Beschluss vom Verwaltungsgericht Hannover (3. Kammer) - 3 B 5668/19
Tenor
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig, unter dem Vorbehalt des Widerrufs und zunächst längstens bis zum Ablauf der Klagefrist für eine Klage gegen einen etwaigen Ablehnungsbescheid bezüglich der beantragten Hilfe, Eingliederungshilfe für die Durchführung einer Autismus-Therapie in der Einrichtung „{D.}“ nach den Grundsätzen der übersandten Leistungsbeschreibungen dieses Anbieters zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
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Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Eingliederungshilfe.
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Auf seinen Antrag erhält der Antragsteller seit dem {E.} fortlaufend ambulante Eingliederungshilfe in Form einer Schulbegleitung von dem Träger „{D.}“.
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Wegen einer bei dem Antragsteller hinzugetretenen Bedarfslage fragte die Antragsgegnerin mit E-Mail vom {F.} bei dem Autismus-Zentrum A-Stadt GmbH nach einer Autismus-Förderung an. Mit Schreiben vom {G.} erklärte die Autismus-Zentrum A-Stadt GmbH, den Antragsteller auf die Warteliste gesetzt zu haben. Ausweislich der Hilfeplanfortschreibung vom 1. Oktober 2019 steht der Antragsteller zudem bei einem weiteren Anbieter im Hinblick auf eine autismusspezifische Förderung auf der Warteliste.
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Mit E-Mail vom {H.} teilte die allein sorgeberechtigte Mutter des Antragstellers der Antragsgegnerin mit, dass sie ein positives Gespräch mit dem Anbieter „{D.}“ bezüglich einer Autismus-Therapie geführt habe. Der Antragsteller könne dort zeitnah eine Therapie beginnen. Sie fragte in diesem Zusammenhang an, ob die Antragsgegnerin gegenüber „{D.}“ erklären könne, die Kosten für eine entsprechende Therapie zu übernehmen. Mit E-Mail vom {H.} teilte die Antragsgegnerin mit, sie dürfe „{D.}“ derzeit noch nicht in Bezug auf autismusspezifische Förderung belegen, weil die Vertragsverhandlungen mit diesem Anbieter noch nicht abgeschlossen seien. In der anschließend zwischen den Beteiligten geführten E-Mail-Kommunikation bezog sich die Mutter des Antragstellers auf das ihr zustehende Wunsch- und Wahlrecht und forderte die Antragsgegnerin auf, mit dem Anbieter „{D.}“ eine Einzelfallvereinbarung für ihren Sohn abzuschließen. Die Antragsgegnerin lehnte eine solche mit der Begründung ab, dass Wunsch- und Wahlrecht bestehe nur bei Einrichtungen, welche das Jugendamt belege. Bei „{D.}“ müssten bestimmte Leistungsvoraussetzungen noch geprüft werden.
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Mit Schreiben vom {I.} führte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin aus, für die Bewilligung einer ambulanten Maßnahme bestehe keine gesetzliche Voraussetzung dahingehend, dass zwischen der Einrichtung und dem Jugendhilfeträger ein Vertrag abgeschlossen sein müsse. Das Wunsch- und Wahlrecht bestehe bei diesen Leistungen auch für Einrichtungen, mit denen kein Vertrag geschlossen worden sei. Die Einrichtung „{D.}“ sei für eine bedarfsgerechte Leistungserbringung geeignet. Die Antragsgegnerin möge die Leistung bis zum {J.} bewilligen.
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In ihrem Antwortschreiben vom {K.} teilte die Antragsgegnerin dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit, in Fällen, in denen eine generelle Vereinbarung nach § 77 des Sozialgesetzbuches Achtes Buch (SGB VIII) noch nicht geschlossen worden sei, müsse eine Entgeltvereinbarung für den Einzelfall verhandelt werden, bevor die Kostenzusage durch den Jugendhilfeträger erfolgen könne. In diesem Aushandlungsprozess befinde er sich mit „{D.}“ gerade und bitte um etwas Geduld.
