14.09.1993 - VIII R 9/93 - juris, Rn. 16 f.; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 164 Rn. 55a; Oellerich in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 140. Lfg., § 164 AO Rn. 1 jew. m. w. N.).
43 
cc. Von dem Vorbehalt konnte der Beklagte zudem deshalb Gebrauch machen, weil er nicht entfallen war. Gemäß § 17n Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 WG 2010 i. V. m. § 164 Abs. 4 Satz 1 AO entfällt der Vorbehalt der Nachprüfung, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist des Wasserentnahmeentgelts beträgt gemäß § 17i Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 WG 2010 grundsätzlich zwei Jahre. Gemäß § 17i Abs. 3 Satz 5 WG 2010 beginnt sie grundsätzlich mit Ablauf des auf die Benutzung nach § 17c WG 2010 folgenden Kalenderjahres. Der Änderungsbescheid konnte demnach noch bis zum 31.12.2016 erlassen werden.
44 
b. Auch die weiteren Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind gegeben. Die Festsetzung ist nicht zu beanstanden. Die Wasserentnahme ist entgeltpflichtig (aa.). Es wurde zu Recht kein Härtefall gemäß § 17h WG 2010 angenommen (bb.) und das Entgelt der Höhe nach richtig festgesetzt (cc.).
45 
aa. Gemäß § 17c Satz 1 WG 2010 ist unter anderem das Entnehmen von Grundwasser und von Wasser aus oberirdischen Gewässern entgeltpflichtig, soweit es der Wasserversorgung dient. Dies trifft auf die Grundwasserentnahme durch die nach § 17b Nr. 1 WG 2010 entgeltpflichtige Klägerin zu. Der Wasserversorgung dienen alle Gewässerbenutzungen zum Zwecke der Deckung des Wasserbedarfs, z. B. Trinkwasserbedarf, Betriebswasserbedarf, Haushaltswasserbedarf, Kühlwasserbedarf, Löschwasserbedarf, Bewässerungswasserbedarf und Wasserbedarf für öffentliche Einrichtungen (VG Stuttgart a. a. O., m. w. N.).
46 
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist hier tatbestandlich von einer der Wasserversorgung dienenden Grundwasserentnahme auszugehen. Denn die Klägerin entnahm das Grundwasser zum Zwecke der Deckung ihres Kühlwasserbedarfs. Hierauf kam es der Klägerin gerade an. Dass die von ihr betriebene Durchlaufkühlung mittels Grundwasser im konzedierten Interesse der Stadt ... lag und mit dem Landratsamt ... abgestimmt war, weil dieses Kühlsystem zu der lokal erforderlichen Absenkung des Grundwasserspiegels beitrug, dürfte ebenso unbestritten wie unerheblich sein. Denn die mit der Grundwasserentnahme zu Kühlungszwecken einhergehende Zweckverfolgung eines Dritten ändert nichts daran, dass die Klägerin durch die Entnahme von Grundwasser primär ihren eigenen Wasserbedarf decken wollte. Sie zielte gerade nicht darauf ab, unerwünschtes Grundwasser im eigenen oder fremden Interesse zu beseitigen (vgl. zu § 1 Abs. 2 Nr. 8 Var. 2 WasEG NRW OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.08.2009 - 9 A 359/07 - juris, Rn. 34; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.09.2016 - 9 A 999/14 - juris, Rn. 189). Die Beseitigung von Grundwasser stellte lediglich einen im Interesse eines Dritten stehenden, auch erwünschten Nebeneffekt dar. Insofern führen die Erwägungen des VG Stuttgart (a. a. O.) nicht weiter, da die dortige Klägerin primär Interesse an der Beseitigung des von ihr entnommenen Grundwassers hatte und dessen nachfolgende Nutzung ihr nicht final zuzurechnen war.
47 
bb. Auch hat der Beklagte einen Härtefall zu Recht verneint. Die Klägerin hat zwar fristgerecht einen entsprechenden Antrag nach § 17h Satz 1 WG 2010 gestellt (§ 17i Abs. 1 Satz 6 WG 2010). Der Beklagte hat aber in rechtlich nicht zu beanstandender Weise eine besondere Härte abgelehnt und demzufolge auch nicht im Rahmen der Entgeltfestsetzung berücksichtigt (§ 17i Abs. 2 Satz 1 i. V. m. §§ 17f, 17g, 17h WG 2010). Gemäß § 17h Satz 1 WG 2010 kann in besonderen Härtefällen auf Antrag das Entgelt ermäßigt oder von der Festsetzung abgesehen werden, insbesondere wenn die Festsetzung des Entgelts in voller Höhe zu einer außergewöhnlichen oder atypischen Belastung führen würde. Gemäß Satz 2 ist eine Kumulierung mit einer Ermäßigung nach § 17f oder § 17g WG 2010 nicht zulässig.
48 
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist hier kein besonderer Härtefall wegen einer außergewöhnlichen oder atypischen Belastung gegeben. Bei den Begriffen des besonderen Härtefalls und der außergewöhnlichen oder atypischen Belastung handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Auslegung der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.05.2011 - 1 BvR 857/07 - juris, Rn. 70; BVerwG, Urteil vom 22.08.1985 - 3 C 49/84 - juris, Rn. 27).
49 
(1) Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Norm. Dieser setzt das Vorliegen eines „besonderen Härtefalls“ voraus. Demzufolge genügt nicht jede mit der Entgelterhebung verbundene Härte, die Betroffenheit des Entgeltpflichtigen muss vielmehr von herausgehobener Art sein (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., 50. Lfg. zur 3. Aufl. Juli 2017, § 107 Rn. 4). Dem Wortlaut nach liegt eine derart herausgehobene Betroffenheit „insbesondere“ und also vor allem bei außergewöhnlichen oder atypischen Belastung durch die nicht ermäßigte Erhebung des Wasserentnahmeentgelts vor. Demnach legt der Wortlaut eine Härte speziell bei unzumutbaren wirtschaftlichen Folgen nahe. Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass die Regelung nicht abschließend formuliert ist. Wirtschaftliche Belastungen stellen danach zwar den Regelfall eines Härtefalls dar. Anders begründete Härtefälle schließt der Wortlaut aber nicht aus, solange sie einen strukturell vergleichbaren Schweregrad aufweisen (keinen Anwendungsbereich für andere Konstellationen sieht letztlich Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., 50. Lfg. zur 3. Aufl. Juli 2017, § 107 Rn. 4).
50 
(2) Der Gesetzgeber ist jedoch davon ausgegangen, dass nur außergewöhnliche wirtschaftliche Belastungen einen Härtefall begründen können, wohingegen ein wasserwirtschaftlich oder ökologisch vorteilhafter Umgang mit Wasser allein im Rahmen der Ausnahmen nach § 17d WG 2010 und der Ermäßigungstatbestände der §§ 17f, 17g WG 2010 zu berücksichtigen ist. Diesen gesetzgeberischen Willen legt eine historisch-genetische Auslegung der Gesetzesmaterialien nahe. Erklärtes Motiv des Gesetzesentwurfs zur Novellierung des Wassergesetzes war es, „eine Optimierung der Lenkungswirkung des WEE zu bewirken“ sowie „bestehende Rechtsunsicherheiten“ und „zeitaufwendige Verwaltungsverfahren“ - „vor allem hinsichtlich der Ermäßigungsregelung nach § 17d“ WG 2005 - zu beseitigen (LT-Drs. 14/6491, S. 1, vgl. auch S. 18). Dabei sollte „das umstrittene, eigenständige Ermäßigungsverfahren nach § 17d“ WG 2005 entfallen und stattdessen eine „verfassungsrechtlich gebotene Einräumung einer Härtefallprüfung durch eine ebenfalls in das WEE-Festsetzungsverfahren integrierte Regelung geschaffen“ werden (LT-Drs. 14/6491, S. 2, vgl. auch S. 18, 23, 26). Die neue Härtefallregelung stelle „eine spezialgesetzliche materiellrechtliche Regelung zur Sicherstellung der Wahrung der Zumutbarkeitsgrenze dar“. Dabei sei an „in der individuellen Situation eines Unternehmens“ begründete Einzelfälle gedacht worden, durch die der Entgeltpflichtige der Höhe des erhobenen Wasserentnahmeentgelts nach unzumutbar in einer vom Gesetzgeber nicht vorhergesehenen Art und Weise belastet wird“ (LT-Drs. 14/6491, S. 37). Branchenweite Ermäßigungen sollten ausgeschlossen werden (LT-Drs. 14/6491, S. 30). Eine Entgeltfreistellung der Wasserentnahme zur Verhinderung des Grundwasseranstiegs sei aus Gründen der Systemgerechtigkeit nicht umgesetzt worden (LT-Drs. 14/6491, S. 23). Der ersten und zweiten Beratung des Gesetzentwurfs kann ferner entnommen werden, dass ein „Ökobonus“ lediglich auf Grundlage der neuen Ermäßigungstatbestände in den §§ 17f, 17g WG 2010 gewährt werden sollte (LT-PlPr. 14/97, S. 6994 f.; LT-PlPr. 14/98, S. 6994 f.). Dem Gesetzgeber ist es nach alledem darum gegangen, mit den §§ 17f, 17g WG 2010 Rechtssicherheit stiftende Ermäßigungstatbestände zu kodifizieren, die den haushälterischen Umgang mit Wasser begünstigen, und über die Härtefallregelung des §17h WG 2010 zugleich extrem gelagerte wirtschaftliche Belastungssituationen einzelner Entgeltpflichtiger aufzufangen.
