Beschluss vom Verwaltungsgericht Lüneburg (5. Kammer) - 5 A 297/17

Gründe

1

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO abzulehnen gewesen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

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Gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist Prozesskostenhilfe demjenigen zu gewähren, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn von einer gewissen Wahrscheinlichkeit des Prozesserfolges auszugehen ist. Dies bedeutet zugleich, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet, wenn eine Erfolgschance in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgsaussicht aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.08.2016 - 1 BvR 380/16 -, juris, Rn. 12).

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Nach diesen Grundsätzen bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

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Die zulässige Klage wird sich voraussichtlich als unbegründet erweisen. Dem Kläger steht kein weiterer Anspruch auf Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz für die Teilnahme an einer Aufstiegsfortbildung zum Kfz-Technikermeister zu; die Ablehnung des Antrags durch Bescheid vom 14. März 2017 in Form des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2017 wird sich als rechtmäßig erweisen (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).

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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Förderung der Wiederholung des Teils III der Meisterschule nach § 7 Abs. 5, 7 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG). Danach wird die Wiederholung einer gesamten Maßnahme oder eines Maßnahmeabschnitts nur einmal gefördert, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalles dies rechtfertigen und eine zumutbare Möglichkeit nicht besteht, Fortbildungsstoff im Rahmen einer Verlängerung der Förderungshöchstdauer nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AFBG nachzuholen.

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Vorliegend ist die Förderung der Wiederholung nicht nach den besonderen Gründen des Einzelfalls gerechtfertigt. Bei dieser Tatbestandsvoraussetzung handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff, so dass es auf die Frage der Ausübung behördlichen Ermessens nicht ankommt (vgl. VG Ansbach, Beschl. v. 23.08.2010 - AN 2 E 10.01534 -, juris, Rn. 30). An die besonderen Umstände des Einzelfalls sind hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Schubert/Schaumberg, Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, Kommentar, Stand: August 2006, § 7 AFBG Ziff. 7.2); Maßstab für die zu stellenden Anforderungen sind die in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFBG genannten Fälle (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 595/95, S. 35; VG Ansbach, Beschl. v. 23.08.2010 - AN 2 E 10.01534 -, juris, Rn. 33). Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFBG, der die Verlängerung der Förderungshöchstdauer regelt, kann diese verlängert werden, soweit eine Schwangerschaft, die Erziehung und Pflege eines Kindes bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres, die Betreuung eines behinderten Kindes, eine Behinderung oder schwere Krankheit des Teilnehmers oder der Teilnehmerin, die Pflege eines im Sinne der in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung der §§ 14 und 15 Absatz 1 Nummer 2 und 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch pflegebedürftigen, in § 7 Absatz 3 des Pflegezeitgesetzes bezeichneten nahen Angehörigen, die nicht von einem oder einer anderen im Haushalt lebenden Angehörigen übernommen werden kann, dies rechtfertigen. Von einem Fortbildungsteilnehmer, der öffentliche Förderungsmittel in Anspruch nimmt, kann grundsätzlich verlangt werden, dass er seine Arbeitskraft in einem solchen Umfang für die Fortbildung einsetzt, dass er das Fortbildungsziel auch innerhalb der hierfür vorgesehenen Zeit erreicht. Er ist gehalten, jede Verzögerung und Beeinträchtigung des Fortbildungsablaufs zu vermeiden, soweit dies in seiner Macht steht. Besondere Umstände, die die Förderung einer Wiederholung begründen könnten, sind solche Umstände, denen der Fortbildungsteilnehmer nicht wirksam begegnen kann. Ferner können auch schwerwiegende persönliche und familiäre Probleme des Teilnehmers solche Gründe darstellen, wenn es dem Fortbildungsteilnehmer weder möglich noch zumutbar war, die hierdurch eingetretenen Beeinträchtigungen seiner Fortbildung zu vermeiden (vgl. zum Vorstehenden: Schubert/Schaumberg, a.a.O.).