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Mit E-Mail vom {L.} trat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers den Ausführungen der Antragsgegnerin entgegen. Der vorliegende – unstreitige – Hilfebedarf sei dringend. Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 3. Juli 2014 – 3 B 9975/14 – sei eine Vereinbarung mit Anbietern ambulanter Leistungen keine Voraussetzung für die Übernahme der Therapiekosten. Das Wunsch- und Wahlrecht sei allein durch den Mehrkostenvorbehalt begrenzt. Eine Kostenübernahme könne gegebenenfalls auch auf einen angemessenen Anteil beschränkt werden. Er forderte die Antragsgegnerin auf, die Leistung bis zum 2. Dezember 2019 zu bewilligen.
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Mit Schreiben vom 29. November 2019 teilte die Antragsgegnerin mit, die Abstimmung über die Kosten der Fachleistungsstunden und Inhalte mit dem Träger „{D.}“ sei noch nicht abgeschlossen. Auch sie sei in höchstem Maße daran interessiert, dem Antragsteller eine entsprechende Förderung im Rahmen der Eingliederungshilfe zuteil kommen zu lassen. Sie habe ihn deshalb auch bei zwei weiteren Trägern auf die Warteliste gesetzt.
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Am {M.} hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend führt er im Wesentlichen aus, die Einrichtung „{D.}“ sei nach wie vor bereit, ihn sofort aufzunehmen. Ein alternativer Therapieplatz stünde derzeit nicht zu Verfügung. Die Antragsgegnerin verzögere den Beginn der Hilfe bewusst in Kenntnis der Rechtslage. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass der geltend gemachte Bedarf bestehe. Sie müsse ihrer Gewährleistungsfunktion aus § 17 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nachkommen. Sofern keine geeigneten Dienste privater Träger zu Verfügung stünden, müsse sie die Leistung selbst erbringen. Der Antragsgegnerin sei eine Leistungs- und Entgeltvereinbarung zwischen „{D.}“ und dem {N.} – und deshalb auch das Leistungsangebot dieses Trägers – bekannt. Die grundsätzliche Eignung für autismusspezifische Förderung könne analog § 78e Abs. 1 Satz 2 SGB VIII vor diesem Hintergrund nicht mehr bestritten werden. Der Antragsteller reicht hierzu ein „Leistungsangebot für eine autismusspezifische Förderung (Einzel- und Gruppenförderung) nach § 35a SGB VIII“ des Anbieters „{D.}“ sowie ein „Leistungsangebot für eine autismusspezifische Förderung (Einzelförderung) nach § 35a Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII und § 41 SGB VIII in Ausgestaltung von § 35a Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII“ des Anbieters „{D.}“ bei Gericht ein. Die Forderungen der Antragsgegnerin stellten ein verdecktes Zulassungsverfahren dar, welches einen Eingriff in die Berufsausübung bedeuteten, für den es einer gesetzlichen Grundlage bedürfe. Die Erbringung der Leistung dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, ob Jugendhilfeträger und Einrichtungsträger eine Einzelfallvereinbarung abgeschlossen hätten. Ansonsten würde sein Wunsch- und Wahlrecht leerlaufen. Eine weitere Verzögerung des Hilfebeginns werde bei ihm zu einer gesundheitlichen Verschlechterung führen. Er sitze zeitweise zuhause depressiv in der Ecke und habe eine Zeit lang Neuroleptika eingenommen. Seit er diese abgesetzt habe, komme es wieder verstärkt zu Wutanfällen. Er habe keine Freunde, sei nicht imstande, zu anderen Kindern Kontakt aufzunehmen. Vor den letzten Herbstferien habe er alle Arbeiten verweigert. Ziel der Autismus-Therapie sei es insbesondere, seine Fähigkeit Kontakt aufzunehmen zu stärken. Der Anordnungsgrund sei auch nicht durch die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Schulbegleitung entfallen. Diese hätten mit der autismusspezifischen Förderung nichts zu tun. Er leide mittlerweile an Schlafstörungen, weiterhin an Wutanfällen, habe Probleme, in der Außenwelt klarzukommen und habe extrem an Gewicht abgenommen.
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Der Antragsteller beantragt,
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die Antragsgegnerin durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Eingliederungshilfe für die Durchführung einer Autismustherapie in der Einrichtung „{D.}“ zu bewilligen.
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Die Antragsgegner beantragt,
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die Sache für eine ergänzende Sachverhaltsermittlung vorerst ruhend zustellen.
