Urteil vom Verwaltungsgericht Freiburg - 1 K 1083/17

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, über die Anträge der Klägerin zu 1 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG und der Klägerinnen zu 2 und zu 3 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG erneut zu entscheiden und dabei die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten.

Der Bescheid der Beklagten vom 10.08.2016 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 19.01.2017 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerinnen tragen jeweils 1/12 und die Beklagte ¾ der Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die am ... 1976 geborene Klägerin zu 1 begehrt eine Aufenthaltserlaubnis für einen vom Aufenthaltsgesetz nicht geregelten Aufenthaltszweck nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG. Die Klägerinnen zu 2 und 3, ihre am … 2002 und am … 2010 geborenen minderjährigen Töchter, machen ein akzessorisches Aufenthaltsrecht zur Aufrechterhaltung der familiären Gemeinschaft mit der Klägerin zu 1 geltend.
Die Klägerinnen sind kasachische Staatsangehörige. Sie reisten am 23.05.2015 mit einem nationalen Visum gemeinsam mit dem Ehemann der Klägerin zu 1, der auch Vater der Klägerinnen zu 2 und 3 war, ins Bundesgebiet ein. Der Ehemann bzw. Vater der Klägerinnen hatte ein Einreisevisum zur Aufnahme und Durchführung einer selbständigen Tätigkeit erhalten. Er verstarb am 12.05.2016 infolge einer Erkrankung.
Die Klägerin zu 1 ist Eigentümerin eines 3.742 m² großen Grundstücks auf der Gemarkung der Beklagten. Es befindet sich in einem allgemeinen Wohngebiet. Die Klägerin zu 1 hat das Grundstück derzeit zu einem Pachtzins von 3.500 EUR monatlich an einen Beherbergungsbetrieb mit Gaststätte verpachtet.
Unter dem 03.06.2015 beantragten die Klägerinnen eine Aufenthaltserlaubnis. Als Aufenthaltszweck gaben sie ein Studium zur Schneiderin nach § 16 AufenthG, eine Beschäftigung nach § 18 AufenthG und eine Aufnahme aus dem Ausland nach § 22 AufenthG an; als sonstigen Zweck nannten sie „Aufenthalt“.
Mit einfacher Mail vom 04.08.2016 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerinnen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG. Die Familie sei unter Aufgabe des gesamten Eigentums in die Bundesrepublik eingereist und habe in erheblichem Maße investiert. Während der schweren Krankheit ihres Ehemannes sei es der Klägerin zu 1 gelungen, das erworbene Hotel sehr gut zu verpachten. Sie habe monatliche Pachteinnahmen i.H.v. 3.500 EUR. Sie habe keine Darlehensraten zu bezahlen. Sie sei somit finanziell durch laufende Einnahmen abgesichert und besitze zudem noch ein erhebliches Vermögen. Eine Rückkehr in die frühere Heimat würde bedeuten, dass sie diese Einnahmen verliere und das Hotel veräußern müsse. Sie beabsichtige zur Sicherung ihrer Zukunft und der Zukunft ihrer Kinder von diesen regelmäßigen Einnahmen aus Verpachtung in der Bundesrepublik zu leben.
Mit Bescheid vom 10.08.2016 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerinnen ab (Nr. 1). Ferner forderte die Beklagte die Klägerinnen auf, das Bundesgebiet binnen vier Wochen zu verlassen (Nr. 2), und drohte ihnen andernfalls die Abschiebung nach Kasachstan an (Nr. 3). Schließlich wurde eine Einreisesperre von zwei Jahren für den Fall verfügt, dass eine Abschiebung notwendig sei (Nr. 4). In der Begründung des Bescheids wird ausgeführt: Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 AufenthG sei jedenfalls deshalb nicht möglich, weil mit dem Tod des Ehemannes bzw. Vaters der Klägerinnen die anspruchsbegründende Voraussetzung entfallen sei. Auch die Einräumung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nach § 31 Abs. 1 AufenthG sei ausgeschlossen. Ein solcher Anspruch setze voraus, dass der Stammberechtigte im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen sei. Das ihm erteilte Visum sei jedoch keine Aufenthaltserlaubnis in diesem Sinne. Eine Aufenthaltserlaubnis zu Erwerbszwecken sei nicht beantragt und könne mangels Erwerbstätigkeit auch nicht erteilt werden. Für ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen nach Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes fehlten nach einem lediglich 15-monatigen Aufenthalt die Voraussetzungen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Klägerinnen zu 2 und 3 nach § 32 AufenthG scheitere daran, dass die Klägerin zu 1 kein Aufenthaltsrecht besitze.
Daher sei lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG denkbar. Ein im Gesetz nicht vorgesehener Grund im Sinne dieser Vorschrift werde unter anderem dann angenommen, wenn sich sehr vermögende Ausländer im Bundesgebiet niederlassen wollten. Dabei werde jedoch grundsätzlich nur von solchen Vermögenswerten ausgegangen, aus deren Zinserträgen der Lebensunterhalt gedeckt werden könne. Bei den Einkünften i.H.v. 3.500 EUR handle es sich nicht um Zins-, sondern um Pachteinnahmen. Zum 01.06.2016 seien die Klägerinnen innerhalb des Gebiets der Beklagten umgezogen. So wie dies möglich gewesen sei, sei auch ein Umzug ins Heimatland möglich. Nach dem Tod des Ehemannes werde zwangsläufig hier wie in Kasachstan eine Veränderung der Lebensverhältnisse eintreten. Als kasachische Staatsangehörige mit überwiegend kasachischer Prägung und vermutlich größerem Verwandtschafts- und Bekanntenkreis in Kasachstan müsse es der Klägerin zu 1 sogar in der Heimat einfacher fallen, Unterstützung beim Aufbau einer Existenz für sich und ihre Kinder zu erhalten. Auch vom Heimatland aus könne die Verpachtung des Gasthauses weiter durchgeführt werden. Die Nachlassverwaltung durch einen Rechtsanwalt sei geregelt. Sofern vereinzelt die persönliche Anwesenheit notwendig sei, könne sie mit einem Visum ins Bundesgebiet einreisen. Ein anhaltender Aufenthalt der Klägerinnen sei hierzu nicht erforderlich. Es bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse daran, den Aufenthalt von Personen im Bundesgebiet zu beenden, wenn die gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen nicht vorlägen. Gerade aus generalpräventiven Gründen und aus Gründen der Gleichbehandlung aller sei die Aufenthaltsbeendigung geboten. Allein der Umstand, dass die Klägerinnen der öffentlichen Hand nicht zur Last fielen, mache keine andere Entscheidung möglich. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus sonstigen Gründen nach § 7 Abs. 1 AufenthG werde daher in pflichtgemäßer Ermessensausübung versagt. Daher seien auch die Ausreiseaufforderung, die Abschiebungsandrohung und die Befristung der Wirkung einer Abschiebung rechtmäßig.
Der Bescheid wurde den Klägerinnen am 11.08.2016 zugestellt.
Die Klägerinnen erhoben am 31.08.2016 Widerspruch und stellten am 12.09.2017 einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (1 K 3150/16). Zu dessen Begründung haben sie geltend gemacht: Wie die Beklagte im Ablehnungsbescheid zutreffend feststelle, besäßen die Klägerinnen keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund eines gesetzlich geregelten Zwecks. Sie hätten ausdrücklich eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG beantragt. Die Tatsache, dass ursprünglich eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Familienzusammenführung beantragt worden sei, stehe dem nicht entgegen. Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Familienzusammenführung scheitere mittlerweile am Fehlen eines Stammberechtigten und komme somit von vornherein nicht in Betracht. Eine selbständige oder nichtselbständige Erwerbstätigkeit sei nicht beabsichtigt.