51 
(3) Dieses Ergebnis korrespondiert mit einer systematischen Interpretation der Härtefallregelung im Gefüge des Wassergesetzes. Die Härtefallregelung des § 17h WG 2010 ist an das Ende der eine Ermäßigung ermöglichenden Tatbestände gestellt. Anders als die Ermäßigungstatbestände der §§ 17f, 17g WG 2010 nehmen die unbestimmten Rechtsbegriffe in § 17h WG 2010 weder für sich genommen noch im Satzzusammenhang Bezug auf eine ökologische Lenkungsfunktion des Wasserentnahmeentgelts. Die Härtefallregelung klammert ökologische Erwägungen vielmehr aus, indem der Satz 2 des § 17h WG 2010 eine Kumulierung mit einer Ermäßigung nach § 17f oder § 17g WG 2010 ausdrücklich nicht zulässt. Insofern verwirklichen Ermäßigungstatbestände einerseits und Härtefall andererseits eine „Sphärentrennung“ (Gawel/Bretschneider, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ, Das Wasserentnahmeentgelt in Baden-Württemberg. Bestandsaufnahme und Evaluierung. Endbericht im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, Leipzig, 2016, S. 96) zwischen Ermäßigung aus wasserwirtschaftlichen bzw. ökologischen und wirtschaftlichen Gründen.
52 
(4) Auch der Sinn und Zweck des Wasserentnahmeentgelts fordert keine extensive Auslegung des § 17h WG 2010. Vielmehr stehen Sachgerechtigkeitserwägungen der Annahme eines Härtefalls aufgrund einer wasserwirtschaftlich bzw. ökologisch vorteilhaften Wasserentnahme entgegen.
53 
Gemäß dem in § 3a WG 2010 niedergelegten Zweck des Wassergesetzes sind neben dem Zweck und den Zielen des § 1a Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) a. F. zusätzlich unter anderem folgende Grundsätze zu beachten:
54 
- Bei allen Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf Gewässer verbunden sein können, ist die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine Beeinträchtigung der Gewässer, insbesondere ihrer ökologischen Funktionen zu vermeiden (Abs. 5).
55 
- Jeder ist verpflichtet, mit Wasser haushälterisch umzugehen. Wassersparende Verfahren sind anzuwenden, soweit dies insbesondere wegen der benötigten Wassermenge mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt zumutbar und aus hygienischen Gründen vertretbar ist (Abs. 7).
56 
Dabei soll gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 WG 2010 die Bewirtschaftung der Gewässer auch durch ökonomische Maßnahmen gefördert werden und sind gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 WG 2010 die Gewässer so zu benutzen, dass deren ökologische Funktionen möglichst wenig beeinträchtigt werden (Vorsorgeprinzip). Aus einer Gesamtschau der Vorschriften des Wassergesetzes und insbesondere der § 3a Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 1 Satz 1 WG 2010 folgt einerseits, dass die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts gemäß der §§ 17a ff. WG 2010 der Abschöpfung eines Sondervorteils aus der Nutzung eines öffentlichen Gutes dienen soll und dabei nicht beziehungslos zu der nachhaltigen Bewirtschaftung der Gewässer unter möglichst weitgehender Wahrung ihrer ökologischen Funktionen steht. Diese ökonomische Anreizwirkung findet Rückhalt in Art. 9 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2000 (WRRL), demnach die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass die Wassergebührenpolitik angemessene Anreize für die Benutzer darstellt, Wasserressourcen effizient zu nutzen, und somit zu den Umweltzielen dieser Richtlinie beiträgt (Abs. 1 UAbs. 2 1. Spiegelstrich), wobei die Mitgliedstaaten sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Kostendeckung sowie die geographischen und klimatischen Gegebenheiten der betreffenden Region oder Regionen Rechnung tragen können (Abs. 1 UAbs. 3). Insoweit eine Wasserentnahme ökologischen oder anderen wasserwirtschaftlichen Zwecken dient, diese Zwecksetzungen aber nicht durch die Ermäßigungstatbestände der §§ 17f, 17g WG 2010 berücksichtigt werden, scheint es der ratio legis jedenfalls nicht zu widersprechen, derartige erwünschte Wasserentnahmen über den Auffangtatbestand des § 17h WG 2010 durch eine Ermäßigung auf das Wasserentnahmeentgelt zu privilegieren. Diese Lesart steht in Einklang mit Art. 9 WRRL. Denn mit dem EuGH legt die WRRL lediglich gemeinsame Grundsätze und einen allgemeinen Handlungsrahmen für den Gewässerschutz fest und stellt die Koordinierung, die Integration und die langfristige Weiterentwicklung der grundlegenden Prinzipien und Strukturen für den Schutz und einen ökologisch nachhaltigen Gebrauch von Wasser sicher (EuGH, Urteil vom 11.09.2014 - C-525/12 - juris, Rn. 50). Der Richtlinie könne daher nicht entnommen werden, dass das Fehlen einer Bepreisung beispielsweise einer Wasserentnahme in jedem Fall der Verwirklichung dieser Ziele zwangsläufig abträglich sei (EuGH, a. a. O., Rn. 56). In diesem Zusammenhang sehe Art. 9 Abs. 4 WRRL vor, dass die Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen befugt seien, die Kostendeckung auf eine bestimmte Wassernutzung nicht anzuwenden, sofern dadurch die Zwecke dieser Richtlinie und die Verwirklichung ihrer Ziele nicht in Frage gestellt würde (EuGH, a. a. O., Rn. 57).
57 
Andererseits stehen Sachgerechtigkeitserwägungen und insbesondere Praktikabilität und Effektivität des Vollzugs des Wasserentnahmeentgelts einer solchen Deutung des Anwendungsbereichs des § 17h WG 2010 entgegen. Den Vorschriften des 1. Abschnitts des 3. Teils des Wassergesetzes ist zu entnehmen, dass im Zweifel diejenige Interpretation den Vorzug verdient, mit der das Wasserentnahmeentgelt erhoben werden kann. Sowohl die Ausnahmen von der Entgeltpflicht in § 17d WG 2010 als auch die Ermäßigungstatbestände der §§ 17f, 17g WG 2010 sind - auch der Höhe nach - klar bestimmt und verzichten weitestgehend auf unbestimmte Rechtsbegriffe - anders als die Härtefallregelung des § 17h WG 2010. Diese Regelungstechnik lässt zum einen den Schluss darauf zu, dass die Erhebung des Wasserentgelts ohne größeren Verwaltungsaufwand effektiv und rechtssicher vollzogen werden soll. Eine Auslegung, die im Übrigen auch dem ausdrücklich artikulierten Willen des Gesetzgebers entspricht (vgl. LT-Drs. 14/6491, S. 1). Zum anderen spricht diese Regelungstechnik dafür, dass die Befreiungs- und Ermäßigungstatbestände der §§ 17d, 17f, 17g WG 2010 insofern abschließend sind, als sie einen bestimmten wasserwirtschaftlich bzw. ökologisch vorteilhaften Umgang mit Wasser privilegieren und darüber hinaus keinen Raum dafür lassen, vergleichbare Vorteile über § 17h WG 2010 zu berücksichtigen. Zudem und wie ebenfalls aus der Gesetzesbegründung hervorgeht (vgl. LT-Drs. 14/6491, S. 37) sollte mit der sehr abstrakt gehaltenen Härtefallregelung lediglich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen werden. Danach soll eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG durch die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts - und damit eine besondere wirtschaftliche Belastung - dann ausgeschlossen sein, wenn das Gesetz für den Fall, dass die Abgabenerhebung für einen einzelnen Abgabenpflichtigen eine besondere Härte bedeuten würde, von der Zahlung der Abgabe ganz oder teilweise befreit (BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 - juris, Rn. 186). Diese verfassungsrechtlich gebotene Härtefallregelung hat der Gesetzgeber mit § 17h WG 2010 einfachrechtlich umzusetzen bezweckt.
58 
(5) Ist danach davon auszugehen, dass von § 17h WG 2010 allein persönliche Härten erfasst werden, ist das Vorliegen eines besonderen Härtefalls hier zu verneinen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist zunächst davon auszugehen, dass der Beklagte Kenntnis von der Situation der Klägerin hatte. Ein unvorhergesehener Fall ist daher nicht gegeben. Unvorhersehbarkeit setzt Atypik aber bereits sprachlich voraus. Die Kenntnis des Beklagten von der Situation der Klägerin beruht dabei auf den der Klägerin zuvor gewährten Ermäßigungen gemäß § 17d WG 2005. Die Gesetzesmaterialien legen jedenfalls nahe, dass Daten zu Anzahl und Praxis der Ermäßigungen nach alter Rechtslage und also auch zu Gunsten der Klägerin der Gesetzesnovellierung zu Grunde gelegen haben (LT-PlPr. 14/97, S. 6888, 6889; LT-PlPr. 14/98, S. 6994; LT-Drs. 14/6491, S. 23). Sodann ist eine besondere wirtschaftliche Härte nicht gegeben. Die Klägerin hat dazu bereits nichts vorgetragen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Erhebung des Wasserentgelts hier in die Nähe einer Abgabe rückt, die Art. 12 Abs. 1 bzw. Art. 14 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt, weil ihre Höhe das Gewerbe in aller Regel wirtschaftlich unmöglich machen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.10.1963 - 1 BvL 29/56 - juris, Rn. 7) bzw. regelmäßig erdrosselnde Wirkung haben würde (vgl. BVerfG, Urteil vom 08.04.1997 - 1 BvR 48/94 - juris, Rn. 133; BVerwG, Urteil vom 16.11.2017 - 9 C 16/16 - juris, Rn. 33 ff.).