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Sie trägt im Wesentlichen vor, der Antragsteller habe unstrittig dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Autismus spezifischer Förderung. Unklar sei aber, ob die Einrichtung „{D.}“ für die Durchführung der Maßnahme geeignet sei. Dies betreffe insbesondere die Fragen durch welche Fachkraft, in welcher Form und mit welchem Kostensatz der Anbieter die Leistung erbringen möchte. Sie lehne die Kostenübernahme nicht etwa deshalb ab, weil mit „{D.}“ keine allgemeine Vereinbarung über die Höhe der Kosten im Sinne des § 77 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) bestehe. Sofern eine solche jedoch noch nicht geschlossen worden sei, müsse, bevor eine Kostenzusage erfolgen könne, eine Entgeltvereinbarung für den Einzelfall verhandelt werden. Aus dieser müsse ersichtlich sein, durch wen welche Leistung für welchen Preis erbracht werden solle. Die Antragsgegnerin trägt zudem grundsätzliche Informationen im Hinblick auf die fachliche Geeignetheit von Personen und die Ausführung der Leistungen vor. Sie fordert den Antragsteller auf, ihr mitzuteilen, welche Fachkraft die Leistungen erbringen solle, ob diese ein Führungszeugnis vorgelegt habe, welche Methoden zur Anwendung kommen sollten und in welcher Höhe Kostenerstattung für die beantragte Leistung begehrt werde. Fraglich sei, ob die für eine einstweilige Anordnung erforderliche Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Entscheidung tatsächlich vorliege. Dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers aktuell verschlechtere, lasse sich den Berichten des behandelnden Arztes, der Schule und auch seiner Mutter nicht entnehmen. Vielmehr zeige sich ein kontinuierlich positiver Verlauf in der Schule.
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Auf gerichtliche Nachfrage bei dem Anbieter „{D.}“ hat dieser mitgeteilt, dass er im Bereich der Eingliederungshilfe allgemein mit folgenden Jugendhilfeträgern zusammenarbeite: Region A-Stadt, Landeshauptstadt A-Stadt, {O.}, {P.}, {Q.}, {R.}, {S.}, {T.}, {U.}, {V.}, {W.}, {X.}, {Y.} Auf telefonische Nachfrage bei der zuständigen Sachbearbeiterin des Fachbereiches der Antragsgegnerin hat diese mitgeteilt, der jugendhilferechtliche Bedarf des Antragstellers sei dem Grund nach unstreitig. Man habe auch keine grundsätzlichen Bedenken, dass der Anbieter "{D.}" für die Leistung inhaltlich geeignet sei. Eine Bewilligung der begehrten Leistung scheitere aus ihrer Sicht daran, dass die Verhandlungen über die Finanzierung zwischen ihr und "{D.}" bisher zu keinem Ergebnis geführt hätten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
II.
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Der zulässige Antrag ist begründet.
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Gemäß § 123 Abs. 1 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit §§ 920 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Sowohl ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch ein Anordnungsanspruch (überwiegende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) sind hierzu glaubhaft zu machen.
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Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Antragsteller hat den erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ihm steht nach dem derzeitigen Sachstand gegenüber der Antragsgegnerin ein Anspruch auf Eingliederungshilfe gemäß § 35a Abs. 1 SGVIII in Form einer Autismus-Therapie bei dem Anbieter „{D.}“ zu.