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Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG seien gegeben. Es liege ein begründeter Fall im Sinne dieser Vorschrift vor. Dabei sei jeder Grund für einen Aufenthalt zulässig, der nicht abwegig oder missbräuchlich sei. Nicht erforderlich sei, dass mit einer Versagung des Aufenthalts eine Härte verbunden sei. Ein Beispiel für die Anwendung der Vorschrift sei der Fall, dass sich ein vermögender Ausländer in Deutschland niederlassen wolle. Die Familie habe sich vor der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland entschlossen, alle Brücken in die ursprüngliche Heimat abzureißen, um ein neues Leben in der Bundesrepublik zu beginnen. Die Familie habe ihr gesamtes Eigentum in Kasachstan aufgelöst. Sie habe in der Bundesrepublik erhebliche Geldbeträge investiert. Sie verfüge über Immobilien im Wert von rund einer halben Million Euro. Sie sei schuldenfrei und erziele nicht unerhebliche Einnahmen durch Pacht. Der Pachtzins aus der Verpachtung des Hotels mit Gaststätte belaufe sich auf jährlich 42.000 EUR netto. Dies ergebe ein monatliches Einkommen von 3.500 EUR. Die Klägerinnen könnten somit durchaus als vermögend bezeichnet werden. Sie wollten von ihrem Kapital und von ihren daraus resultierenden Einnahmen in der Bundesrepublik leben. Ferner sei der Familienvater in L. beerdigt worden. Zwar könnten sie mit den monatlichen Pachteinnahmen auch in Kasachstan leben. Dennoch sei die Entscheidung, in der Bundesrepublik Deutschland einen neuen Lebensmittelpunkt aufbauen zu wollen, nicht willkürlich oder missbräuchlich. Jedenfalls aber sei der Bescheid ermessensfehlerhaft. Die Aussage, dass bei Fehlen eines Erteilungszwecks aus familiären, humanitären oder beruflichen Gründen die Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ausgeschlossen sei, sei fehlerhaft. Es sei ferner nicht zutreffend, dass die Vorschrift lediglich auf solche Personen anwendbar sei, die über Zinseinnahmen aus Kapital verfügten. Es sei nicht einzusehen, weshalb ein Unterschied zwischen regelmäßigen Pachteinnahmen und Zinseinnahmen aus Kapital gemacht werden solle. Die hier gegebenen Einnahmen seien auch erheblich. Das Jahresdurchschnittseinkommen in der Bundesrepublik Deutschland habe im Jahr 2015 bei 2.900 EUR monatlich gelegen. Die Familie verfüge deswegen über ein überdurchschnittliches Einkommen. Ferner lebten die meisten Verwandten und Bekannten mittlerweile in der Bundesrepublik und nicht mehr in Kasachstan. Dort gebe es so gut wie keine Angehörigen mehr. Die Beklagte gehe insoweit von falschen Tatsachen aus. Belastungen für den Arbeitsmarkt und die Infrastruktur seien nicht ersichtlich. Aus diesem Grund stünden Interessen des Staates einer Zuwanderung vermögender Personen nicht entgegen. Es sei schließlich unstreitig, dass die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG vorlägen. Insbesondere seien die Klägerinnen mit einem nationalen Visum eingereist.
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Mit Beschluss vom 31.10.2016 (1 K 3150/16) hat die Kammer die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Beklagten vom 10.08.2016 angeordnet. Der Beschluss ist am 22.11.2016 rechtskräftig geworden.
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Das Regierungspräsidium Freiburg wies den Widerspruch der Klägerinnen mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2017 zurück. In den Gründen wird ausgeführt: Wolle sich ein vermögender Ausländer (Millionär) in Deutschland niederlassen und von seinem Vermögen leben, handle es sich um einen zweckfreien Aufenthalt, der im Aufenthaltsgesetz nicht ausdrücklich genannt sei. Das Vermögen müsse allerdings regelmäßig so hoch sein, dass der Ausländer aus dessen Erträgen leben könne. Es sei eine Prognoseentscheidung erforderlich, ob der Lebensunterhalt des Ausländers für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts gesichert sei. Die Einnahmen der Klägerin zu 1 aus Vermietung und Verpachtung könnten im Rahmen dieser Prognoseentscheidung nicht mit Einkünften aus Zinseinnahmen aus einem Bankvermögen gleichgestellt werden. Das Bankvermögen sei bei grundsätzlicher Betrachtung sicherer und damit für einen längerfristigen Aufenthalt geeigneter. Zwar seien Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung von monatlich 3.500 EUR durchaus ausreichend, allerdings könnten diese beispielsweise durch eine Kündigung des Mieters in verhältnismäßig kurzer Zeit wegfallen. Es möge zwar sein, dass durch eine Veräußerung Arbeitsplätze verloren gingen, diese könnten allerdings durch einen neuen Eigentümer wieder egalisiert werden. Es erscheine auch nicht als unverhältnismäßig, die Abwicklung gegebenenfalls aus dem Ausland zu führen. Die Klägerinnen befänden sich erst seit Mai 2015 im Bundesgebiet. Die kurze Aufenthaltsdauer sowie die nach Aktenlage bisher wenig erfolgte persönliche und wirtschaftliche Integration hätten noch nicht zu einer Entwurzelung vom Heimatstaat geführt. Daher seien die öffentlichen Interessen höher zu bewerten als die Interessen der Klägerinnen.
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Der Klägerinnen haben am 23.02.2017 Klage erhoben. Zur Begründung berufen sie sich auf ihren Vortrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Ergänzend machen sie unter Vorlage der entsprechenden Bescheinigungen geltend: Sie seien krankenversichert. Wie der aktuelle Grundbuchauszug belege, sei das verpachtete Grundeigentum frei von Lasten. Die Klägerinnen zu 2 und zu 3 besuchten die Schule. Es bestünden keine Verbindlichkeiten. Die Klägerinnen wohnten für eine Warmmiete von 1.080 EUR zur Miete. Die Klägerin zu 1 habe mittlerweile das Sprachniveau B1 erreicht. Die Klägerinnen zu 2 und zu 3 zeigten durchweg gute schulische Leistungen. Insbesondere die Klägerin zu 2 spreche beeindruckend gut deutsch. Sie habe im November 2017 ein Praktikum in einem Friseurbetrieb absolviert und durchweg sehr gute Bewertungen erhalten. Zudem habe sie vor wenigen Wochen ein Praktikum in der Kanzlei des Bevollmächtigten der Klägerinnen absolviert und laut Bewertung der Büroleitung ausgezeichnete Leistungen gezeigt. Das verpachtete Anwesen könne alternativ zu Wohnzwecken genutzt werden. Das Anwesen habe eine Fläche von 3.742 m². Der Bodenrichtwert liege bei 155 EUR pro Quadratmeter. Dies entspreche einem theoretischen Verkaufswert ohne Berücksichtigung des Gebäudes von ca. 580.000 EUR. Dabei sei aber zu bedenken, dass die Grundstückspreise erheblich gestiegen seien. Grundstücke in dieser Größe, die eine großzügige Bebauung ermöglichten, seien aufgrund der extremen Wohnungsknappheit sehr begehrt. Ungeachtet dessen sei die Zukunft des Beherbergungsbetriebs auf jeden Fall gesichert. Die Klägerin zu 1 gehe davon aus, dass sie bei einer Neuverpachtung oder einer Verlängerung des Pachtvertrags eine höhere Pacht erzielen könne.
