Urteil vom Verwaltungsgericht Köln - 3 K 3739/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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T a t b e s t a n d
2Der am 00. April 0000 geborene Kläger legte 1977 das Abitur ab und nahm dann das Studium der katholischen Theologie An der Universität Bonn auf, das er 1983 mit dem Diplom abschloss. Im selben Jahr trat er in das erzbischöfliche Priesterseminar in Köln ein und empfing 1985 die Priesterweihe. Von 1985 bis 1994 war er als Kaplan in N. , H. und L. tätig. 1994 erfolgte sein Austritt aus dem priesterlichen Dienst. Zum Wintersemester 1995/96 nahm er das Lehramtsstudium in den Fächern katholische Religion und Musik auf, Am 18. Juni 1999 bestand er die Erste Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe I mit der Note „gut“. Vom 1. Februar 2000 bis 31. Januar 2002 leistete er den Vorbereitungsdienst und bestand am 31. Januar 2002 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe I mit der Note „befriedigend“. Nachdem ihm am 17. Dezember 2001 durch die Bezirksregierung Düsseldorf eine Einstellungszusage zum 1. Februar 2002 erteilt worden war, wurde er am 7. Februar 2002 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Lehrer zur Anstellung ernannt. Am 9. August 2004 erfolgte seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.
3Mit Ablauf des 31. Januar 2015 wurde der Kläger wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid vom 25. Februar 2015 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) die Versorgungsbezüge des Klägers fest. Dabei wurden zunächst nur die Beamtendienstzeiten des Klägers sowie die Zurechnungszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeiten berücksichtigt. Da das auf dieser Grundlage ermittelte erdiente Ruhegehalt des Klägers geringer war als die Mindestversorgung, wurde die Mindestversorgung als Versorgungsbezug festgesetzt.
4Mit Schreiben vom 6. März 2015 beantragte der Kläger die Anerkennung seiner Vordienstzeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit. Das LBV erkannte mit Bescheid vom 20. März 2015 das Studium des Klägers im Rahmen der gesetzlichen Höchstgrenzen als ruhegehaltfähig an und ermittelte einen erdienten Ruhegehaltsatz von 34,49 v. H.. Da die so ermittelten Versorgungsbezüge weiterhin die Mindestversorgung nicht erreichten, blieb es bei der Festsetzung des Mindestruhegehalts.
5Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, zu dessen Begründung er ausführte: Gemäß § 11 LBeamtVG sei seine Zeit als Geistlicher im Erzbistum L. als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen, da sie in innerem Zusammenhang mit den im Beamtenverhältnis zuerst übertragenen Aufgaben stehe. Als Kaplan sei er schwerpunktmäßig in der Jugendarbeit tätig gewesen. Religionsunterricht und Einkehrtage mit Gymnasiasten seien ohne religionspädagogisches Wissen nur schwer möglich. Seine Tätigkeit sei die Basis für seine spätere Tätigkeit als Religions- und Musiklehrer gewesen. Aus diesem Grund sei die Zeit vom 1. September 1983 bis 30. November 1994 als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen. Darüber hinaus müsse auch die Zeit vom 1. bis 6. Februar 2002 als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, da er in dieser Zeit bereits als angestellter Lehrer gearbeitet habe, weil seine Ernennungsurkunde verspätet zugestellt worden sei.
6Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2015 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Vordienstzeit als Kaplan vom 1. September 1983 bis 30. November 1994 sei zwar eine hauptberufliche Tätigkeit im Dienst einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft und könne daher grundsätzlich nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 b LBeamtVG als ruhegehaltfähig anerkannt werden. Die Entscheidung darüber stehe allerdings im pflichtgemäßen Ermessen, wobei den Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen sei. Dabei komme es unter Berücksichtigung der hier maßgeblichen ermessensbindenden Richtlinie darauf an, ob die frühere Tätigkeit für die Wahrnehmung der im Beamtenverhältnis übertragenen Aufgaben förderlich gewesen sei. Für die Fallkonstellation des Klägers sei es Absicht des Gesetzgebers gewesen, im Rahmen des durch die Vorschrift eröffneten Ermessens das Überwechseln des Lehrers in den staatlichen Schuldienst zu fördern. Daher müsse der Beamte in der anzuerkennenden Vordienstzeit Aufgaben einer Lehrkraft wahrgenommen haben. Kennzeichnend dafür sei die Erziehung und Unterrichtung von Schülern in eigener pädagogischer Verantwortung. Sofern über die Arbeit hinaus auch noch andere Aufgaben wahrgenommen worden seien, müsse die Arbeit als Lehrkraft zumindest den Schwerpunkt der Vordiensttätigkeit gebildet haben. Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs sei die Tätigkeit als Geistlicher nicht als Tätigkeit im schulischen Dienst anzusehen.