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Dass die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift, Abweichen der seelischen Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit für länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand – Nummer 1 –, und daher Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beziehungsweise die Erwartung einer solchen Beeinträchtigung – Nummer 2 –, bei dem Antragsteller vorliegen, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
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Sofern die Antragsgegnerin – zunächst – angezweifelt hatte, dass die Einrichtung „{D.}“ für die Durchführung der Leistung inhaltlich/methodisch geeignet sei und weitere Informationen von dem Antragsteller eingefordert hatte, steht dies dem geltend gemachten Anspruch aller Voraussicht nach nicht entgegen. Nach der telefonisch eingeholten Auskunft ist schon bereits nicht klar, ob die Antragsgegnerin insoweit an ihrem Vortrag festhält. Nach der dabei dem Gericht erteilten Information, man habe keine grundsätzlichen Bedenken, dass der Anbieter "{D.}" für die Leistung inhaltlich geeignet sei, dürfte dieser Einwand bereits überholt sein. Darüber hinaus wird die Antragsgegnerin die Leistungserbringung aller Voraussicht nach nicht mit den dargestellten Einwänden verweigern dürfen. Zwar besteht das in § 5 SGB VIII normierte Wunsch- und Wahlrecht für die Leistungsberechtigten nur, sofern die von ihnen gewünschte Jugendhilfemaßnahme geeignet ist. Dabei ist nicht zu fordern, dass die ausgewählte Maßnahme optimal geeignet ist. Ausreichend ist vielmehr auch, wenn diese fachlich vertretbar erscheint. Auf eine nicht geeignete Maßnahme besteht hingegen kein Anspruch. Ausgehend hiervon hat, wenn der Leistungsberechtigte eine ganz bestimmte Maßnahme beantragt, nicht der Jugendhilfeträger die Ungeeignetheit, sondern der Leistungsberechtigte die ausreichende Geeignetheit des gewählten Mittels nachzuweisen (OVG Münster, Beschl. v. 29.04.2011 – 12 B 298/11 –, BeckRS 2012, 45298; Wiesner in; Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl., § 5 Rn. 10a; Schindler/Elmauer in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 7. Aufl., § 5 Rn. 5; Luthe in: jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl., § 5 Rn. 29). Sofern dem Jugendhilfeträger aber alle notwendigen Informationen zu Verfügung stehen, um die Geeignetheit der begehrten Maßnahme selbst zu prüfen, wird er sich nicht darauf berufen können, diese stehe nicht fest. So ist es aber nach dem derzeitigen Sachstand hier. Der Antragsteller hat die Leistungsangebote für eine autismusspezifische Förderung des Anbieters „{D.}“ bei Gericht eingereicht. Diese dürften der Antragsgegnerin auch unabhängig davon bereits bekannt sein. Der Träger „{D.}“ arbeitet auch bereits mit dem {N.} auf dem Gebiet der autismusspezifischen Förderung zusammen. Im allgemeinen Bereich der Eingliederungshilfe ist er ein etablierter Träger. Sofern die Antragsgegnerin weiteren Klärungsbedarf auf der inhaltlichen Seite sieht, wäre es ihr möglich und zuzumuten, diesbezüglich direkt mit dem Träger oder mit anderen Jugendhilfeträgern zu kommunizieren.
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Dem geltend gemachten Anspruch steht auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin mit dem Anbieter „{D.}“ bisher keine Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarung auf der Basis von § 77 SGB VIII abgeschlossen hat. Das Vorhandensein einer derartigen Vereinbarung ist nämlich, anders als im Grundsatz nach § 78 b Abs. 1 SGB VIII im Bereich der (teil-)stationären Jugendhilfeleistungen, gerade nicht Voraussetzung für die Übernahme der für die ambulante Therapie anfallenden Kosten (VG Hannover, Beschl. v. 03.07.2014 – 3 B 3375/14 –, JAmt 2014, 474, 475). Dies sieht im Übrigen wohl auch die Antragsgegnerin so.
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Sofern die Antragsgegnerin einwendet, eine Kostenzusage für die beantragte Leistung könne, da eine Vereinbarung nach § 77 SGB VIII nicht vorliege, erst erbracht werden, wenn sie mit „{D.}“ eine Entgeltvereinbarung für den Einzelfall verhandelt habe, dürfte dies dem geltend gemachten Anspruch ebenfalls nicht entgegenstehen. Den insoweit maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften lässt sich eine derartige Voraussetzung nicht entnehmen.
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Der Tatbestand des § 35a Abs. 1 SGB VIII führt den Abschluss einer Entgeltvereinbarung im Einzelfall nicht als Leistungsvoraussetzung auf.
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Sofern das Gesetz in § 77 SGB VIII – auch für ambulant zu erbringende Leistungen – fordert, dass Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme zwischen der öffentlichen und der freien Jugendhilfe anzustreben sind, wenn Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen werden, stellt dies keine Voraussetzung (siehe oben), auch nicht für die Leistungserbringung im Einzelfall dar. Die Norm zielt darauf, konfliktträchtige Fragen bereits im Vorfeld des Einzelfalls generell, also für eine Vielzahl von Fällen, zu lösen, und die Abrechnung der Kosten zu erleichtern sowie Rechtssicherheit zu schaffen (Wiesner in: Wiesner, 5. Aufl. 2015, SGB VIII § 77 Rn. 1). Aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber den Jugendhilfeträgern lediglich generell und nicht in jedem Einzelfall aufgibt, Kostenvereinbarungen „anzustreben“ lässt sich bereits ableiten, dass auch Vereinbarungen in jedem einzelnen Fall bei ambulanten Leistungen keine zwingende Anspruchsvoraussetzung sind.