59 
Selbst wenn jedoch davon auszugehen sein sollte, dass unter § 17h WG 2010 auch Härtefälle sachlicher Art fallen, wäre keine besondere Härte anzunehmen. Denn die Klägerin dringt mit ihrem Vortrag nicht durch, sie träfe eine besondere Härte im Sinne des § 17h WG 2010, weil sie allein deshalb eine wasser- und damit auch entgeltintensive Kühltechnik gewählt habe, um dadurch einen wasserwirtschaftlich bzw. ökologisch vorteilhaften Umgang mit Wasser zu gewährleisten. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass sie durch die gewählte wasserintensive Durchlaufkühlung einerseits dem lokalen Interesse an einer Absenkung des Grundwasserspiegels gedient und dabei andererseits den Schutz der Gewässer vor stofflicher Belastung im Blick gehabt haben mag. Zudem erklärte sie sich auch einverstanden, mit der Festsetzung niedriger Grenzwerte für das Einleiten ihrer Abwässer. Eine atypische Belastung im Sinne des § 17h WG 2010 erwächst der Klägerin daraus jedoch nicht. Zum einen entspricht ein vollständig geschlossener Kreislauf dem Stand der Technik, und nicht das von der Klägerin betriebene offene Kühlwasserteilkreislaufsystem. Zum anderen benötigt Ersterer erheblich weniger Wasser und orientiert sich damit an dem in § 3a Abs. 7 WG 2010 verankerten Gebot der Wassersparsamkeit. Dass diesem Gebot vorliegend weniger Gewicht zukommen mag, weil die Stadt ... selbst großen Aufwand betreibt, um den Grundwasserspiegel niedrig zu halten, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn es ist jedenfalls nicht unverhältnismäßig, auch eine „nützliche Grundwasserentnahme“ mit dem Wasserentnahmeentgelt zu belegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.2007 - 7 C 3/07 - juris, Rn. 29). Durch eine entsprechende Privilegierung würde nicht nur der effektive Vollzug der Erhebung des Wasserentnahmeentgelts beeinträchtigt und würden sich gleichheitsrechtliche Fragen stellen. Auch würde hier - jenseits von § 17d Nr. 4 WG 2010 - die Nutzung von qualitativ hochwertigem Grundwasser zu Kühlungszwecken privilegiert, statt insofern wie sonst üblich und gewollt auf Oberflächenwasser zuzugreifen und das Grundwasser insbesondere der Trinkwasserversorgung vorzubehalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 - juris, Rn. 178; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Grundwasser in Deutschland, August 2008, S. 5, 25 f.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16.11.2017 - 9 C 16/16 - juris, Rn. 20).
60 
Ferner kann die Klägerin nicht mit dem Argument gehört werden, sie leiste ein Sonderopfer, weil sie Gemeinwohlinteressen bediene und dabei die öffentlichen Haushalte entlaste. Einerseits erlangt die Klägerin durch die über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzung des Allgemeinguts Wasser als Kühlmittel unmittelbar einen individuellen Sondervorteil, der grundsätzlich abgeschöpft werden kann und dem Gesetzeszweck entsprechend auch abgeschöpft werden soll (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 - juris, Rn. 162; BVerwG, Beschluss vom 29.10.2007 - 7 B 36/07 - juris, Rn. 9). Andererseits genügt vor diesem Hintergrund der nahezu zwangsläufige Umstand nicht, dass die Grundwasserentnahme auch zur Grundwasserabsenkung führt und sich objektiv günstig auf das Gemeinwohl auswirkt, um hier von einer Grundwasserentnahme im Gemeinwohlinteresse auszugehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.08.2009 - 9 A 359/07 - juris, Rn. 35).
61 
Schließlich ist ein vermeintliches Drängen des Beklagten, das offene Kühlwasserteilkreislaufsystem beizubehalten, den Akten - jenseits der Benutzung dieses Wortes - nicht zu entnehmen. Aber auch die vollzogene Abstimmung mit den Genehmigungsbehörden hat für sich keine atypische Belastung der Klägerin zur Folge. Vor dem Hintergrund der früheren Rechtslage mit seinem stark einzelfallabhängigen Ermäßigungstatbestand in § 17d Abs. 2 WG 2005 ist es jedenfalls nicht ungewöhnlich, dass die Beteiligten sich hinsichtlich der Ermäßigungsvoraussetzungen eingehend besprochen haben.
62 
cc. Schließlich begegnet die Festsetzung in der konkreten Höhe keinen rechtlichen Bedenken, sodass auf die Berechnung im angefochtenen Änderungsbescheid vom 20.12.2016 Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO).
63 
c. Auch auf Rechtsfolgenseite bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids. Entgegen dem Wortlaut des § 164 Abs. 2 Satz 1 AO ist ein rechtswidriger Bescheid aufzuheben oder zu ändern, solange der Vorbehalt wirksam ist. Insoweit besteht kein Ermessen (BFH, Urteil vom 11.11.2008 - IX R 53/07 - juris, Rn. 11; Oellerich in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 140. Lfg. 01.07.2015, § 164 AO Rn. 101 m. w. N. spricht von einem „reine[n] Kompetenz-Kann“; vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, § 164 Rn. 33). Der ursprüngliche Festsetzungsbescheid vom 09.07.2014 musste also zur Anpassung an das materielle Recht geändert werden.
64 
Anders als die Klägerin meint, stellt das Ausnutzen der Vorbehaltswirkung auch keinen Verstoß gegen Treu und Glaube dar. Die Pflicht, Treu und Glauben gemäß § 242 BGB zu genügen, erstreckt sich, weil auf einem allgemeinen Rechtsgedanken beruhend, auf das öffentliche Recht. Ob im Einzelfall der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt ist, hängt stets von den Umständen eben dieses Einzelfalles ab und lässt sich dementsprechend generell nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 46/91 - NVwZ 1993, 1102, 1104 f.). Die Einzelfallfrage stellt sich hier vor dem Hintergrund, dass der Vorbehalt der Nachprüfung das Entstehen eines für die Bindung nach Treu und Glauben notwendigen Vertrauenstatbestands grundsätzlich verhindert (vgl. nur BFH, Urteil vom 20.12.1994 - V B 3/94 - juris, Rn. 8; BFH, Urteil vom 14.09.1994 - I R 125/93 - juris, Rn. 17 jew. m. w. N.). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Behörde eine bindende Zusage erteilt, durch ihr früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen (vgl. BFH, Urteil 05.06.2003 - III R 26/00 - juris, Rn. 16 m. w. N.) oder eine tatsächliche Verständigung stattgefunden (vgl. BFH, Urteil vom 31.07.1996 - XI R 78/95 - juris, Rn. 13) hat.
65 
aa. Dies zu Grunde gelegt ist ein Verstoß gegen Treu und Glauben nicht darin begründet, dass von einem Sachverhalt auszugehen ist, der eine bindende Zusage (vgl. BFH, Urteil vom 09.11.2006 - V R 43/04 - juris, Rn. 30; vgl. auch BFH, Urteil vom 14.09.1994 - I R 125/93 - juris, Rn. 12 jew. m. w. N.) oder eine tatsächliche Verständigung (vgl. BFH, Urteil vom 31.07.1996 - XI R 78/95 - juris, Rn. 13; Drüen, StuW 2009, 97, 104 ff.; vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, § 164 Rn. 36 jew. m. w. N.) beinhaltet. Eine bindende Zusage ist offensichtlich nicht abgegeben worden und auch eine tatsächliche Verständigung liegt nicht vor. Denn tatsächliche Verständigungen sollen in Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung der Förderung und Beschleunigung des Besteuerungsverfahrens und allgemein dem Rechtsfrieden dienen. Dabei werden allerdings nur besondere Vereinbarungen über eine bestimmte (steuerliche) Behandlung von Sachverhalten zugelassen, nicht aber Vereinbarungen über das anzuwendende Recht (vgl. BFH, Urteil vom 31.07.1996 - XI R 78/95 - juris, Rn. 11 m. w. N.; BFH, Urteil vom 06.02.1991 - I R 13/86 - juris, Rn. 18; vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, Vor § 118 Rn. 29). Sie dienen dem Ziel, hinsichtlich des zu beurteilenden Besteuerungssachverhalts Unsicherheiten und Ungenauigkeiten zu beseitigen (BFH, Urteil vom 31.07.1996, a. a. O.). Davon ist hier gerade nicht auszugehen. Die Frage nach dem Vorliegen eines Härtefalls gemäß § 17h WG 2010 ist eine reine Rechtsfrage und als solche kein zulässiger Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG (st. Rspr. vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18.04.1975 - VII C 15.73 - juris, Rn. 19; BFH, Urteil vom 11.12.1984 - VIII R 131/76 - juris, Rn. 33; Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, Vor § 118 Rn. 29 jew. m. w. N.).
66 
bb. Es kommen auch keine weiteren besonderen Umstände für schutzwürdiges Vertrauen in Betracht (vgl. BFH, Urteil vom 05.06.2003 - III R 26/00 - juris, Rn. 16 ff.). Insofern ist gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nicht deshalb verstoßen, weil der Vorbehalt, wie die Klägerin meint, erkennbar und ausschließlich nur noch dem Zweck gedient habe, die einzige zum Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Festsetzungsbescheids noch nicht nachgeprüfte Frage, nämlich die nach dem tatsächlichen Wasserverbrauch, ggf. zu überprüfen. Im Übrigen, so der klägerische Vortrag, sei dagegen Bindungswirkung früherer Entscheidungen eingetreten. Dem steht hier bereits entgegen, dass die Vorbehaltsfestsetzung stets umfassend vorläufig ist und wie gesehen auch die Entscheidung über das Vorliegen eines Härtefalls umfasst. Die Vorbehaltsfestsetzung eröffnet zu jeder Zeit eine Änderungsmöglichkeit sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht (vgl. Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 164 Rn. 1). Dies gilt auch dann, wenn die Behörde über längere Zeit eine dem Pflichtigen günstige Auffassung vertreten und dieser entsprechend disponiert hat (vgl. BFH, Urteil vom 29.04.2008 - VIII R 75/05 - juris, Rn. 60 m. w. N.; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 164 Rn. 24). Zudem darf die Behörde in dem endgültigen Bescheid auf eine zu Lasten des Pflichtigen geänderte Rechtsauffassung zurückgreifen (vgl. BFH, Urteil vom 30.10.1997 - IV R 76/96 - juris, Rn. 20; Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, § 164 Rn. 35) oder eine Rechtsänderung mit Rückwirkung auf den Besteuerungszeitraum umsetzen (vgl. Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 164 Rn. 23).
