Beschluss vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen - 12 L 1566/21
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer Zwischenregelung/Hängebeschluss wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Zwischenverfahrens.
1
Gründe:
2Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin,
3der Antragsgegnerin gestützt auf Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 33 Abs. 2 GG bis zu einer Entscheidung über den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Antragstellerin einstweilen zur Einführungszeit für die Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes, beginnend am 3. Januar 2022, zuzulassen,
4hat keinen Erfolg.
5Eine für die Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens (§§ 80, 123 VwGO) geltende Zwischenregelung steht dem Gericht nur in begründeten Einzelfällen unter strengen Voraussetzungen zu Gebote, um sicherzustellen, dass es zu einem späteren Zeitpunkt noch effektiven Rechtsschutz entsprechend den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisten kann. Namentlich kommt eine solche Zwischenregelung dann in Betracht, wenn ohne sie bereits vor der gerichtlichen Eilentscheidung in unumkehrbarer Weise vollendete Tatsachen zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden geschaffen würden. Ob sie erforderlich ist, ist im Wege einer Abwägung der Interessen der Verfahrensbeteiligten zu ermitteln. In diese Abwägung einzustellen sind einerseits die Folgen, die einträten, wenn die Zwischenregelung nicht erginge und der Eilantrag später Erfolg hätte, und andererseits diejenigen Nachteile, die entstünden, wenn die Zwischenregelung bis zur Entscheidung über den Eilantrag Bestand hätte, der Eilantrag aber abgelehnt würde.
6Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Dezember 2014– 1 B 1251/14 –, IÖD 2015, 30 ff., juris Rn. 12.
7Ein Vorliegen dieser Voraussetzungen ist hier nicht ersichtlich. Die Zwischenentscheidung („Hängebeschluss“) ist nicht erforderlich, um für die Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens bis zu einer Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verhindern, dass das Rechtsschutzziel der Antragstellerin durch Zeitablauf ins Leere laufen könnte. Es ist weder im antragstellerseitigen Schriftsatz vom 28. Dezember 2021 zur Begründung dieses Antrages dargelegt noch unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Beteiligten ersichtlich, welche vollendeten, unumkehrbaren Tatsachen zu Lasten der Antragstellerin drohen, sofern sie den Einführungslehrgang nicht bereits ab dem 3. Januar 2022 besucht.
8Es ist ihr, der Antragstellerin, zumutbar, die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts abzuwarten, die zeitnah beabsichtigt ist.
9Dabei verkennt das Gericht nicht, dass ein späterer Beginn der Ausbildung für die Antragstellerin Nachteile mit sich bringt. Jedoch ist der Einführungslehrgang dergestalt konzipiert, dass ein späterer Beginn, soweit er etwa innerhalb der ersten Wochen der Ausbildung erfolgt, grundsätzlich noch möglich ist. Der Einführungslehrgang wird insgesamt 15 Monate lang andauern, § 5 Abs. 1 Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen – APOAA –. Sein erster Abschnitt wird vom 1. bis zum 4. Monat dauern, § 6 Abs. 1 APOAA. Zudem ist der Lehrgang so aufgebaut, dass der Ausbildungsabschnitt „Studium II“ unter anderem der Wiederholung und Festigung der Kenntnisse sowie der Prüfungsvorbereitung dienen wird, § 7 Abs. 6 und § 10 Abs. 2 APOAA. Die Abschlussprüfungen werden zudem nicht durchgängig während der Ausbildungszeit, sondern erst zum Ende des Ausbildungszeitraumes im Februar/ März 2023 bzw. im Juli 2023 stattfinden (vgl. Bl. 203 des VV).
10Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine Nichtzulassung der Antragstellerin bereits zum 3. Januar 2022 dazu führen würde, dass für sie die spätere Teilnahme aus Kapazitätsgründen ausgeschlossen sein würde, etwa weil damit bereits alle Ausbildungsplätze (unwiederbringlich) vergeben wären. Vielmehr hat die Antragsgegnerin festgestellt, dass grundsätzlich noch eine Stelle für einen weiteren Ausbildungsplatz zur Verfügung steht (vgl. Bl. 187 des VV).
11Angesichts dessen würde eine spätere Zulassung der Antragstellerin auch nicht mit den Rechten der vom Antragsgegner zugelassenen Mitbewerber kollidieren.
12Schließlich fällt ins Gewicht, dass die Antragstellerin den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erst vergleichsweise spät – am 8. Dezember 2021 – bei Gericht gestellt hat, obgleich ihr bereits Anfang Juli 2021 mitgeteilt worden war, dass ihre Bewerbung im Auswahlverfahren keine Berücksichtigung finden würde. Damit hat sie zu der nunmehr entstandenen Zeitnot beigetragen.
13Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
14Rechtsmittelbelehrung:
15Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu.
16Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV), bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen. Sie ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich oder als elektronisches Dokument, letzteres nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV, einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
17Im Beschwerdeverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
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Referenzen
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 67 1x
- 1 B 1251/14 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 55a 1x