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Gegen die Auffassung der Antragsgegnerin spricht zudem die Ausgestaltung des in § 5 Abs. 1 S. 1 SGB VIII verankerten und von dem Antragsteller hier bemühten Wunsch- und Wahlrechts. Dieses wird allein vom Mehrkostenvorbehalt in § 5 Abs. 2 S. 1 SGB VIII begrenzt (VG Hannover, Beschl. v. 03.07.2014 – 3 B 3375/14 –, JAmt 2014, 474, 475). Die Frage, ob ein Wunsch beziehungsweise eine Wahlentscheidung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist, erfordert einen Kostenvergleich. Zu vergleichen sind die Kosten, die unter Einbeziehung der Wunsch- und Wahlentscheidung entstehen, mit denjenigen Kosten, die ohne die Wünsche beziehungsweise Wahl entstehen. Voraussetzung des Mehrkosteneinwandes der Behörde ist jedoch, dass der Leistungsträger dem Leistungsberechtigten eine zumutbare konkrete Alternative der Bedarfsdeckung nachweist und anbietet (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl. 2018, § 5 SGB VIII, Rn. 41 f.). Bestehen hingegen keine Alternativen, so wird der Anspruch auf Bedarfsdeckung gerade nicht dadurch ausgeschlossen, dass die einzige geeignete und notwendige Hilfe in Anbetracht der einzuhaltenden Zweck-Mittel-Relation unangemessen ist (Wiesner/Wiesner, 5. Aufl. 2015, SGB VIII § 5 Rn. 13, m. N. z. Rspr. d. BVerwG).
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Ausgehend von diesen Maßstäben wird die Antragsgegnerin die Kosten der Autismus-Therapie des Antragstellers bei dem Anbieter „{D.}“ unabhängig von dem Abschluss einer Kostenvereinbarung zu bezahlen haben. Eine verfügbare alternative Behandlungsmöglichkeit besteht für ihn unstreitig derzeit nicht. Er befindet sich bei zwei weiteren Anbietern auf der Warteliste, wann eine Therapie dort beginnen könnte, ist nicht absehbar. Die Antragsgegnerin hat in Bezug auf seine Bedarfslage keine weiteren Therapieplätze angeboten oder nachgewiesen.
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Der Antragsteller hat auch den erforderlichen Anordnungsanspruch, also die Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Entscheidung glaubhaft gemacht. Nach dem vorliegenden ärztlichen Attest der behandelnden Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie vom {Z.} wird eine autismusspezifische Förderung bei dem Krankheitsbild des Antragstellers dringend empfohlen, um ihm zu helfen, mit Frustrationen besser umzugehen. Die erkennende Kammer geht nach dem derzeitigen Sachstand davon aus, dass sich sein Gesundheitszustand bei dieser Ausgangslage ohne den alsbaldigen Beginn einer entsprechenden Therapie zunehmend verschlechtern würde. Dass er zeitweise zuhause depressiv in der Ecke sitze, eine Zeit lang Neuroleptika eingenommen habe und, seit er diese abgesetzt habe, es wieder verstärkt zu Wutanfällen komme, bestreitet die Antragsgegnerin ebenso wenig, wie den Vortrag, dass er keine Freunde habe, nicht imstande sei, zu anderen Kindern Kontakt aufzunehmen und unter Schlafstörungen leide. Sofern sie in Bezug auf den Anordnungsgrund einwendet, die Situation in der Schule habe sich in letzter Zeit gebessert, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Insoweit dürfte zwar ein Beleg dafür gegeben sein, dass die Maßnahme der Schulassistenz Erfolge zeigt, ein direkter Zusammenhang mit der daneben bestehenden Bedarfslage einer autismusspezifischen Förderung vermag die Kammer jedoch nicht zu erkennen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
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Referenzen
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- § 41 SGB VIII 1x (nicht zugeordnet)
- § 35a SGB 1x (nicht zugeordnet)
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