67 
Auch mit dem Verweis auf die intensive Erörterung und Abstimmung des Entgeltfalls mit dem Beklagten sind keine konkreten und besonders vertrauensbildenden Umstände vorgetragen. Zum einen ist von keiner behördeninternen Vorfestlegung hinsichtlich der Bewertung des Entgeltfalls auszugehen. In dem Aktenvermerk zur Besprechung zwischen Landratsamt ...und Regierungspräsidium ... vom 29.06.2011 heißt es wörtlich: „Die Vertreter der Firma ... seien nach wie vor der Meinung, dass die neue Härtefallregelung nach § 17h (WG neu) auf ihren Betriebsstandort in ... anwendbar wäre. Ob die Voraussetzungen für die Härtefallregelung vorliegen, wäre noch zu prüfen. Es bleibt der Firma ... freigestellt, sich in dieser Sache direkt an das Ministerium in Stuttgart zu wenden, um dort eine Einschätzung der neuen Landesregierung zur Härtefallregelung zu erlangen.“ Zum anderen und wie andernorts festgestellt, sind Abstimmungen im Nachgang des stark einzelfallabhängigen Ermäßigungstatbestands des § 17d Abs. 2 WG 2005 nicht ungewöhnlich und musste auch der Klägerin aufgrund der Höhe der geforderten Vorauszahlung erkenntlich sein, dass die Härtefallentscheidung vorläufigen Charakter hat. Schließlich wäre anderenfalls ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu gegenwärtigen. Im Übrigen dürften im Hinblick auf das Wasserentnahmeentgelt besonders hohe Anforderungen Platz greifen. Nicht nur kann der Pflichtige, der die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen den Vorbehaltsbescheid versäumt, die Aufhebung des Vorbehalts nach § 164 Abs. 3 AO verlangen und gegen deren Ablehnung Einspruch einlegen, auch wird der Grund für einen (noch) weitreichenderen Vertrauensschutz allein in der Länge der Vorbehaltswirkung gesehen (zentrales Argument bei Drüen, StuW 2009, 97 ff.). Diese ist im Falle des Wasserentnahmeentgelts mit regulär zwei Jahren jedoch verhältnismäßig kurz.
III.
68 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
69 
Die Zulassung der Berufung erfolgt nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Fragen, ob der Vorbehalt der Nachprüfung die Entscheidung über das Vorliegen eines Härtefalls gemäß § 17h WG 2010 umfasst und ob auch sachliche Härtefälle (bspw. eine nützliche Grundwasserentnahme) unter § 17h WG 2010 fallen, sind obergerichtlich nicht geklärt und stellen sich potentiell in einer Vielzahl von Fällen. Sie hat daher grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
70 
Beschluss
71 
Der Streitwert wird gem. § 52 Abs. 3 GKG auf 284.680,62 EUR festgesetzt.
72 
Wegen der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 GKG verwiesen.

Gründe

 
28 
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
29 
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß §§ 42, 68 ff., 81 VwGO ohne Weiteres zulässig.
II.
30 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Änderungsbescheid des Beklagten vom 20.12.2016 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums ... vom 29.08.2017 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31 
1. Ermächtigungsgrundlage des Änderungsbescheids ist § 17c Satz 1 Nr. 2, § 17i Abs. 2 Satz 1, § 17n Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 WG 2010 i. V. m. § 164 Abs. 2 Satz 1 AO. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtslage sind die für das Erhebungsjahr geltenden Normen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.08.1975 - IV C 11.73 - juris, Rn. 30; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.09.2015 - 4 LB 39.14 - juris, Rn. 44 ff.; VG Stuttgart, a. a. O.). Dass diese von dem Beklagten zum Teil falsch bezeichnet wurden, ist unerheblich. Denn die hier in Rede stehenden Vorschriften entsprechen inhaltlich der im Erhebungsjahr jeweils gültigen Vorgängerfassung. Insofern hat sich zwischenzeitlich allein die Nummerierung der Paragraphen geändert. Es liegt lediglich eine unschädliche Falschbezeichnung vor (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.1995 - 3 S 3203/94 - juris, Rn. 38, 40).
32 
2. Der Änderungsbescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist das Landratsamt ... gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 3, § 96 Abs. 1 WG 2010 i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 VwG als untere Wasserbehörde für die Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts und damit auch für den Erlass des Änderungsbescheids zuständig (vgl. rechtsgedanklich § 17n Abs. 2 WG 2010 i. V. m. § 48 Abs. 5 LVwVfG). Auch das Verfahren ist nicht zu beanstanden. Dass der Klägerin trotz des Vorliegens eines komplexen Sachverhalts lediglich eine Stellungnahmefrist von zwölf Tagen gewährt wurde, ist hier unbehelflich. Ein hierin etwaig begründeter Verfahrensfehler wäre jedenfalls gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG geheilt. Denn die erforderliche Anhörung der Klägerin wurde im Vorverfahren nachgeholt. Die Klägerin hat dort unter Gewährung einer antragsgemäß verlängerten Frist umfassend Stellung genommen.
33 
3. Der Änderungsbescheid ist auch materiell rechtmäßig.
34 
a. Die Änderung der Festsetzung war nach § 17n Abs. 1 Nr. 8 WG 2010 i. V. m. § 164 Abs. 2 Satz 1 AO möglich, weil der ursprüngliche Festsetzungsbescheid vom 09.07.2014 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging. Gemäß § 17n Abs. 1 Nr. 8 WG 2010 ist bei dem Vollzug der §§ 17a bis 17o WG 2010 die Steuerfestsetzung unter Vorbehalt nach § 164 Abs. 1 bis 4 Satz 1 AO anzuwenden. Gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 AO kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden, solange der Vorbehalt wirksam ist. Der Bescheid vom 09.07.2014 enthielt den ausdrücklichen Vermerk, dass „das Landratsamt ... unter dem Vorbehalt der Nachprüfung folgenden Bescheid [...]“ erlässt. Er stellt mithin einen Vorbehaltsbescheid im genannten Sinne dar. Dabei erfasst der Vorbehalt auch die Härtefallentscheidung (aa.) und ist weder unwirksam (bb.) noch entfallen (cc.).
35 
aa. Der Vorbehalt der Nachprüfung erfasst die Entscheidung über das Vorliegen eines Härtefalls im Sinne des § 17h WG 2010. Denn das Wasserentnahmeentgelt für das Veranlagungsjahr 2013 wird unter Ziff. 3 des Bescheids in ermäßigter Höhe festgesetzt und der gesamte Bescheid grammatisch unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt.
36 
Nichts anderes ergibt sich aus der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 14.05.2004 - 8 S 995/03 - juris). Hiernach soll der Vorbehalt der Nachprüfung lediglich für die eigentliche Steuerfestsetzung gelten. Er erstrecke sich dagegen generell nicht auf Billigkeitsmaßnahmen, zu denen die Ermäßigungsentscheidung gemäß § 17d WG 2005 zu zählen sei. Dies folge aus dem klaren Wortlaut des § 164 Abs. 2 Satz 1 AO, demnach die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden kann (VGH Baden-Württemberg, a. a. O., Rn. 18 m. w. N.). Sofern und soweit von der Festsetzung aus Billigkeitsgründen abgesehen worden sei, könne diese Änderung im Sinne einer vollen Entgelterhebung nicht auf den Vorbehalt gestützt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, a. a. O., Rn. 20).
37 
Diese Rechtsprechung ist auf die Härtefallentscheidung nach § 17h WG 2010 nicht übertragbar. Denn sie findet ihre Begründung in Überlegungen zur Abgabenordnung einerseits und zum Wassergesetz in der Fassung vom 20.01.2005 andererseits.
38 
Im Anwendungsbereich der Abgabenordnung wird die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme (§ 163 AO) durch Verwaltungsakt getroffen. Auch wenn dieser Verwaltungsakt gemäß § 163 Abs. 2 AO mit der Steuerfestsetzung verbunden wird, ändert dies nichts daran, dass es sich hierbei um eine von der eigentlichen Steuerfestsetzung gesonderte Entscheidung handelt. Der Steuerpflichtige muss aus einer solchen Koppelung nicht schließen, es sei noch keine endgültige Billigkeitsentscheidung getroffen worden (vgl. BFH, Beschluss vom 12.07.2012 - I R 32/11 - juris, Rn. 15; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 164 Rn. 6). Denn die selbstständige Billigkeitsentscheidung ist nicht Steuerfestsetzung im Sinne des § 164 Abs. 2 Satz 1 AO (vgl. Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, § 164 Rn. 8). Der Vorbehaltsvermerk des § 164 Abs. 1 AO erstreckt sich auf sie weder unmittelbar noch mittelbar (BFH, a. a. O., Rn. 18).