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Aus dem Einkommensteuerbescheid für 2017 ergäben sich Einkünfte in einer Höhe von ca. 23.000 EUR. Dabei seien aber Abschreibungen in Höhe von rund 10.000 EUR berücksichtigt, die effektiv dem Familieneinkommen zur Verfügung stünden. Daraus ergäben sich Einkünfte von effektiv knapp 35.000 EUR, also ein monatliches Einkommen in Höhe von knapp 2.900 EUR. Nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis komme noch Kindergeld i.H.v. 388 EUR pro Monat hinzu, so dass das monatliche Familieneinkommen bei 3.268,75 EUR liegen werde.
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Die Klägerinnen beantragen,
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der Klägerin zu 1 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG und den Klägerinnen zu 2 und zu 3 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG zu erteilen und
den Bescheid der Beklagten vom 10.08.2016 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 19.01.2017 aufzuheben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.
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Die Beklagte beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
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Sie macht ergänzend geltend, § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG sei restriktiv auszulegen. Dafür spreche sowohl die Funktion als Auffangtatbestand als auch der Wortlaut der Regelung. Ob die Vermögensverwaltung einer Gaststätte einen solchen Rechtfertigungsgrund darstellen könne, sei zweifelhaft. Es fehle an der Regelerteilungsvoraussetzung einer positiven Prognose für die Sicherung des Lebensunterhalts. Kurzfristige Kundenkündigungsmöglichkeiten bei einem Pachtverhältnis sprächen gegen eine finanzielle Sicherung. Der Zinsanspruch aus einem Kontoführungsvertrages mit einer Bank sei beständiger. Die Ermessenserwägungen des Ausgangsbescheids seien im Widerspruchsbescheid aufgegriffen und hinreichend ergänzt worden. Damit scheitere auch ein akzessorisches Aufenthaltsrecht der Klägerinnen zu 2 und 3.
20 
Dem Gericht liegen ein Heft Originalakten der Beklagten und ein Heft Akten des Regierungspräsidiums Freiburg vor. Auf diese Akten und die im vorliegenden Verfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die zulässige Klage ist zum überwiegenden Teil begründet. Die Klägerinnen haben einen Anspruch auf Neubescheidung ihrer Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch die Beklagte (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
22 
1. Gegenstand des Rechtsstreits sind nur die Anträge der Klägerin zu 1 auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG und der Klägerinnen zu 2 und zu 3 auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG. Soweit im Verwaltungsverfahren mit dem Antrag vom 03.06.2015 noch andere Aufenthaltszwecke geltend gemacht worden sind, ist der angefochtene Bescheid vom 10.08.2016 demzufolge bestandskräftig geworden. Bereits im Widerspruchsverfahren - wie auch in dem vor der Kammer anhängig gewesenen Eilverfahren 1 K 3150/16 - haben die Klägerinnen die entsprechenden Begehren nicht mehr weiterverfolgt und sich - wie auch im Klageverfahren - ausschließlich auf die jetzt streitgegenständlichen Vorschriften gestützt.
23 
2. Im Falle der Klägerin zu 1 sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erfüllt.
24 
a) § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG regelt die im Ermessen der Ausländerbehörde stehende Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis für im Aufenthaltsgesetz nicht vorgesehene Aufenthaltszwecke. Voraussetzung ist, dass es sich um einen Aufenthaltszweck handelt, der nicht in den §§ 16 ff. AufenthG geregelt ist. Es genügt nicht, wenn innerhalb eines Aufenthaltszwecks für eine bestimmte Fallkonstellation ein Aufenthaltsrecht nicht vorgesehen ist oder die Voraussetzungen nicht erfüllt sind (Fehrenbacher, HTK-AuslR, § 7 AufenthG, zu Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 m.w.N.). Nach dem in § 7 AufenthG verankerten Trennungsprinzip ist der Ausländer daher grundsätzlich gehalten, seine aufenthaltsrechtlichen Ansprüche aus den Rechtsgrundlagen abzuleiten, die der Gesetzgeber für die spezifischen vom Ausländer verfolgten Aufenthaltszwecke geschaffen hat (BVerwG, Urteil vom 04.09.2007 - 1 C 43/06 - juris). Die Regelung ist daher keine allgemeine Generalklausel für alle Fälle, in denen nach den einschlägigen spezielleren Vorschriften kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis besteht.
25 
Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Zwar ist die Klägerin zu 1 zunächst zum Zweck der Familienzusammenführung mit ihrem Ehemann eingereist. Nach dessen Tod ist dieser Zweck jedoch entfallen. Ausgehend vom Vortrag der Klägerin zu 1 ist der Aufenthaltszweck nunmehr auf die Verwaltung des Vermögens gerichtet. Dabei handelt es sich um einen Aufenthaltszweck, der seiner Art nach in den §§ 16 ff. AufenthG nicht vorgesehen ist.
26 
b) Es besteht allgemein Einigkeit darüber, dass der vermögende Ausländer, der sich in Deutschland niederlassen möchte, um hier von seinem Vermögen zu leben, einen der Anwendungsfälle des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG darstellt (vgl. Nr. 7.1.3 Satz 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG; Discher in GK-AufenthG, § 7 Rn. 240; Dienelt in Bergmann/Dienelt, AufenthG, 12. Aufl. 2018, § 7 Rn. 25; Maor in BeckOK, AufenthG § 7 Rn. 11; Fehrenbacher in HTK-AuslR, § 7 AufenthG, Rn. 4 zu Abs. 1 Satz 3 Nr. 1).
27 
Damit fällt die Klägerin zu 1 grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Vorschrift. Sie beabsichtigt, in Deutschland von den Erträgen ihres Vermögens zu leben. Dies ist nicht etwa deshalb in Frage gestellt, weil es sich dabei um aus ihrem Grundbesitz resultierende Miet- und Pachteinnahmen handelt. Anders als die Beklagte meint, lässt sich dem Regelungsgehalt des Aufenthaltsgesetzes kein Grundsatz des Inhalts entnehmen, dass als Vermögen im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur Bankguthaben, Aktiendepots o.ä. zu berücksichtigen sind. Dabei ist schon die Annahme verfehlt, Grundbesitz sei regelhaft weniger sicher als z.B. ein Bankguthaben oder ein Aktiendepot. Denn dies trifft ersichtlich nicht zu. Während unbelasteter Grundbesitz ein krisensicheres Vermögen darstellt, sind Bankguthaben in viel stärkerem Maße dem Risiko von Wertverlusten infolge von Krisen einzelner Staaten, der Finanzmärkte oder großer Unternehmen ausgesetzt. Gleichermaßen nicht überzeugend ist der Vortrag der Beklagten, Pacht- oder Miteinnahmen aus Grundbesitz könnten eher kurzfristig entfallen als z.B. Zinseinnahmen aus einem Bankguthaben. Abgesehen davon, dass es derzeit schwierig ist, bei einer risikofreien Geldanlage überhaupt noch nennenswerte Zinserträge zu erwirtschaften, übersieht die Beklagte, dass auch Miet- oder Pachtverträge keinesfalls in allen Fällen jederzeit gekündigt werden können. Auch im vorliegenden Fall handelt es sich um einen längerfristig abgeschlossenen Pachtvertrag, der bis ins Jahr 2021 Gültigkeit beansprucht und vorher nur durch eine außerordentliche Kündigung beendet werden kann. Schließlich verkennt die Beklagte, dass Grundbesitz, der sich wie hier in einem allgemeinen Wohngebiet befindet, auch bei einem Scheitern des Pachtverhältnisses ohne Weiteres anderweitig baulich genutzt und damit wirtschaftlich profitabel verwertet werden kann. Im Falle des mehr als 3.700 m² großen Grundstücks der Klägerin zu 1 wäre wohl ohne Weiteres der Verkauf an einen Bauträger zum Zwecke der Bebauung mit Wohnhäusern möglich. Nach vorsichtiger Schätzung, der auch der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten ist, wäre im vorliegenden Fall ein Erlös von mindestens 600.000 EUR, eventuell aber auch deutlich mehr, zu erzielen.