7Am 30. Juni 2015 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf Anerkennung seiner Tätigkeit als Geistlicher sowie als angestellter Lehrer als ruhegehaltfähige Vordienstzeiten weiterverfolgt.
8Zur Begründung trägt er vor: Ihm stehe ein Anspruch auf Anerkennung seiner Tätigkeit als Kaplan, deren Schwerpunkt die Jugendarbeit gewesen sei, als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu. Dabei sei hervorzuheben, dass er quasi übergangslos von einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis in das andere gewechselt sei. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung sei es in hohem Maße gerechtfertigt, ihn mit anderen Bediensteten des Landes, die nicht den Umweg über Diplomstudium und Berufstätigkeit gegangen seien, versorgungsrechtlich gleichzustellen. Andere Ausbildungen und Tätigkeiten, die in innerem Zusammenhang mit der später ausgeübten Tätigkeit als Lehrer gestanden hätten, seien vom Land in vergleichbaren Fällen anerkannt worden. Weiterhin sei in seinem Fall hervorzuheben, dass er als Kaplan vornehmlich in der Jugendarbeit tätig gewesen sei. In dieser Zeit habe er erhebliche praktische Erfahrung gesammelt, die ihm als Lehrer für katholische Religion und Musik in besonderem Maße zu Gute gekommen sei. Er habe seine Aufgabe als Lehrer wesentlich besser erfüllen können. So seien ohne religionspädagogisches Vorwissen Einkehrtage mit Schülern kaum denkbar. Seien Tätigkeit als Kaplan sei auch für seine Tätigkeit als Musiklehrer förderlich gewesen, da er Chöre betreut habe. Insgesamt habe er mehr als 50 % seiner Tätigkeiten in die pädagogischen Projekte inklusive des Religionsunterrichts investiert. Dies sei möglich gewesen, weil die priesterlichen Tätigkeiten vom Gemeindepfarrer und anderen Geistlichen im Ruhestand übernommen worden seien. Zudem seien auch originär priesterliche Tätigkeiten für die Ausübung des Lehrerberufs förderlich. Insbesondere gelte das für die Homiletik, die Bestandteil der Ausbildung im Priesterseminar sei. Dadurch habe er umfangreiche Kenntnisse in Rhetorik und Kommunikation erlangt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass er durch das zusätzliche Diplomstudium eine höhere Fachkompetenz erlangt habe.
9Der Kläger beantragt,
10das beklagte Land unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 20. März 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2015 zu verpflichten, die Vordienstzeiten des Klägers als Geistlicher im Zeitraum vom 1. September 1983 bis 30. November 1994 sowie als angestellter Lehrer im Zeitraum vom 1. Februar 2002 bis 6. Februar 2002 als ruhegehaltfähige Dienstzeit anzuerkennen,
11hilfsweise,
12das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 20. März 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2015 zu verpflichten, über den Antrag auf Anerkennung der Vordienstzeiten als Geistlicher unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
13Das beklagte Land beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung führt der Beklagte aus, im Rahmen der hier maßgeblichen Regelung des § 11 Abs. 1 Nr. 1 b LBeamtVG sei ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt. Insofern unterscheide sich die Vorschrift von der Regelung des § 10 LBeamtVG, die Tätigkeiten bei öffentlich-rechtlichen Dienstherren erfasse, die in der Regel Beamten übertragen seien. Zu berücksichtigen sei ferner der Ausnahmecharakter der Vorschrift. Ruhegehaltfähige Dienstzeit sei in der Regel nur die im Beamtenverhältnis verbrachte Zeit. Daraus folge, dass die Nichtberücksichtigung von Vordienstzeiten im Rahmen des § 11 Abs. 1 LBeamtVG von jeder sachgerechten Erwägung getragen werden könne. Das Ermessen sei nur dadurch begrenzt, dass keine Besserstellung gegenüber Nur-Beamten erfolgen dürfe. Inhaltlich sei bei der Ermessensausübung von Bedeutung, ob ein innerer Zusammenhang zwischen der Vordiensttätigkeit im Dienst einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft und den beamtenrechtlichen Aufgaben des (erstmals) übertragenen Dienstpostens gegeben sei. Dies sei zu bejahen, wenn die Vordiensttätigkeit für die spätere Tätigkeit als Beamter förderlich gewesen sei. Förderlichkeit im versorgungsrechtlichen Sinne erfordere einen qualifizierten Zusammenhang, d. h. einen Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen während der früheren Tätigkeit, die mit der späteren Beamtentätigkeit in wesentlichen Merkmalen funktionell vergleichbar sei. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt, da die religiöse Unterweisung der Jugend nur eine von vielen Aufgaben eines Geistlichen sei und nicht ein funktionelles Merkmal dieser Tätigkeit. Auch die konkrete Tätigkeit des Klägers in Bezug auf Religionsunterricht sei nur von untergeordneter Bedeutung gewesen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des LBV sowie der Bezirksregierung Düsseldorf Bezug genommen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