39 
Entgegen der Gesetzesfassung vom 20.01.2005 fehlt dem Wassergesetz vom 29.07.2010 jedoch eine umfassende Verweisung auf die Abgabenordnung und insbesondere auf die Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO. Zum einen stellt die Härtefallentscheidung gemäß § 17h WG 2010 eine abschließende Regelung dar. Anders als im Rahmen der früheren Ermäßigungsentscheidung nach § 17d WG 2005 können neben § 17h WG 2010 keine weiteren Billigkeitsentscheidungen gemäß §§ 163 und 227 AO getroffen werden (vgl. zu § 17d WG 2005 VGH Baden-Württemberg, a. a. O., Rn. 17; zu § 17h WG 2010 Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., 50. Lfg. zur 3. Aufl. Juli 2017, § 107 Rn. 5). Ein Nebeneinander verschiedener Rücknahmeregime ist mithin nicht zu gegenwärtigen (vgl. zu entsprechenden materiell-rechtlichen Bedenken VGH Baden-Württemberg, a. a. O.). Zum anderen ergibt sich aus einer Gesamtschau der Bestimmungen in § 17i Abs. 1 Satz 1, 2, 7, 9, Abs. 2 Satz 1, 2 WG 2010, dass die Härtefallentscheidung integraler Verfahrensbestandteil der Festsetzung des Wasserentnahmeentgelts ist, weswegen die Vorbehaltswirkung auch diese Entscheidung erfasst. So hat der Entgeltpflichtige für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum gemäß § 17i Abs. 1 Satz 1, 2 WG 2010 eine Entgelterklärung abzugeben, die zwingend auch Anträge nach § 17h WG 2010 enthalten muss. Das gesonderte Nachreichen entsprechender Anträge ist gemäß § 17i Abs. 1 Satz 9 WG 2010 ausgeschlossen. Eine Fristverlängerung wird gemäß § 17i Abs. 1 Satz 7 WG 2010 (nur) hinsichtlich der gesamten Entgelterklärung gewährt. Der Festsetzungsbescheid ergeht sodann gemäß § 17i Abs. 2 Satz 1 WG 2010 zwingend unter Berücksichtigung von Härtefallanträgen. Schließlich ist der Verweis auf die Abgabenordnung in § 17n Abs. 1 Nr. 8 WG 2010 („über die Steuerfestsetzung unter Vorbehalt“) wesentlich enger gefasst, als in seiner Vorgängervorschrift § 117a Abs. 1 WG 2005 (unter anderem „über die Steuerfestsetzung“). In der hier anwendbaren Verweisungsnorm werden nur diejenigen Bestimmungen der Abgabenordnung aufgezählt, die für die Festsetzung des Entgelts unbedingt erforderlich sind (vgl. LT-Drs. 14/6491, S. 42). Die Abgabenordnung findet mithin nur noch punktuell Anwendung. Abgabenrechtliche Erwägungen - hinsichtlich der Selbstständigkeit von Billigkeitsentscheidungen - sind demnach gerade nicht heranzuziehen.
40 
Dieses Verständnis der Härtefallentscheidung als integralem Bestandteil des Festsetzungsverfahrens findet in der Entstehungsgeschichte des Wassergesetzes vom 29.07.2010 ausdrücklich Bestätigung (vgl. dagegen zu § 17d WG 2005 LT-Drs. 9/4237, S. 17). Entgegen § 17d WG 2005 sei die ihr nachfolgende - enger gefasste - Härtefallregelung des § 17h WG 2010 keine selbstständige Entscheidung. Sie stelle „einen integralen Verfahrensbestandteil des Festsetzungsverfahrens dar, ohne den ein Festsetzungsbescheid für das betroffene Veranlagungsjahr nicht erlassen werden kann“ (LT-Drs. 14/6491, S. 37, s. auch S. 2, 18). „Herbei [sic!] handelt es sich um entscheidungserhebliche und ermittlungserhebliche Sachverhalte, die [...] für die Festsetzung des konkreten Wasserentnahmeentgelts Bedeutung haben“ (LT-Drs. 14/6491, S. 38). Durch die Einbindung etwaiger Ermäßigungs- und Härtefallanträge in das Festsetzungsverfahren einschließlich Festsetzungsbescheid unterscheiden sie sich „sowohl von der Aufrechnung nach § 226 AO, die Teil des Erhebungsverfahrens ist, als auch von Billigkeitsverfahren nach § 163 AO, bei denen es sich um selbstständige Verfahren mit eigenen Rechtsschutzmöglichkeiten im Rahmen der Festsetzung handelt“ (LT-Drs. 14/6491, S. 39).
41 
Im Übrigen dürfte auch der Beklagte - der Klägerin erkenntlich - hiervon ausgegangen sein, als er mit Schreiben vom 31.05.2013 die Klägerin aufforderte, 140.193,68 EUR als Vorauszahlung zu leisten, was gemäß § 17i Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 WG 2010 der Hälfte des zuletzt festgesetzten Jahresbetrags inklusive der gewährten Ermäßigung entsprach. Da sich der Vorbehalt mithin auf den ganzen Bescheid erstreckt (Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., 50. Lfg. zur 3. Aufl. Juli 2017, § 108 Rn. 23), konnte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 20.12.2016 grundsätzlich eine verbindliche Entscheidung des Inhalts treffen, dass von einer Ermäßigung aufgrund von Härte abgesehen und das Wasserentnahmeentgelt stattdessen in nicht reduzierter Höhe festgesetzt wird.
42 
bb. Dem Ausnutzen der Vorbehaltswirkung stand auch nicht eine etwaige Unwirksamkeit des Vorbehalts entgegen. Denn der Vorbehalt war im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids wirksam. Er war bestandskräftig und nicht gemäß § 17n Abs. 2 WG 2010 i. V. m. § 44 LVwVfG nichtig. Insoweit ist ohne Belang, ob die einzige Tatbestandsvoraussetzung für die Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 17n Abs. 1 Nr. 8 WG 2010 i. V. m. § 164 Abs. 1 Satz 1 AO vorgelegen hat - keine abschließende Prüfung des Entgeltfalls. Denn ein trotz abschließender Prüfung unter Vorbehalt ergangener Festsetzungsbescheid ist nicht nichtig, sondern bloß anfechtbar. Wird er bestandskräftig, kann die zuständige Behörde ihn unter Ausnutzung des Vorbehalts ändern (vgl. BFH, Urteil vom 14.09.1993 - VIII R 9/93 - juris, Rn. 16 f.; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 164 Rn. 55a; Oellerich in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 140. Lfg., § 164 AO Rn. 1 jew. m. w. N.).
43 
cc. Von dem Vorbehalt konnte der Beklagte zudem deshalb Gebrauch machen, weil er nicht entfallen war. Gemäß § 17n Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 WG 2010 i. V. m. § 164 Abs. 4 Satz 1 AO entfällt der Vorbehalt der Nachprüfung, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist des Wasserentnahmeentgelts beträgt gemäß § 17i Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 WG 2010 grundsätzlich zwei Jahre. Gemäß § 17i Abs. 3 Satz 5 WG 2010 beginnt sie grundsätzlich mit Ablauf des auf die Benutzung nach § 17c WG 2010 folgenden Kalenderjahres. Der Änderungsbescheid konnte demnach noch bis zum 31.12.2016 erlassen werden.
44 
b. Auch die weiteren Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind gegeben. Die Festsetzung ist nicht zu beanstanden. Die Wasserentnahme ist entgeltpflichtig (aa.). Es wurde zu Recht kein Härtefall gemäß § 17h WG 2010 angenommen (bb.) und das Entgelt der Höhe nach richtig festgesetzt (cc.).
45 
aa. Gemäß § 17c Satz 1 WG 2010 ist unter anderem das Entnehmen von Grundwasser und von Wasser aus oberirdischen Gewässern entgeltpflichtig, soweit es der Wasserversorgung dient. Dies trifft auf die Grundwasserentnahme durch die nach § 17b Nr. 1 WG 2010 entgeltpflichtige Klägerin zu. Der Wasserversorgung dienen alle Gewässerbenutzungen zum Zwecke der Deckung des Wasserbedarfs, z. B. Trinkwasserbedarf, Betriebswasserbedarf, Haushaltswasserbedarf, Kühlwasserbedarf, Löschwasserbedarf, Bewässerungswasserbedarf und Wasserbedarf für öffentliche Einrichtungen (VG Stuttgart a. a. O., m. w. N.).
46 
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist hier tatbestandlich von einer der Wasserversorgung dienenden Grundwasserentnahme auszugehen. Denn die Klägerin entnahm das Grundwasser zum Zwecke der Deckung ihres Kühlwasserbedarfs. Hierauf kam es der Klägerin gerade an. Dass die von ihr betriebene Durchlaufkühlung mittels Grundwasser im konzedierten Interesse der Stadt ... lag und mit dem Landratsamt ... abgestimmt war, weil dieses Kühlsystem zu der lokal erforderlichen Absenkung des Grundwasserspiegels beitrug, dürfte ebenso unbestritten wie unerheblich sein. Denn die mit der Grundwasserentnahme zu Kühlungszwecken einhergehende Zweckverfolgung eines Dritten ändert nichts daran, dass die Klägerin durch die Entnahme von Grundwasser primär ihren eigenen Wasserbedarf decken wollte. Sie zielte gerade nicht darauf ab, unerwünschtes Grundwasser im eigenen oder fremden Interesse zu beseitigen (vgl. zu § 1 Abs. 2 Nr. 8 Var. 2 WasEG NRW OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.08.2009 - 9 A 359/07 - juris, Rn. 34; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.09.2016 - 9 A 999/14 - juris, Rn. 189). Die Beseitigung von Grundwasser stellte lediglich einen im Interesse eines Dritten stehenden, auch erwünschten Nebeneffekt dar. Insofern führen die Erwägungen des VG Stuttgart (a. a. O.) nicht weiter, da die dortige Klägerin primär Interesse an der Beseitigung des von ihr entnommenen Grundwassers hatte und dessen nachfolgende Nutzung ihr nicht final zuzurechnen war.