28 
c) Ferner muss nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ein begründeter Fall vorliegen. Dabei handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts um eine tatbestandliche Voraussetzung, die gerichtlich voll überprüfbar ist (BVerwG, Urteil vom 26.10.2010 - 1 C 16.09 - juris; einschränkend: Pfaff, ZAR 2011, S. 194 m.w.N.; a. A. wohl auch Fehrenbacher in HTK-AuslR, § 7 AufenthG, Rn. 4 zu Abs. 1 Satz 3 Nr. 1). Ein begründeter Fall ist dann anzunehmen, wenn unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik für die gesetzlich geregelten Aufenthaltszwecke der vom Ausländer konkret beabsichtigte Aufenthaltszweck die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sachlich rechtfertigen kann und die Rechtsordnung den Aufenthaltszweck nicht allgemein missbilligt (vgl. Discher in GK-AufenthG, § 7 Rn. 252 ff.). Der Ausländer muss also mit anderen Worten einen Grund für seinen Aufenthalt angeben, der nicht abwegig oder missbräuchlich erscheint (Maor in BeckOK, AufenthG § 7 Rn. 11).
29 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Wunsch der Klägerin zu 1, aus den Erträgen ihres Grundbesitzes in Deutschland zu leben, kann die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sachlich rechtfertigen. Es kann auch nicht die Rede davon sein, dass die Rechtsordnung diesen Aufenthaltszweck allgemein missbilligt oder der angegebene Grund für den Aufenthalt abwegig oder missbräuchlich erscheint.
30 
Darüber hinaus kommt im Falle der Klägerin zu 1 hinzu, dass es sich bei ihrem Grundbesitz um ein in der Bundesrepublik Deutschland belegenes Vermögen handelt, das - anders als beispielsweise Bankvermögen - sinnvollerweise am Ort seiner Belegenheit verwaltet werden muss. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Verwaltung auch durch Dritte erfolgen könnte. Dies wäre aber mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Auch gelegentliche Besuchs- oder Geschäftsaufenthalte der Klägerin zu 1 wären im Falle einer Rückkehr nach Kasachstan mit einem erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden.
31 
Angesichts dessen liegt hier ersichtlich ein besonderer Grund im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG vor. Der von der Klägerin zu 1 genannte Aufenthaltszweck ist sachlich nachvollziehbar und lässt keinerlei Anzeichen eines Missbrauchs erkennen.
32 
d) Darüber hinaus wird man verlangen müssen, dass das Vermögen so groß ist, dass der Ausländer aus dessen Erträgen - mit einer gewissen Nachhaltigkeit - leben kann (Fehrenbacher in HTK-AuslR, § 7 AufenthG, Rn. 4 zu Abs. 1 Satz 3 Nr. 1). Dies dürfte schon aus der Systematik des Aufenthaltsgesetzes folgen, die im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG zu berücksichtigen ist. Danach ist ein Zuzug in die sozialen Sicherungssysteme grundsätzlich unerwünscht. Ferner setzt der Zuzug eines Ausländers, der in Deutschland von seinem Vermögen leben möchte, gedanklich voraus, dass dieses Vermögen auch tatsächlich geeignet ist, den Lebensunterhalt des Ausländers zu gewährleisten. Letztlich kann aber dahinstehen, ob dieses Erfordernis zum Tatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gehört. Denn die Sicherung des Lebensunterhalts ist jedenfalls als allgemeine Erteilungsvoraussetzungen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) auch im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG zu berücksichtigen (vgl. Discher in GK-AufenthG, § 7 Rn. 262).
33 
Wollte man bei der Frage, ob der Lebensunterhalt durch die aus dem Grundvermögen fließenden Erträge nachhaltig gesichert ist, allein auf die Klägerin zu 1 abstellen, wäre sie wohl ohne Weiteres zu bejahen. Es spricht indes Vieles dafür, nicht nur die Klägerin zu 1 in den Blick zu nehmen. Da sie mit ihren minderjährigen Kindern, den Klägerinnen zu 2 und 3, zusammenleben möchte, ist wohl die gesamte Familie - als Bedarfsgemeinschaft - zu betrachten. Auch unter Berücksichtigung des Bedarfs der Klägerinnen zu 2 und 3 ist das Vermögen der Klägerin zu 1 aber geeignet, den Lebensunterhalt der Klägerinnen nachhaltig zu sichern.
34 
Zur Frage der Sicherung des Lebensunterhalts bzw. zum erzielten Einkommen haben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 17.07.2018 ausführlich und detailliert Stellung genommen. Danach sei von einem Einkommen von 50.700 EUR im Jahr 2017 auszugehen. Davon sei die entrichtete Umsatzsteuer i.H.v. 7.980 EUR abzuziehen. Gleiches gelte für Vorsorgebeträge i.H.v. 5.182,04 EUR und Nebenkosten i.H.v. 6.259 EUR. Demgegenüber seien Abschreibungen auf den Grundbesitz nicht vom Einkommen abzuziehen. Vielmehr sei nach Nr. 4.3 (2) der fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu den §§ 11 bis 11b SGB II eine Pauschale für Instandsetzung i.H.v. 10 % der Mieteinnahmen, also ein Betrag von 4.200 EUR abzusetzen. Nicht berücksichtigt werden könnten im Rahmen einer Prognoseentscheidung einmalige Ausgaben, die in dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 berücksichtigt worden seien. Um solche einmaligen Ausgaben handle es sich bei den Kosten für die Pächtersuche und der Landesoberkasse für die Eigentumsänderung sowie für die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen, die nur das konkrete Steuerjahr beträfen. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende könne nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden (§ 11 Buchst. b Abs. 1 Satz 1 SGB II). Das zu berücksichtigende Einkommen der Klägerinnen betrage somit 2.256,58 EUR monatlich. Hinzuzurechnen sei das fiktive Kindergeld i.H.v. 380 EUR. Damit betrage das monatliche zu berücksichtigende Einkommen 2.636,58 EUR. Dem stünden Regelsätze für die Klägerinnen von insgesamt 1.028 EUR, die Warmmiete i.H.v. 1080 EUR und Krankenversicherungskosten i.H.v. 431,50 EUR entgegen. Dies ergebe einen Gesamtbetrag i.H.v. 2.539,50 EUR.