18Soweit es den mit der Klage verfolgten Anspruch auf Anerkennung der Tätigkeit des Klägers als Lehrer im Angestelltenverhältnis im Zeitraum vom 1. Februar 2002 bis 6. Februar 2002 als ruhegehaltfähige Dienstzeit betrifft, ist die Klage unzulässig geworden, da ein Rechtsschutzinteresse für die Fortführung der Klage nicht mehr besteht. Denn insoweit ist zwar durch den Beklagten im Widerspruchsverfahren übersehen worden, dass sich der Widerspruch auch auf diesen Zeitraum bezieht und der Kläger mit dem von ihm eingereichten Versicherungsverlauf seines Rentenversicherungsträgers, aus dem sich ergibt, dass für den Zeitraum vom 1. Februar 2002 bis 6. Februar 2002 Rentenversicherungsbeiträge abgeführt worden sind, einen Nachweis erbracht hat, der für die Anerkennungsfähigkeit dieses Zeitraums spricht. Allerdings fehlt in der Personalakte, die auch dem LBV zur Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit vorgelegen hatte, der Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und dem beklagten Land, der für die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des insoweit maßgeblichen § 10 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVG erforderlich ist. Da die Anerkennungsfähigkeit des vorgenannten Zeitraums als ruhegehaltfähige Dienstzeit vom beklagten Land – vorbehaltlich der Vorlage des Arbeitsvertrages oder eines entsprechenden Nachweises – nicht in Frage gestellt wird, bedurfte es insoweit nicht mehr der Aufrechterhaltung der Klage, da die Anerkennung der Ruhegehaltfähigkeit – ebenso wie eine sich daraus etwaig ergebende Korrektur des Versorgungsfestsetzungsbescheides – auch noch nachträglich erfolgen kann.
19Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber sowohl mit dem Haupt- als auch dem Hilfsantrag unbegründet.
20Hinsichtlich der Dienstzeit als Geistlicher im Zeitraum vom 1. September 1983 bis 30. November 1994 steht dem Kläger weder ein Anspruch auf Anerkennung dieser Zeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu noch hat er insoweit einen Anspruch auf Neubescheidung seines diesbezüglichen Begehrens. Insoweit ist der Bescheid des Beklagten vom 20. März 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2015 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
21Rechtsgrundlage für dieses Begehren des Klägers ist § 11 Satz 1 Nr. 1 b LBeamtVG. Danach kann die Zeit, während der ein Beamter nach Vollendung des 17. Lebensjahres vor der Berufung in das Beamtenverhältnis hauptberuflich im Dienst öffentlich-rechtlicher Religionsgesellschaften tätig gewesen ist, als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Der Grundgedanke dieser Vorschrift besteht darin, dass bei Personen, die erst später als im Regelfall in den öffentlichen Dienst eintreten, Zeiten angerechnet werden sollen, die in einer dem Beamtendienst in etwa vergleichbaren Tätigkeit abgeleistet wurden oder deren Ableistung in sonstiger Weise dem Beamtendienst zu Gute kommt. Durch die Anrechnung soll dem betroffenen Beamten annähernd diejenige Versorgung ermöglicht werden, die er erhalten hätte, wenn er sich während der Zeit, in der er die besondere Eignung für die Wahrnehmung seines späteren Amtes erlangte, bereits im Beamtenverhältnis befunden hätte; dies ist sachlich dann gerechtfertigt, wenn der Beamte die besondere Eignung für die Wahrnehmung seines späteren Amtes gerade durch eine Betätigung außerhalb des öffentlichen Dienstes erlangt hat
22Vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Juli 1967, BVerwGE 27, 275, 279 = ZBR 1968, 45, 46; vom 12. Februar 1971, ZBR 1971, 309, 310 sowie vom 11. Februar 1982, ZBR 1983, 62; Schütz, Beamtenrecht, Kommentar D 1 zu § 11 BeamtVG.
