Urteil vom Verwaltungsgericht Halle (6. Kammer) - 6 A 61/16

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Studiengebühren wegen Überschreitung der Regelstudienzeit.

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Nachdem sie zunächst drei Semester Betriebswirtschaft an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg studiert hatte, ohne einen berufsqualifizierenden Abschluss zu erwerben, begann sie zum Wintersemester 2010/2011 ein Zwei-Fach-Bachelor-Studium mit den Fächern Kunstgeschichte (120 LP) und zunächst Geschichte (60 LP) – ab dem Wintersemester 2011/2012 Psychologie - an der beklagten Universität. Für das elfte Hochschulsemester (Sommersemester 2014) entrichtete sie auf der Grundlage des bestandskräftigen Gebührenbescheides der Beklagten vom 29. Januar 2014 Langzeitstudiengebühren in Höhe von 500,- €. Zum Wintersemester 2014/2015 nahm die Klägerin ein Masterstudium im Fach Kunstgeschichte (120 LP) auf.

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Nach Anhörung der Klägerin zog die Beklagte diese mit Bescheid vom 26. Januar 2016 zur Zahlung von Studiengebühren wegen Überschreitung der Regelstudienzeit in Höhe von 500,- € pro Semester beginnend mit dem Sommersemester 2016 heran, weil es sich um ihr 15. Hochschulsemester handele und ihr "Guthaben" von 10 Semester Regelstudienzeit zzgl. vier gebührenfreier Semester überschritten sei.

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Die Klägerin hat daraufhin am 19. Februar 2016 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt:

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Das mit einer Langzeitstudiengebühr belegte Semester des Bachelorstudiengangs müsse auf die Regelstudienzeit angerechnet werden. Anderenfalls sei es Studierenden mit längeren Studienzeiten von vornherein nicht möglich ein Masterstudium ohne Entrichtung von Langzeitstudiengebühren zu absolvieren. Dies erscheine weder rechtmäßig noch verhältnismäßig.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die bereits gezahlten Langzeitstudiengebühren in Höhe von 500,- € zu erstatten.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie trägt vor, der Bescheid entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Da bei konsekutiven Studiengängen die Gesamtregelstudienzeit zugrunde zu legen sei, habe dies auch zur Folge, dass sich die gebührenfreie Zeit im Rahmen des Masterstudiums um die Zeit verkürze, die die Studierenden für ihr Bachelorstudium zusätzlich benötigt hätten.

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Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Kammer kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidend, vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -.

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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Gebührenbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, so dass ihr auch ein Anspruch auf Rückerstattung der Gebühren nicht zusteht, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 VwGO.

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Rechtsgrundlage der Gebührenerhebung ist § 112 Abs. 1 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt - HSG LSA -. Nach dieser Vorschrift erheben die Hochschulen von Studierenden, die die Regelstudienzeit bei einem Studiengang, der zu einem berufsqualifizierenden Hochschulabschluss führt, oder einem postgradualen Studiengang um mehr als vier Semester überschritten haben, Gebühren in Höhe von 500,- € für jedes weitere Semester. Die Regelstudienzeit bestimmt sich gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 HSG LSA nach der jeweiligen Prüfungs- oder Approbationsordnung. Bei konsekutiven Studiengängen wird die Gesamtregelstudienzeit zugrunde gelegt (§ 112 Abs. 2 Satz 2 HSG LSA). Nach § 112 Abs. 3 Satz 2 HSG LSA werden auf die Regelstudienzeit grundsätzlich alle Studienzeiten an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen im Geltungsbereich des Grundgesetzes angerechnet.