35 
Diese Aufstellung ist für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend; auch die Beklagte hat insofern in der mündlichen Verhandlung keine konkreten Einwendungen erhoben. Insbesondere ist es auch nach der Überzeugung der Kammer im Rahmen einer auf die Zukunft gerichteten Prognose geboten, einkommensmindernde Beträge, die ersichtlich nur einmalig in der Vergangenheit angefallen sind, unberücksichtigt zu lassen. Da das Grundstück der Klägerinnen nunmehr dauerhaft verpachtet ist, werden in den nächsten Jahren voraussichtlich keine Kosten für die Suche eines neuen Pächters anfallen. Auch Kosten der Eigentumsübertragung sind in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Gleiches gilt für die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen, die zu einem erheblichen Teil die Beerdigungskosten für den verstorbenen Ehemann der Klägerin zu 1 betroffen haben. Zutreffend gehen die Klägerinnen ferner davon aus, dass das Kindergeld für die Klägerin zu 2 und 3 entgegen einer früher vertretenen Auffassung als Einkommen der Klägerinnen zu berücksichtigen ist (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG; § 2 Rn. 102).
36 
Nach alledem erweist sich das Vermögen der Klägerin zu 1 als ausreichend, um nachhaltig und dauerhaft den Unterhalt der Klägerinnen sichern zu können. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen selbst bei einer Verwertung und Aufzehrung des Vermögens für weit mehr als zehn Jahre - der Bevollmächtigte der Klägerinnen geht bei einem Verkaufserlös für das Grundstück von lediglich 500.000 EUR in nachvollziehbarer Weise sogar von 16,5 Jahren aus - von ihrem Kapital leben könnten. Daher erscheint es als ausgeschlossen, dass sie in absehbarer Zukunft in die Lage kommen könnten, Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen.
37 
3. Die im Falle der Klägerin zu 1 von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden, sodass die Beklagte verpflichtet ist, eine erneute Ermessensentscheidung zu treffen und dabei die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten.
38 
Bei der Ermessensentscheidung hat die Behörde die für und gegen den Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet sprechenden schutzwürdigen Individualinteressen des Ausländers und öffentlichen Interessen abzuwägen (vgl. Nr. 7.1.3 Satz 6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG). Zu berücksichtigen sind in Ansehung von § 1 Abs. 1 AufenthG auch wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Interessen und die Integrationsfähigkeit des Ausländers (Discher in GK-AufenthG, § 7 AufenthG, Rn. 262).
39 
a) Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist hier schon deshalb zu beanstanden, weil sie bezüglich der Frage, welche sozialen Bindungen die Klägerinnen im Bundesgebiet bzw. in Kasachstan besitzen, den Sachverhalt nicht aufgeklärt hat und - ohne dies in irgendeiner Weise zu überprüfen - davon ausgegangen ist, dass die Klägerinnen noch zahlreiche familiäre und freundschaftliche Bindungen in Kasachstan besitzen. Dem haben die Klägerinnen entgegengehalten, dass dies nicht zutreffe und mittlerweile ein großer Teil ihrer Verwandten und Bekannten in Deutschland lebe.
40 
Da es sich hierbei um eine im Rahmen der Ermessensausübung zu treffende Aufklärungsmaßnahme handelt, ist es Sache der Beklagten, dieser Frage nachzugehen und ihre entsprechenden Ermessenserwägungen gegebenenfalls zu korrigieren. Die korrekte Ausübung des Ermessens setzt eine vollständige und zutreffende Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts voraus. Die Ermessensentscheidung der Behörde ist danach fehlerhaft, wenn die Behörde infolge unterlassener Ermittlungen von einem inhaltlich falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist. In diesem Fall ist es auch nicht Sache des Gerichts, den Sachverhalt umfassend aufzuklären, um selbst festzustellen, ob die behördliche Entscheidung begründbar bzw. vertretbar wäre (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.7.1989 - 6 S 1739/87 - juris-Rn. 38; OVG Meckl.-Vorp., Beschluss vom 27.3.2009 - 2 L 218/06 - juris-Rn. 24 sowie Urteil vom 20.2.2002 2 L 212/00 - NVwZ-RR 2002, 805, juris-Rn. 31; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 40 Rn. 53 und 62).
41 
b) Ersichtlich fehl geht die Erwägung der Beklagten, ein Umzug der Klägerinnen innerhalb des Gemeindegebiets der Beklagten sei mit einem Umzug nach Kasachstan vergleichbar und diesen daher ohne weiteres zumutbar. Es liegt auf der Hand, dass diese Erwägung sachwidrig ist, denn ein Umzug innerhalb des Gemeindegebiets ist mit einem Umzug in ein anderes Land nicht vergleichbar, auch wenn es sich dabei um das Herkunftsland der Klägerinnen handelt. In diesem Zusammenhang hätte es ebenfalls nahegelegen, der Frage nachzugehen, inwiefern die Klägerinnen noch familiäre Bindungen in ihr Herkunftsland haben.
42 
c) Zu beanstanden ist nach dem derzeitigen Sachstand, der bei einer Verpflichtungsklage maßgeblich ist, auch die Annahme des Regierungspräsidiums Freiburg, die Klägerinnen hätten nur wenige persönliche und wirtschaftliche Integrationsleistungen erbracht. Die Klägerin zu 1 hat im Rahmen eines Deutschkurses mittlerweile immerhin das Sprachniveau B1 erreicht. Die Klägerinnen zu 2 und 3 besuchen in Deutschland die Schule. Die Kammer konnte sich in der mündlichen Verhandlung davon überzeugen, dass insbesondere die Klägerin zu 2 in Anbetracht der Aufenthaltsdauer gut deutsch spricht und sich freiwillig in einer im schulischen Rahmen angebotenen Theater AG engagiert. Ferner hat sie sich im Rahmen zweier Praktika als sehr zuverlässig und motiviert erwiesen. Auch wenn es sich hierbei unmittelbar um Integrationsleistungen der Klägerin zu 2 handelt, ist doch zu beachten, dass die Klägerin zu 1 ersichtlich den Schulbesuch ihrer Töchter fördert und diese dabei im Rahmen ihrer Möglichkeiten vorbildlich unterstützt.
43 
d) Auf den Umstand, dass sich das Vermögen in Form des Grundbesitzes in der Bundesrepublik Deutschland befindet und als Betriebsgrundstück einer besonderen Verwaltung bedarf, ist das Regierungspräsidium Freiburg zwar eingegangen. Dabei ist es aber von der in rechtlicher Hinsicht zu beanstandenden Annahme ausgegangen, die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung könnten nicht mit Einkünften aus Zinseinnahmen aus einem Bankvermögen verglichen werden. Dies hat die Kammer bereits an anderer Stelle (2.b) im Einzelnen ausgeführt.
44 
e) Ansonsten hat die Behörde bei ihrer erneuten Ermessensbetätigung zu berücksichtigen, dass im Falle eines wohlhabenden Ausländers regelmäßig kein Grund ersichtlich ist, der gegen den Aufenthalt sprechen könnte, falls kein Ausweisungsinteresse vorliegt oder keine Wohnungsnot gegeben ist. Bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen sind öffentliche und private Rechtsgüter und Interessen zu beachten. Die Begrenzung und Steuerung des Zuzugs sowie die Verhinderung von Belastungen für Arbeitsmarkt und Infrastruktur sind anerkennenswerte und notwendige Aspekte bei dieser Bewertung und Gewichtung. Sie stehen aber einer Zuwanderung in den Fällen des vermögenden Ausländers grundsätzlich nicht entgegen, es sei denn, es gebe einen sachlichen Grund, derartige Aufenthalte aus migrationspolitischen Gründen ausnahmslos nicht zuzulassen (vgl. Dienelt in Bergmann/Dienelt, AufenthG, 12. Aufl. 2018, § 7 Rn. 28; Maor in BeckOK, AufenthG § 7 Rn. 15). Vor diesem Hintergrund sind auch die Ermessenserwägungen der Beklagten, es bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse daran, den Aufenthalt von Personen im Bundesgebiet zu beenden, wenn die gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen nicht vorlägen, und aus generalpräventiven Gründen und aus Gründen der Gleichbehandlung aller sei im Falle der Klägerinnen die Aufenthaltsbeendigung geboten, nicht ohne Weiteres nachvollziehbar.