47 
bb. Auch hat der Beklagte einen Härtefall zu Recht verneint. Die Klägerin hat zwar fristgerecht einen entsprechenden Antrag nach § 17h Satz 1 WG 2010 gestellt (§ 17i Abs. 1 Satz 6 WG 2010). Der Beklagte hat aber in rechtlich nicht zu beanstandender Weise eine besondere Härte abgelehnt und demzufolge auch nicht im Rahmen der Entgeltfestsetzung berücksichtigt (§ 17i Abs. 2 Satz 1 i. V. m. §§ 17f, 17g, 17h WG 2010). Gemäß § 17h Satz 1 WG 2010 kann in besonderen Härtefällen auf Antrag das Entgelt ermäßigt oder von der Festsetzung abgesehen werden, insbesondere wenn die Festsetzung des Entgelts in voller Höhe zu einer außergewöhnlichen oder atypischen Belastung führen würde. Gemäß Satz 2 ist eine Kumulierung mit einer Ermäßigung nach § 17f oder § 17g WG 2010 nicht zulässig.
48 
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist hier kein besonderer Härtefall wegen einer außergewöhnlichen oder atypischen Belastung gegeben. Bei den Begriffen des besonderen Härtefalls und der außergewöhnlichen oder atypischen Belastung handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Auslegung der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.05.2011 - 1 BvR 857/07 - juris, Rn. 70; BVerwG, Urteil vom 22.08.1985 - 3 C 49/84 - juris, Rn. 27).
49 
(1) Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Norm. Dieser setzt das Vorliegen eines „besonderen Härtefalls“ voraus. Demzufolge genügt nicht jede mit der Entgelterhebung verbundene Härte, die Betroffenheit des Entgeltpflichtigen muss vielmehr von herausgehobener Art sein (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., 50. Lfg. zur 3. Aufl. Juli 2017, § 107 Rn. 4). Dem Wortlaut nach liegt eine derart herausgehobene Betroffenheit „insbesondere“ und also vor allem bei außergewöhnlichen oder atypischen Belastung durch die nicht ermäßigte Erhebung des Wasserentnahmeentgelts vor. Demnach legt der Wortlaut eine Härte speziell bei unzumutbaren wirtschaftlichen Folgen nahe. Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass die Regelung nicht abschließend formuliert ist. Wirtschaftliche Belastungen stellen danach zwar den Regelfall eines Härtefalls dar. Anders begründete Härtefälle schließt der Wortlaut aber nicht aus, solange sie einen strukturell vergleichbaren Schweregrad aufweisen (keinen Anwendungsbereich für andere Konstellationen sieht letztlich Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG Bad.-Württ., 50. Lfg. zur 3. Aufl. Juli 2017, § 107 Rn. 4).
50 
(2) Der Gesetzgeber ist jedoch davon ausgegangen, dass nur außergewöhnliche wirtschaftliche Belastungen einen Härtefall begründen können, wohingegen ein wasserwirtschaftlich oder ökologisch vorteilhafter Umgang mit Wasser allein im Rahmen der Ausnahmen nach § 17d WG 2010 und der Ermäßigungstatbestände der §§ 17f, 17g WG 2010 zu berücksichtigen ist. Diesen gesetzgeberischen Willen legt eine historisch-genetische Auslegung der Gesetzesmaterialien nahe. Erklärtes Motiv des Gesetzesentwurfs zur Novellierung des Wassergesetzes war es, „eine Optimierung der Lenkungswirkung des WEE zu bewirken“ sowie „bestehende Rechtsunsicherheiten“ und „zeitaufwendige Verwaltungsverfahren“ - „vor allem hinsichtlich der Ermäßigungsregelung nach § 17d“ WG 2005 - zu beseitigen (LT-Drs. 14/6491, S. 1, vgl. auch S. 18). Dabei sollte „das umstrittene, eigenständige Ermäßigungsverfahren nach § 17d“ WG 2005 entfallen und stattdessen eine „verfassungsrechtlich gebotene Einräumung einer Härtefallprüfung durch eine ebenfalls in das WEE-Festsetzungsverfahren integrierte Regelung geschaffen“ werden (LT-Drs. 14/6491, S. 2, vgl. auch S. 18, 23, 26). Die neue Härtefallregelung stelle „eine spezialgesetzliche materiellrechtliche Regelung zur Sicherstellung der Wahrung der Zumutbarkeitsgrenze dar“. Dabei sei an „in der individuellen Situation eines Unternehmens“ begründete Einzelfälle gedacht worden, durch die der Entgeltpflichtige der Höhe des erhobenen Wasserentnahmeentgelts nach unzumutbar in einer vom Gesetzgeber nicht vorhergesehenen Art und Weise belastet wird“ (LT-Drs. 14/6491, S. 37). Branchenweite Ermäßigungen sollten ausgeschlossen werden (LT-Drs. 14/6491, S. 30). Eine Entgeltfreistellung der Wasserentnahme zur Verhinderung des Grundwasseranstiegs sei aus Gründen der Systemgerechtigkeit nicht umgesetzt worden (LT-Drs. 14/6491, S. 23). Der ersten und zweiten Beratung des Gesetzentwurfs kann ferner entnommen werden, dass ein „Ökobonus“ lediglich auf Grundlage der neuen Ermäßigungstatbestände in den §§ 17f, 17g WG 2010 gewährt werden sollte (LT-PlPr. 14/97, S. 6994 f.; LT-PlPr. 14/98, S. 6994 f.). Dem Gesetzgeber ist es nach alledem darum gegangen, mit den §§ 17f, 17g WG 2010 Rechtssicherheit stiftende Ermäßigungstatbestände zu kodifizieren, die den haushälterischen Umgang mit Wasser begünstigen, und über die Härtefallregelung des §17h WG 2010 zugleich extrem gelagerte wirtschaftliche Belastungssituationen einzelner Entgeltpflichtiger aufzufangen.
51 
(3) Dieses Ergebnis korrespondiert mit einer systematischen Interpretation der Härtefallregelung im Gefüge des Wassergesetzes. Die Härtefallregelung des § 17h WG 2010 ist an das Ende der eine Ermäßigung ermöglichenden Tatbestände gestellt. Anders als die Ermäßigungstatbestände der §§ 17f, 17g WG 2010 nehmen die unbestimmten Rechtsbegriffe in § 17h WG 2010 weder für sich genommen noch im Satzzusammenhang Bezug auf eine ökologische Lenkungsfunktion des Wasserentnahmeentgelts. Die Härtefallregelung klammert ökologische Erwägungen vielmehr aus, indem der Satz 2 des § 17h WG 2010 eine Kumulierung mit einer Ermäßigung nach § 17f oder § 17g WG 2010 ausdrücklich nicht zulässt. Insofern verwirklichen Ermäßigungstatbestände einerseits und Härtefall andererseits eine „Sphärentrennung“ (Gawel/Bretschneider, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ, Das Wasserentnahmeentgelt in Baden-Württemberg. Bestandsaufnahme und Evaluierung. Endbericht im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, Leipzig, 2016, S. 96) zwischen Ermäßigung aus wasserwirtschaftlichen bzw. ökologischen und wirtschaftlichen Gründen.
52 
(4) Auch der Sinn und Zweck des Wasserentnahmeentgelts fordert keine extensive Auslegung des § 17h WG 2010. Vielmehr stehen Sachgerechtigkeitserwägungen der Annahme eines Härtefalls aufgrund einer wasserwirtschaftlich bzw. ökologisch vorteilhaften Wasserentnahme entgegen.
53 
Gemäß dem in § 3a WG 2010 niedergelegten Zweck des Wassergesetzes sind neben dem Zweck und den Zielen des § 1a Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) a. F. zusätzlich unter anderem folgende Grundsätze zu beachten:
54 
- Bei allen Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf Gewässer verbunden sein können, ist die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine Beeinträchtigung der Gewässer, insbesondere ihrer ökologischen Funktionen zu vermeiden (Abs. 5).
55 
- Jeder ist verpflichtet, mit Wasser haushälterisch umzugehen. Wassersparende Verfahren sind anzuwenden, soweit dies insbesondere wegen der benötigten Wassermenge mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt zumutbar und aus hygienischen Gründen vertretbar ist (Abs. 7).