15

Die Heranziehung der Klägerin hält sich im Rahmen dieser gesetzlichen Vorgaben. Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass die Klägerin zum Sommersemester 2016 die für den konsekutiven Masterstudiengang Kunstgeschichte (120 LP) zugrunde zu legende Gesamtregelstudienzeit um mehr als vier Semester überschritten hat. Nach § 6 der Allgemeinen Bestimmungen zu Studien- und Prüfungsordnungen für das Bachelor- und Master-Studium an der beklagten Hochschule vom 8. Juni 2005 (Amtsblatt der Beklagten vom 2. August 2005), auf die deren fachspezifische Studien- und Prüfungsordnung für das Studienprogramm Kunstgeschichte (60, 90 und 120 LP) im Zwei-Fach-Bachelor-Studiengang vom 12. Juli 2006 verweist, beträgt die Regelstudienzeit bis zum Abschluss des Bachelor-Studiums drei, bis zum Abschluss des Master-Studiums zwei Studienjahre, wobei ein Studienjahr aus zwei Semestern besteht. Diese Regelung hat auch durch die Bekanntmachung ihrer Neufassung vom 25. September 2013 (Amtsblatt der Beklagten vom 29. Oktober 2013) keine Änderung erfahren. Die nach § 112 Abs. 2 Satz 2 HSG LSA zu berücksichtigende Gesamtregelstudienzeit für den von der Klägerin belegten Studiengang beläuft sich demgemäß auf zehn Semester. Unter Einbeziehung der Studienzeiten von drei Semestern für das Studium der Betriebswirtschaft in Magdeburg und der seit dem Wintersemester 2010/2011 im Bachelor- und Masterstudium Kunstgeschichte fortgesetzt durchlaufenen elf Semester an der beklagten Universität befand sich die Klägerin im Sommersemester 2016 im 15. Hochschulsemester und überschreitet damit die Regelstudienzeit zuzüglich vier weiterer gebührenfreier Semester.

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Entgegen ihrer Auffassung ist der Gebührenbescheid aufgrund der danach vorliegenden Regelstudienzeitenüberschreitung aber auch nicht deshalb rechtswidrig, insbesondere unverhältnismäßig, weil die Klägerin gleichartige Studiengebühren bereits im Rahmen ihres Bachelorstudiums zu entrichten hatte. Eine unzulässige Doppelberechnung ist darin nicht zu erkennen, weil die Klägerin nicht zweimal für dieselben Studiensemester zu Gebühren herangezogen wird. Eine Anrechnung der Gebührenzahlungen aus dem Bachelorstudiengang auf die im konsekutiven Masterstudiengang anfallenden Langzeitstudiengebühren sieht das Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt nicht vor. Der Wortlaut des § 112 HSG LSA macht vielmehr deutlich, dass die einzelnen zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führenden oder postgradualen Hochschulstudiengänge einschließlich der Bachelor- und Masterstudiengänge im Hinblick auf die Entstehung und Berechnung der Langzeitstudiengebühren grundsätzlich getrennt zu betrachten sind. Von diesem Grundsatz lässt § 112 Abs. 2 Satz 2 und 3 HSG LSA lediglich in besonderen Fällen - insbesondere bei konsekutiven Studiengängen - Ausnahmen durch die Bildung einer Gesamtregelstudienzeit zu. Damit wird der Grundsatz des § 111 Abs. 1 HSG LSA, dass für das Studium in einem konsekutiven Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizierenden Hochschulabschluss führt, anders als für ein sonstiges zweites oder weiteres Studium (§ 111 Abs. 3 Satz 1 HSG LSA) Studiengebühren prinzipiell nicht erhoben werden dürfen (vgl. LTDrucks 4/1149 S. 128 zu § 112 Abs. 1 des Gesetzentwurfs vom 13. November 2003), eingeschränkt (§ 111 Abs. 2 HSG LSA) und unter anderem erreicht, dass die den Studierenden über die Regelstudienzeit hinaus eingeräumte Karenzzeit von vier Semestern (§ 112 Abs. 1 HSG LSA) nur einmal in Anspruch genommen werden kann, auch wenn dies im Einzelfall - wie bei der Klägerin – zur Folge hat, dass selbst die Regelstudienzeit des Masterstudiengangs unter Umständen nicht gebührenfrei ausgeschöpft werden kann (vgl. VG Halle, Urteil vom 29. November 2011 – 6 A 185/10 HAL -). Andererseits erlaubt es die Regelung, dass Studierende, die ihr Bachelorstudium zügig absolvieren und die hierfür festgelegte Regelstudien- zuzüglich Karenzzeit unterschreiten, davon im Rahmen des konsekutiven Studiengangs gebührenrechtlich profitieren. Zu einer gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Benachteiligung von Studierenden der Bachelor- und Masterstudiengänge gegenüber Studierenden „einheitlicher“ Studiengänge führt dies schon deshalb nicht, weil der möglichen Gebührenmehrbelastung der Vorteil des Erwerbs zweier berufsqualifizierender Hochschulabschlüsse gegenübersteht (VG Halle, aaO.).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO iVm. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung – ZPO -.


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