45 
4. Nach erneuter Ermessensbetätigung bezüglich der Klägerin zu 1 hat die Beklagte auch über bezüglich der Klägerinnen zu 2 und 3 eine - davon abhängige - Entscheidung zu treffen. Sollte die Beklagte der Klägerin zu 1 nach der hiernach gebotenen fehlerfreien Ermessensbetätigung eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erteilen, stünde den Klägerinnen zu 2 und 3 ein Aufenthaltsrecht nach § 32 Abs. 1 AufenthG zu.
46 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO. Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gründe

 
21 
Die zulässige Klage ist zum überwiegenden Teil begründet. Die Klägerinnen haben einen Anspruch auf Neubescheidung ihrer Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch die Beklagte (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
22 
1. Gegenstand des Rechtsstreits sind nur die Anträge der Klägerin zu 1 auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG und der Klägerinnen zu 2 und zu 3 auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 AufenthG. Soweit im Verwaltungsverfahren mit dem Antrag vom 03.06.2015 noch andere Aufenthaltszwecke geltend gemacht worden sind, ist der angefochtene Bescheid vom 10.08.2016 demzufolge bestandskräftig geworden. Bereits im Widerspruchsverfahren - wie auch in dem vor der Kammer anhängig gewesenen Eilverfahren 1 K 3150/16 - haben die Klägerinnen die entsprechenden Begehren nicht mehr weiterverfolgt und sich - wie auch im Klageverfahren - ausschließlich auf die jetzt streitgegenständlichen Vorschriften gestützt.
23 
2. Im Falle der Klägerin zu 1 sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erfüllt.
24 
a) § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG regelt die im Ermessen der Ausländerbehörde stehende Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis für im Aufenthaltsgesetz nicht vorgesehene Aufenthaltszwecke. Voraussetzung ist, dass es sich um einen Aufenthaltszweck handelt, der nicht in den §§ 16 ff. AufenthG geregelt ist. Es genügt nicht, wenn innerhalb eines Aufenthaltszwecks für eine bestimmte Fallkonstellation ein Aufenthaltsrecht nicht vorgesehen ist oder die Voraussetzungen nicht erfüllt sind (Fehrenbacher, HTK-AuslR, § 7 AufenthG, zu Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 m.w.N.). Nach dem in § 7 AufenthG verankerten Trennungsprinzip ist der Ausländer daher grundsätzlich gehalten, seine aufenthaltsrechtlichen Ansprüche aus den Rechtsgrundlagen abzuleiten, die der Gesetzgeber für die spezifischen vom Ausländer verfolgten Aufenthaltszwecke geschaffen hat (BVerwG, Urteil vom 04.09.2007 - 1 C 43/06 - juris). Die Regelung ist daher keine allgemeine Generalklausel für alle Fälle, in denen nach den einschlägigen spezielleren Vorschriften kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis besteht.
25 
Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Zwar ist die Klägerin zu 1 zunächst zum Zweck der Familienzusammenführung mit ihrem Ehemann eingereist. Nach dessen Tod ist dieser Zweck jedoch entfallen. Ausgehend vom Vortrag der Klägerin zu 1 ist der Aufenthaltszweck nunmehr auf die Verwaltung des Vermögens gerichtet. Dabei handelt es sich um einen Aufenthaltszweck, der seiner Art nach in den §§ 16 ff. AufenthG nicht vorgesehen ist.
26 
b) Es besteht allgemein Einigkeit darüber, dass der vermögende Ausländer, der sich in Deutschland niederlassen möchte, um hier von seinem Vermögen zu leben, einen der Anwendungsfälle des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG darstellt (vgl. Nr. 7.1.3 Satz 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG; Discher in GK-AufenthG, § 7 Rn. 240; Dienelt in Bergmann/Dienelt, AufenthG, 12. Aufl. 2018, § 7 Rn. 25; Maor in BeckOK, AufenthG § 7 Rn. 11; Fehrenbacher in HTK-AuslR, § 7 AufenthG, Rn. 4 zu Abs. 1 Satz 3 Nr. 1).
27 
Damit fällt die Klägerin zu 1 grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Vorschrift. Sie beabsichtigt, in Deutschland von den Erträgen ihres Vermögens zu leben. Dies ist nicht etwa deshalb in Frage gestellt, weil es sich dabei um aus ihrem Grundbesitz resultierende Miet- und Pachteinnahmen handelt. Anders als die Beklagte meint, lässt sich dem Regelungsgehalt des Aufenthaltsgesetzes kein Grundsatz des Inhalts entnehmen, dass als Vermögen im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nur Bankguthaben, Aktiendepots o.ä. zu berücksichtigen sind. Dabei ist schon die Annahme verfehlt, Grundbesitz sei regelhaft weniger sicher als z.B. ein Bankguthaben oder ein Aktiendepot. Denn dies trifft ersichtlich nicht zu. Während unbelasteter Grundbesitz ein krisensicheres Vermögen darstellt, sind Bankguthaben in viel stärkerem Maße dem Risiko von Wertverlusten infolge von Krisen einzelner Staaten, der Finanzmärkte oder großer Unternehmen ausgesetzt. Gleichermaßen nicht überzeugend ist der Vortrag der Beklagten, Pacht- oder Miteinnahmen aus Grundbesitz könnten eher kurzfristig entfallen als z.B. Zinseinnahmen aus einem Bankguthaben. Abgesehen davon, dass es derzeit schwierig ist, bei einer risikofreien Geldanlage überhaupt noch nennenswerte Zinserträge zu erwirtschaften, übersieht die Beklagte, dass auch Miet- oder Pachtverträge keinesfalls in allen Fällen jederzeit gekündigt werden können. Auch im vorliegenden Fall handelt es sich um einen längerfristig abgeschlossenen Pachtvertrag, der bis ins Jahr 2021 Gültigkeit beansprucht und vorher nur durch eine außerordentliche Kündigung beendet werden kann. Schließlich verkennt die Beklagte, dass Grundbesitz, der sich wie hier in einem allgemeinen Wohngebiet befindet, auch bei einem Scheitern des Pachtverhältnisses ohne Weiteres anderweitig baulich genutzt und damit wirtschaftlich profitabel verwertet werden kann. Im Falle des mehr als 3.700 m² großen Grundstücks der Klägerin zu 1 wäre wohl ohne Weiteres der Verkauf an einen Bauträger zum Zwecke der Bebauung mit Wohnhäusern möglich. Nach vorsichtiger Schätzung, der auch der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten ist, wäre im vorliegenden Fall ein Erlös von mindestens 600.000 EUR, eventuell aber auch deutlich mehr, zu erzielen.