56 
Dabei soll gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 WG 2010 die Bewirtschaftung der Gewässer auch durch ökonomische Maßnahmen gefördert werden und sind gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 WG 2010 die Gewässer so zu benutzen, dass deren ökologische Funktionen möglichst wenig beeinträchtigt werden (Vorsorgeprinzip). Aus einer Gesamtschau der Vorschriften des Wassergesetzes und insbesondere der § 3a Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 1 Satz 1 WG 2010 folgt einerseits, dass die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts gemäß der §§ 17a ff. WG 2010 der Abschöpfung eines Sondervorteils aus der Nutzung eines öffentlichen Gutes dienen soll und dabei nicht beziehungslos zu der nachhaltigen Bewirtschaftung der Gewässer unter möglichst weitgehender Wahrung ihrer ökologischen Funktionen steht. Diese ökonomische Anreizwirkung findet Rückhalt in Art. 9 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2000 (WRRL), demnach die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass die Wassergebührenpolitik angemessene Anreize für die Benutzer darstellt, Wasserressourcen effizient zu nutzen, und somit zu den Umweltzielen dieser Richtlinie beiträgt (Abs. 1 UAbs. 2 1. Spiegelstrich), wobei die Mitgliedstaaten sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Kostendeckung sowie die geographischen und klimatischen Gegebenheiten der betreffenden Region oder Regionen Rechnung tragen können (Abs. 1 UAbs. 3). Insoweit eine Wasserentnahme ökologischen oder anderen wasserwirtschaftlichen Zwecken dient, diese Zwecksetzungen aber nicht durch die Ermäßigungstatbestände der §§ 17f, 17g WG 2010 berücksichtigt werden, scheint es der ratio legis jedenfalls nicht zu widersprechen, derartige erwünschte Wasserentnahmen über den Auffangtatbestand des § 17h WG 2010 durch eine Ermäßigung auf das Wasserentnahmeentgelt zu privilegieren. Diese Lesart steht in Einklang mit Art. 9 WRRL. Denn mit dem EuGH legt die WRRL lediglich gemeinsame Grundsätze und einen allgemeinen Handlungsrahmen für den Gewässerschutz fest und stellt die Koordinierung, die Integration und die langfristige Weiterentwicklung der grundlegenden Prinzipien und Strukturen für den Schutz und einen ökologisch nachhaltigen Gebrauch von Wasser sicher (EuGH, Urteil vom 11.09.2014 - C-525/12 - juris, Rn. 50). Der Richtlinie könne daher nicht entnommen werden, dass das Fehlen einer Bepreisung beispielsweise einer Wasserentnahme in jedem Fall der Verwirklichung dieser Ziele zwangsläufig abträglich sei (EuGH, a. a. O., Rn. 56). In diesem Zusammenhang sehe Art. 9 Abs. 4 WRRL vor, dass die Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen befugt seien, die Kostendeckung auf eine bestimmte Wassernutzung nicht anzuwenden, sofern dadurch die Zwecke dieser Richtlinie und die Verwirklichung ihrer Ziele nicht in Frage gestellt würde (EuGH, a. a. O., Rn. 57).
57 
Andererseits stehen Sachgerechtigkeitserwägungen und insbesondere Praktikabilität und Effektivität des Vollzugs des Wasserentnahmeentgelts einer solchen Deutung des Anwendungsbereichs des § 17h WG 2010 entgegen. Den Vorschriften des 1. Abschnitts des 3. Teils des Wassergesetzes ist zu entnehmen, dass im Zweifel diejenige Interpretation den Vorzug verdient, mit der das Wasserentnahmeentgelt erhoben werden kann. Sowohl die Ausnahmen von der Entgeltpflicht in § 17d WG 2010 als auch die Ermäßigungstatbestände der §§ 17f, 17g WG 2010 sind - auch der Höhe nach - klar bestimmt und verzichten weitestgehend auf unbestimmte Rechtsbegriffe - anders als die Härtefallregelung des § 17h WG 2010. Diese Regelungstechnik lässt zum einen den Schluss darauf zu, dass die Erhebung des Wasserentgelts ohne größeren Verwaltungsaufwand effektiv und rechtssicher vollzogen werden soll. Eine Auslegung, die im Übrigen auch dem ausdrücklich artikulierten Willen des Gesetzgebers entspricht (vgl. LT-Drs. 14/6491, S. 1). Zum anderen spricht diese Regelungstechnik dafür, dass die Befreiungs- und Ermäßigungstatbestände der §§ 17d, 17f, 17g WG 2010 insofern abschließend sind, als sie einen bestimmten wasserwirtschaftlich bzw. ökologisch vorteilhaften Umgang mit Wasser privilegieren und darüber hinaus keinen Raum dafür lassen, vergleichbare Vorteile über § 17h WG 2010 zu berücksichtigen. Zudem und wie ebenfalls aus der Gesetzesbegründung hervorgeht (vgl. LT-Drs. 14/6491, S. 37) sollte mit der sehr abstrakt gehaltenen Härtefallregelung lediglich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen werden. Danach soll eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG durch die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts - und damit eine besondere wirtschaftliche Belastung - dann ausgeschlossen sein, wenn das Gesetz für den Fall, dass die Abgabenerhebung für einen einzelnen Abgabenpflichtigen eine besondere Härte bedeuten würde, von der Zahlung der Abgabe ganz oder teilweise befreit (BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 - juris, Rn. 186). Diese verfassungsrechtlich gebotene Härtefallregelung hat der Gesetzgeber mit § 17h WG 2010 einfachrechtlich umzusetzen bezweckt.
58 
(5) Ist danach davon auszugehen, dass von § 17h WG 2010 allein persönliche Härten erfasst werden, ist das Vorliegen eines besonderen Härtefalls hier zu verneinen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist zunächst davon auszugehen, dass der Beklagte Kenntnis von der Situation der Klägerin hatte. Ein unvorhergesehener Fall ist daher nicht gegeben. Unvorhersehbarkeit setzt Atypik aber bereits sprachlich voraus. Die Kenntnis des Beklagten von der Situation der Klägerin beruht dabei auf den der Klägerin zuvor gewährten Ermäßigungen gemäß § 17d WG 2005. Die Gesetzesmaterialien legen jedenfalls nahe, dass Daten zu Anzahl und Praxis der Ermäßigungen nach alter Rechtslage und also auch zu Gunsten der Klägerin der Gesetzesnovellierung zu Grunde gelegen haben (LT-PlPr. 14/97, S. 6888, 6889; LT-PlPr. 14/98, S. 6994; LT-Drs. 14/6491, S. 23). Sodann ist eine besondere wirtschaftliche Härte nicht gegeben. Die Klägerin hat dazu bereits nichts vorgetragen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Erhebung des Wasserentgelts hier in die Nähe einer Abgabe rückt, die Art. 12 Abs. 1 bzw. Art. 14 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt, weil ihre Höhe das Gewerbe in aller Regel wirtschaftlich unmöglich machen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.10.1963 - 1 BvL 29/56 - juris, Rn. 7) bzw. regelmäßig erdrosselnde Wirkung haben würde (vgl. BVerfG, Urteil vom 08.04.1997 - 1 BvR 48/94 - juris, Rn. 133; BVerwG, Urteil vom 16.11.2017 - 9 C 16/16 - juris, Rn. 33 ff.).
59 
Selbst wenn jedoch davon auszugehen sein sollte, dass unter § 17h WG 2010 auch Härtefälle sachlicher Art fallen, wäre keine besondere Härte anzunehmen. Denn die Klägerin dringt mit ihrem Vortrag nicht durch, sie träfe eine besondere Härte im Sinne des § 17h WG 2010, weil sie allein deshalb eine wasser- und damit auch entgeltintensive Kühltechnik gewählt habe, um dadurch einen wasserwirtschaftlich bzw. ökologisch vorteilhaften Umgang mit Wasser zu gewährleisten. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass sie durch die gewählte wasserintensive Durchlaufkühlung einerseits dem lokalen Interesse an einer Absenkung des Grundwasserspiegels gedient und dabei andererseits den Schutz der Gewässer vor stofflicher Belastung im Blick gehabt haben mag. Zudem erklärte sie sich auch einverstanden, mit der Festsetzung niedriger Grenzwerte für das Einleiten ihrer Abwässer. Eine atypische Belastung im Sinne des § 17h WG 2010 erwächst der Klägerin daraus jedoch nicht. Zum einen entspricht ein vollständig geschlossener Kreislauf dem Stand der Technik, und nicht das von der Klägerin betriebene offene Kühlwasserteilkreislaufsystem. Zum anderen benötigt Ersterer erheblich weniger Wasser und orientiert sich damit an dem in § 3a Abs. 7 WG 2010 verankerten Gebot der Wassersparsamkeit. Dass diesem Gebot vorliegend weniger Gewicht zukommen mag, weil die Stadt ... selbst großen Aufwand betreibt, um den Grundwasserspiegel niedrig zu halten, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn es ist jedenfalls nicht unverhältnismäßig, auch eine „nützliche Grundwasserentnahme“ mit dem Wasserentnahmeentgelt zu belegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.06.2007 - 7 C 3/07 - juris, Rn. 29). Durch eine entsprechende Privilegierung würde nicht nur der effektive Vollzug der Erhebung des Wasserentnahmeentgelts beeinträchtigt und würden sich gleichheitsrechtliche Fragen stellen. Auch würde hier - jenseits von § 17d Nr. 4 WG 2010 - die Nutzung von qualitativ hochwertigem Grundwasser zu Kühlungszwecken privilegiert, statt insofern wie sonst üblich und gewollt auf Oberflächenwasser zuzugreifen und das Grundwasser insbesondere der Trinkwasserversorgung vorzubehalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 - juris, Rn. 178; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Grundwasser in Deutschland, August 2008, S. 5, 25 f.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16.11.2017 - 9 C 16/16 - juris, Rn. 20).
60 
Ferner kann die Klägerin nicht mit dem Argument gehört werden, sie leiste ein Sonderopfer, weil sie Gemeinwohlinteressen bediene und dabei die öffentlichen Haushalte entlaste. Einerseits erlangt die Klägerin durch die über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzung des Allgemeinguts Wasser als Kühlmittel unmittelbar einen individuellen Sondervorteil, der grundsätzlich abgeschöpft werden kann und dem Gesetzeszweck entsprechend auch abgeschöpft werden soll (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 - juris, Rn. 162; BVerwG, Beschluss vom 29.10.2007 - 7 B 36/07 - juris, Rn. 9). Andererseits genügt vor diesem Hintergrund der nahezu zwangsläufige Umstand nicht, dass die Grundwasserentnahme auch zur Grundwasserabsenkung führt und sich objektiv günstig auf das Gemeinwohl auswirkt, um hier von einer Grundwasserentnahme im Gemeinwohlinteresse auszugehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.08.2009 - 9 A 359/07 - juris, Rn. 35).