23Die Entscheidung steht nach dem Wortlaut der Vorschrift im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass alle Vorschriften, die eine Anrechnung der vor der Berufung in das Beamtenverhältnis liegenden Dienstzeiten vorsehen, Ausnahmecharakter besitzen. Der Beamte soll sich nämlich grundsätzlich seine Altersversorgung im Beamtenverhältnis "erdienen". Die ruhegehaltfähige Dienstzeit beschränkt sich demgemäß in der Regel auf die im Beamtenverhältnis verbrachte Zeit (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG). Die mögliche Gleichstellung des in § 11 LBeamtVG bezeichneten Personenkreises mit Beamten, die ihre gesamte Dienstzeit im Beamtenverhältnis verbracht haben, bildet die Ausnahme. Die hier fragliche Anerkennung von Kirchendienstzeiten ist darüber hinaus im Gegensatz zu den vor Übernahme in das Beamtenverhältnis bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn verbrachten, in der Regel einem Beamten obliegenden oder später einem Beamten übertragenen Beschäftigungen (sogenannte "Beamtendiensttuerzeiten", § 10 Satz 1 LBeamtVG) nicht als Sollvorschrift, sondern als Kannvorschrift ausgestaltet. Angesichts dessen besteht im Rahmen des § 11 Satz 1 LBeamtVG ein weiter Ermessensspielraum des Dienstherrn in dem Sinne, dass die Nichtberücksichtigung von Vordienstzeiten von jeder sachgerechten Erwägung getragen werden kann.
24Vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Juli 1967 a.a.O. sowie vom 28. September 1967, Buchholz 232 § 116 BBesG Nr. 11 = ZBR 1968, 54.
25Dieses Ermessen ist lediglich dadurch begrenzt, dass der Beamte im Ergebnis nicht besser stehen darf als ein "Nur-Beamter", der zum frühestmöglichen Zeitpunkt ins Beamtenverhältnis übernommen worden ist.
26Vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Juli 1967 und vom 12. Februar 1971 a.a.O..
27Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist im Rahmen der Ermessensentscheidung inhaltlich die Frage von Bedeutung, ob die Tätigkeit im Dienst einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft mit den beamtenrechtlichen Aufgaben desjenigen Dienstpostens, dessen vorgesehene Übertragung Zweck der Berufung ins Beamtenverhältnis gewesen ist, in einem inneren Zusammenhang steht. Das ist zu bejahen, wenn die frühere Tätigkeit des Beamten für die Verwendung, um derentwillen er ins Beamtenverhältnis berufen wurde, förderlich war.
28Vgl. Tz. 11.1.5 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz vom 3. November 1980, GMBl. S. 742; BVerwG, Urteil vom 28. September 1967 a.a.O.; Beschluss vom 17. Januar 1991, ZBR 1991, 180 = DÖD 1992, 30; Schütz, Beamtenrecht, D 3 j zu § 11 BeamtVG m.w.N..
29Bei dem Merkmal der Förderlichkeit im Rahmen des § 11 Satz 1 LBeamtVG kommt es im Unterschied zu § 10 Satz 1 LBeamtVG nicht auf einen qualifizierten Ursachenzusammenhang zwischen der Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes und der Berufung ins Beamtenverhältnis an. Die frühere Tätigkeit muss nicht überwiegend wirksame Voraussetzung für die Berufung ins Beamtenverhältnis gewesen und nicht ununterbrochen ausgeübt worden sein. Es genügt ein innerer Zusammenhang dergestalt, dass der Beamte durch die frühere Tätigkeit Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben hat, die mit seinen Beamtentätigkeiten in wesentlichen Merkmalen funktionell vergleichbar sind.
30Vgl. HessVGH, Urteile vom 13. März 1991 – 1 UE 1254/86 – und vom 18. Mai 1994 – 1 UE 679/91 –, alle: juris.
31Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte in Ausübung seines Ermessens die Anrechnung der vom Kläger als Kaplan im Dienst der römisch-katholischen Kirche im Bezirk des Erzbistums L. geleisteten Vordienstzeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit abgelehnt hat. Gegen die vom LBV verneinte Förderlichkeit dieser Tätigkeit für die spätere Verwendung des Klägers als Lehrer im öffentlichen Schuldienst des beklagten Landes bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
32Der Kläger leistete im fraglichen Zeitraum zunächst im Rahmen seiner Ausbildung im Priesterseminar das Pastoraljahr und das Diakonenjahr ab und war nach seiner Priesterweihe und der Ableistung des Neupriesterjahrs als Kaplan tätig. Nach katholischem Kirchenrecht nimmt ein Kaplan Aufgaben wahr, die denen eines Pfarrers weitgehend angenähert sind. Der Kaplan (capellanus) ist Hilfsgeistlicher, mithin abhängiger Mitarbeiter des Pfarrers. Zu den Aufgaben eines Pfarrers gehören im wesentlichen die Feier des Gottesdienstes, die Eucharistie, Predigt und Katechese, die Kenntnis der Gemeinde und ihrer Mitglieder, die Sorge für Arme und Kranke, die Veranstaltung von Feiern und Prozessionen etc. sowie die Leitung der Gemeinde im weitesten Sinne. Zu den Seelsorgerechten und -pflichten des Pfarrers, die regelmäßig auch von Kaplanen wahrgenommen werden, gehört auch die religiöse Unterweisung insbesondere der Jugend (vgl. zum Vorstehenden: List/Müller/Schmidt, Grundriss des nachkonziliaren Kirchenrechts, 1980, § 43 III, VI, 44 I, S. 314 f., 320-325).