28 
c) Ferner muss nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ein begründeter Fall vorliegen. Dabei handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts um eine tatbestandliche Voraussetzung, die gerichtlich voll überprüfbar ist (BVerwG, Urteil vom 26.10.2010 - 1 C 16.09 - juris; einschränkend: Pfaff, ZAR 2011, S. 194 m.w.N.; a. A. wohl auch Fehrenbacher in HTK-AuslR, § 7 AufenthG, Rn. 4 zu Abs. 1 Satz 3 Nr. 1). Ein begründeter Fall ist dann anzunehmen, wenn unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik für die gesetzlich geregelten Aufenthaltszwecke der vom Ausländer konkret beabsichtigte Aufenthaltszweck die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sachlich rechtfertigen kann und die Rechtsordnung den Aufenthaltszweck nicht allgemein missbilligt (vgl. Discher in GK-AufenthG, § 7 Rn. 252 ff.). Der Ausländer muss also mit anderen Worten einen Grund für seinen Aufenthalt angeben, der nicht abwegig oder missbräuchlich erscheint (Maor in BeckOK, AufenthG § 7 Rn. 11).
29 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Wunsch der Klägerin zu 1, aus den Erträgen ihres Grundbesitzes in Deutschland zu leben, kann die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sachlich rechtfertigen. Es kann auch nicht die Rede davon sein, dass die Rechtsordnung diesen Aufenthaltszweck allgemein missbilligt oder der angegebene Grund für den Aufenthalt abwegig oder missbräuchlich erscheint.
30 
Darüber hinaus kommt im Falle der Klägerin zu 1 hinzu, dass es sich bei ihrem Grundbesitz um ein in der Bundesrepublik Deutschland belegenes Vermögen handelt, das - anders als beispielsweise Bankvermögen - sinnvollerweise am Ort seiner Belegenheit verwaltet werden muss. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Verwaltung auch durch Dritte erfolgen könnte. Dies wäre aber mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Auch gelegentliche Besuchs- oder Geschäftsaufenthalte der Klägerin zu 1 wären im Falle einer Rückkehr nach Kasachstan mit einem erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden.
31 
Angesichts dessen liegt hier ersichtlich ein besonderer Grund im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG vor. Der von der Klägerin zu 1 genannte Aufenthaltszweck ist sachlich nachvollziehbar und lässt keinerlei Anzeichen eines Missbrauchs erkennen.
32 
d) Darüber hinaus wird man verlangen müssen, dass das Vermögen so groß ist, dass der Ausländer aus dessen Erträgen - mit einer gewissen Nachhaltigkeit - leben kann (Fehrenbacher in HTK-AuslR, § 7 AufenthG, Rn. 4 zu Abs. 1 Satz 3 Nr. 1). Dies dürfte schon aus der Systematik des Aufenthaltsgesetzes folgen, die im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG zu berücksichtigen ist. Danach ist ein Zuzug in die sozialen Sicherungssysteme grundsätzlich unerwünscht. Ferner setzt der Zuzug eines Ausländers, der in Deutschland von seinem Vermögen leben möchte, gedanklich voraus, dass dieses Vermögen auch tatsächlich geeignet ist, den Lebensunterhalt des Ausländers zu gewährleisten. Letztlich kann aber dahinstehen, ob dieses Erfordernis zum Tatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gehört. Denn die Sicherung des Lebensunterhalts ist jedenfalls als allgemeine Erteilungsvoraussetzungen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) auch im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG zu berücksichtigen (vgl. Discher in GK-AufenthG, § 7 Rn. 262).
33 
Wollte man bei der Frage, ob der Lebensunterhalt durch die aus dem Grundvermögen fließenden Erträge nachhaltig gesichert ist, allein auf die Klägerin zu 1 abstellen, wäre sie wohl ohne Weiteres zu bejahen. Es spricht indes Vieles dafür, nicht nur die Klägerin zu 1 in den Blick zu nehmen. Da sie mit ihren minderjährigen Kindern, den Klägerinnen zu 2 und 3, zusammenleben möchte, ist wohl die gesamte Familie - als Bedarfsgemeinschaft - zu betrachten. Auch unter Berücksichtigung des Bedarfs der Klägerinnen zu 2 und 3 ist das Vermögen der Klägerin zu 1 aber geeignet, den Lebensunterhalt der Klägerinnen nachhaltig zu sichern.
34 
Zur Frage der Sicherung des Lebensunterhalts bzw. zum erzielten Einkommen haben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 17.07.2018 ausführlich und detailliert Stellung genommen. Danach sei von einem Einkommen von 50.700 EUR im Jahr 2017 auszugehen. Davon sei die entrichtete Umsatzsteuer i.H.v. 7.980 EUR abzuziehen. Gleiches gelte für Vorsorgebeträge i.H.v. 5.182,04 EUR und Nebenkosten i.H.v. 6.259 EUR. Demgegenüber seien Abschreibungen auf den Grundbesitz nicht vom Einkommen abzuziehen. Vielmehr sei nach Nr. 4.3 (2) der fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu den §§ 11 bis 11b SGB II eine Pauschale für Instandsetzung i.H.v. 10 % der Mieteinnahmen, also ein Betrag von 4.200 EUR abzusetzen. Nicht berücksichtigt werden könnten im Rahmen einer Prognoseentscheidung einmalige Ausgaben, die in dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 berücksichtigt worden seien. Um solche einmaligen Ausgaben handle es sich bei den Kosten für die Pächtersuche und der Landesoberkasse für die Eigentumsänderung sowie für die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen, die nur das konkrete Steuerjahr beträfen. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende könne nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden (§ 11 Buchst. b Abs. 1 Satz 1 SGB II). Das zu berücksichtigende Einkommen der Klägerinnen betrage somit 2.256,58 EUR monatlich. Hinzuzurechnen sei das fiktive Kindergeld i.H.v. 380 EUR. Damit betrage das monatliche zu berücksichtigende Einkommen 2.636,58 EUR. Dem stünden Regelsätze für die Klägerinnen von insgesamt 1.028 EUR, die Warmmiete i.H.v. 1080 EUR und Krankenversicherungskosten i.H.v. 431,50 EUR entgegen. Dies ergebe einen Gesamtbetrag i.H.v. 2.539,50 EUR.
35 
Diese Aufstellung ist für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend; auch die Beklagte hat insofern in der mündlichen Verhandlung keine konkreten Einwendungen erhoben. Insbesondere ist es auch nach der Überzeugung der Kammer im Rahmen einer auf die Zukunft gerichteten Prognose geboten, einkommensmindernde Beträge, die ersichtlich nur einmalig in der Vergangenheit angefallen sind, unberücksichtigt zu lassen. Da das Grundstück der Klägerinnen nunmehr dauerhaft verpachtet ist, werden in den nächsten Jahren voraussichtlich keine Kosten für die Suche eines neuen Pächters anfallen. Auch Kosten der Eigentumsübertragung sind in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Gleiches gilt für die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen, die zu einem erheblichen Teil die Beerdigungskosten für den verstorbenen Ehemann der Klägerin zu 1 betroffen haben. Zutreffend gehen die Klägerinnen ferner davon aus, dass das Kindergeld für die Klägerin zu 2 und 3 entgegen einer früher vertretenen Auffassung als Einkommen der Klägerinnen zu berücksichtigen ist (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG; § 2 Rn. 102).
36 
Nach alledem erweist sich das Vermögen der Klägerin zu 1 als ausreichend, um nachhaltig und dauerhaft den Unterhalt der Klägerinnen sichern zu können. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen selbst bei einer Verwertung und Aufzehrung des Vermögens für weit mehr als zehn Jahre - der Bevollmächtigte der Klägerinnen geht bei einem Verkaufserlös für das Grundstück von lediglich 500.000 EUR in nachvollziehbarer Weise sogar von 16,5 Jahren aus - von ihrem Kapital leben könnten. Daher erscheint es als ausgeschlossen, dass sie in absehbarer Zukunft in die Lage kommen könnten, Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen.
