Beschluss vom Verwaltungsgericht Köln - 1 L 2077/21
Tenor
1.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
2.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf die Wertstufe bis 500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
21. Der sinngemäß nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. November 2021 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt von vornherein kraft bundesgesetzlicher Anordnung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1-3 VwGO bzw. nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, besonders angeordnet worden ist. Vorliegend entfällt die aufschiebende Wirkung von Gesetzes wegen hinsichtlich der Festsetzung der Ersatzvornahme als Maßnahme der Zwangsvollstreckung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 112 JustG NRW und hinsichtlich der Festsetzung der Verwaltungsgebühren für den Erlass der Festsetzungsverfügung gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwGO. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen.
6Es kann offen bleiben, ob der gestellte Antrag bereits unzulässig ist. Die Zulässigkeitsfrage stellt sich zum einen bezogen auf den gesamten Antrag angesichts der Tatsache, dass die Antragstellerin – bisher – keine Klage in der Hauptsache erhoben hat, deren aufschiebende Wirkung angeordnet werden könnte, die Rechtsbehelfsfrist gegen den streitgegenständlichen Bescheid jedoch noch nicht abgelaufen ist,
7für eine Unzulässigkeit in den Fällen eines fehlenden Hauptsacherechtbehelfs: Schoch, in Schoch/Schneider (Hrsg.), VwGO, Stand: Juli 2021, § 80 Rn. 460 f. mit weiteren Nachweisen und Verweis auf die Entscheidung des BVerwG, Beschluss vom 17. März 2020 – VR 1.19 u.a. –, juris Rn. 16; eine Zulässigkeit unter Hinweis auf § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO bejahend: OVG NRW, Beschluss vom 18. September 2020, - 14 B 985/20 -, juris Rn. 7 ff. m. w. N.
8Zum anderen stellt sich bezogen auf die ebenfalls streitgegenständliche Festsetzung der Gebühren die Frage der Zulässigkeit des Antrags, weil gemäß § 80 Abs. 6 VwGO in den Fällen des diesbezüglich einschlägigen Absatzes 2 S. 1 Nr. 1 der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig ist, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Insoweit ist bereits fraglich, ob das im Schreiben der Antragstellerin vom 7. November 2021 an die Antragsgegnerin geäußerte Verlangen an Frau M. („das Stoppen der geforderten Gebühren“) als ein solcher Antrag zu werten ist.
9Das Gericht ist jedoch nicht gehalten im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes diese nicht ohne Weiteres zu beantwortenden Zulässigkeitsfragen zu klären, weil der Antrag jedenfalls unbegründet ist. Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angeordneten Maßnahmen und dem Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung vorerst verschont zu bleiben, fällt vorliegend zu Lasten der Antragstellerin aus. Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass eine von der Antragstellerin noch zu erhebende Anfechtungsklage in der Hauptsache voraussichtlich ohne Erfolg sein wird, weil sich nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung die hier angegriffene Festsetzungsverfügung vom 2. November 2021 als rechtmäßig erweist.
10Die Festsetzung der Ersatzvornahme beruht auf § 26 SchfHwG. Danach hat die zuständige Behörde den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger unverzüglich mit der Vornahme der Handlungen im Wege der Ersatzvornahme zu beauftragen, wenn die Verpflichtung, die in dem Zweitbescheid nach § 25 Absatz 2 Satz 1 festgesetzten Schornsteinfegerarbeiten durchführen zu lassen, nicht oder nicht fristgemäß erfüllt wird.
11Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
12Mit bestandskräftigem Zweitbescheid vom 1. Oktober 2021 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin unter Nr. 1 aufgegeben, die mit Feuerstättenbescheid vom 14. März 2021 festgelegten Arbeiten bis zum 25. Oktober 2021 durchführen zu lassen. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung hat die Antragstellerin diese Arbeiten nicht durchführen lassen bzw. den erforderlichen Nachweis nicht erbracht.
13Zwar hat sie gegenüber der Antragsgegnerin behauptet, sie habe die Arbeiten durchführen lassen. Die Antragstellerin hat jedoch die Durchführung der Arbeiten nicht gegenüber dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger oder der Antragsgegnerin nachgewiesen. Vielmehr weigert sie sich den Nachweis gegenüber dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger oder der Antragsgegnerin zu erbringen, zusätzlich lehnt sie eine Anforderung und Übermittlung an den Bezirksschornsteinfeger ab.
14Der fehlende Nachweis geht zulasten der Antragstellerin, ohne dass es weiterer Ermittlungen von Amts wegen durch das Gericht oder die Antragsgegnerin bedurfte, ob die Arbeiten ggf. tatsächlich durchgeführt worden sind. Denn das SchfHwG legt eine Nachweispflicht der Eigentümer gegenüber dem zuständigen Bezirksschornsteinfeger fest.
15Vgl. BT-Drs. 16/9237, S. 30.