7

Solche besonderen Umstände des Einzelfalls sind vom Kläger nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Der Kläger hat in erster Linie geltend gemacht, dass er vor Beginn der Meisterausbildung in sein Heimatland Togo habe fliegen müssen, um sich um seine kranke Mutter, seine Schwestern und die sechs Kinder seines verstorbenen Bruders zu kümmern. Er sei als männliches Familienoberhaupt für alle rechtlichen Entscheidungen verantwortlich. Aufgrund dieser notwendigen Reise habe er kaum Möglichkeiten gehabt, sich auf die Meisterschule vorzubereiten. Da die Prüfung für den Teil III der Meisterschule bereits nach drei Monaten abzulegen war, habe er - insbesondere aufgrund der Vielzahl an deutschen Fachbegriffen - diese nicht bestanden. Das Verstehen der Fragen habe wegen der Fachbegriffe zu viel Zeit in Anspruch genommen, weshalb er nur wenige Fragen habe beantworten können. Zwischenzeitlich habe er sämtliche Fachbegriffe gelernt und kenne deren Bedeutung; er möchte die Meisterschule für den Teil III noch einmal besuchen, um sein Verständnis von den Begriffen zu festigen und zu verifizieren, da er ansonsten befürchte, die Meisterprüfung erneut nicht bestehen zu können. Er sei wegen seiner sprachlichen Defizite und der familiären Strukturen in einer Sondersituation, die nicht bei jedem Teilnehmer des Meisterlehrgangs vorläge und die zu einer extremen Mehrbelastung führe.

8

Diese Umstände stellen aber noch keine besonderen Umstände des Einzelfalls i.S.d. § 7 Abs. 5 AFBG dar. Auch wenn nachvollziehbar ist, dass der Kläger in einer schwierigen Situation ist und sich nicht im gewünschten Umfang der Vorbereitung auf die Meisterschule widmen konnte, ist dennoch nicht ersichtlich, dass sich hieraus bereits ein Anspruch auf Förderung der Wiederholung der Teilmaßnahme ergäbe. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Auslandsaufenthalt des Klägers bereits vor Beginn der Meisterschule notwendig war, er also alle Unterrichtsstunden der Meisterschule besuchen konnte. Somit war lediglich eine mögliche Vorbereitung auf den Kurs gestört, nicht jedoch die Teilnahme an der Maßnahme selbst. Unter Berücksichtigung der in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFBG genannten Fälle kommt eine Wiederholung nur in Betracht, wenn der Teilnehmer der Maßnahme wegen der besonderen Umstände gehindert ist, seine Arbeitskraft in dem erforderlichen vollen Umfang während der Durchführung der Maßnahme für die Fortbildung einzusetzen. Ist er lediglich an der beabsichtigten Vorbereitung auf die Maßnahme gehindert, kann das grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Dann ist ihm gegebenenfalls der Aufschub der Maßnahme zuzumuten. Im Endeffekt liegt die wesentliche Beeinträchtigung in den sprachlichen Defiziten, die der Kläger nicht innerhalb der dreimonatigen Teilmaßnahme hinreichend abbauen konnte, so dass er aus diesem Grund die Prüfung nicht bestanden hat. Dies stellt aber, auch nicht in der Zusammenschau mit den vom Kläger vorgetragenen familiären Problemen, keine solchen besonderen Umstände dar, dass hieraus ein Anspruch auf eine Förderung der Wiederholung der Teilmaßnahme folgen würde. Auch wenn die familiäre Belastung des Klägers größer ist als die Belastung der übrigen Teilnehmer, müssten für die Annahme von besonderen Umständen weitere Belastungen hinzukommen, die mit den in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AFBG genannten Belastungen - also z.B. Schwangerschaft, Erziehung und Pflege eines Kindes unter zehn Jahren, Betreuung eines behinderten Kindes, Behinderung oder schwere Krankheit des Teilnehmers oder Pflege eines nahen Angehörigen während der Maßnahme - vergleichbar sind. Dies ist noch nicht der Fall bei lediglich schwierigen familiären Verhältnissen, die dazu führen, dass eine Vorbereitung nicht möglich ist. Zudem ist nicht ersichtlich, dass der Kläger diesen Umständen nicht wirksam hätte begegnen können. So hat er vorgetragen, künftig Sorge dafür getragen zu haben, dass er sich bei einer Wiederholung der Meisterschule Teil III nicht in entsprechendem Maße um die familiären Probleme kümmern müsse. Es ist nicht ersichtlich, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen nicht auch schon vor Beginn der Meisterschule möglich gewesen wären. Hinzu kommt, dass es dem Kläger zuzumuten ist, die - von der Beklagten finanzierte - Wiederholungsprüfung ohne vorherigen Besuch der Meisterschule abzulegen. Das gilt insbesondere deshalb, weil der Kläger geltend macht, die Defizite aufgeholt zu haben und die Wiederholung der Maßnahme letztlich nur der Erhöhung der Chancen bei der Prüfung dienen soll.

 


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