37 
3. Die im Falle der Klägerin zu 1 von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden, sodass die Beklagte verpflichtet ist, eine erneute Ermessensentscheidung zu treffen und dabei die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten.
38 
Bei der Ermessensentscheidung hat die Behörde die für und gegen den Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet sprechenden schutzwürdigen Individualinteressen des Ausländers und öffentlichen Interessen abzuwägen (vgl. Nr. 7.1.3 Satz 6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG). Zu berücksichtigen sind in Ansehung von § 1 Abs. 1 AufenthG auch wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Interessen und die Integrationsfähigkeit des Ausländers (Discher in GK-AufenthG, § 7 AufenthG, Rn. 262).
39 
a) Die Ermessensentscheidung der Beklagten ist hier schon deshalb zu beanstanden, weil sie bezüglich der Frage, welche sozialen Bindungen die Klägerinnen im Bundesgebiet bzw. in Kasachstan besitzen, den Sachverhalt nicht aufgeklärt hat und - ohne dies in irgendeiner Weise zu überprüfen - davon ausgegangen ist, dass die Klägerinnen noch zahlreiche familiäre und freundschaftliche Bindungen in Kasachstan besitzen. Dem haben die Klägerinnen entgegengehalten, dass dies nicht zutreffe und mittlerweile ein großer Teil ihrer Verwandten und Bekannten in Deutschland lebe.
40 
Da es sich hierbei um eine im Rahmen der Ermessensausübung zu treffende Aufklärungsmaßnahme handelt, ist es Sache der Beklagten, dieser Frage nachzugehen und ihre entsprechenden Ermessenserwägungen gegebenenfalls zu korrigieren. Die korrekte Ausübung des Ermessens setzt eine vollständige und zutreffende Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts voraus. Die Ermessensentscheidung der Behörde ist danach fehlerhaft, wenn die Behörde infolge unterlassener Ermittlungen von einem inhaltlich falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist. In diesem Fall ist es auch nicht Sache des Gerichts, den Sachverhalt umfassend aufzuklären, um selbst festzustellen, ob die behördliche Entscheidung begründbar bzw. vertretbar wäre (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.7.1989 - 6 S 1739/87 - juris-Rn. 38; OVG Meckl.-Vorp., Beschluss vom 27.3.2009 - 2 L 218/06 - juris-Rn. 24 sowie Urteil vom 20.2.2002 2 L 212/00 - NVwZ-RR 2002, 805, juris-Rn. 31; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 40 Rn. 53 und 62).
41 
b) Ersichtlich fehl geht die Erwägung der Beklagten, ein Umzug der Klägerinnen innerhalb des Gemeindegebiets der Beklagten sei mit einem Umzug nach Kasachstan vergleichbar und diesen daher ohne weiteres zumutbar. Es liegt auf der Hand, dass diese Erwägung sachwidrig ist, denn ein Umzug innerhalb des Gemeindegebiets ist mit einem Umzug in ein anderes Land nicht vergleichbar, auch wenn es sich dabei um das Herkunftsland der Klägerinnen handelt. In diesem Zusammenhang hätte es ebenfalls nahegelegen, der Frage nachzugehen, inwiefern die Klägerinnen noch familiäre Bindungen in ihr Herkunftsland haben.
42 
c) Zu beanstanden ist nach dem derzeitigen Sachstand, der bei einer Verpflichtungsklage maßgeblich ist, auch die Annahme des Regierungspräsidiums Freiburg, die Klägerinnen hätten nur wenige persönliche und wirtschaftliche Integrationsleistungen erbracht. Die Klägerin zu 1 hat im Rahmen eines Deutschkurses mittlerweile immerhin das Sprachniveau B1 erreicht. Die Klägerinnen zu 2 und 3 besuchen in Deutschland die Schule. Die Kammer konnte sich in der mündlichen Verhandlung davon überzeugen, dass insbesondere die Klägerin zu 2 in Anbetracht der Aufenthaltsdauer gut deutsch spricht und sich freiwillig in einer im schulischen Rahmen angebotenen Theater AG engagiert. Ferner hat sie sich im Rahmen zweier Praktika als sehr zuverlässig und motiviert erwiesen. Auch wenn es sich hierbei unmittelbar um Integrationsleistungen der Klägerin zu 2 handelt, ist doch zu beachten, dass die Klägerin zu 1 ersichtlich den Schulbesuch ihrer Töchter fördert und diese dabei im Rahmen ihrer Möglichkeiten vorbildlich unterstützt.
43 
d) Auf den Umstand, dass sich das Vermögen in Form des Grundbesitzes in der Bundesrepublik Deutschland befindet und als Betriebsgrundstück einer besonderen Verwaltung bedarf, ist das Regierungspräsidium Freiburg zwar eingegangen. Dabei ist es aber von der in rechtlicher Hinsicht zu beanstandenden Annahme ausgegangen, die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung könnten nicht mit Einkünften aus Zinseinnahmen aus einem Bankvermögen verglichen werden. Dies hat die Kammer bereits an anderer Stelle (2.b) im Einzelnen ausgeführt.
44 
e) Ansonsten hat die Behörde bei ihrer erneuten Ermessensbetätigung zu berücksichtigen, dass im Falle eines wohlhabenden Ausländers regelmäßig kein Grund ersichtlich ist, der gegen den Aufenthalt sprechen könnte, falls kein Ausweisungsinteresse vorliegt oder keine Wohnungsnot gegeben ist. Bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen sind öffentliche und private Rechtsgüter und Interessen zu beachten. Die Begrenzung und Steuerung des Zuzugs sowie die Verhinderung von Belastungen für Arbeitsmarkt und Infrastruktur sind anerkennenswerte und notwendige Aspekte bei dieser Bewertung und Gewichtung. Sie stehen aber einer Zuwanderung in den Fällen des vermögenden Ausländers grundsätzlich nicht entgegen, es sei denn, es gebe einen sachlichen Grund, derartige Aufenthalte aus migrationspolitischen Gründen ausnahmslos nicht zuzulassen (vgl. Dienelt in Bergmann/Dienelt, AufenthG, 12. Aufl. 2018, § 7 Rn. 28; Maor in BeckOK, AufenthG § 7 Rn. 15). Vor diesem Hintergrund sind auch die Ermessenserwägungen der Beklagten, es bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse daran, den Aufenthalt von Personen im Bundesgebiet zu beenden, wenn die gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen nicht vorlägen, und aus generalpräventiven Gründen und aus Gründen der Gleichbehandlung aller sei im Falle der Klägerinnen die Aufenthaltsbeendigung geboten, nicht ohne Weiteres nachvollziehbar.
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4. Nach erneuter Ermessensbetätigung bezüglich der Klägerin zu 1 hat die Beklagte auch über bezüglich der Klägerinnen zu 2 und 3 eine - davon abhängige - Entscheidung zu treffen. Sollte die Beklagte der Klägerin zu 1 nach der hiernach gebotenen fehlerfreien Ermessensbetätigung eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erteilen, stünde den Klägerinnen zu 2 und 3 ein Aufenthaltsrecht nach § 32 Abs. 1 AufenthG zu.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO. Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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