16Nach § 4 SchfHwG hat jeder Eigentümer eines Grundstücks oder eines Raums die Durchführung der im Feuerstättenbescheid festgesetzten Arbeiten nachzuweisen, sofern er nicht den zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger mit der Durchführung beauftragt. Der Nachweis ist erbracht, wenn dem zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger innerhalb der Frist des Absatzes 2 ein nach Maßgabe einer Rechtsverordnung nach Absatz 4 vorgesehenes Formblatt und nach Maßgabe der genannten Rechtsverordnung vorgesehene Bescheinigungen vollständig ausgefüllt zugehen.
17Hiergegen kann die Antragstellerin nicht einwenden, dass sie sich weigere wegen persönlicher Differenzen einen Nachweis gegenüber dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger zu erbringen und die Bestellung eines anderen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers fordere. Denn eine solche Verweigerungsmöglichkeit sieht das Gesetz nicht vor. Das SchfHwG sieht keine drittschützende Anspruchsnorm vor, wonach ein Betroffener die Zuweisung eines anderen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers begehren kann. Die Regelungen des SchfHwG beruhen auf dem Grundsatz der Einheit des Kehrbezirks. So ist gemäß § 8 SchfHwG bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger, wer von der zuständigen Behörde für einen Bezirk bestellt ist. Die Bezirke werden gemäß § 7 SchfHwG durch die zuständige Behörde unter Berücksichtigung der Betriebs- und Brandsicherheit eingerichtet. Das Auswahlverfahren regeln §§ 9, 9a SchfHwG. Die Aufhebung der Bestellung als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger ist zwar in § 12 SchfHwG geregelt; diese führt jedoch nur zu einer Aufhebung für den gesamten Bezirk,
18vgl. Urteil der Kammer vom 13. Februar 2019 – 1 K 3491/19 -, n. v.;
19gerade nicht vorgesehen ist dagegen eine Aufhebung der Bestellung gegenüber einer einzelnen Kehrplichtigen wie hier der Antragstellerin. Daraus folgt, dass solange ein Bezirksschornsteinfeger bestellt ist, diesem gegenüber auch die den Eigentümern auferlegten Nachweispflichten zu erbringen sind.
20Mit dem Zweitbescheid hat die Antragsgegnerin in dessen Ziffer 2 gegenüber der Antragstellerin auch bereits die Festsetzung der Ersatzvornahme bei Nichtbefolgung der Ziffer 1. der Ordnungsverfügung angedroht. Gleichzeitig hat sie unter ausdrücklichem Hinweis auf § 1 Abs. 3 SchfHwG gegenüber der Antragstellerin angeordnet, dass die erforderlichen Arbeiten ggf. gegen den Willen der Antragstellerin durch den zuständigen und bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger durchgeführt würden. Damit hat sie von der in § 1 Abs. 4 SchfHwG konkret enthaltenen Ermächtigung, die gesetzlich geregelte Pflicht, den Zutritt des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers zu dulden, gegenüber dem Kehrpflichtigen anzuordnen,
21vgl. zum Inhalt der Ermächtigung in § 1 Abs. 4 SchfHwG: BT Drs. 18/12493, S. 35 f.,
22Gebrauch gemacht. Denn sie hat hiermit unter Rückgriff auf die in § 1 Abs. 3 SchfHwG geregelte gesetzliche Duldungspflicht unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Antragstellerin den Zutritt des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers im Fall einer Ersatzvornahme zu dulden habe.
23Rechtliche Bedenken gegen die Festsetzung und Höhe der Gebühren auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 Allgemeine Verwaltungsgebührenordnung in Verbindung mit Tarifstelle 15.3.3 des Allgemeinen Gebührentarifs der vorgenannten Verordnung sind weder vorgetragen noch erkennbar.
24Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
252. Als Streitwert für die Festsetzung der Ersatzvornahme wird auf der Grundlage von §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und in Anlehnung an Ziffer 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Betrag der geschätzten Kosten der Ersatzvornahme angenommen,
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 09. März 2017 – 4 A 56/15 –, juris, Rn. 15 f.,
27wobei dieser Betrag in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit wegen des vorläufigen Charakters der Entscheidung auf die Hälfte zu reduzieren ist.
28Im Hinblick auf die ebenfalls angegriffene Gebührenfestsetzung war gem. §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ein Viertel der Gebührenforderung (150,00 Euro) anzusetzen.
29Vorliegend geht die Kammer davon aus, dass der aus beiden Streitwerten zu bildende – Ziffer 1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit – Gesamtbetrag nicht den Betrag der untersten Wertstufe (500,00 Euro) der Anlage 2 zum Gerichtskostengesetzt übersteigt.
30Rechtsmittelbelehrung
31Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
32Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
33Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
34Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
35Die Beteiligten müssen sich bei der Einlegung und der Begründung der Beschwerde durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
36Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
37Die Beschwerde ist schriftlich, zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
38Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
39Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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Referenzen
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