61 
Schließlich ist ein vermeintliches Drängen des Beklagten, das offene Kühlwasserteilkreislaufsystem beizubehalten, den Akten - jenseits der Benutzung dieses Wortes - nicht zu entnehmen. Aber auch die vollzogene Abstimmung mit den Genehmigungsbehörden hat für sich keine atypische Belastung der Klägerin zur Folge. Vor dem Hintergrund der früheren Rechtslage mit seinem stark einzelfallabhängigen Ermäßigungstatbestand in § 17d Abs. 2 WG 2005 ist es jedenfalls nicht ungewöhnlich, dass die Beteiligten sich hinsichtlich der Ermäßigungsvoraussetzungen eingehend besprochen haben.
62 
cc. Schließlich begegnet die Festsetzung in der konkreten Höhe keinen rechtlichen Bedenken, sodass auf die Berechnung im angefochtenen Änderungsbescheid vom 20.12.2016 Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO).
63 
c. Auch auf Rechtsfolgenseite bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids. Entgegen dem Wortlaut des § 164 Abs. 2 Satz 1 AO ist ein rechtswidriger Bescheid aufzuheben oder zu ändern, solange der Vorbehalt wirksam ist. Insoweit besteht kein Ermessen (BFH, Urteil vom 11.11.2008 - IX R 53/07 - juris, Rn. 11; Oellerich in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 140. Lfg. 01.07.2015, § 164 AO Rn. 101 m. w. N. spricht von einem „reine[n] Kompetenz-Kann“; vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, § 164 Rn. 33). Der ursprüngliche Festsetzungsbescheid vom 09.07.2014 musste also zur Anpassung an das materielle Recht geändert werden.
64 
Anders als die Klägerin meint, stellt das Ausnutzen der Vorbehaltswirkung auch keinen Verstoß gegen Treu und Glaube dar. Die Pflicht, Treu und Glauben gemäß § 242 BGB zu genügen, erstreckt sich, weil auf einem allgemeinen Rechtsgedanken beruhend, auf das öffentliche Recht. Ob im Einzelfall der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt ist, hängt stets von den Umständen eben dieses Einzelfalles ab und lässt sich dementsprechend generell nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 46/91 - NVwZ 1993, 1102, 1104 f.). Die Einzelfallfrage stellt sich hier vor dem Hintergrund, dass der Vorbehalt der Nachprüfung das Entstehen eines für die Bindung nach Treu und Glauben notwendigen Vertrauenstatbestands grundsätzlich verhindert (vgl. nur BFH, Urteil vom 20.12.1994 - V B 3/94 - juris, Rn. 8; BFH, Urteil vom 14.09.1994 - I R 125/93 - juris, Rn. 17 jew. m. w. N.). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Behörde eine bindende Zusage erteilt, durch ihr früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen (vgl. BFH, Urteil 05.06.2003 - III R 26/00 - juris, Rn. 16 m. w. N.) oder eine tatsächliche Verständigung stattgefunden (vgl. BFH, Urteil vom 31.07.1996 - XI R 78/95 - juris, Rn. 13) hat.
65 
aa. Dies zu Grunde gelegt ist ein Verstoß gegen Treu und Glauben nicht darin begründet, dass von einem Sachverhalt auszugehen ist, der eine bindende Zusage (vgl. BFH, Urteil vom 09.11.2006 - V R 43/04 - juris, Rn. 30; vgl. auch BFH, Urteil vom 14.09.1994 - I R 125/93 - juris, Rn. 12 jew. m. w. N.) oder eine tatsächliche Verständigung (vgl. BFH, Urteil vom 31.07.1996 - XI R 78/95 - juris, Rn. 13; Drüen, StuW 2009, 97, 104 ff.; vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, § 164 Rn. 36 jew. m. w. N.) beinhaltet. Eine bindende Zusage ist offensichtlich nicht abgegeben worden und auch eine tatsächliche Verständigung liegt nicht vor. Denn tatsächliche Verständigungen sollen in Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung der Förderung und Beschleunigung des Besteuerungsverfahrens und allgemein dem Rechtsfrieden dienen. Dabei werden allerdings nur besondere Vereinbarungen über eine bestimmte (steuerliche) Behandlung von Sachverhalten zugelassen, nicht aber Vereinbarungen über das anzuwendende Recht (vgl. BFH, Urteil vom 31.07.1996 - XI R 78/95 - juris, Rn. 11 m. w. N.; BFH, Urteil vom 06.02.1991 - I R 13/86 - juris, Rn. 18; vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, Vor § 118 Rn. 29). Sie dienen dem Ziel, hinsichtlich des zu beurteilenden Besteuerungssachverhalts Unsicherheiten und Ungenauigkeiten zu beseitigen (BFH, Urteil vom 31.07.1996, a. a. O.). Davon ist hier gerade nicht auszugehen. Die Frage nach dem Vorliegen eines Härtefalls gemäß § 17h WG 2010 ist eine reine Rechtsfrage und als solche kein zulässiger Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG (st. Rspr. vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18.04.1975 - VII C 15.73 - juris, Rn. 19; BFH, Urteil vom 11.12.1984 - VIII R 131/76 - juris, Rn. 33; Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, Vor § 118 Rn. 29 jew. m. w. N.).
66 
bb. Es kommen auch keine weiteren besonderen Umstände für schutzwürdiges Vertrauen in Betracht (vgl. BFH, Urteil vom 05.06.2003 - III R 26/00 - juris, Rn. 16 ff.). Insofern ist gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nicht deshalb verstoßen, weil der Vorbehalt, wie die Klägerin meint, erkennbar und ausschließlich nur noch dem Zweck gedient habe, die einzige zum Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Festsetzungsbescheids noch nicht nachgeprüfte Frage, nämlich die nach dem tatsächlichen Wasserverbrauch, ggf. zu überprüfen. Im Übrigen, so der klägerische Vortrag, sei dagegen Bindungswirkung früherer Entscheidungen eingetreten. Dem steht hier bereits entgegen, dass die Vorbehaltsfestsetzung stets umfassend vorläufig ist und wie gesehen auch die Entscheidung über das Vorliegen eines Härtefalls umfasst. Die Vorbehaltsfestsetzung eröffnet zu jeder Zeit eine Änderungsmöglichkeit sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht (vgl. Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 164 Rn. 1). Dies gilt auch dann, wenn die Behörde über längere Zeit eine dem Pflichtigen günstige Auffassung vertreten und dieser entsprechend disponiert hat (vgl. BFH, Urteil vom 29.04.2008 - VIII R 75/05 - juris, Rn. 60 m. w. N.; Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 164 Rn. 24). Zudem darf die Behörde in dem endgültigen Bescheid auf eine zu Lasten des Pflichtigen geänderte Rechtsauffassung zurückgreifen (vgl. BFH, Urteil vom 30.10.1997 - IV R 76/96 - juris, Rn. 20; Seer, in: Tipke/Kruse, AO. FGO, 136. Lfg. 2014, § 164 Rn. 35) oder eine Rechtsänderung mit Rückwirkung auf den Besteuerungszeitraum umsetzen (vgl. Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 164 Rn. 23).
67 
Auch mit dem Verweis auf die intensive Erörterung und Abstimmung des Entgeltfalls mit dem Beklagten sind keine konkreten und besonders vertrauensbildenden Umstände vorgetragen. Zum einen ist von keiner behördeninternen Vorfestlegung hinsichtlich der Bewertung des Entgeltfalls auszugehen. In dem Aktenvermerk zur Besprechung zwischen Landratsamt ...und Regierungspräsidium ... vom 29.06.2011 heißt es wörtlich: „Die Vertreter der Firma ... seien nach wie vor der Meinung, dass die neue Härtefallregelung nach § 17h (WG neu) auf ihren Betriebsstandort in ... anwendbar wäre. Ob die Voraussetzungen für die Härtefallregelung vorliegen, wäre noch zu prüfen. Es bleibt der Firma ... freigestellt, sich in dieser Sache direkt an das Ministerium in Stuttgart zu wenden, um dort eine Einschätzung der neuen Landesregierung zur Härtefallregelung zu erlangen.“ Zum anderen und wie andernorts festgestellt, sind Abstimmungen im Nachgang des stark einzelfallabhängigen Ermäßigungstatbestands des § 17d Abs. 2 WG 2005 nicht ungewöhnlich und musste auch der Klägerin aufgrund der Höhe der geforderten Vorauszahlung erkenntlich sein, dass die Härtefallentscheidung vorläufigen Charakter hat. Schließlich wäre anderenfalls ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu gegenwärtigen. Im Übrigen dürften im Hinblick auf das Wasserentnahmeentgelt besonders hohe Anforderungen Platz greifen. Nicht nur kann der Pflichtige, der die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen den Vorbehaltsbescheid versäumt, die Aufhebung des Vorbehalts nach § 164 Abs. 3 AO verlangen und gegen deren Ablehnung Einspruch einlegen, auch wird der Grund für einen (noch) weitreichenderen Vertrauensschutz allein in der Länge der Vorbehaltswirkung gesehen (zentrales Argument bei Drüen, StuW 2009, 97 ff.). Diese ist im Falle des Wasserentnahmeentgelts mit regulär zwei Jahren jedoch verhältnismäßig kurz.
III.
68 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
69 
Die Zulassung der Berufung erfolgt nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Fragen, ob der Vorbehalt der Nachprüfung die Entscheidung über das Vorliegen eines Härtefalls gemäß § 17h WG 2010 umfasst und ob auch sachliche Härtefälle (bspw. eine nützliche Grundwasserentnahme) unter § 17h WG 2010 fallen, sind obergerichtlich nicht geklärt und stellen sich potentiell in einer Vielzahl von Fällen. Sie hat daher grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
70 
Beschluss
71 
Der Streitwert wird gem. § 52 Abs. 3 GKG auf 284.680,62 EUR festgesetzt.
72 
Wegen der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 GKG verwiesen.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen

This content does not contain any references.