33Angesichts dieser Vielfalt der Aufgaben eines Priesters im Bereich der Seelsorge kann bereits keine Rede davon sein, dass die Lehr- und Unterrichtstätigkeit wesentliches funktionelles Merkmal einer Tätigkeit eines Kaplans wäre. Auch aus den Angaben des Klägers zu seinen konkreten Aufgaben während seiner Tätigkeiten im Neupriesterjahr sowie als Kaplan ergibt sich nichts anderes. Zwar hat der Kläger in dieser Zeit auch Religionsunterricht an Schulen erteilt, jedoch nicht in einem Umfang, der es gebieten würde, die vorstehende Einschätzung in Frage zu stellen. Denn der Umfang der Unterrichtstätigkeit betrug nach den eigenen Angaben des Klägers acht Wochenstunden im Neupriesterjahr sowie vier und zuletzt zwei Wochenstunden im Zeitraum zwischen 1988 und 1994 und war daher bereits vom zeitlichen Umfang her nicht prägend für seine Tätigkeit. Ebenso wenig kann sich der Kläger darauf berufen, dass allgemeine pädagogische Vorkenntnisse und Erfahrungen in der Jugendarbeit, die er unbestreitbar bei seiner Tätigkeit gewonnen hat, für seine spätere Tätigkeit als Lehrer förderlich im Sinne der dargestellten Rechtsprechung gewesen wären. Denn auch diese Vorkenntnisse und Erfahrungen waren durch den seelsorgerischen Auftrag geprägt und sind daher mit dem Erziehungsauftrag von Lehrkräften im öffentlichen Schuldienst nicht ohne weiteres vergleichbar. Hinzu kommt, dass auch nicht alle im Rahmen einer früheren Tätigkeit erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, die mit dem späteren Amtsinhalt vergleichbar sind, zur Anerkennung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit führen können. Ein loser Zusammenhang im Sinne einer Kongruenz einzelner Tätigkeitsmerkmale der Vordienstzeit und des späteren Amtes genügt nicht. Von einem funktionellen inneren Zusammenhang, der durch das Merkmal der Förderlichkeit geprägt ist, kann aus der hier allein maßgeblichen Sicht des Dienstherrn nur dann ausgegangen werden, wenn der Beamte gerade aufgrund bestimmter früher erworbener und in beruflicher Praxis betätigter Fähigkeiten die Aufgaben seines Amtes im funktionellen Sinne besser erfüllen kann, als wenn er die Vordienstzeit nicht vorweisen könnte. Nur in der Ausübung des konkreten Amtes gewinnt eine Vordienstzeit ihre Wertigkeit, die eine Anrechnung als ruhegehaltfähige Dienstzeit rechtfertigt.
34Vgl. HessVGH, Urteil vom 18. Mai 1994, a. a. O..
35Der Kläger hat jedoch die wesentlichen Kenntnisse eines Lehrers für die Sekundarstufe I während seines Lehramtsstudiums sowie des Vorbereitungsdienstes erworben. Dabei haben zwar seine im Theologiestudium erlangten Vorkenntnisse zu einer Verkürzung der Studienzeit geführt, auch dürften die früheren Unterrichtserfahrungen in dem von ihm als Priester erteilten Religionsunterricht an Schulen ihm den Vorbereitungsdienst erleichtert haben. Diese Vortätigkeiten haben aber weder zu einer Verkürzung des Vorbereitungsdienstes geführt noch zu einer Anrechnung auf die beamtenrechtliche Probezeit.
36Da der Beklagte die Anerkennung der Vordienstzeiten des Klägers im Kirchendienst danach ohne Ermessensfehler ablehnen durfte, kommt auch die vom Kläger mit dem Hilfsantrag begehrte Neubescheidung des Antrags auf Anerkennung dieser Vordienstzeiten nicht in Betracht.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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